Kurzgeschichte
Kaulquappen

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"Kaulquappen"
Veröffentlicht am 17. März 2013, 16 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Das Schreiben hat mittlerweile Ausmaße erreicht, bei denen ich es nicht mehr als Hobby abtun kann. Es ist zur Krankheit geworden und ist gleichzeitig die Medizin. Problem und Therapie. Ich bin süchtig nach meinem Methadon, es ist mir mittlerweile wichtiger geworden als das Heroin. Die Worte sind Hunger und Brot zugleich. Sie halten mich nachts wach und machen mich tagsüber müde. Nichts liebe und hasse ich so sehr, wie das geschriebene Wort. Ich ...
Kaulquappen

Kaulquappen

Die Metro hält. Wo, weiß ich nicht genau. Ich bin unfähig zu realisieren, was um mich rum passiert. Denn alles verschwimmt, bis auf das kleine Bild in meiner Hand, das mich vollständig einnimmt und alles andere, aus meiner Wahrnehmung drängt. So lasse ich mich ziellos unter Paris umher treiben, wie ein leeres Boot im Meer. Das Bild fühlt sich an wie eine Postkarte, aber man sieht darauf nicht den Eiffelturm. Es zeigt auch nicht die Champs-Élysées im Herbst, wenn die roten Blätter zu Boden fallen. Zwischen grauweißen Schatten, erkennt man die Umrisse eines seltsamen Wurms, der aussieht wie eine Kaulquappe. So klein, so verletzlich, ständig Gottes Daumen über sich, mit der Drohung zuzudrücken. Aber es ist das einzig wichtige, was ich in meinem Leben vollbracht habe. Das einzige, was jemals eine Aussicht auf Zukunft hatte. Meine Träume fließen aus meinen Augen und tropfen auf den Boden. Vermischen sich mit dem Schmutz, den die Schuhe von Paris, in der Metro hinterlassen. Hier unter der Erde, wo die Sonne nicht scheint, bleiben meine Tränen ungesehen.

Neben dem Paris der Touristen, dem romantischen Paris der Poeten, dem fröhlichen Paris, das lustig ist, wie eine Komödie von Molière, gibt es noch das dunkle, grausame Paris, das mehr einem Albtraum des Marquis de Sade gleicht. Ein Paris aus Plattenbauten, das Alkoholikern, Kleinkriminellen, Zuhältern, Strichern, Nutten und Fixern, Obdach bietet. Die letzten vier genannten, sind untrennbar miteinander verbunden. Der Strich ist die einzige sichere Einkommensquelle für Junks. Anders können sie das Geld für den nächsten Schuss, auf Dauer nicht auftreiben. Viele von den Jungen und Mädchen, auf den Drogenstrichen Weltweit, sind noch Kinder, die nichts anderes verkaufen können, als ihren Körper. Es kümmert nicht wirklich jemanden. Die Welt sieht Prostitution in Paris, nur beim Anblick des Moulin Rouge, dessen goldene Zeiten längst vorbei sind. Jetzt verkaufen Kinder, in Paris ihren Körper für Heroin.

„Kopfschuss Henry!“ schreit Samuel und klatscht, laut lachend, seine Handfläche in meinen Nacken. Samuel ist mein ältester Freund. Ich kenne ihn noch aus der Grundschule. Wir spielen Halo auf meiner Xbox und ich lasse ihn gewinnen, ihn der eigentlich ein Verlierer ist. Wir alle sind Verlierer, doch Samuel, hat es besonders übel erwischt. Er ist Heroin-abhängig und HIV-positiv. Ob er den Virus von einer benutzten Spritze, oder dem Schwanz eines Freiers hat, ist schwer zu sagen. „Ich will es nur einmal probieren!“ hat er gesagt und jetzt verkauft er seinen Arsch, für das Dreckszeug. Ich habe mich schon damit abgefunden, dass er seinen dreißigsten Geburtstag wahrscheinlich nicht mehr erleben wird. Er, glaube ich, auch. „Nicht so laut.“ zische ich ihn an. „Sarah schläft.“ Er sieht mich verwundert an. „Um diese Zeit?“ „Sie ist krank.“ sage ich. „Ich glaube, sie hat eine Lebensmittelvergiftung. Sie war heute fast den ganzen Tag, am Kotzen.“ „Ach so.“ sagt Samuel gleichgültig. „Noch ne Runde?“ „Geht nicht.“ sage ich. „Ich habe noch eine Verabredung mit Jaques.“ Er grinst. „Geht ihr wieder Touristen abziehen?“ Ich werfe ihm einen bösen Blick zu, denn er hat recht. Irgendwie muss hier jeder überleben. Auch wenn ich es nicht gerne mache, erleichtere ich lieber die Touristen um ihr Kleingeld, anstatt mir mein täglich Brot, mit Drogen zu verdienen. Nicht weil ich mich nicht an dem Leid bereichern will, das meinem besten Freund, den Weg ins Grab geebnet hat, sondern aus Angst. Ich habe zu viele Menschen getroffen, die auf ihrem eigenen Stoff, hängen geblieben sind. Ich schmeiße Samuel aus meiner Wohnung, denn von den Plattenbauten der Banlieus, braucht man eine Weile, um in die Stadt zu gelangen.

