Beschreibung
Romi ist eine Frau mittleren Alters und langweilt sich in ihrem tristen Alltagsleben, bis zu dem Anruf ihrer Freundin Ceres.........
Es war wieder einer der tristen Tage in Romis Alltagsleben. Nichts Besonderes stand an. Nach ihrer langjährigen Beziehung war sie irgendwie ausgelaugt und hatte keine Kraft mehr für irgendwelche selbst hergezauberten Highlights. Nachdem sie am frühen morgen ihre Kinder mit Frühstück versorgt hatte machte sie sich an die Arbeit. Sie bediente in einem Hardrockcafe an jedem Vormittag, doch ihre Erfüllung war es nicht. Sie wünschte sich einen Beruf im künstlerischen Bereich, da sie sehr rebellisch und strukturlos lebte, wäre das genau das Richtige für sie. Nach ihrer kaufmännischen Ausbildung hatte sie schnell gemerkt, dass dies nicht der wahre Beruf ist. Sie hat auch nach der Arbeit eigentlich genug zu tun. Putzen, mit den Kindern lernen, kochen. Und dann wieder alles von vorne. Das war endlos langweilig, besonders für eine Wassermannfrau. Die Wassernixen wollen immer wieder was neues, Aufregungen und Anregungen im Leben, am liebsten jeden Tag. Davon konnte Romi im Moment nur träumen.
Ihr Partner den sie liebte, war das ganze Gegenteil. Wenn er von der Arbeit kam, wups auf die Couch und das wars dann für den Abend und für sie. Manchmal hatten sie Sex, der ja auch ganz gut war, doch nach vielen gemeinsamen Jahren ist das kribbeln und die Besonderheit einfach nicht mehr so wie am Anfang. Wenn die Ameisenmeute sich vom Solarplexus ausbreitet und anfängt zu rasen als würde es an den Körperenden das beste Futter der Welt und des Universums geben. Sie lassen auch keine Zellen und kein Organ, geschweige denn die Gefäße und Blutkörperchen aus. Alles wird gnadenlos überrannt. Wenn die Ameisen ihren Lauf beendet haben, dann haben meistens die Schmetterlinge ihren Auftritt. Die sind noch viel größer und es sind Scharen von ihnen unterwegs, wollen sich bis in den kleinsten Zeh quetschen.
Kurz und gut, sie vermisste es.
Eines Tages rief ihre Freundin an und beschloss für sie beide, denn Ceres ging es nicht anders, einen Abend etwas zu unternehmen. Gut, wenn man erstmal den ganzen Tag geputzt und vor sich hinvegetiert hat, ist man meistens abends ko und hat gar keine lust mehr etwas zu tun und schon gar nicht raus aus dem Haus und unter Menschen zu gehen. Aber gut, Romi sagte zu und es war beschlossene Sache.
Am kommenden Samstag spielte Ceres Bruder Tim, ein Künstler und Vollblutmusiker, mit seiner Band in einem Club im Künstlerviertel ihrer Großstadt und das sollte ihr Ziel am Abend sein. Ein Folkloreabend. Romi schlief, wenn sie mal ausgingen, meistens bei ihrer Freundin, da sie oft sturmfreie Bude hat. Sie haben sich nach einem ihrer Samstagsausflüge morgens die Homepage ihres Bruders angeschaut und die Beispielmusik gehört. Daraufhin sind sie völlig ausgeflippt und haben eine echt gute, russische Polkaperfomence hingelegt, worauf beschlossen wurde, dass sie das unbedingt mal erleben müssen.
Es wurde dann Samstag, obwohl Romy schon fast die Hoffnung aufgab. Sie war schon kurz nach dem Frühstück bei Ceres angekommen, wollten sich noch ein wenig anheitern und schnattern. Auch Melina eine Freundin von ihr kam dazu und sie hatten schon mal einen gelungenen Frauennachmittag mit einigen Leckereien. Was damit gemeint war ist Bier und Wodka mit viel Orangensaft. Puuh, die Zeit verrante und Romi musste noch duschen, "sonst muss ich stinkend losgehen, das kann man auch keinem zumuten, also schnell."
