Die analyse
Es gibt allerlei Möglichkeiten einen Mann näher kennen zu lernen. Entweder man besticht seinen Psychotherapeuten, oder man jogged mit ihm, mit einem enganliegenden, sportlichen Outfit bewaffnet, durch die Flussauen, um seine Konstitution zu überprüfen. Man will doch wissen, mit wem man es zu tun hat.
Mal sehen, wie fit er ist und wann ihm die Puste ausgeht.
Das Nächste wäre, dass man ihn mit der eigenen Großfamilie konfrontiert, sein schlaksiges, nervöses Auftreten dabei beobachtet, oder ihm durch die Windschutzscheibe im Regen bei dem
Reifenwechsel zuschaut.
Auch mit der Ausführung von dringend anstehenden, handwerklichen Arbeiten im Haus und Garten kann man ihn beauftragen. Da kann man staunen, sich amüsieren, mit einem Lächeln zuschauen, wie er sich anstellt. Weiß Gott, da lernt man sie kennen, die Herren der Schöpfung, die zu lieben man sich anschickt.
Jedenfalls hat man sich einen ersten Eindruck über die handwerklichen Fähigkeiten verschafft. Über viel mehr konnte man durch solche Aktionen über ihn leider nicht in Erfahrung bringen. Man kann nur Vermutungen über seinen Charakter anstellen. Allenfalls war feststellbar, ob
körperliche Arbeit hungrig und durstig macht, oder vielleicht, ob er mit der seltenen Anatomie von zwei linken Händen ausgestattet ist. Wenn dem so sei, dass er sich dämlich anstellt, so könnte man ihn leichter handhaben. Ungeschickte sind wesentlich besser zu ertragen, denn sie reden einem bei gewissen Dingen nicht allzu sehr dazwischen. Es ist sowieso besser, wenn sie selbst den Bohrer in ihre professionelle Hand nehmen, als einen solchen Herren Katastrophen verursachen zu lassen.
Weniger aufwendig und für uns Freizeit- und Hobbyanalytikerinnen – noch dazu mit einem vergnüglichen, billigen Abend verbunden – ist
indes eine andere Art von Persönlichkeitstest:
Der Restaurantbesuch!
Er enthüllt all die Schwächen, die der Mann so gerne unter den Tisch kehrt.
Wer das Experiment mit einigermaßen Geschick angeht, kann eigentlich schon nach der Suppe beurteilen, ob sich die Investition von Herzen lohnen könnte.
Stört das Geschlürfe? Oder wirkt es sogar anregend?
Spätestens beim Aufbruch können Sie entscheiden, ob damit nicht gleich auch der Abbruch der Bekanntschaft einhergehen sollte. Konsequenzen zu ziehen, kann sich nur positiv auswirken. Entweder, oder!
Die Studie lohnt in jedem Fall. Von Anfang an!
Seien sie also hellhörig, wenn die heikle Frage auftaucht: Wo sollen wir denn hingehen? Nirgendwohin, wäre eine zielstrebige Antwort, aber natürlich trauen sie sich das nicht. Vielleicht nur um die Ecke?
Er nickt dazu wahrscheinlich und guckt sie durch seine blauen Schweinsaugen hilflos an, die sie vorher durch ihr Leuchten so fasziniert hatten. Sie müssen bedenken: Es ist gefährlich den Kerl dem gnadenlosen Urteil ihrer Freundinnen zu früh auszusetzen. Es könnte nur ein gerupfter Hahn übrig bleiben. Wie ist es nun, wenn er einen Vorschlag macht?
Der Biergartenfreak, dem im Frühjahr die Kastanienblüten in den Maßkrug fallen, den
auch der verzweifelt krabbelnde Käfer im Bierschaum nicht stört, und dem auch im Herbst die vergessene Strickjacke nichts ausmacht, ist ein Mann für alle Jahreszeiten und entsprechend handzahm.