Der Junge ist vielleicht gerade einmal zwanzig, aber er stinkt nach Geld. Er ist kein Franzose, vielleicht ein Amerikaner. Wahrscheinlich das Kind, von irgendeinem reichen Wallstreet-Yuppie, das auf einer Kneipentour, seine Freunde aus den Augen verloren hat. Ein ideales Opfer. Es hat lange gedauert, bis wir ihn gefunden haben. Jetzt torkelt er, an mich und Jaques gestützt, während wir in der Dunkelheit, am Ufer der Seine entlang laufen. „D-d-d-d-a-anke, dasss ihr euch sooo lieb um miiich kümmert.“ Nuschelt er, stotternd, in schlechtem Französisch. Als wir in den Schatten einer Brücke kommen, geht alles ganz schnell. Mit dem linken Arm, nehme ich ihn in den Schwitzkasten, drücke uns beide ganz flach an die Kanalmauer, damit wir komplett im Schatten verschwinden, mit der rechten Hand, klappe ich mein Butterfly, mit einer geübten Bewegung auf und halte es ihm an den Hals. Ich schneide ihm in die Haut, so dass er einen leichten Schmerz spürt und weiß, dass ich sein Leben in der Hand halte, aber ohne ihn ernsthaft zu verletzen. „Wag es nicht, einen Laut von dir zu geben.“ zische ich ihn auf Englisch an, damit er es auf jeden Fall versteht. Jaques deutet auf den Schritt des Jungen und lacht. „Schau mal, der kleine Angsthase hat sich vollgepisst.“ „Halt die Fresse und such lieber seine Brieftasche.“ schnauze ich ihn, mit gedämpfter Stimme an. Der Junge zittert. Durch seinen rasenden Puls, zeichnen sich seine Adern, auch in der Dunkelheit, deutlich sichtbar, an seinem Hals ab. Dort wo die Klinge seine Haut ritzt, fließt ein dünnes Rinnsal Blut. Es macht Flecken, in den Kragen seinen Armani-Hemdes, die er wahrscheinlich nicht mehr rauskriegen wird. Nach einer Weile, findet Jaques die Brieftasche. Gegen unsere Erwartungen, handelt es sich um ein billiges Modell. Wahrscheinlich sind wir nicht die ersten, denen er heute auf den Leim gegangen ist. Jaques nimmt nur die Scheine und schmeißt den Rest, in die Seine. Dann rennen wir los, lassen den Jungen zitternd, im Dunkeln zurück. Zu benommen, um Hilfe zu rufen. Wir rennen bis zur Metro-Station und springen in eine U-Bahn, die hinter uns ihre Türen schließt und wissen, dass wir in Sicherheit sind.

