Beschreibung
Feen haben es heutzutage auch nicht leicht. Auch sie hat die Weltwirtschaftskrise voll erwischt.
Umtausch ausgeschlossen
„Weeeerrr biiisstttt duuuu denn?“, lallte sie. Ich antwortete: „Na, so schwer kann das doch nicht wohl zu erraten sein. Angela Mergel bin ich jedenfalls nicht, wie du unschwer am fehlenden Hosenanzug erkennen ist. Und auch nicht die Schwiegertochter des Papstes, da er ja nicht völlig unfehlbar ist, und es ihm daher an einer Familie fehlt. Aber ich will deine Geduld nicht überstrapazieren. Ich habe auch nicht allzu viel Zeit.“
„Accchhhh, ich weiß jetzt. Duuuuu bissssttt von der versteckten Kaaaaameeeeraaa und...“
„Nein, keineswegs, Gisela. Um es kurz zu machen. Ich habe hier etwas für dich.“ Ich übergab ihr die rosarote Brille, die wir neuerdings unseren Kunden aushändigen müssen, um sie zu beruhigen und zu besänftigen, wenn sie mit dem beschränkten Leistungspaket nicht einverstanden sind. Gisela setzte sich die Sehhilfe auf ihre Hakennase und ein Strom voller angenehmer Gedanken überkam meine Kundin.
„So, meine Gute. Also: ich bin eine gute Fee. Du hast jetzt EINEN Wunsch frei. Ja, ich weiß, früher waren mehr Wünsche, aber die Zeiten haben sich geändert. Nachdem die Griechen, die Spanier und die Portugiesen den zugeteilten europäischen Wunschanteil schon fast alleine aufgebracht hatten, mussten auch wir drastische Kürzungen hinnehmen. So, du hast jetzt zehn Minuten Zeit, dir zu überlegen, was du haben möchtest. Aber: es darf nicht teurer sein als umgerechnet 347,84 Euro, einschließlich Mehrwertsteuer. Ach ja, der Umtausch ist ausgeschlossen. Und wir haften auch nicht für Nebenwirkungen oder etwaige Schäden.“
Die Folgen der Weltwirtschaftskrise
Als Fee hat man es heutzutage nicht mehr leicht. Nicht nur, dass kaum noch einer an uns glaubt und wir uns immer dafür rechtfertigen müssen, dass es uns tatsächlich gibt; nein, jetzt hat uns auch noch die Weltwirtschaftskrise voll erwischt. Mehrere Rating-Agenturen haben die Feenorganisation auf Ramschniveau herabgestuft.
Das hat fatale Folgen. Wir müssen sparen, wo es nur geht. Zum einen wurde die Anzahl der zu vergebenden Wünsche radikal gekürzt. Jeder hat nur noch einen statt drei Wünsche. Zum anderen ist der Wert auf umgerechnet 347,84 Euro begrenzt worden. So macht das einfach keinen Spaß mehr. Ich bin echt frustriert, und habe schon überlegt, auf Elfe umzuschulen. Aber die haben ja doofe Nasen.
Auf nach Quickborn
Mein jüngster Auftrag sollte mich nach Quickborn zu einer gewissen Gisela führen. Gisela war eine Frau, die ihre besten Jahre schon von der falschen Seite sah. Die Natur hatte bei der Vergabe des Aussehens nicht gerade gut mit ihr gemeint, sie war recht dürr, hatte strähnige Haare und so gut wie gar keinen Busen. Dazu kam, um es vorsichtig zu sagen, eine nicht gerade überragende Intelligenz. Sie war eine von der Sorte, die sich nicht gegen eine Mauer lehnen sollte, weil der Klügere ja nachgibt.
An jenem Tag, saß die Gute auf einer Parkbank im Quickborner Stadtpark und seufzte. Gerade hatte sie ihr Traummann abblitzen lassen. Sie hatte ihm in der Cocktailbar sanft über seine karierte Hose gestreichelt, sich über die Lippen geleckt und sich danach gesehnt, dass er sie leidenschaftlich küsst, dann es war ja der 06.07., und das ist der internationale Tag des Kusses. Stattdessen guckte dieser Typ – eine Mischung aus Brett Pitt und Sony Depp – sie angewidert an und zog sich zurück. Gisela hatte sich den völlig falschen Ort für ihre Verführungskünste ausgesucht, und das Schild am Eingang der Bar ignoriert. „Only for men“ stand da.
Jedenfalls wurde das Blondchen danach sofort herausgeworfen, und hatte nun im Mondschein auf dieser Bank Platz genommen und sich gerade die fünfte Prosecco – Dose aufgemacht. Wenn sie schon keiner küsste, wollte sie sich wenigstens betrinken. In diesem Moment erschien ich ihr und flatterte vor ihrer Nase herum.
Giselas Wunsch
Es erklang eine liebliche Musik, die nur Gisela und ich hören konnten. Lange brauchte das kleine Dummerchen nicht für die Auswahl. „Ich, ich, wüüüünnnsche miirrrr, einen Traummann, der mich leeeeeiddeeeenschaftlich küsst, und in miiirrr das Fieber der Liebe erfacht. Er musssss aussehen wie dieser italienische Schaaaaaauuuspieler, mit `de`. Ach, wieee heißt der noch?“.
„Hmmm, meinst du Leonardo...“
„Nein.“, unterbrach sie mich. „Diessssserrr andere. Ach, ich habe es.“
Sie nannte mir den Namen, ihr Wunsch wurde unvermittelt erfüllt und ich verschwand. Leider hatte sich Gisela vertan. Ihr Traummann sah nicht wie Robert de Niro aus, sondern wie Danny deVito...