Kurzgeschichte
Lauf, Willi, lauf! - Ein freilaufender Bär, mitten im Nationalpark? Das geht nun wirklich nicht!

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"Lauf, Willi, lauf! - Ein freilaufender Bär, mitten im Nationalpark? Das geht nun wirklich nicht!"
Veröffentlicht am 21. März 2013, 18 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich habe schon immer gerne Geschichten erfunden. Noch bevor ich überhaupt schreiben konnte. Wann immer die Welt nicht so war, wie ich siie mir vorstellte, habe ich mich in eine Traumwelt geflüchtet, in dem ich Bücher las. Bücher sind, anders als Filme, vorgefertigte Geschichten, in denen immer noich Raum bleibt für die eigene Fantasie. Genau das hat mich schon immer an der Literatur fasziniert. Und ich hoffe, dass ich mit meinen Geschichten ...
Lauf, Willi, lauf! - Ein freilaufender Bär, mitten im Nationalpark? Das geht nun wirklich nicht!

Lauf, Willi, lauf! - Ein freilaufender Bär, mitten im Nationalpark? Das geht nun wirklich nicht!

Einleitung

Was, wenn ein Bär da auftaucht, wo er nichts zu suchen hat? In der freien Natur. Und dazu noch in einem Nationalpark. Die Behörden entschleißen sich dazu, den Bären zum Abschuss frei zu geben, doch wird das auch gelingen?

Lauf, Willi, lauf!

Von Roland Schilling.

 

Es war noch ziemlich frisch, an diesem Frühlingsmorgen. Doch die Arbeit musste getan werden. Eine Arbeit, um die mich wahrscheinlich einige beneiden werden. Ich werde nämlich dafür bezahlt, durch den bayerischen Wald zu wandern. Natürlich ist das nicht meine einzige Aufgabe in meinem Job. Ich bin nämlich Nationalparkranger. Aber jetzt im Frühjahr ist es unsere Aufgabe, die Wanderwege zu inspizieren, damit sie für die Besucher wieder begehbar gemacht werden. Die langen, strengen Winter des bayerischen Waldes hinterlassen

erfahrungsgemäß ihre Spuren.

Gerade inspizierte ich einen ziemlich dicken Ast, der einen der Stege schwer beschädigt hatte. Ich trug die Schadensmeldung in meinen Pocket-Pc ein. Die Nationalparkbehörde würde sich dann darum kümmern, dass der Steg wieder gefahrlos für die Besucher zu begehen ist.

Als ich so am tippen war, vernahm ich hinter mir ein Schnauben und Grunzen. `Ein Wildschwein?`, dachte ich. Mit Wildschweinen war, gerade jetzt im Frühjahr nicht zu spaßen. Langsam drehte ich mich um. Ich dachte ich träume, als ich einem ausgewachsenen Bären in die Augen sah. Anscheinend waren wir beide

überrascht, uns hier zu begegnen. Der Bär wiegte seinen Kopf hin und her, unentschlossen, was er jetzt tun sollte. Kleine, weiße Dunstwölkchen kringelten sich bei jedem Grunzlaut aus seinen Nüstern in die kühle Frühlingsluft.

Ich dagegen hatte eine Idee, wie es weitergehen sollte. Ich holte vorsichtig mein Handy aus der Tasche und drückte die Kurzwahltaste der Nationalparkbehörde. Flüsternd nannte ich meinen Namen und das Planquadrat, in dem ich mich befand. Dann schilderte ich die Situation. „Wos? A Bär?“,lachte mein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung. Ausgerechnet den Xafer musste ich dran haben, den Witzbold. „Ist

vielleicht einer aus dem Gehege ausgebrochen?“,flüsterte ich weiter. „Jo, wort a mol, i konn ja nochschaung. Bist sicher, dass a Bär is?“ Mir platzte der Kragen. Ich vergaß mein Gegenüber, ich vergaß, dass man sich so ruhig wie möglich verhalten musste , wenn man einem wilden Tier gegenüberstand und brüllte ins Telefon: „Ich werde doch wohl einen Bären erkennen, wenn ich ihm gegenüberstehe. Himmelherrgott...“ Weiter kam ich nicht, denn jetzt zog es der Bär vor, das Weite zu suchen. Ich konnte gerade noch ein Bild mit dem Handy von dem Flüchtigen aufnehmen.