Als ich im Morgengrauen heimkomme, ist Sarah schon wach. An ihrem Blick erkenne ich, dass irgendetwas schlimmes passiert ist. Sie sitzt zitternd am Küchentisch und starrt ganz abwesend, auf etwas, dass sie krampfhaft, in ihren Fingern hält. Vorsichtig berühre ich ihre Schulter und sie zuckt zusammen, als hätte ich eiskalte Hände. „Was ist los?“ frage ich sie ängstlich. „Ich bin schwanger.“ Mit einem mal, wird mir schwindelig und wie, um meine Zweifel zu zerstören, hält sie mir den positiven Schwangerschaftstest hin. „Vielleicht hat sich das Ding geirrt?“ höre ich mich sagen, während ich überlege, wann das passiert sein könnte. Dann fällt mir wieder ein, wie das Kondom reißt, ich in Sarah komme und sie fluchend ins Bad rennt, um mein Sperma abzuwaschen. „Nein.“ sagt sie. „Das ist bereits der Dritte. Ich bin schwanger!“ Mich überkommt Verzweiflung und Angst. Ich habe das Gefühl, dass die Wände näher kommen und ich nicht mehr atmen kann. Ohne wirklich nachzudenken, frage ich: „Glaubst du, es ist von mir?“ Sie sieht mich wütend an und in diesem Moment, bin ich froh, dass Blicke nicht töten können. „Nur weil du, schon halb Paris gefickt hast, heißt das nicht, dass ich eine Hure bin.“ Das tut weh, denn sie hat recht. Zum ersten mal, wird mir klar, dass sie weiß, dass ich, jedes mal, wenn wir Stress hatten, meinen Schwanz sofort in eine andere gesteckt habe und zum ersten mal, habe ich deswegen, ein schlechtes Gewissen. Wir schreien uns lange gegenseitig an. Irgendwann schließe ich meine Arme um sie und halte sie fest. Ich achte darauf, ihr nicht wehzutun, aber passe auch auf, dass sie sich nicht, aus der Umarmung befreien kann. Ich stehe schweigen da, während sie mit ihren Fäusten, schreiend auf meinen Brustkorb trommelt. Meine Brust schmerzt, aber ich lasse es mir nicht anmerken. Irgendwann hat sie sich abreagiert und hängt nur noch, zuckend und schluchzend an meiner Brust. Mein T-Shirt ist ganz durchnässt, von ihrem Speichel und ihren Tränen. „Hast du schon gefrühstückt?“ frage ich sie. Sie schüttelt den Kopf, während sie mich, mit roten und verheulten Augen ansieht.

Wir sitzen in einem McDonalds, an einem Autobahnrastplatz. Sie stopft bereits den fünften Cheeseburger, in sich hinein. Es sieht unglaublich widerlich aus. Sie sieht mich lächelnd an und ich frage mich, ob das an den Hormonen liegt, dass sie plötzlich so fröhlich ist. „Das muss furchtbar aussehen. Aber ich habe so einen Hunger, ich könnte den ganzen Laden leer essen.“ Dann deutet sie auf meinen angebissenen Burger. „Isst du das noch?“ Ich schiebe ihr mein Tablett hin und frage sie: „Was jetzt?“ Sie wird wieder etwas ernster. „Als ich klein war, habe ich mir eigentlich immer Kinder gewünscht. Ich weiß aber nicht, ob ich mit der Verantwortung umgehen kann. Außerdem habe ich Angst vor der Geburt. Nicht nur vor den Schmerzen. Ich hab mal gehört, dass man den Schmerz, danach wieder vergisst. Es ist viel mehr so, dass mir das ganze, furchtbar entwürdigend vorkommt. Du liegst in deinem eigenen Blut, scheißt und pisst dich voll, während dir die ganze Welt auf die Fotze starrt.“ Nach diesem letzten Satz, muss sie lachen und beißt danach, genüsslich in meinen Burger. Mir wird klar, dass sie das allein nicht schaffen wird und letzten Endes, alles davon abhängt, was ich zu ihr sage. Ich nehme ihre Hand und sie hört auf zu kauen. „Ich werde für dich da sein, egal wie du dich entscheidest.“ Sie lächelt, dann deutet sie auf Micky Maus, der auf einem Plakat hinter uns, breit grinst. „Ich war noch nie in Disneyland.Wenn wir eine Kind haben, sollten wir mit ihm dahin.“

„Es sieht aus, wie eine Kaulquappe. Vielleicht ist sein Vater ja ein Frosch?“ sagt sie lachend, während wir das Ultraschallbild unseres Kindes, im Wartezimmer des Arztes anschauen. „Nimm du es. Ich habe keine Tasche.“ Ich stecke das Bild, in meinen Mantel. „Ist schon verrückt, wenn man bedenkt, dass alle Menschen mal Kaulquappen waren. Da stehen noch alle Wege offen. Wenn ich Arzt wäre, würde ich mich immer fragen, welche von diesen Kaulquappen, später mal Papst werden, oder Präsident von Frankreich.“ Sie lacht. „Stell dir mal vor, unser Kind wird mal Präsident von Frankreich.“ Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, mehr als ein verlegenes Grinsen, kriege ich nicht zustande, bei diesem absurden Gedanken. „Ich weiß nicht, was du so amüsant findest, an dem Gedanken, unser Kind könnte ein Arschloch werden?“ Sie muss noch lauter lachen und ich habe das Gefühl, dass sich alle Blicke im Wartezimmer auf uns richten. Aber irgendwie fühlt sich das gut an.

