Vorwort
Ich blieb für diese Buchreihe bei dem griffigen Begriff "Massensterben", obwohl er wissenschaftlich nicht korrekt ist.
Es müsste "Massenaussterben" heißen.
Massensterben bedeutet den Verlust einer, mehrerer Arten bis hin zum Flächenbrand des Massenaussterbens.
Gemeint ist also das Massenaussterben.
Insgesamt habe ich Informationen nach besten Gewissen verarbeitet. Auch bin ich von rein wissenschaftlicher Linguistik abgegangen, um das Lesen nicht langweilig zu gestalten.
Ebenso nahm ich mir die Freiheit bestimmte
Thesen zu präferieren. Es spiegel also nur meine eigene Ansicht der Dinge wider.
Vieles ist gekürzt, weil es sonst den Rahmen einer E-Book-Reihe einfach sprengen würde. Daher haben diese Bände bei weitem nicht den Anspruch der Vollständigkeit.
Ebenfalls typisch sind Ungenauigkeiten, welche sich durch die schlechte Beweislage solch enorm alter Zeiträume ergeben.
Vieles widerspricht sich, Übergänge sind fließend und zum Teil umstritten. Ich meine einen Faden gefunden zu haben, der für den Laien nicht nur ausreichend, sondern auch interessant ist.
Ansonsten verweise ich ausdrücklich auf Fachliteratur.
Ich wünsche nun viel Vergnügen am Schmökern. Für eine rege Kommentierung wäre ich dankbar. Sollten sich Fehler eingeschlichen haben, ist konstruktive Kritik ausdrücklich erwünscht.
Deshalb kann auch jeder Gast kommentieren.
Meine Seite im internet:
www.welpenweste.de
Der Anfang
Bei der Geburt unserer Erde vor 4,5 Milliarden Jahren hatten wir, zumindest aus heutiger Sicht, unglaubliches Glück.
Es entstand unser sogenannter Gesteinsplanet. Teilchen ballten sich zusammen, bis unser junger Präplanet so viel Schwerkraft besaß, dass Gesteinsbrocken und Gesteinsbröckchen gerne durch die Schwerkraft einverlaibt wurden. So wuchs unsere Erde. Die schwereren Elemente zog es in den Kern.
Vor ca. 4 Milliarden Jahren kreuzte die Erdbahn ein weiterer Planet. Die Wissenschaft taufte ihn Theia. Theia war ungefähr so groß, wie der Mars und hatte
wohl auch einen Eisenkern. Sie prallten aufeinander und wenn Theia die Erde etwas mehr mittig getroffen hätte, wäre die Erde zerplatzt. Vorbei!
Theia traf also schräg auf. Die Erde bekam einen riesigen Eisenkern. Sie gewann zusätzliche Masse. Wie dankbar sind wir heute über das von dem Erdkern erzeugten Magnetfeld, das die Strahlung aus dem All größtenteils aufhält.
Der zweite Effekt war, dass sich aus den Trümmern des Aufpralls der Mond bildete. Zuerst waren es zwei Protomonde, die dann zu einem verschmolzen. Und der Mond spielte eine größere Rolle im Laufe des Lebens auf der Erde, als viele denken. Die Erde drehte
sich damals mindestens doppelt so schnell, wie heute. Inwieweit Theia selbst durch den Aufprall nochmals den Drehimpuls beschleunigte – was wahrscheinlich ist -, oder ob schon von vornherein eine höhere Umlaufgeschwindigkeit gegeben war, spielt hier nicht wirklich eine Rolle. Fest steht, die Erde drehte sich damals ganz schön schnell. Es gab also ungefähr einen 5-6 Stunden Tag.
Relativ schnell ging es, also nur ein paar Milliönchen Jahre, bis sich der Mond aus dem Aufprallmüll gebildet hatte. Nach neuesten Erkenntnissen bildeten sich zwei Monde. Sie sollen sich dann durch eine Kollision vereinigt haben. Nach diesem Ereignis hätten sich dann die Trümmer emtweder bei dem neuen, großen Mond angedockt, oder wären von der
Erde selbst aufgesogen worden.So verfügte die Erde plötzlich über einen Begleiter mit hoher Schwerkraft. Die hohe Anziehungskraft der Erde führte schließlich dazu, dass der Mond sich nicht mehr drehte, seine Rotation verlor. Aber auch der Mond bremste mit der Zeit den Drehimpuls der Erde. Gleichzeitig entfernt er sich durch die Umlaufgeschwindigkeit immer mehr von der Erde. (heutige Entfernung ca. 300.000 Km + ca. 3,8 cm/Jahr). Bei seiner Bildung waren es höchstens ca. 30.000 Kilometer. Es muss damals ein toller Anblick gewesen sein, wenn der riesige Trabant über dem Horizont auftauchte.Die zehnfache Größe gegenüber dem heutigen Erscheinungsbild.