Nach dem Duschen zog sie sich ihre alten Klamotten an, die sie in der Eile mittags noch aus dem Schrank gekramt hatte. Als sie sich die Stücke ansah, bekam sie einen Schreianfall, doch es war zu spät. Egal, sie hatte sowieso keine richtige Lust mehr loszugehen, doch sie wollte ihre Freundin nun auch nicht enttäuschen, die auch schon den Bruder über ihren Besuch informierte und der sich schon sehr freute. Erstens Ceres wieder zusehen und dann auch ein wenig neugierig, was das für eine Freundin ist, die seine Schwester schon acht Jahre kennt und die er noch nie zu Gesicht bekommen hat.
Sie gingen los, Melina ging nach Hause, ihr war nicht nach Polka. Sie hätten doch bei Ceres weiterfeiern sollen, dachte Romi.
Sie waren mittlerweile schon auf einem gesunden Level und unterhielten sich angeregt im Bus über ihre Lebenssituation.
In solchen Momenten wurden sie dann auch gerne sarkastisch und gemein und zogen über die Partner her und veralberten sich dann auch gerne selbst und verfielen in gnadenlose Selbstironie. Was Romi wieder an die Grenzen eines Lachkrampfes trieb. Sie lachte sooft sie konnte über allen möglichen Dinge. Was ein anderer als schrecklich empfand, trieb sie in bauchkrampfartige Lachkrämpfe, damit hatte sie schon so manch einen zur Weißglut getrieben, das stachelte sie nur noch mehr zum Lachen an. Einmal träumte sie, sie sitzt in einem Seminar und bekommt einen Lachkrampf der so ausartet, dass sie keine Luft mehr bekommt und mit der Feuerwehr ins Krankenhaus gebracht werden musste, weil sie blau anlief. Das war ein echter Albtraum für Romi. Am nächsten Tag lachte sie doch schon wieder munter drauf los.
Ceres hatte mit ihrer Tante einen Treffpunkt vereinbart, weil ihre Tante mit zum Konzert wollte. Sie saßen im Bus auf dem Weg zum verabreteten Treffpunkt, von wo sie alle gemeinsam den Rest des Weges zum Club fahren wollten.
Mitten im Gespräch sah Romi eine Person auf sie zukommen und im nächsten Moment sagte eine symphatische Stimme:
"Die Fahrausweise bitte!"
Ach du heiliger Mist. Sie hatten zwar Fahrscheine, Ceres hatte ihren auch gleich parat, anders Romi. Sie war die absolute unorientierte, schlampigste Person auf Erden, ihrer eigenen Aussage nach und hier kam man zu einem excellenten Beispiel. Sie kramte in ihrer rechten Jackentasche und zog ein Papierknäuel heraus. Zehn Fahrscheine zu einem wunderschönen, fast runden Ball zusammen geknüttelt. Sie wurde ein wenig rot und fing an, das Knäuel auseinander zu fuddeln. Der Kontrolleur lächelte milde und setzte sich auf den Platz neben ihr, der frei war. Lansam ins Schwitzen kommend faltete sie die einzelnen Zettel auseinander, um den richtigen Schein zu finden. Immer noch lächelnd wartete dieser gut aussehende Mann neben ihr und seine Augen lächelten vielsagend. Langsam am Rande der Verzweiflung, den richtigen Fahrschein zu finden, zog sie auf einmal einen Zettel aus dem entstandenen Fächer von Fahrscheinen und lachte erleichtert. Als sie ihm den Schein freudestrahlend, siegessicher und jetzt doch noch ein wenig roter im Gesicht vor die Nase hielt, grinste er seinen Kollegen an, der die ganze Zeit neben ihm stand, sah Romi wieder an und sagte nur: "Wir sind gar keine Kontrolleure!" Ihr Gesichtsausdruck war filmreif. Nach dem kurzen Schreck verfielen alle in lautes Lachen und sogar die anderen Fahrgäste mussten mitlachen. "Wir wollten euch einladen, den Boxkampf mit Axel im Fritzen anzusehen, habt ihr Lust?"