Zurück im Hauptquartier erfuhr ich dann, dass keiner der Bären aus dem Gehege

vermisst wurde. Als Beweis, dass ich nicht verrückt bin, hatte ich ja das Foto. Wenn auch etwas verwackelt, doch man konnte eindeutig einen flüchtenden Bären erkennen. Mein Vorgesetzter hatte die Vermutung, dass das Tier aus Tschechien kommen könnte. Aber, die Distanz zu den Orten, an denen dort Bären gesichtet wurden bis ins Kerngebiet des bayerischen Waldes war schon enorm. „Erst die Wölfe und Luchse und jetzt auch noch Bären? Wir haben schon genug Schwierigkeiten mit den Landwirten. Wenn das an die Öffentlichkeit kommt. Das wird ein hartes Stück Arbeit für uns“, bemerkte er. Ich musste auch meine Bedenken los werden. „Und was ist mit

den Touristen?“, fragte ich. Mein Chef wurde kreidebleich. „Danke“,sagte er „daran habe ich ja überhaupt nicht gedacht.“ Er überlegte, während er im Besprechungsraum auf und ab ging. „Wir müssen es den Behörden melden“, entschied er schließlich.

Auf keinen Fall, so entschieden die Behörden, dürfe an die Öffentlichkeit gelangen, dass wilde Bären im bayerischen Wald unterwegs sind. So, da hatten wir es. Wir hatten einen uns nicht bekannten Bären in freier Wildbahn gesichtet, durften die Touristen nicht davon in Kenntnis setzten, waren aber für deren Sicherheit verantwortlich.

Mein Chef war fuchsteufelswild. „Wie

könne die es wagen?“, brüllte er. „Wir könne es unmöglich verantworten. Wenn was passiert, sind wir dran.“ Wieder konnte ich meine Klappe nicht halten. „Und wenn wir sie informieren, bleiben die Touristen aus.“ Sagte ich. Er nickte mir zu. „Du hast Recht“, sagte er. Er atmete einmal tief durch und entschied dann den Ministerpräsidenten zu informieren.

Der Ministerpräsident ließ uns wissen, dass er sich nicht um solche Lapalien kümmern konnte wozu gäbe es schließlich das Innenministerium. Der Innenminister endlich, gab den Bären dann zum Abschuss frei. Natürlich sollte zuerst versucht werden, den Bären zu betäuben

und eventuell ins Bärengehege des Nationalparks zu integrieren. Das stand tatsächlich so in der Mail, „Integrieren.“

Mein Vorgesetzter schüttelte den Kopf. „Die haben doch keine Ahnung. Was denken die sich eigentlich. Bären sind doch keine Katzen, die man zusammen mit anderen im Tierheim in einen Käfig stecken kann. Niemand kann wissen, ob unsere Bären einen Fremden akzeptieren würden.“

Aber irgendetwas musste mit Willi geschehen. Willi, so hatte ich ihn inzwischen genannt. Denn erstens war ich es, der ihn als Erster gesehen hatte und zweitens erinnerte er mich an meinen Onkel.

Inzwischen hatten aber auch schon andere Bekanntschaft mit dem Bären gemacht. Bei einem Landwirt verwechselte Willi den Hühnerstall mit einem Selbstbedienungsimbiss und hat sich schließlich eine kleine Nachspeise am Bienenstock gegönnt. Bei einem Schäfer soll er unschuldige Schafe fast zu Tode erschreckt haben. Nur das beherzte Eingreifen des Hirtenhundes hätte schlimmeres verhindert.

Wir stellten also einen Trupp aus Jägern und Nationalpark Rangern zusammen. Bewaffnet mit Betäubungsgewehren und Großwild Büchsen, falls das mit dem Betäuben nicht klappen sollte.