Prima zu gebrauchen. Er ist gemütlich, unkompliziert, abgehärtet und tolerant. Und wenn sie der von Jahreszeit zu Jahreszeit anwachsende Bierbauch nicht stört, ist gegen diesen Robusten, diesen Gutmütigen, nichts zu sagen. Allerdings müssen sie die spärliche Spontaneität und etwas geregelte Langeweile in Kauf nehmen. Er neigt natürlich zu Alltagsrastern und geregelten Gewohnheiten Zudem ist er schwerfällig, vermeidet überflüssige Bewegungen und ist daher auch nur mit viel Anstrengung auf Trab zu bringen.
Wer hingegen ausschließlich in teure Restaurants drängt, hat es entweder nötig, oder er ist tatsächlich ein Feinschmecker. Vorsicht! Er könnte genauso gut nur ein Aufschneider sein.
Der Es-nötig-Haber hat es schlicht auf ihr Geld abgesehen. Alles Andere ist nur Geschwafel, und selbstverständlich belanglos. Sie werden entsprechend behandelt, je nachdem, ob ihr Ohrgehänge aus Platin, oder nur aus verabscheuungswürdigem Gold besteht. Bei Gold könnten nur entsprechende Klunker noch etwas retten.
Beide Gattungen, der Feinschmecker, wie auch der Hochstapler, sind mühsam.
Nur wenige Frauen sind so emanzipiert, nach
einem 400,- € Essen nicht unterschwellig das verpflichtende Gefühl zu haben, sich hier ein wenig erkenntlich zeigen zu müssen. Das Herz wird geöffnet und dann bitten sie halt doch gottergeben zu einem Kaffee in ihre Räume, abgesehen davon, dass teure Accessoires eine verdammte Anziehungskraft haben.
Übrigens klärt sich dann meistens rasch, ob man es mit besagtem Es-nötig-Haber zu tun hat, oder mit einem Feinschmecker. Man kann es klar definieren und eindeutig fühlen, sogar abmessen, wenn man will.
Wie gesagt: Anstrengung kosten sie Beide, aber zum Glück gibt es wesentlich einfacher zu handhabende Klienten.
Wer zum Beispiel seine in Sandalen geschnürten Füße grundsätzlich nur ins vegetarische Naturkost-Haus setzt, ist nicht unbedingt der Mann, von dem sie träumen. Glauben sie nur ja nicht, dass sie an der Seite eines solchen Körnerkauers Haushaltsgeld für Klamotten abzwacken können, weil er sowieso wenig zu sich nimmt. Vorsicht ist geboten! Bio Kost ist nämlich teuer und außerdem hat dieser Menschenschlag für schicke Kleidung sowieso nichts übrig, es sei denn, ihm würde es geschenkt. Dann kann es natürlich nicht teuer genug sein. Er bemerkt sie ansonsten überhaupt nicht. Es lohnt sich also nicht sich nett herzurichten. Es ist einfach vergebene Liebesmühe. Eher noch könnten sie etwas Geld herausholen, sofern
vorhanden, wenn sie auf Haarfärbemittel bestehen würden. Es müsste allerdings schon grün, bzw. pink sein. Weiterhin müssten sie attraktiv, jugendlich, vor allem aber alternativ auftreten und seine ergrauten Brusthaare, seinen schmollenden Mund vergessen. Ebenso müssten sie seinen kachektischen Körper übersehen, der mit einem riesigen Peace Tatoo verziert ist. Sich ein wenig mit Esoterik zu befassen kann sicherlich auch nicht schaden. Der unschätzbare Vorteil ist, dass man einem solchen Kaliber viel einreden kann. Sie wissen, was ich meine. Das Schicksal hat uns zusammengeführt, uns vereinigen lassen, uns leider wieder getrennt, weil die Wasseradern zu verschieden seien.
Eine andere Kategorie ist derjenige, der ein Stammlokal sein eigen nennt. Er neigt dazu, aus naheliegenden Gründen, unbeirrbar an dem einmal eingeschlagenen Weg der Freizeitgestaltung fest zu halten, also auch zur Treue und Inhäusigkeit. Sein Stammlokal ist schließlich als seine Zweitwohnung anzusehen. Der Vorteil ist, dass sie viel Ruhe und Freizeit haben, sich also individuell und frei entfalten können, sofern sie der Alkoholgeruch bei seiner seltenen Heimkehr nicht stört. Außerdem weiß man immer, wo man ihn zu suchen hat.