Also, um Lust ging es da weniger, zumal die zwei Typen echt super aussahen. Doch sie konnten nicht, da sie mit ihrer Tante einen Treffpunkt ausgemacht hatten. Außerdem wartete ihr Bruder und so schnell gingen sie nun auch nicht mit jedem X-Beliebigen mit. Ceres sagte daraufhin: " Leider geht es nicht, wir gehen noch weg!"
"Ach, das könnt ihr doch verschieben, kommt doch lieber mit, wir laden euch ein."
"Nein," wiederholte sie, "wir sind noch mit meiner Tante verabredet und gehen mit ihr gemeinsam in einen Club."
Die Gesichter sprachen Bände. "Die Tante, ohje," kam nur noch aus dem Mund des netten jungen Mannes. "Ja," sagte Ceres "und dann müssen wir vorher auch noch zur Oma." Ceres setzte eine wichtige Mine auf. Romi musste ganz schnell zur Seite schauen, da sie schon wieder einem explosionsartigem Lachkrampf entgegen fieberte.
Nun die Verabschiedung ging ziemlich schnell und sie näherten sich dem verabredeten Treffpunkt mit ihrer Tante.
"Meine Tante kommt mit einem Bekannten und einem etwas älteren Auto, also wundere dich nicht," sagte Ceres zu Romi. Romi war das egal, sie legte keinen Wert auf materielle Güter, "Hauptsache es fährt."
Es kamen viele Autos an ihnen vorbei, mitunter auch solche mit Laderampe und LKW, Kleinbusse und absolute Schrottkarren. Romi machte jedesmal Witze und fragte: "Sie mal, sind sie das?" Um sich dann vorzustellen, wie sie dann zu viert in der Karre transportiert werden. Ein Lachkrampf jagte den nächsten, ihr beider Bauch tat schon ziemlich weh und Luft war auch schon langsam Mangelware. Dann war es soweit. Ein alter Ford Fiesta hielt vor ihrer Nase und nach der Begrüßung stiegen sie ein. Nach einer lustigen Fahrt, kamen sie nach einer anderthalbstündigen Stadtrundfahrt auch endlich an. Um neun Uhr sollten sie im Club sein, ihr Bruder wartete schon. Doch da der Bekannte der Tante sich in Berlin noch nicht so gut auskannte, mit den Anweisungen ihrer Tante nicht zurecht kam, die folgenden Vorwürfe der Tante seiner absolut unmöglichen Fahrweise und zu guter Letzt die Drohungen mit der U-Bahn weiter zu fahren, was auch noch mehr Unsicherheit in dem Herrn auf dem Fahrersitz hervorrief, dauerte es eben etwas länger und sie waren dann um zehn Uhr fünfzehn am Club.
Das Konzert hatte noch nicht angefangen und Ceres suchte ihren Bruder, der sie oder besser uns dann auch fand und sie herzlich begrüßte.
Als er Ceres in die Arme nahm, sah er Romi. Sie stand genau hinter ihnen und war ganz fertig von dem Alkohol und den Lachkrämpfen, die sie innerhalb der letzten zwei Stunden hatte. Ihre Augen waren ganz rot und die Schminke ein wenig verwischt, doch das konnte sie nicht sehen. Das was sie sah, waren zwei blaue Augen, die sie in dem Moment, als sie sie erblickten, eine anziehende Magie auf sie ausübten. Er fesselte sie sofort mit seinem Blick und ließ sie nicht mehr los. Wie lange dauerte die Umarmung von Ceres und ihrem Bruder? Eine Minute, eine Stunde oder vielleicht sogar eine ganz kleine Ewigkeit? Romi wollte sich dem Blick entziehen, doch er war wie ein Magnet und hielt sie gefangen. Nachdem Ceres und Tim sich gelöst hatten, folgte zwischen Tim und Romi eine kurze Begrüßung und leichtes Händeschütteln, ohne den Blick von ihren Augen zu nehmen. Sie gingen an den Thresen und holten sich erstmal ein Bier. Dann sahen sie sich um, während Tim zu seinen Musikerkollegen ging. Der Raum erinnerte an ein Loft. Ein sehr einfacher, quadratischer, großer Raum mit einer einfachen Bar in der Ecke und hängenden Couchen. Diese gemütlichen Sofas hingen wirklich an schweren Eisenketten und wenn man sich hineinsetzte, schaukelte man. Das war super gemütlich. Das Publikum bestand aus Szeneleuten, Künstlern, Musikern und Chaoten, so wie Ceres und Romi es waren. Sie fühlten sich gleich wohl und suchten sich zwei asbachuralte Sessel direkt neben der Bühne aus und ließen sich erschöpft hineinfallen.