Tagelang pirschten wir durch den

bayerischen Wald und kehrten abends in unser Hauptquartier zurück. Dort hatten wir eine Karte an der Wand, wo alle Sichtungsorte mit kleinen Zettelchen, auf denen Datum und Uhrzeit standen, mittels Stecknadeln markiert wurden. Wie ernst man diese Mitteilungen aus der Bevölkerung nehmen konnte, soll folgendes Beispiel zeigen. Zwei der Orte lagen 40 Kilometer Luftlinie auseinander. Laut der Notizen hat Willi die Strecke in 20 Minuten geschafft. An alle Schüler unter euch, also ich kriege da eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 120 Kmh raus. Wenn ihr was anderes habt, könnt ihr mir gerne eine PN schicken. Aber, zurück zur Geschichte.

Diesmal hielt ich meine Klappe und informierte den Chef nicht von der Ungereimtheit auf der Karte. Es ist nicht immer gut, wenn man etwas mehr weiß als der Chef, besonders wenn dieser bis zum Zerbersten gereizt ist. Die Bevölkerung war beunruhigt, die Touristen blieben aus, weil die ganze Sache natürlich ein gefundenes Fressen für die Medien war und wer war schuld?
Wir natürlich. Wozu waren Nationalpark Ranger denn gut, wenn nicht dafür, für Ordnung zu sorgen? Ein frei laufender Bär, mitten in der freien Natur? Das geht doch nicht.

Am fünften Tag schließlich, hatten wir ihn gestellt. Ein Polizeihelikopter gab uns den

entscheidenden Hinweis. Er labte sich am kühlen Nass des kleinen Arbersee`s. Wir gingen in Deckung. Wir wagten kaum zu atmen. Der Wind stand günstig, so dass er keine Witterung aufnehmen konnte. Der Jäger mit dem Betäubungsgewehr lud seine Waffe und zielte. Da hörte ich ein Klicken neben mir. Der Jäger, der neben mir in der Deckung lag, hatte ein Großwildgewehr. Das Klicken kam daher, dass er den Hahn spannte. Auch Willi hörte anscheinend dieses Geräusch, denn er richtete sich auf seine Hinterbeine auf. Wie ein König des Waldes blickte er über sein Reich. Es war jetzt sein Revier, denn es gab keinen anderen Bären hier. Und er wollte wissen, wer es gewagt hatte, in sein

Reich einzudringen. Es war ein majestätischer Anblick, den ich nie mehr vergessen werde. Natürlich machen Bären auch in Tiergarten „Männchen“ , doch nicht aus diesem Grund. Es ist verrückt, aber ich wusste, was Willi fühlte. Er wollte uns sagen: „Verschwindet, dies ist mein Reich. Ihr habt hier nichts zu suchen.“

Als ich dieses Klicken hörte, klickte auch in meinem Kopf etwas. Sie durften Willi nichts tun. Sie durften dieses majestätische, stolze Tier nicht töten. Ich weiß nicht, wer oder was mich geritten hatte, aber ich sprang auf. Ich stellte mich auf meine Hinterbeine, wie Willi, der verdutzt in meine Richtung starrte. Ich

breitete die Arme aus und lief laut brüllend los. Die anderen waren anscheinend so schockiert, dass sie handlungsunfähig waren. Wild mit den Armen rudernd und laut schreiend, dass jeder Indianer erblasst wäre, rannte ich weiter auf Willi zu, der mich seelenruhig beobachtete. `Nicht mehr lang und ich renn dich um Kumpel`, dachte ich, als sich Willi endlich entschloss, das Weite zu suchen. Mit einem atemberaubendem Tempo, das man einem so großem, schwerem Tier gar nicht zutraute, entfernte er sich von mir, während ich immer noch hinter ihm her rannte. Wäre es umgekehrt gewesen, hätte ich schlechte Karten gehabt.