Hingegen richtet sich der orientierungslose Aufsteiger nach Klatschspalten und In-Listen und er ist fast genauso schlimm, wie der
ewige Zauderer, der sich zum Beispiel in einer Stadt wie München unter 4859 gastlichen Möglichkeiten bei seiner Auswahl schwer tut. Mit ihm gehe man lieber ins Kino und vergesse ihn dann. Schließlich ist das Lebens- und Leitmotiv aller Zauderer und der Orientierungslosen:
Drum prüfe, bevor man sich ewig bindet, ob sich nicht noch etwas Besseres findet. Und wer sich schon bei Wirtshäusern nicht entscheiden kann, tut sich bei der Auswahl von Frauen noch wesentlich schwerer. Natürlich!
Der orientierungslose Aufsteiger fordert praktisch heraus, dass sie selbst das Heft in die Hand nehmen. Er begibt sich willenlos in ihre Arme und ist daher nicht inspirierend,
ermöglicht aber jegliche Initiative. Jegliche Aktivität! Sie müssen allerdings immer verständnisvoll nicken, wenn er von seinen beruflichen Großtaten als kleiner Buchhalter berichtet.
Der Zauderer kommt sowieso nicht in Frage.
In vielen Lokalen muss der Tisch leider vorbestellt werden, was der Spontaneität und dem Geschmack der Stunde Abbruch tut.
Überlässt der Mann das Reservieren der Frau, so ist er entweder ein von überaus emsigen Sekretärinnen umschwärmter, verwöhnter Delegierer, was auf eine gehobene Position schließen lässt, oder ein zaghaftes Muttersöhnchen. Diesen Unterschied wird man wahrscheinlich schon
vorher herausbekommen haben, zum Beispiel, wenn er erst seine Mutter, oder seine Sekretärin fragen muss, ob er etwas Zeit für sie erübrigen kann. Erst dann haben sie die Möglichkeit sich erkenntlich zu zeigen. Sie müssen sich also bei beiden Arten nicht wundern, wenn er sich bei intimen Gelegenheiten erkundigt: „Ist’s recht so, Liebling?“
Alles ist, wie sie sehen, nicht so einfach.
Noch schwieriger ist die tiefenpsychologische Einstufung.
Wer ohne Vorbestellung in das überlaufene Trendlokal bricht, ist eher ein auf seinen Charme bauender Hysteriker, denn ein zwanghafter Absicherer.
Nehmen sie ihn ja nicht, wenn sie das gesicherte Leben einer Beamtenfrau führen wollen.
Endlich, in den gastlichen Räumen angelangt, achten sie mal darauf, wie er zögernd den Platz mit dem Rücken zur Wand einnimmt. Nur die radikalsten Vertreter der männlichen Emanzipation überlassen der Frau den schöneren Platz mit Übersicht. Nun, sein Zögern kann verschiedene Gründe haben. Vielleicht hat er eine beginnende Hinterkopfglatze, die er nicht gern dem Publikum hinhält, oder es sind einfach die uralten Instinkte und Ängste, die ihn lieber mit dem Rücken zur Wand sitzen lassen. Vor allem bei einer so ablenkenden Tätigkeit, wie
dem Essen, die ihn verletzlich macht und angreifbar, weil er ja abgelenkt ist. Der Neandertaler und Jäger kommt hier durch, genauso wie sich zum Beispiel eine Antilope beim äsen sich vor den Löwendamen in Acht nimmt.
Besetzt er indessen mit Selbstverständlichkeit den oberen Platz am Ende des Tisches, so signalisiert er nur etwas so harmloses, wie seine dominierende Führungsrolle. Das ist recht unkompliziert und überschaubar. Man lässt ihm seine Attitüden, klappst ihm bewundernd auf die Schulter, lässt die verlängerten Wimpern sprechen und fällt dann selbst die anstehenden Entscheidungen.