Sie tranken einen Schluck von dem kalten Bier und atmeten erleichtert aus. Der große Raum, in dem in der Mitte vor der Bühne noch Stühle und Tische aufgereiht waren, füllte sich langsam und Tim gesellte sich zu den beiden, um noch einen Moment vor dem Konzert zu plaudern.
"Soso, das ist also deine Freundin," begann er. Ceres grinste und sagte "Jaaaa. Endlich lernt ihr euch mal kennen, ist unglaublich, dass ihr euch noch nie gesehen habt." Romi sagte nichts und grinste nur. Seine Augen fingen an zu leuchten und er starrte wie gebannt auf Romis Gesicht. "Du hast so schöne Lippen," hauchte er sie an und im nächsten Moment fragte er schelmisch: "Darf ich die mal küssen?" Ohne weiter darüber nachzudenken sagte sie: "Na klar." Und schon waren seine Lippen mit ihren verschmolzen und sie küssten sich zart und leidenschaftlich, wie es einer großen Magie würdig ist.
Nach elektrisierender Gänsehaut musste er auf die Bühne und sie hörte, wie er anfing zu spielen und den Takt mit seinem Schlagzeug vorgab. Der Abend und die Musik waren wirklich super. Absolut etwas anderes und es hat die Leute aus den Socken gerissen und alles hat gejohlt, gefeiert und getanzt. Er war ein absoluter Meister seines Fachs. Er spielte eigentlich in einer Jazzband, doch diese Musik machte einfach Spaß und die Jungs, mit denen er spielte kannte er schon Ewigkeiten. Wie er das Schlagzeug beherrschte und die Art wie er spielte und dabei aufblühte, wie eine Blume, die von einem kalten in einen warmen Raum kommt und durch die Wärme sofort erblüht. Tim eroberte im Fluge der Menschen Faszination und ihre Aufmerksamkeit. Als das Konzert vorbei war, tanzten alle noch eine lange Zeit miteinander, auch Romi und Tim. Sie waren den Rest der Nacht im Land der wilden Fantasien, erzählten sich, was sie gerne miteinander täten und fröhnten der entstandenen Gefühlswelt.
"Hey Romi, Tim!" Eine Stimme riss beide aus heißen Rythmen und er schien etwas sauer: "Was ist denn?"
"Wir müssen jetzt gehen, Romi wir fahren dich nach Hause, komm jetzt bitte!" Ceres war schon etwas drängender, da sie ihre Tante nun nicht mehr länger wegen Romi warten lassen wollte. Nach zehn Versuchen, sich loszureißen, klappte es dann beim elften. Romi vermied es, Kontaktdaten auszutauschen. Diesen Rausch den sie da erlebte, musste sie erstmal verarbeiten. Sollte sich in ihrer Gefühlswelt etwas weiterentwickeln, dann muss sie mit ihrem Partner darüber erst sprechen, bevor sie einer Kurzschlusshandlung unterliegt. So war sie. Als sie nach Hause kam und vor ihrer Wohnungstür stand fuhr der nächste Schreck in ihre Glieder.
Sie hatte ihren Schlüssel vergessen. Es war nach fünf Uhr morgens, ihre Kinder und Uli ihr Freund, schliefen schon. Ach du Schreck, was jetzt?
Ihr blieb nur eins übrig. Sie klingelte. Leise Schritte taperten in ihre Richtung und das Schloss machte Öffnungsgeräusche. Uli schloss die Tür auf und knurrte soetwas wie: "Gunmorgn, wasn Schlüssl vergessn?" "Ja, sorry," lächelte Romi und verschwand ohne ein weiteres Wort in ihr Bett.
