Was war geschehen?
Wie ich zu dieser Geschichte kam?
Ich war ein kleines Mädchen, von noch nicht einmal neun Jahren, als meine beste Freundin starb.
Wir hatten keine besonders schöne Kindheit, aber darum geht es in dieser Geschichte nicht. Sie starb an den Folgen unseres Martyrium, war über Monate immer weniger geworden.
Wenn man acht Jahre alt ist, sind zwei Jahre eine Ewigkeit. Vor allem, wenn man so aufwächst, wie wir es erlebten.
Birgitt war mein Leben, wegen ihr legte ich mich mit meinen Lehrern an und hielt die Bestrafungen ohne Murren aus. Ihr
Tod riss mein Herz entzwei. Ich wollte zu ihr. Ich wollte nur noch sterben. Ich zog mich ganz in mich selber zurück. Ich wollte aufgeben. Ich hatte keine Kraft mehr zu kämpfen. Ich hatte den Sinn des Lebens verloren. Birgitt war mein Sinn, sie war mein Leben. Sie zu beschützen, hatte ich mir zur Lebensaufgabe gemacht. Aber, ich hatte versagt.
Das klingt heute banal, kindisch und albern. Damals empfand ich es so. Selbst heute, nach fünfundvierzig Jahren, während ich diese Zeilen niederschreibe, kommt dieser Schmerz wieder nach oben. Es tut nach dieser langen Zeit genau noch so weh. Vor allem, ergreift
mich wieder diese endlose Wut auf mich selber, weil ich sie nicht besser beschützen konnte. Obwohl ich heute weiß, ich hätte sie nicht beschützen können. Wie denn auch? Ich war acht Jahre alt.
Birgitt und ich hatten alles zusammen gemacht. Wir weinten zusammen, wir aßen zusammen, wir lernten zusammen. Vor allem, halfen wir uns immer gegenseitig. Wir waren beide die Kleinsten in der Klasse, diejenigen die immer im Abseits standen. Diejenigen, die niemals akzeptiert wurden. Die Außenseiter, die weder von unseren Klassenkameraden, noch von den Lehrern beachtet wurden.
Wir träumten zusammen, von einer heilen Welt. In der wir lachen durften, wir barfuss über die Wiese laufen konnten, um Schmetterlinge zu fangen. Wir standen oftmals, wie verzaubert am Fenster unseres Aufenthaltsraumes und sahen Ewigkeiten einem Marienkäfer zu. Vergaßen dabei alle Zeit. Träumten uns hinaus in die Welt, vor die Gitterstäbe. Flogen auf unseren Käfern, in unsere Freiheit. In dieser unsere Freiheit, konnte uns keine verletzen. Dort fügte uns keiner Schmerzen zu. In dieser unserer Freiheit, waren wir die Starken. Wir waren diejenigen, die jedem die Stirn boten, der uns verletzen und vor allem demütigen tun wollte.
Dann kam der 24. Dezember 1967, jeden Tag saß ich seit über zwei Monaten an ihrem Bett. Jede Minute die mich unsere Erzieher ließen, verbrachte ich mit ihr. Wenn andere sich ausruhten oder Freizeiten hatten, bettelte ich solange, bis man mich zu ihr ließ. Dann saß ich an ihrem Bett und erzählte ihr selber erfunden Geschichten. Nur, um sie lächeln zu sehen.
An diesem Tag kamen Birgitts Eltern. Niemals waren Eltern, von jemanden in unsere Schule gekommen. Noch nie, bekam jemand von uns Besuch. Ich ahnte, was das zu bedeuten hatte.
Man schickte mich aus dem Zimmer. Ich wollte nicht gehen. Ich hielt Birgitts
Hand. Aber ich hatte keine Rechte. Ich wurde von den Erziehern einfach weggeschleift. Ohne Rücksicht darauf, dass man mich verletzte. Man fragte nicht, ob ich bleiben wollte.
Man befahl mir einfach. „Geh.“
Das war das erste Mal in den zwei Jahren, dass ich einem Befehl nicht gehorchte. Ich wusste, dass sie sterben würde. Ich wollte nicht, dass sie allein ist.
Ich hatte es ihr doch versprochen.
Aber. Was hatte ich für Rechte? Ein noch nicht einmal neunjähriges Mädchen. Was hatte ich für eine Chancen? Gegen einen Erwachsenen, einen Lehrer.