Auch hier macht eine brüske Ablehnung durchaus Spaß und tut dem Selbstwertgefühl
gut. Andererseits fühlt sich dieser Typ Mann zu Höchstleistungen verpflichtet und sie können ausprobieren, ob überhaupt etwas dran ist. Oder anders ausgedrückt, wie hoch die Messlatte liegt.
Jetzt geht es in den analytisch interessanten Teil über. Es beginnt der persönliche Kontakt zum Servicepersonal. Und die hier entstehenden Kommunikationsprobleme sind äußerst aufschlussreich.
Immer mehr von den sensibilisierten Sanften, mit denen wir Essen gehen, rufen nicht laut genug nach dem Kellner. Sie drucksen herum, heben verlegen den Zeigefinger. Sie wollen dem Ober erst dann mit Verzögerung zuwinken, wenn sich der Gestresste gerade
wieder abwendet. Sie murmeln nur phonschwach in das Gegröle einer Pizzeria. Sie ducken sich vor den Geheimräten und Diplomaten, die in eleganten Restaurants zu bedienen scheinen und genauso unsicher verhalten sie sich gegenüber den burschikosen und tätowierten Schaukelburschen im griechischen Lokal. Sie sind wahrlich nicht die geborenen Verführer! Wenn er mit ihnen tatsächlich ein „Date“ eingehen sollte, können sie sich auf eine Partie „Mensch ärgere dich nicht“ gefasst machen.
Wie wirklich unemanzipiert und sensibel manche Männer sind, zeigt sich dann, wenn die halbverhungerte Frau schließlich mit beharrlicher Freundlichkeit einen Ober
herangelockt hat. Der Begleiter ist erschrocken, ja beleidigt und im Extremfall eifersüchtig, weil sie die Initiative ergriffen haben. Ein Softie also, der seine Rolle nicht durchgängig ausübt, ist zu meiden.
Es gibt aber auch den charmeversprühenden, von sich selbst eingenommenen Angeber. Er versucht lässig mit der attraktiven Kellnerin herum zu schäkern. Seine Witze tropfen ölig gegen die verbissen lächelnde Serviererin und er grinst und lacht dazu impertinent. Bei Ihnen erkundigt er sich mit verborgenen Seitenblicken, ob sie auch bemerken, was er für ein Tausendsassa ist. Ich persönlich habe für solche Typen noch nie etwas übrig gehabt und kann daher dazu leider keinerlei
Ratschläge erteilen.
Natürlich kennen wir alle den Zusammenhang zwischen Essen und Erotik. Doch selbst der offensichtlich sinnliche Esser, dessen Lider bei dem Biss in die Rindbeinscheibe schwer werden, ist mit Skepsis zu betrachten. Sie selbst spielen in diesen Momenten nur eine sehr redundante Rolle. Auch die Konversation leidet darunter. Außer Oh`s und Ah`s und vielleicht sogar dezentem Schmatzen, ist nichts weiter aus ihm herauszuholen.
Bestellt er dazu für sich allein den Knoblauch-Dip, ist er der klassische Schizoide, der sich nicht in den Nächsten hineindenken kann. Im Extremfall haben sie es mit einem Egomanen zu tun.
Übrigens achten sie bei dem sinnlichen Esser immer auf die Figur. Ist er feist, hat er mit amourösen Abenteuern weniger im Sinn, als mit der Kruste eines Schweinebratens.
Achten sie außerdem darauf, wie sich sein Blick an der Beute festsaugt, wenn serviert wird. Auch ein Viel-Redner wird nun eine Pause einlegen. Hier haben wir nämlich eine Urinstinkt-Szene, wie sie unverfälschter kaum zu beobachten ist. Der Mann wird zum Jäger, der sein Opfer erspäht. Wenn er nun diesen besagten Blick auch auf die hübsche Blondine am Nachbartisch wirft, wird er seine Jagdinstinkte auch sonst nur schwer unter Kontrolle halten können. Dies gilt es zu bedenken.
Weiterhin, beobachten sie genau! Wie schlemmt er? Genießerisch? Hastig?