Welch ein Glück, wie wir noch sehen werden.
Nun geschah eine ganze Zeit lang wenig, soweit es das Leben betrifft. Großzügig wird davon ausgegangen, dass es Leben in allerprimitivster Form schon vor 3,8 Milliarden Jahren gegeben hat. Ich bin da vorsichtiger und halte es zu diesem frühen Zeitpunkt für ausgeschlossen. Der Meteoritenregen, der die Flüssigkeit auf die Erde brachte und das Abkühlen der Oberfläche bewirkte, dauerten ewig (1 Milliarde Jahre?). Erst danach lasse ich mich darauf ein, dass es zumindest Aminosäuren gab. Meine Ansicht ist nach neuesten Erkenntnissen wieder umstritten. Schon vor 4 Milliarden Jahren wäre Leben im Molekularbereich gegeben gewesen. Jedenfalls scheint es erwiesen, dass komplexe Moleküle einen Aufprall als
Meteoritenregen überstehen konnten. Wichtig war nämlich, dass mit den Meteoriten, den Kometeneinschlägen, nicht nur Wasser die Erde erreichte, sondern auch molekulare Bausteine. Offensichtlich auch Aminosäuren.
Dieser Meteoritenbeschuss ist auch als das "große Bombardement" bekannt.
Mondgestein gibt darauf Hinweise. Das Sonnensystem war noch in einer Aufbauphase. Es gab noch unwahrscheinlich viele Trümmer, die im System umherschwirrten. Die Erde war noch heiß. Die Gasriesen Saturn und Jupiter lösten durch ihre Schwerkraft Bahnabweichungen aus und wenn solche umherirrenden Trümmer in den Anziehungsbereich der Erde gerieten, schlugen sie ein.
Durch den Massenzuwachs von Theia war die Erde in der Lage mit ihrer Schwerkraft eine Gashülle und ein Magnetfeld dauerhaft zu halten. Der Wasserdampf war zuhauf in der Gashülle gebunden. Mit Abkühlung der Erde dürfte es Regengüsse biblischen Ausmaßes gegeben haben. Ein Wasserplanet, quasi.
Einiges an Trümmern hält auch heute noch der Mond ab. Es kann uns gegenwärtig nur noch ein verirrter Wanderer aus dem Kuiper Gürtel und aus der Oortischen Wolke treffen. Bei einem einsamen Planetenwanderer (sie gibt es) wäre es natürlich für die Erde völlig vorbei.Ein beängstigendes Szenario, das die heutigen Wissenschaftler nicht ausschlie0en
können.
Die Konstellation zur Sonne, die Gaszusammensetzung auf der Erde, Alles führte schließlich dazu, dass der gesamte Planet Erde zu einem Eisplaneten wurde. Diese Eisbildung scheint bewiesen. Wahrscheinlich, so die Wissensschaftler, war der gesamte Planet bis zum letzten Fitzelchen mit Eis bedeckt. Eis in Unmassen! Ca. drei Kilometer soll dieser Panzer dick gewesen sein. Dies enorme Gewicht drückte auch sämtliche Massen der Erde zusammen. Die Erdgeschichte aus unserer Sicht hätte hier ein Ende gefunden. Ein Eisplanet im Weltraum ohne die Möglichkeit höheres Leben zu beherbergen (Kleinstlebewesen in gewissem Maße ausgenommen.).
Das war vor ca. 2,2 Milliarden Jahren
Diese Snowball-Theorie war nie ganz unumstritten. Ich hielt sie für unwahrscheinlich. Ob die Erde über solch gewaltige Zeiträume vereist war, das wagte ich zu bezweifeln.
Inzwischen sind wir eines Besseren belehrt.
Einerseits war damals die Sonnenkraft, die Strahlungsenergie der frühen Sonne um 30 Prozent schwächer (wäre das heute noch so, wäre die Erde um 23 Grad kühler!), andererseits herrschte damals vor 2,5 Milliarden Jahren ein relativ mildes Klima, wie man nun gesichert heraus gefunden hatte.
Dieses Problem ist auch als Junge-Sonne-Paradoxon bekannt.
Nun ist es gelöst.
Gut, die Sonneneinstrahlung war um ein Drittel niedriger, aber...
Die Erde war damals praktisch ein Wasser-Planet. Es gab sehr wenig Land. Um aber Wolken zu bilden, braucht es sogenannter Kondensationskeime. Die Gase dafür liefern normaler Weise Pflanzen und Algen. Pflanzen und Algen gab es damals aber noch nicht.