Es war wieder einer der tristen Tage in Romis Alltagsleben. Nichts Besonderes stand an. Nach ihrer langjährigen Beziehung war sie irgendwie ausgelaugt und hatte keine Kraft mehr für irgendwelche selbst hergezauberten Highlights. Nachdem sie am frühen morgen ihre Kinder mit Frühstück versorgt hatte machte sie sich an die Arbeit. Sie bediente in einem Hardrockcafe an jedem Vormittag, doch ihre Erfüllung war es nicht. Sie wünschte sich einen Beruf im künstlerischen Bereich, da sie sehr rebellisch und strukturlos lebte, wäre das genau das Richtige für sie. Nach ihrer kaufmännischen Ausbildung hatte sie schnell gemerkt, dass dies nicht der wahre Beruf ist. Sie hat auch nach der Arbeit eigentlich genug zu tun. Putzen, mit den Kindern lernen, kochen. Und dann wieder alles von vorne. Das war endlos langweilig, besonders für eine Wassermannfrau. Die Wassernixen wollen immer wieder was neues, Aufregungen und Anregungen im Leben, am liebsten jeden Tag. Davon konnte Romi im Moment nur träumen.
Ihr Partner den sie liebte, war das ganze Gegenteil. Wenn er von der Arbeit kam, wups auf die Couch und das wars dann für den Abend und für sie. Manchmal hatten sie Sex, der ja auch ganz gut war, doch nach vielen gemeinsamen Jahren ist das kribbeln und die Besonderheit einfach nicht mehr so wie am Anfang. Wenn die Ameisenmeute sich vom Solarplexus ausbreitet und anfängt zu rasen als würde es an den Körperenden das beste Futter der Welt und des Universums geben. Sie lassen auch keine Zellen und kein Organ, geschweige denn die Gefäße und Blutkörperchen aus. Alles wird gnadenlos überrannt. Wenn die Ameisen ihren Lauf beendet haben, dann haben meistens die Schmetterlinge ihren Auftritt. Die sind noch viel größer und es sind Scharen von ihnen unterwegs, wollen sich bis in den kleinsten Zeh quetschen.
Kurz und gut, sie vermisste es.
Eines Tages rief ihre Freundin an und beschloss für sie beide, denn Ceres ging es nicht anders, einen Abend etwas zu unternehmen. Gut, wenn man erstmal den ganzen Tag geputzt und vor sich hinvegetiert hat, ist man meistens abends ko und hat gar keine lust mehr etwas zu tun und schon gar nicht raus aus dem Haus und unter Menschen zu gehen. Aber gut, Romi sagte zu und es war beschlossene Sache.
Am kommenden Samstag spielte Ceres Bruder Tim, ein Künstler und Vollblutmusiker, mit seiner Band in einem Club im Künstlerviertel ihrer Großstadt und das sollte ihr Ziel am Abend sein. Ein Folkloreabend. Romi schlief, wenn sie mal ausgingen, meistens bei ihrer Freundin, da sie oft sturmfreie Bude hat. Sie haben sich nach einem ihrer Samstagsausflüge morgens die Homepage ihres Bruders angeschaut und die Beispielmusik gehört. Daraufhin sind sie völlig ausgeflippt und haben eine echt gute, russische Polkaperfomence hingelegt, worauf beschlossen wurde, dass sie das unbedingt mal erleben müssen.
Es wurde dann Samstag, obwohl Romy schon fast die Hoffnung aufgab. Sie war schon kurz nach dem Frühstück bei Ceres angekommen, wollten sich noch ein wenig anheitern und schnattern. Auch Melina eine Freundin von ihr kam dazu und sie hatten schon mal einen gelungenen Frauennachmittag mit einigen Leckereien. Was damit gemeint war ist Bier und Wodka mit viel Orangensaft. Puuh, die Zeit verrante und Romi musste noch duschen, "sonst muss ich stinkend losgehen, das kann man auch keinem zumuten, also schnell."