KEINE
Die Erzieher hoben mich hoch. Egal, wie sehr ich mich wehrte. Sie zerrten, schleiften mich, halb tragend, aus dem Raum. Es half nicht, dass ich um mich trat, um mich schlug, um mich biss. Ich wurde einfach weggezerrt. Wie eine Puppe.
Dabei wollte ich nur bei ihr sein, sie nicht alleine lassen. Ich wollte nur ihre Hand halten.
Sie starb ohne mich, (nur) im Beisein ihrer Eltern.
Am nächsten Morgen war sie weg. Für immer weg. Sie hatte mich einfach verlassen. Sie hatte mich einfach im Stich gelassen.
Ich war auf Birgitt wütend. Ich war, auf meine Erzieher wütend. Ich war auf meine Klassenkameraden wütend. Aber, ich war auch auf Birgitts Eltern wütend.
Ich war wütend auf Gott und die Welt. Ich war auf mich wütend.
Der Tod von Birgitt, brach mir mein Herz.
Ich hörte damals auf zu reden, sprach mit niemanden mehr ein Wort. Alles, was man mir sagte, tat ich. Aber ohne zu sprechen. Ich gab den Lehrern keine Antworten mehr auf ihre Fragen. Bekam dafür Strafen. Das war mir egal. Sollten sie mich bestrafen, vielleicht konnte ich dann sterben. Waren damals meine Gedanken. Allerdings war ich zu stark.
Jede Strafe tat mir weh. Jedes Schweigen brachte mir Ärger. Ich aber, konnte Birgitt nicht folgen. Ich konnte nicht sterben. Ich wollte doch nur zu ihr, wollte nur bei ihr sein. Ich begriff nicht, wie dumm ich war. Wie sehr ich mir selber schadete.
Jede freie Minute, saß ich auf Birgitts Bett. Nur, um ihr nahe zu sein. Ohne auch nur eine Träne zu weinen. Bis man Birgitts Bett, aus unserem Schlafsaal entfernte. In der Hoffnung, dass mir das helfen würde. Über deren Tod hinweg zu kommen.
Als wenn das so einfach wäre. Nach dem Entfernen des Bettes, saß ich auf der Stelle, an der Birgitts Bett gestanden
hatte. Ich setzte mich einfach auf den Boden. Im Schneidersitz, schaukelte vor und zurück, über Stunden. Bis man mir den Befehl gab, ins Bett zu gehen. Nachts, wenn alle schliefen, stand ich auf, ging wieder zu der Stelle, nur um ihr nah zu sein. Ich legte mich einfach an dieser Stelle auf den Boden und schlief dort, ohne Decke. Unsere Betreuer versuchten alles. Aber nichts half.
Mein Herz blutete weiter.
In der zweiten Woche des neuen Jahres, wurde Birgitt beerdigt. Ich war so voller Wut, so voller Hass.
Während der Trauerfeier, mussten wir alle am geschlossenen Sarg vorbei
gehen. Dann sollten wir Birgitts Eltern, unser Beileid aussprechen. Bekamen schon Tage vorher gesagt, was wir zu sagen haben und wie wir uns zu verhalten hätten.
Alle haben geweint. Ich weigerte mich. Für mich war Birgitt nicht tot, sie war nur irgendwo, wo ich nicht hingehen konnte. Diese Weigerung, brachte mir viel Ärger ein. Es war mir egal.
All diejenigen, die Birgitt und mich ständig ausgelacht hatten. All diejenigen, die uns beide ständig gehänselt, geschuppst und bei den Erziehern verpetzt hatten. Wenn wir wieder einmal träumend in der Gegen herum standen. Alle weinten, dabei hatten sie Birgitt gar
nicht gemocht.
Nur ich mochte sie. Sie war nur meine Freundin. Nur ich habe sie geliebt.
Verdammt, ich war noch nicht einmal neun Jahre alt. Ich begriff nichts von dem, was da vor sich ging. Keiner nahm sich Zeit, um es mir zu erklären. Keiner versuchte sich in mich hinein zu versetzen. Jeder sah nur, dass da ein Kind war, was auf Konfrontationskurs ging. Jeder sah nur, dass ich mich verweigerte. Es fragte keiner, nach dem warum. Es war also kein Wunder, dass die Dinge dann außer Kontrolle gerieten. Das Einzigste, was nämlich passierte war,dass diese unsagbare Wut die in mir war, immer größer wurde. Der Hass
wurde genährt, von dem Unverstand eines wütenden Kindes. Eines Kindes, das einfach nicht begriff, warum man das nicht verhindert hatte. Warum man Birgitt sterben ließ. Ich war so wütend, war so voller Hass auf diese Menschen, dass ich nicht einmal mehr weinen konnte.
