Der Morgen danach
Mann, war ich in einem Zustand!
Der Schädel brummte am Samsag Morgen. Die Augen waren verpappt und ich konnte fühlen, wie sich vor ihnen eine Milchglasscheibe befand. Langsam hob ich einen Arm. Nein, meine verkleisterte Brille war es nicht, die den Nebel verursachte.
Wo ist sie überhaupt?
Hoffentlich hatte ich sie nicht verloren. Beim Billard spielen hatte ich sie noch auf gehabt. Das Bett neben mir war leer. Das wunderte mich weniger. Mann, was würde ich von Susi für einen Krach kriegen.
„Nur kurz in die Kneipe. Ein kleines Gläschen Bier, Schwatz mit Toni. Bin in einer Stunde
spätestens wieder da.“
Ja, das hatte ich gesagt. An das Billard spielen konnte ich mich ja erinnern. Die meisten Runden haben andere zahlen müssen, aber danach?
Da fehlte mir so das Eine oder Andere. Filmriss ist vielleicht besser ausgedrückt.
Ich rappelte mich also hoch, rieb mir im Gesicht herum, hechelte.
Ich hatte ein Pflaster auf der Stirn.
Das Schlimmste kommt ja noch!
Wenn man sich schon so elend fühlt, warum muss dann die bessere Hälfte noch Krach schlagen? Es kann nur furchtbar werden.
Wo sind eigentlich meine Sachen?
Ach, Guck, da auf dem Stuhl.
Zusammengelegt und gestapelt. Daran konnte ich mich nicht erinnern. Außerdem hätte ich das nicht fertig gebracht.
Ich mühte mich auf und schlurfte in die Küche. Karli saß am Frühstückstisch. Auch mein Platz war gedeckt. Ein Glas Wasser, daneben 3 Tabletten Alka-Selzer. Ein selbstgemachter Heringssalat, ein paar Scheiben Gurken neben dem Orangensaft. Eine Scheibe Weißbrot. Adrett lag da auch meine Brille. Ich träumte wohl!
Mein kleiner, aufgeweckter Sohn Karli strahlte mich an.
Ich fragte. „War sie arg böse?“
„Nö.“
„Is' gut, ins Bad gehe ich später.
Mami ist weg?“
„Hm“, nickte Karli
Ich setzte mich also. Alles erschien mir so adrett, so rein, blitzblank.
„Warst du im Bett? Ich meine gestern Nacht.“
„Ja, zuerst schon, aber dann hat es so gebumst. Das war um 3 Uhr. Du bist ganz schön auf die Schnauze gefallen, sag ich dir.“
„Ah, ja?“
„War echt Klasse!“
Ich sagte nichts.
„Mami und ich, wir haben dir dann geholfen. Du hast aber auch ein Gewicht. Ach ja und gekotzt hast du auch. Ging einiges neben das Waschbecken hat Mami gesagt.“
Und das hat der Junge mitgekriegt.! Ich war erschüttert.
Ich schaute ihn mit Eulenaugen an.
„Ich hab heimlich gekuckt“, erzählte er stolz.
„Dann haben wir dich ins Bett gebracht. Mami hat mich raus geschickt und dich noch ausgezogen.“
„Ich weiß, du hast nur heimlich gekuckt.“
„Klar, bin doch nicht doof! Das lasse ich mir nicht entgehen.
In der Küche hast du auch noch einiges zerdeppert, weil du noch was essen wolltest. Das war natürlich nach dem Kotzen.“
Der Bengel löffelte weiter.
„Und? Ist sie ausgezogen? Oder hat sie sonst noch was gesagt?“
„Nö.“
„Kommt sie wieder?“
„Natürlich! Sie ist gerade einkaufen.
Einen Rollbraten, den du so gern magst, holt sie. Sie hat gesagt, dass sie dir auch eine neue Krawatte kauft, aber ich soll’s dir nicht sagen.“
Ich bekam gar nichts mehr auf die Reihe. Völlige Ratlosigkeit machte sich breit. Ein Rätsel!
„Sie ist nicht böse?“
„Nein. Sie hat sogar leise gesungen, als sie alles wieder in Ordnung gebracht hat. Sie hat ganz schön gebraucht mit Putzen und Aufräumen und so. Außerdem hast du noch einiges umgeworfen. Den Zucker zum Beispiel.....“
„Lass gut sein“, unterbrach ich seine Begeisterung.
„War echt was los heut Nacht.“
Ich schüttelte den Kopf und hätte es besser nicht tun sollen. Es wabberte und dröhnte.
„Kannst du dir das erklären, Karli?“
„Nö!
Ich kriege immer ein Donnerwetter! Nur der Herr Vater nicht!“
Kinderaugen können so was von
vorwurfsvoll schauen.
„ Ihr habt sogar ein klein bisschen auf dem Bett gerauft, aber mit dir war natürlich nicht viel los.“
Das schnalzte Karli geradezu hervor.
„Wie? Das auch noch?“
„Ja, sie wollte dich ausziehen, als du fast bewusstlos auf dem Bett lagst.
Und da hast du gesagt:
"Nicht! Nicht! Lass das gefälligst! Ich bin verheiratet.“