Nach dem Duschen zog sie sich ihre alten Klamotten an, die sie in der Eile mittags noch aus dem Schrank gekramt hatte. Als sie sich die Stücke ansah, bekam sie einen Schreianfall, doch es war zu spät. Egal, sie hatte sowieso keine richtige Lust mehr loszugehen, doch sie wollte ihre Freundin nun auch nicht enttäuschen, die auch schon den Bruder über ihren Besuch informierte und der sich schon sehr freute. Erstens Ceres wieder zusehen und dann auch ein wenig neugierig, was das für eine Freundin ist, die seine Schwester schon acht Jahre kennt und die er noch nie zu Gesicht bekommen hat.
Sie gingen los, Melina ging nach Hause, ihr war nicht nach Polka. Sie hätten doch bei Ceres weiterfeiern sollen, dachte Romi.
Sie waren mittlerweile schon auf einem gesunden Level und unterhielten sich angeregt im Bus über ihre Lebenssituation.
In solchen Momenten wurden sie dann auch gerne sarkastisch und gemein und zogen über die Partner her und veralberten sich dann auch gerne selbst und verfielen in gnadenlose Selbstironie. Was Romi wieder an die Grenzen eines Lachkrampfes trieb. Sie lachte sooft sie konnte über allen möglichen Dinge. Was ein anderer als schrecklich empfand, trieb sie in bauchkrampfartige Lachkrämpfe, damit hatte sie schon so manch einen zur Weißglut getrieben, das stachelte sie nur noch mehr zum Lachen an. Einmal träumte sie, sie sitzt in einem Seminar und bekommt einen Lachkrampf der so ausartet, dass sie keine Luft mehr bekommt und mit der Feuerwehr ins Krankenhaus gebracht werden musste, weil sie blau anlief. Das war ein echter Albtraum für Romi. Am nächsten Tag lachte sie doch schon wieder munter drauf los.
Ceres hatte mit ihrer Tante einen Treffpunkt vereinbart, weil ihre Tante mit zum Konzert wollte. Sie saßen im Bus auf dem Weg zum verabreteten Treffpunkt, von wo sie alle gemeinsam den Rest des Weges zum Club fahren wollten.
Mitten im Gespräch sah Romi eine Person auf sie zukommen und im nächsten Moment sagte eine symphatische Stimme:
"Die Fahrausweise bitte!"
Ach du heiliger Mist. Sie hatten zwar Fahrscheine, Ceres hatte ihren auch gleich parat, anders Romi. Sie war die absolute unorientierte, schlampigste Person auf Erden, ihrer eigenen Aussage nach und hier kam man zu einem excellenten Beispiel. Sie kramte in ihrer rechten Jackentasche und zog ein Papierknäuel heraus. Zehn Fahrscheine zu einem wunderschönen, fast runden Ball zusammen geknüttelt. Sie wurde ein wenig rot und fing an, das Knäuel auseinander zu fuddeln. Der Kontrolleur lächelte milde und setzte sich auf den Platz neben ihr, der frei war. Lansam ins Schwitzen kommend faltete sie die einzelnen Zettel auseinander, um den richtigen Schein zu finden. Immer noch lächelnd wartete dieser gut aussehende Mann neben ihr und seine Augen lächelten vielsagend. Langsam am Rande der Verzweiflung, den richtigen Fahrschein zu finden, zog sie auf einmal einen Zettel aus dem entstandenen Fächer von Fahrscheinen und lachte erleichtert. Als sie ihm den Schein freudestrahlend, siegessicher und jetzt doch noch ein wenig roter im Gesicht vor die Nase hielt, grinste er seinen Kollegen an, der die ganze Zeit neben ihm stand, sah Romi wieder an und sagte nur: "Wir sind gar keine Kontrolleure!" Ihr Gesichtsausdruck war filmreif. Nach dem kurzen Schreck verfielen alle in lautes Lachen und sogar die anderen Fahrgäste mussten mitlachen. "Wir wollten euch einladen, den Boxkampf mit Axel im Fritzen anzusehen, habt ihr Lust?"