Mitleid, hatten wir nie kennen gelernt. Mitleid, hatten wir, in dieser Schule nie erlebt. Weder Verständnis, noch Liebe brachte man uns entgegen. Das Einzigste, was wir in diesen zwei Jahren lernten, war der absolute Gehorsam. Was davor war? Das hatten wir längst vergessen. Die zwei Wochen Ferien, hatten nicht gereicht, um das zu
reparieren, was diese Leherer an unseren Seelen kaputt gemacht hatten. So war es kein Wunder, dass in mir nur noch Hass war.
Ich konnte einfach nicht verstehen, was damals geschah. Es passte nicht in die Welt, in der ich lebte.
Wieso weinten unsere Klassenkameraden, die Betreuer, all die Menschen, die uns nicht mochten. Die uns in dieser Schule quälten?
Ich verstand es einfach nicht. Ich wollte nur, dass es aufhörte, weh zu tun. Es passierte, dann genau das, was immer passierte, wenn der Druck zu groß wird. Die Wut und der Hass suchten sich einen Weg und traf genau die verkehrten.
Ich flippte bei der Beerdigung von Birgitt richtig aus. Ich tat Dinge, für die ich mich heute noch schäme. Aber, die aus der damaligen Sicht, die einzig richtigen waren. Darum geht es aber nicht, jedenfalls nicht in dieser Geschichte. Sondern um das, was danach geschah.
Nach der Beerdigung lag ich drei Wochen auf der Krankenstation. Kurz nach meiner Genesung, musste ich bei dem Chefbetreuer unserer Schule erscheinen. Dort sollte ich erklären, warum ich mich so daneben benommen hatte. Als ob ich das, mit meinen acht Jahren, hätte erklären können. Da ich noch immer nicht sprach, wurde ich ein zweites Mal, hart bestraft. Allerdings
begriffen auch die Erzieher, dass sie auf diese Weise, an mich nicht mehr herankamen und man ließ mich in Ruhe. Ließ mich einfach gewähren. Fünf Wochen nach der Beerdigung von Birgitt, hatten wir eine Woche Ferien. Wie immer, mussten wir in dieser Zeit nach Hause fahren. Ich kam zu meinen Großeltern. Da ich meine Ferien immer dort verbrachte.
Mein Großvater wurde, als wir am Bahnhof aus dem Bus stiegen, von einem unserer Betreuer zur Seite genommen. Man befahl mir zu warten. Nach einer Weile kam mein Opa zu mir zurück und nahm mich wortlos in seine Arme. Ohne ein Wort zu sagen, gingen wir zusammen
nach Hause.
Ich war noch schweigsamer, als ich es sonst schon war. Ich tat, was man mir befahl, beantwortete gestellte Fragen, nur mit einem Nicken oder Kopfschütteln. Sobald man keine Arbeit mehr für mich hatte, zog ich mich in mein Bett zurück. Rollte mich zusammen und zog mich, in mich in meinen Traum zurück. Stand nur auf, wenn man es von mir verlangt, aß so gut wie nichts.
Vier Tage sah sich mein Großvater dieses Leid an. Er wollte mir die Möglichkeit geben, von alleine zu ihm zu kommen. Er kannte mich sehr gut. Besser als irgendjemand anderes. Deshalb wusste er, dass ein Eindringen
in meine verletzte Seele, die Blockade in der ich steckte, nur Verschlimmern würde. Deshalb versuchte er es erst einmal so, ohne in mich einzudringen. Merkte aber schnell, dass ich vollkommen dicht gemacht hatte. Ohne ein Wort zu sagen, in der Hoffnung, dass ich von alleine mit ihm reden würde, setzte er sich zu mir aufs Bett, sah mich lange schweigend an. Aber ich schwieg.
Deshalb sagte er. „Kleene, ich weiß, dass du traurig bist. Komm mal her zu mir“, er zog mich in seine Arme.
Ich wehrte mich erst, in dem ich mich wegdrehte. Aber er ließ mich nicht los. Zum Schluss trat und schlug ich, nach dem Menschen, den ich nach Birgitt, am
meisten liebte. Ich wollte keine körperliche Nähe haben. Ich weiß noch wie heute, dass ich Angst davor hatte, wieder jemanden an mich heran zulassen. Aus Angst, wieder verlassen zu werden. Aus Angst davor, dass es dann wieder so weh tut.