Merke, wer sich regelmäßig den Mund an zu heißen Speisen verbrennt, wird wahrscheinlich auch sonst mit seiner Lust schlecht haushalten können! Wissenschaftler haben herausbekommen, dass die sogenannte Schlinghemmung nur ein Zeichen der Mittelschicht ist. Wer also richtig reinhaut, gehört entweder zur Oberschicht, die auf nichts Rücksicht zu nehmen braucht, oder es handelt sich um einen Stadtstreicher, der nur einfach Hunger hat. Die gewisse Hemmungslosigkeit, die Beiden anhaftet, kann durchaus von Reiz sein, aber wer sich als Schaufelbagger aufführt, ist wohl auch ein ungeduldiger Liebhaber, oder aus einem
kinderreichen Elternhaus. Geschwister nötigen bekanntlich zu blitzschnellem Zugreifen.
Unsinnlich, und damit unsinnig für die weitere Planung des Abends, ist jener vorschnelle Wichtigtuer, der nachsalzt, ohne gekostet zu haben. Genauso der Übernervöse, der ständig unsichtbare Krümel vom Tisch wischt (noch schlimmer: mit angefeuchtetem Zeigefinger aufstippt), oder einer, der nachdrücklich damit beschäftigt ist, mittels Glas, Besteck, Zigarettenschachtel, Vase, Handy und Schlüsselbund sein Revier auf dem Tisch abzugrenzen. In seine Privatsphäre einzudringen, dürfte ein schwieriges, wenn nicht gar unmögliches
Unterfangen sein. Dabei ist fraglich, ob dies so erstrebenswert wäre. Die so abgeschirmte Privatsphäre zeichnet sich sowieso in den meisten Fällen durch öde Langeweile aus.
Aber es gilt zu bedenken, man kann sich täuschen. Wer immer wieder unter den Tisch taucht, um die heruntergerutschte Serviette zu angeln, ist vielleicht gar kein Tollpatsch, sondern eher an dem Anblick ihrer Beine interessiert.
Eindeutig hingegen ist ein anderer Typ. So nützlich Schaumschläger in der Küche sein mögen, so wenig sind sie am Tisch zu ertragen. Der Mann mit Imponiergehabe! Er wird bei Betreten des kulinarischen Gewölbes
mit seinem Titel angesprochen, was nur beweist, das er dies bei der Tischreservierung besonders betont hat. Mitten bei der Zerteilung der Langusten piepst sein Handy und er muss dringlich irgendwo zurückrufen (Es war Sydney! Sie verstehen, die Zeitverschiebung). Der Imponierer trommelt auch gestrenge Wirbel auf die Tischkante, wenn er nicht gleich zuvorkommend bedient wird. Er lässt den Wein zurückgehen, weil er zu warm, oder zu kalt ist (in Fahrenheit versteht sich), oder weil das Gesöff seiner Meinung nach eindeutig korkelt. Er mäkelt und beschwert sich fortlaufend.
Über Aussprüche, wie dem folgenden, muss man sich nicht wundern.
„Wenn man hier einen knackigen Braten
haben möchte, kriegt man nur ein Vieh mit Rheumatismus serviert!“ Meist pflegt er sich ganz überflüssiger Weise bei ihnen zu entschuldigen, dass der Service hier so mies ist und dass dieses Ambiente in Zukunft zu meiden sei. Ich rate ihnen, dazu nur einfach nichtsagend zu lächeln.
Sie können ihn ja später sich ordentlich zur Brust nehmen, wenn sie denn überhaupt wollen.
Ebenfalls pflegt er beim Zahlen die Scheine zerknüllt und bündelweise verächtlich aus der Hosentasche hervorzuholen. Falls sie daran interessiert sind ihre Lebensumstände finanziell drastisch zu verbessern, sollten sie bei diesem Typus auf die Angelleine nicht
verzichten. Der Imponierer pflegt, schon aus reinem Selbstwertgefühl, sich gegenüber seinen Gespielinnen generös zu verhalten. Bedenken sie aber, dass dieser Schlaraffenland-Zustand nur von begrenzter Dauer zu erwarten ist. Man muss mit einer hohen Fluktuation rechnen. Außerdem gilt exorbitante Gegenleistung als selbstverständlich.