Also, um Lust ging es da weniger, zumal die zwei Typen echt super aussahen. Doch sie konnten nicht, da sie mit ihrer Tante einen Treffpunkt ausgemacht hatten. Außerdem wartete ihr Bruder und so schnell gingen sie nun auch nicht mit jedem X-Beliebigen mit. Ceres sagte daraufhin: " Leider geht es nicht, wir gehen noch weg!"
"Ach, das könnt ihr doch verschieben, kommt doch lieber mit, wir laden euch ein."
"Nein," wiederholte sie, "wir sind noch mit meiner Tante verabredet und gehen mit ihr gemeinsam in einen Club."
Die Gesichter sprachen Bände. "Die Tante, ohje," kam nur noch aus dem Mund des netten jungen Mannes. "Ja," sagte Ceres "und dann müssen wir vorher auch noch zur Oma." Ceres setzte eine wichtige Mine auf. Romi musste ganz schnell zur Seite schauen, da sie schon wieder einem explosionsartigem Lachkrampf entgegen fieberte.
Nun die Verabschiedung ging ziemlich schnell und sie näherten sich dem verabredeten Treffpunkt mit ihrer Tante.
"Meine Tante kommt mit einem Bekannten und einem etwas älteren Auto, also wundere dich nicht," sagte Ceres zu Romi. Romi war das egal, sie legte keinen Wert auf materielle Güter, "Hauptsache es fährt."
Es kamen viele Autos an ihnen vorbei, mitunter auch solche mit Laderampe und LKW, Kleinbusse und absolute Schrottkarren. Romi machte jedesmal Witze und fragte: "Sie mal, sind sie das?" Um sich dann vorzustellen, wie sie dann zu viert in der Karre transportiert werden. Ein Lachkrampf jagte den nächsten, ihr beider Bauch tat schon ziemlich weh und Luft war auch schon langsam Mangelware. Dann war es soweit. Ein alter Ford Fiesta hielt vor ihrer Nase und nach der Begrüßung stiegen sie ein. Nach einer lustigen Fahrt, kamen sie nach einer anderthalbstündigen Stadtrundfahrt auch endlich an. Um neun Uhr sollten sie im Club sein, ihr Bruder wartete schon. Doch da der Bekannte der Tante sich in Berlin noch nicht so gut auskannte, mit den Anweisungen ihrer Tante nicht zurecht kam, die folgenden Vorwürfe der Tante seiner absolut unmöglichen Fahrweise und zu guter Letzt die Drohungen mit der U-Bahn weiter zu fahren, was auch noch mehr Unsicherheit in dem Herrn auf dem Fahrersitz hervorrief, dauerte es eben etwas länger und sie waren dann um zehn Uhr fünfzehn am Club.
Das Konzert hatte noch nicht angefangen und Ceres suchte ihren Bruder, der sie oder besser uns dann auch fand und sie herzlich begrüßte.
Als er Ceres in die Arme nahm, sah er Romi. Sie stand genau hinter ihnen und war ganz fertig von dem Alkohol und den Lachkrämpfen, die sie innerhalb der letzten zwei Stunden hatte. Ihre Augen waren ganz rot und die Schminke ein wenig verwischt, doch das konnte sie nicht sehen. Das was sie sah, waren zwei blaue Augen, die sie in dem Moment, als sie sie erblickten, eine anziehende Magie auf sie ausübten. Er fesselte sie sofort mit seinem Blick und ließ sie nicht mehr los. Wie lange dauerte die Umarmung von Ceres und ihrem Bruder? Eine Minute, eine Stunde oder vielleicht sogar eine ganz kleine Ewigkeit? Romi wollte sich dem Blick entziehen, doch er war wie ein Magnet und hielt sie gefangen. Nachdem Ceres und Tim sich gelöst hatten, folgte zwischen Tim und Romi eine kurze Begrüßung und leichtes Händeschütteln, ohne den Blick von ihren Augen zu nehmen. Sie gingen an den Thresen und holten sich erstmal ein Bier. Dann sahen sie sich um, während Tim zu seinen Musikerkollegen ging. Der Raum erinnerte an ein Loft. Ein sehr einfacher, quadratischer, großer Raum mit einer einfachen Bar in der Ecke und hängenden Couchen. Diese gemütlichen Sofas hingen wirklich an schweren Eisenketten und wenn man sich hineinsetzte, schaukelte man. Das war super gemütlich. Das Publikum bestand aus Szeneleuten, Künstlern, Musikern und Chaoten, so wie Ceres und Romi es waren. Sie fühlten sich gleich wohl und suchten sich zwei asbachuralte Sessel direkt neben der Bühne aus und ließen sich erschöpft hineinfallen.