Aber mein Großvater hielt mich trotzdem in seinen Armen, bat mich ihm zuzuhören.
„Kleene, bitte höre mir nur kurz zu, ich möchte dir eine Geschichte erzählen. Vielleicht hilft sie dir eine wenig. Wenn nicht, lasse ich dich in Ruhe. Das verspreche ich dir. Aber bitte meine kleene Maus, erst hörst du mir mal zu“, lange sah mich Großvater an. Genau
solange hielt er mich fest. Bis ich endlich meinen Wiederstand aufgab. Ich hatte einfach keine Kraft mehr, gegen ihn zu kämpfen. Ich gab einfach auf. Ich nickte, ich war bereit ihm zuzuhören und hörte auf mich gegen ihn zu wehren. Er hatte einen Zugang zu mir gefunden. Mit dem Nicken signalisierte ich, dass ich ihm zuhören würde.
Liebevoll zog er mich richtig hoch auf seinen Schoss und nahm mich lieb in seinen Arm, begann leise zu erzählen…
... Ein schöneres Herz ...
Die Geschichte vom schöneren Herzen…
Eines Tages stand eine junge Frau mitten in der Stadt und erklärte, dass sie das schönste Herz im ganzen Tal habe.
Eine große Menschenmenge versammelte sich, um sie und sie alle bewunderten ihr Herz, denn es war perfekt. Es gab keinen Fleck oder Fehler in ihm. Ja, sie alle gaben ihr Recht, es war wirklich das schönste Herz, was sie je gesehen hatten. Die junge Frau war sehr stolz und prahlte lauter über ihr so schönes Herz.
Plötzlich tauchte ein alter Mann vor der Menge auf und sagte:
"Nun, dein Herz ist nicht mal annähernd so schön, wie meines."
Die Menschenmenge und die junge Frau, schauten das Herz des alten Mannes an. Es schlug kräftig, aber es war voller Narben, es hatte Stellen, wo Stücke entfernt und durch andere ersetzt worden waren. Aber sie passen nicht richtig, und es gab einige ausgefranste Ecken. Genauer, an einigen Stellen waren tiefe Furchen, wo ganze Teile fehlten. Die Leute starrten ihn an: Wie konnte er behaupten, sein Herz sei schöner, dachten sie?
Die junge Frau schaute auf des alten Mannes Herz, sah dessen Zustand und lachte:
"Du musst scherzen", sagte sie, "Dein Herz mit meinem zu vergleichen. Meines ist perfekt und deines ist ein Durcheinander aus Narben und Tränen."
"Ja", sagte der alte Mann, "deines sieht perfekt aus, aber ich würde niemals mit dir tauschen. Jede Narbe steht für einen Menschen, dem ich meine Liebe gegeben habe. Ich reiße ein Stück meines Herzens heraus und reiche es ihnen, und oft geben sie mir ein Stück ihres Herzens, das in die leere Stelle meines Herzens passt. Aber, weil die Stücke nicht genau sind, habe ich einige raue Kanten, die ich sehr schätze. Denn sie erinnern mich an die Liebe und die Zeit, die wir teilten. Manchmal habe ich auch ein Stück
meines Herzens gegeben, ohne dass mir der Andere ein Stück seines Herzens zurückgegeben hat. Das sind die leeren Furchen. Liebe geben heißt, manchmal auch ein Risiko einzugehen. Auch, wenn diese Furchen schmerzhaft sind, bleiben sie offen und auch sie erinnern mich an die Liebe, die ich für diese Menschen empfinde. Und ich hoffe, dass sie eines Tages zurückkehren und den Platz ausfüllen werden. Erkennst du jetzt, was wahre Schönheit ist?"
Die junge Frau stand still da und Tränen rannen über ihre Wangen. Sie ging auf den alten Mann zu, griff nach ihrem perfekten jungen und schönen Herzen und riss ein Stück heraus. Sie bot es
dem alten Mann mit zitternden Händen an. Der alte Mann nahm das Angebot an, setzte es in sein Herz. Er nahm dann ein Stück seines alten vernarbten Herzens und füllte damit die Wunde im Herzen der jungen Frau. Es passte nicht perfekt, da es einige ausgefranste Ränder hatte. Die junge Frau sah ihr Herz an, es war nicht mehr perfekt, aber schöner als je zuvor, denn sie spürte die Liebe des alten Mannes in ihrem Herzen fließen. Sie umarmten sich und gingen weg, Seite an Seite.