Erschöpft ließ ich mich auf meine Knie fallen. Ich lachte, als ob ich durchgedreht wäre, vielleicht war ich es auch. „Lauf, Willi!“, rief ich ihm hinterher. „Lauf, Willi, lauf!“

 

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Hörbuch

Über den Autor

rolandreaders

Ich habe schon immer gerne Geschichten erfunden. Noch bevor ich überhaupt schreiben konnte. Wann immer die Welt nicht so war, wie ich siie mir vorstellte, habe ich mich in eine Traumwelt geflüchtet, in dem ich Bücher las.
Bücher sind, anders als Filme, vorgefertigte Geschichten, in denen immer noich Raum bleibt für die eigene Fantasie. Genau das hat mich schon immer an der Literatur fasziniert. Und ich hoffe, dass ich mit meinen Geschichten die Leser und Leserinnen auch ein bisschen aus ihrem Alltag holen und sie auf ein gemeinsam erlebtes Abenteuer entführen kann.
Denn der Leser, oder die Leserin sind auch immer ein Teil der Geschichte, die sie gerade lesen. Wenn auch nur als Beobachter.

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FLEURdelaCOEUR 
Eine tolle Geschichte, hat mir sehr gefallen! Bin jetzt durch Zufall drauf gestoßen, bei Gertraud im Favo-Regal.
Ist der Bär dann noch mal aufgetaucht?
LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo fleur.
Danke fürs Lesen, den Kommentar, den Favo und die Coins.
Tja. So einen Bären hat es tatsächlich mal gegeben.Nur dass das nicht im bayerischen Wald war, sondern in den Alpen.
Für den realen Bären ging die Geschichte nicht so gut aus.
Wenn Willi noch mal auftauchen würde? Wäre ne gute Idee für eine Fortsetzung.
Vielleicht dann mit einer Bären Mama und Bären Babys?
L.G.Roland. .
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Ja, das wäre ne gute Idee, Bärengeschichten sind immer sehr beliebt.
Über den realen Bären Bruno habe ich gelesen, das war traurig ...
Ich hatte gedacht, dieser hier sei auch real gewesen. Jedenfalls sehr schön ausgedacht!
LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
GertraudW Ich habe diese Geschichte gerne nochmal gelesen lieber Roland, sie ist einfach zu gut.
Liebe Grüße an Dich
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Gertraud.
Danke fürs nochmal lesen. Freut mich, dass es dir immer noch gefällt.
L.G.Roland.
Vor langer Zeit - Antworten
GertraudW Warum hat unser "Problembär" Bruno nicht auch so einen Helfer gehabt?
Mir hat der damals so Leid getan und ich mochte ihn mir bis heute nicht "ausgestopft" im Museum "Menschen und Natur" in München-Nymphenburg anschauen.
Eine wunderschöne Geschichte ist Dir da gelungen lieber Roland. War herrlich zu lesen.
Liebe Grüße und einen schönen Tag
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Gertraud.
Danke fürs Lesen, den Kommentar und den Favo.
Ich habe das damals auch in den Medien verfolgt. Ich denke bis heute noch, das Problem war nicht der Bär sondern dass wir keinen Platz für Tiere mehr haben-
Zum Glück haben wir Autoren die Freiheit, dem Glück etwas auf die Sprünge zu helfen.
L.G.Roland.
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Wie schön, dass Du den Willi gerettet hast, aber wurde er nicht doch noch erschossen? Es ist schlimm, dass sich der Mensch anmaßt, über Sein oder Nichtsein bestimmen zu wollen.

LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Bärbel.
Danke fürs Lesen, den Kommentar und die Coins.
Du meinst wahrscheinlich den "Problembären" Bruno, der erschossen wurde.
Aber dessen Ende war mit einfach zu traurig, als dass ich es so geschrieben hätte.
L.G.Roland.
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Schade ists um ihn und das alles, weil es Menschen gibt die gleich hysterisch reagieren, wenn sie einem Wildtier begegnen. Aber ich sehe ja, Du bist ein großer Tierfreund, also habe ich auch Hoffnung, dass man nicht die Wölfe abschießt, die in unsere Wälder eindringen.
Wo sollen sie auch hin, wenn ihnen jeder Lebensraum genommen wird. Es ist zum Heulen.

LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
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