Sie tranken einen Schluck von dem kalten Bier und atmeten erleichtert aus. Der große Raum, in dem in der Mitte vor der Bühne noch Stühle und Tische aufgereiht waren, füllte sich langsam und Tim gesellte sich zu den beiden, um noch einen Moment vor dem Konzert zu plaudern.
"Soso, das ist also deine Freundin," begann er. Ceres grinste und sagte "Jaaaa. Endlich lernt ihr euch mal kennen, ist unglaublich, dass ihr euch noch nie gesehen habt." Romi sagte nichts und grinste nur. Seine Augen fingen an zu leuchten und er starrte wie gebannt auf Romis Gesicht. "Du hast so schöne Lippen," hauchte er sie an und im nächsten Moment fragte er schelmisch: "Darf ich die mal küssen?" Ohne weiter darüber nachzudenken sagte sie: "Na klar." Und schon waren seine Lippen mit ihren verschmolzen und sie küssten sich zart und leidenschaftlich, wie es einer großen Magie würdig ist.
Nach elektrisierender Gänsehaut musste er auf die Bühne und sie hörte, wie er anfing zu spielen und den Takt mit seinem Schlagzeug vorgab. Der Abend und die Musik waren wirklich super. Absolut etwas anderes und es hat die Leute aus den Socken gerissen und alles hat gejohlt, gefeiert und getanzt. Er war ein absoluter Meister seines Fachs. Er spielte eigentlich in einer Jazzband, doch diese Musik machte einfach Spaß und die Jungs, mit denen er spielte kannte er schon Ewigkeiten. Wie er das Schlagzeug beherrschte und die Art wie er spielte und dabei aufblühte, wie eine Blume, die von einem kalten in einen warmen Raum kommt und durch die Wärme sofort erblüht. Tim eroberte im Fluge der Menschen Faszination und ihre Aufmerksamkeit. Als das Konzert vorbei war, tanzten alle noch eine lange Zeit miteinander, auch Romi und Tim. Sie waren den Rest der Nacht im Land der wilden Fantasien, erzählten sich, was sie gerne miteinander täten und fröhnten der entstandenen Gefühlswelt.
"Hey Romi, Tim!" Eine Stimme riss beide aus heißen Rythmen und er schien etwas sauer: "Was ist denn?"
"Wir müssen jetzt gehen, Romi wir fahren dich nach Hause, komm jetzt bitte!" Ceres war schon etwas drängender, da sie ihre Tante nun nicht mehr länger wegen Romi warten lassen wollte. Nach zehn Versuchen, sich loszureißen, klappte es dann beim elften. Romi vermied es, Kontaktdaten auszutauschen. Diesen Rausch den sie da erlebte, musste sie erstmal verarbeiten. Sollte sich in ihrer Gefühlswelt etwas weiterentwickeln, dann muss sie mit ihrem Partner darüber erst sprechen, bevor sie einer Kurzschlusshandlung unterliegt. So war sie. Als sie nach Hause kam und vor ihrer Wohnungstür stand fuhr der nächste Schreck in ihre Glieder.
Sie hatte ihren Schlüssel vergessen. Es war nach fünf Uhr morgens, ihre Kinder und Uli ihr Freund, schliefen schon. Ach du Schreck, was jetzt?
Ihr blieb nur eins übrig. Sie klingelte. Leise Schritte taperten in ihre Richtung und das Schloss machte Öffnungsgeräusche. Uli schloss die Tür auf und knurrte soetwas wie: "Gunmorgn, wasn Schlüssl vergessn?" "Ja, sorry," lächelte Romi und verschwand ohne ein weiteres Wort in ihr Bett.