Mein Großvater
Mein Großvater griff…
… als er mit der Geschichte geendet hatte, in sein Hemd. Er tat so, als ob er sich ein Stück seines Herzens herausreißen wollte, hielt mir seine Hand hin.
Ich hatte begriffen, was er mir sagen wollte. Ich tat es ihm gleich, tat ebenfalls so, als ob ich ein Stück aus meinem Herzen herausreißen würde, hielt ihm auch ein Stück meines Herzens hin. Er nahm es und steckte es in sein Hemd, genauso wie ich.
In diesem Moment, fing ich das erste Mal, seit dem Tod meiner Freundin an zu
weinen. Ich lag damals lange in seinen Armen. Großvater hielt mich einfach fest. Ohne ein Wort zu sagen. Als ich mich beruhigt hatte, sah er mich ernst an. Liebevoll streichelte er mein Gesicht. Er sagte einen Satz, der mir oft in meinem Leben geholfen hat. Wenn jemand, den ich sehr mochte, von mir gegangen war. Es waren noch viele die gingen.
„Kleene, es ist etwas schlimmes geschehen. Deine Freundin ist tot. Ich weiß es ist schlimm, wenn jemand den man liebt stirbt. Du musst aber eins wissen. Wirklich tot ist jemand erst, wenn der letzte Mensch, der an ihn denkt verstorben ist. Birgitt, ist zwar
tot, aber sieh mal meine kleene Maus. Du hast genau, wie der alte Mann, ein Stück ihres Herzens in deinem. Solange also dein Herz noch schlägt, so lange wird auch deine Birgitt weiterleben. Denn sie lebt in deinem Herzen weiter. Wenn du sie wirklich so sehr liebst, dann tue ihr und dir einen Gefallen, lebe für sie mit. Solange dein Herz schlägt, so lange wird auch Birgitt leben.“, er nahm mich in seine Arme, legte sich einfach neben mich aufs Bett. So schlief ich ein.
Am nächsten Morgen, war die Welt nicht heil und es war nicht alles in Ordnung. Aber die Welt war auf einmal nicht mehr so leer. Irgendwie, hat es mein Großvater dadurch geschafft, mir Mut zu
machen. Mir Kraft zu geben, weiter leben zu wollen. Ich glaube ohne ihn hätte ich dieses Schuljahr nicht überlebt. Schon deshalb nicht, weil ich kaum etwas aß und viele Bestrafungen, wären nicht mehr notwendig gewesen, um mich völlig zu brechen. Diese Geschichte, half mir damals und hilft mir immer noch, mit dem Tod um zugehen. Sie gibt mir immer wieder Mut. Sie hat mich alles durchstehen lassen. Ich lebe heute noch für all meine Kameraden mit, die damals starben, vor allem für meine Freundin. Diese hatte nie die Möglichkeit erwachsen zu werden, durch diese Geschichte hat aber auch sie all das Erlebt, was ich erlebte. Nicht nur gute
Zeiten, auch einige schlechte. Birgitt lebt heute noch in mir und glaubt mir eins, ich denke nicht nur an sie weil sich ihr Todestag bald zum fünfundvierzigsten Mal jährt, sondern ich denke täglich an sie.
Vielleicht gibt es einige unter euch, die mich jetzt für verrückt erklären. Ich denke allerdings, es wird auch viele geben, denen gerade diese Geschichte hilft.
Eins habe ich durch diese Geschichte nämlich begriffen, dass es nur an uns selber liegt, ob wir jemanden wirklich gehen lassen oder ob wir jemanden für immer bei uns behalten. Um zu der Geschichte zurückzukommen.
Nach den Ferien, bin ich nicht Freudestrahlend in unsere Schule zurück gekehrt, dass bin ich in all den Jahren nie. Nein, das wäre gelogen. Es hat noch lange gedauert, ehe ich über Birgitts Tod wirklich hinweg gekommen bin. Wenn überhaupt. Aber es half mir, mit dem Tod umzugehen. Ich fing an in Gedanken mit Birgitt zu reden, auf einmal fühlte ich mich nicht mehr so alleine.
Zwei Jahre später, starben bei einem tragischen Unfall, zwei unserer Klassenkameraden, wir waren damals zehn Jahre alt. Diese Geschichte erzählte ich dann denen, die mit deren Tod nicht klar kamen. Es half ihnen, bei dem Akzeptieren der Tatsache, dass der Tod
zum Leben gehört und man ihn nicht verhindern kann. Die Freunde leben mit uns weiter. In unserem Herzen …