Dann gibt es schließlich noch die Kreativen und Künstler, die zwar reizvoll, aber ein Gräuel für alle Wirte sind (außer sie trinken viel!). Das Essen ist ihnen meist Wurst. Statt dessen schieben sie mit einem abwesenden „Sie erlauben“ (ohne Fragezeichen) das Gedeck beiseite, auch das ihrige, von dem sie
gerade kosten wollten. Sein Glas bleibt in Zugriffsweite. Sie lassen die Zigarette im Mundwinkel. Dies treibt ihnen Tränen in die Augen, da sie den Kopf und sich selbst absenken, um Drehbücher, Partituren, oder Architekturentwürfe auszubreiten. Oder es passiert ihnen, wie neulich, dass mir ein junger Komponist rote Grütze auf das Kleid spritzte, weil er mit seinem Löffel zu dirigieren begonnen hatte.
Beide zuletzt vorgestellten sind leicht zu leiten. Der mit dem Imponiergehabe, weil der durch Lobeshymnen leicht um den Finger zu wickeln ist, und der Künstler, weil er es nicht einmal wahrnehmen würde, wenn sie ihm vier Wochen lang Fertigspagetti vorsetzen würden.
Er wird in jedem Fall kein Versorgungsproblem darstellen, allerdings können sie davon ausgehen, dass er bei erotischen Gegebenheiten ebenfalls nicht ganz bei der Sache ist. Außerdem ist der Wagner Rhythmus nicht jedermanns Sache.
Sehr zu beachten sind auch die Tischmanieren. Ein fester Griff am Besteck, der eher auf die Handhabung von Heugabel und Fuchsschwanz erinnert, lässt darauf schließen, dass es sich um einen rustikalen Typus handelt. Gehen sie mit ihm möglichst nicht in die Oper, da sein Schnarchen peinlich werden könnte.
Das kulinarische Treffen kann aber auch eine
ganz andere Wendung nehmen, nämlich dann, wenn er sich für die köstlichen Speisen gar nicht interessiert. Dann schmachtet er sie fortwährend mit Blicken an und lässt sie gar nicht zum Essen kommen. Er wirft mit Komplimenten um sich, wie mit Konfetti. Natürlich alles so in verschwalmten, romantischen Pauschalfloskeln verklausuliert, dass ihnen hören und sehen vergeht. Leider muss ich hier noch warnend hinzufügen, dass es viele unserer Zunft gibt, die bei diesen Süßholzraspeleien aus unerfindlichen Gründen zu schwächeln beginnen. Wenn sie sich verinnerlichen, dass davon 99 % pure, aufgesetzte Lüge ist, können sie sich darin ungestört baden und dann vielleicht, wenn sie es für richtig halten, mit Gebrüll auf ihn
stürzen, um ihm seine Unwiderstehlichkeit zu beweisen. Er wird es ihnen wahrscheinlich zu danken wissen. Im anderen Fall, falls es ihnen zuviel wird mit diesem Geseire, können sie sich immer noch in einen Betonklotz verwandeln oder ihn mit subkontinentalen, esoterischen Gequassel erschlagen. Dies hat eine abstoßende Wirkung, die Attila, den Hunnenkönig, wie ein Schoßhündchen erscheinen lässt. Dieser Trick ist unfehlbar, glauben sie mir! Bei diesem Typ Mann müssen sie sich nur bewusst machen, dass es sich einfach bei ihrem Partner um einen Filou handelt. Mit den entsprechenden Konsequenzen seines Charakters.
Eine letzte Hürde hat ihr Galan noch zu
überwinden: Das Bezahlen!
Wenn er sich eine Quittung „ohne Datum“ geben lässt, setzt er es später selber ein und er ist ein Hallodri. Wenn er sein Geld aus einer Klammer im Seitenfach seines Portemonnaies fischt, ist er unseriös.
Und wenn er SIE bittet zu zahlen, dann erübrigen sich alle Überlegungen, denn dann ist er ihr Ehemann.