Der Wasserplanet Erde war glasklar, ohne jegliche Wolke und konnte daher die Wärme der schwachen Sonne voll aufnehmen. Landmasse strahlt Wärme stärker zurück, aber es gab einfach wenig Land. Das spricht eigentlich dagegen. Beginnt aber ein Teil Eis zu bilden, dann wird Wärme zurück gestrahlt. Keine Wolken verhindern den Wärmeverlust.
Dieser Dominoeffekt nimmt seinen Gang.
Ganz von Bord schmeißen müssen wir die „Snowball“ Theorie also nicht.
Die Huronische Eiszeit hätte vor ca. 2,3 bis 2,2 Milliarden Jahren statt gefunden. Die Namensgebung erfolgte durch den Nachweis im Huronsee. Er liegt in den USA an der Grenze zu Kanada. Der Huronsee ist wiederum benannt nach den Huronen, dem indianischen Stammesverband der Wyandot. Dort jedenfalls lassen sich die Spuren einer Vereisung in den Gesteinsschichten feststellen. Dabei stützt man sich vor allem auf paläomagnetische Befunde.
Von Sauerstoff jedenfalls waren damals nur sehr geringe Spuren zu finden. 2009 wurde
ein Beitrag veröffentlicht, der sulvidisch (Schwefel enthaltende) hochwirksame Treibhausgase zum damaligen Zeitpunkt vermuten lassen. Kurz und gut, es soll sie also gegeben haben, diese Erde als ein einziger Schneeball, obwohl die Erdtemperatur der Oberfläche höher gewesen sein muss.
Sei es drum, die Wissenschaft findet immer mehr heraus.
Einigen wir uns darauf, dass es einen Eispanzer gegeben hat, der aber noch einige Teile der Meere frei gelassen hatte.
Wenn es aber diesen Eispanzer gegeben hat, wie löste er sich wieder auf?
Zwei entscheidende Einflüsse schlagen zu.
Der Mond, sie haben richtig gehört, und der Dynamo des Erdinnern waren daran Schuld. Der Mond konnte noch richtig Schwerkrafteinflüsse auslösen, das heute nur in den schwachen Gezeiten seinen Niederschlag findet. Unser Eisenkerndynamo lief damals noch nicht so rund, wie heute. Er dürfte auch aktiver gewesen sein. Auch heute zeigt sich, dass gewisse Massenbildung rund um den Erdkern eher die Form einer Erdnuss hat.
Daher kann man vermuten, wie es abgelaufen sein kann. Immerhin braucht es schön gewaltiger Kräfte, um einen solch dicken Eispanzer zu durchschlagen.
Damals zumindest führten diese zwei
Gegebenheiten zu vermehrten Vulkanausbrüchen, die den Eispanzer durchaus durchschlagen konnten. Die Gaskonstellation der Erde änderte sich, der Kohlendioxyd-Gehalt stieg, der Treibhauseffekt setzte ein – und so weiter.
Die Kontinente auf den Erdschollen stiegen auf, wahrscheinlich aber nur ein einziger.
Also, ab dem Zeitpunkt von 3,8 - 3,4 Milliarden Jahren sind erste Lebensspuren anzunehmen, aber alle Organismen waren anaerob, d.h. sie vertrugen keinen Sauerstoff.
Und mit Sauerstoff konnte die damalige Erde auch kaum dienen.
Unglücklicher Weise produzierten nun eine spätere Art der Cyanobakterien Sauerstoff im Überfluss. Tödlich für die bisherigen anaeroben Lebensformen.
Das erste Massensterben, quasi.
Die ersten Sauerstoffproduktionen der Cyanobakterien „schluckte“ die Oxidation von Eisenverbindungen (Rost) und Sulviden. So waren die damalen Meere wohl rötlich.
Dann aber entwich der Sauerstoff in die Atmosphäre.
Man spricht von der großen Sauerstoffkatastrophe vor ca.2 bis 1 Milliarde Jahren. Es dauerte eben, bis man als Bakterium die ganze Gashüllenlandschaft umwälzt.
- vor 850 bis -580 Millionen Jahren
Es gab selbstverständlich nicht die Erdteile heutiger Zeit sondern einen Superkontinent, genannt Rhodinia.Dieser begann zu zerfallen. Man nimmt an, dass ein sogenannter Superplume aufgebrochen war. Wir sind nun in unserer Zeitreise schnell vorangesprungen. In dem Zeitraum des späten Proterozoikum, also zwischen 750 und 580 Millionen Jahren, soll es zwei weitere Eiszeiten biblischen Ausmaßes geben haben.
- vor 715 Millionen Jahren
Die Sturische Eiszeit(vor 715 bis 680 Millionen Jahren) wurde, wie sollte es anders sein, nach dem ersten Nachweis im Stur Tal in Australien benannt. Hinweise dafür gibt es
aber auch weltweit, so in Namibia, im Oman und in Südchina. Sie dauerte nicht die 35 Millionen Jahre, sondern wahrscheinlich höchstens 5 Millionen Jahre.
Die oben angegebene Zeitspanne gibt nur das mögliche Zeitfenster an.
Genauere Angaben sind einfach nicht möglich.
Für Interessierte: Wir befinden uns im Cryogenium.( vor 850-635 Mio Jahren).
Neuere Veröffentlichungen aus dem Jahr 2010 gehen davon aus, dass eine globale Vereisung als gesichert anzunehmen ist. Auch in Äquatornähe. Aber eben nicht völlig!
Irgendwo muss es aber lichtdurchflutetes Wasser gegeben haben, denn wir begegnen
schon den erste Vielzellern. Allerdings haben nur Microfossilien überlebt. Vor dieser Eiszeit gab es schon eukariotische Lebensformen, also Rot- und Grünalgen. Inwieweit sie überlebt haben bleibt fraglich, aber möglich.
- vor 650 Millionen Jahren
Es folgte die Marinoische Eiszeit vor 660 bis 635 Millionen Jahren, also während des Übergangs zum Ediacarium. Wieder muss ein Ort in Australien für die Benennung herhalten, nämlich Marino.
Ich vermute, dass sie deutlich kürzer gewesen sein muss.
Zumindest scheint sie die Entwicklung des Lebens nicht aufgehalten zu haben.
Das Leben beginnt.
Direkt danach gibt es nämlich die ersten fossilen Funde von Vielzellern.
Das Leben geht also los.
Wird auch Zeit!
Wir wollen von Massenaussterben berichten und dazu braucht man ja wohl Leben.
Jetzt ereignete sich einiges.
Die Kontinente zerfielen weiter.
„Im oberen Präkambrium (650–550 Millionen Jahren) kollidierten die drei neoproterozoischen Kontinente Nordrodinia, Südrodinia und der Kongo-Kraton während der Cadomischen Orogenese und bildeten den zweiten neoproterozoischen Superkontinent, Pannotia (Größeres
Gondwanaland)". [Quelle Wickipedia]
Ich übersetze, weil ich das auch nicht so genau verstanden habe:
Die Platten waren größer. Drei dieser Platten bewegten sich, ruppten aneinander und trennten sich wieder.
Das wichtigste an diesen Zerfall-Ereignissen ist, dass sich flache, lichtdurchflutete Meere bilden konnten. Dabei müssen auch Sogwirkungen, also Meeresströmungen entstanden sein.
Man spricht später dann von den Landmassen Gondwanaland und Eurasia. Heute ist man da etwas genauer. Wir wollen es vorerst dabei belassen, bevor ich die Geologen gegen mich aufbringe. So ähnlich
muss es jedenfalls gewesen sein und die heutigen Möglichkeiten der genaueren Analyse sind noch nicht ausgeschöpft. Allerdings sind doch viele Oberflächen längst durch Konvektion im Erdmantel verschwunden. Von den Erosionen der Jahrmilliarden will ich gar nicht erst eingehen. Nun sind wir schließlich ca. ½ Milliarde Jahre vor unserer Zeit gelandet.
Da wiederum beginnt die Spurensuche etwas erfolgreicher zu sein.
Wir haben noch uralte Gesteinsformationen, die wir finden können und natürlich auch Abdrücke des damaligen Lebens.
Wie Funde China belegen, gab es sogar schon im Präkambrium vor ca. 550 Millionen
Jahren Wirbeltiere, wie das Urfischchen Haikuella (nach dem Fundort Haiku benannt), oder Pikaia aus der Bourgess shale Fauna. Es ging richtig rund.
Sprichwörtlich, denn diese Lebensformen waren mobil. Man konnte sich schon aktiv bewegen und sich nicht nur herumtreiben lassen.
Vielleicht hatte Haikouella sogar so etwas ähnliches, wie Augen. Eine einmalige Weiterentwicklung!
(Haikouella (Fundort Haiku)- wikipedia)
An Land allerdings sah es noch mau aus.
Die durchschnittliche Bodentemperatur betrug rund 21 Grad (7 Grad plus zu heute).
Es gab dort noch kein Leben.
Und im Wasser bestand die Pflanzenwelt ausschließlich aus planktonisch lebenden Algen.
(Pikaia - vor 525 Jahren - wikipedia)
Wir kommen nun endlich zum ersten wirklichen Endzeit-Wahnsinn, der sich im Kambrium ereignete.
Lange hat es gedauert, lieber Leser, und es geriet ziemlich umfangreich, aber ich denke ohne dem Vorab-Abriss fehlt uns irgendetwas.
Folgen Sie nun, wenn sie wollen, dem Zeitalter des Kambrium im Band Eins.