„Einen Vorteil, hat das ganze auf jeden Fall.“ sagt sie, während mein Samen, an der Innenseite ihres Schenkels trocknet. „Wir können uns das Geld, für die Kondome sparen.“ Als sie das sagt, muss ich grinsen. Der Sex ist schöner, in letzter Zeit. Irgendwie ist alles schöner. Sogar die grauen Plattenbauten der Banlieus, wirken fast wie ein Zuhause. „Wie würdest du ihn, oder sie nennen?“ fragt sie. Ich überlege eine Weile. „Jean.“ sage ich. „Das geht sowohl bei einem Mädchen, als auch bei einem Jungen.“ Sie lacht laut. „Du denkst zu praktisch Henry. Wir legen uns doch keinen Hund zu.“ Dann lächelt sie etwas ernster. „Aber du hast recht. Jean ist ein schöner Name.“ Sie wird noch ernster und leiser. „Was hältst du davon, Paris zu verlassen? Wir könnten aufs Land ziehen und na ja, du weißt schon.“ Ich weiß was sie sagen will. „Heiraten?“ Sie sieht mich schweigend an, dann sagt sie ganz leise: „Genau, heiraten.“ Ich würde nichts lieber tun, als mein altes Leben und diese schmutzige Stadt, hinter mir zu lassen. Tatsächlich hat diese etwas kitschige Vorstellung, doch etwas unglaublich verlockendes. „Das hört sich eigentlich, ganz gut an.“ sage ich und küsse sie auf die Stirn. In diesem Moment vibriert mein Handy, auf dem Nachttisch. „Komm sofort her! Ich stecke ganz übel in der Scheiße!“ Sarah protestiert zwar, trotzdem lasse ich sie, nicht ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen, allein im Bett liegen und ziehe mich hastig an, um mich auf den Weg zu Samuel zu machen.

Das Mädchen, das nackt und ohnmächtig, auf Samuels Bett liegt, ist höchstens vierzehn. „Wir wollten uns nur einen Schuss setzen! Ich hab nichts schlimmes getan, sie wollte es!“ stottert Samuel, kreidebleich und zitternd. „Wo hast du sie aufgegabelt?“ frage ich, obwohl ich die Antwort schon kenne. „Auf dem Strich, wo sonst? Ich glaube sie hat eine Überdosis.“ Ich sehe ihn wütend an. „Du hast nichts gemacht? Ich wette du verfluchter Wichser, hast ihr nicht einmal gesagt, dass du positiv bist.“ „Hätte sie sonst mit mir gefickt? Ich hab ein Kondom genommen.“ sagt er Schultern zuckend, eine Spur von Gleichgültigkeit kehrt in sein Gesicht zurück. Für einen Moment bin ich sprachlos. „Kondom?! Sie ist noch ein Kind! Du verfluchter Hurensohn!“ Ich schreie ihn an, bin kurz davor, ihm mit meinem Butterfly, die Kehle durchzuschneiden. Er grinst mich zynisch an. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Du weißt genau, dass sich diese kleine Schlampe, wahrscheinlich täglich für Geld ficken lässt und wahrscheinlich sowieso schon AIDS hat. Wenn nicht, dann kriegt sie es früher oder später. Entweder durch eine verseuchte Nadel, oder von irgendjemandem, der sie in den Arsch fickt. Was ist so schlimm daran, wenn ich…“ Bevor er den Satz vollendet hat, bricht meine Faust sein Nasenbein und er fällt benommen zu Boden. „Du verdammter Schwanzlutscher.“ schreit mich Samuel an, der sich eine Hand, vor sein blutendes Gesicht hält. Ich halte es hier keine Sekunde länger aus, drehe mich um und gehe. „Lass mich nicht allein.“ Schreit Samuel mir verzweifelt hinterher. „Wenn du gehst, bringe ich mich um.“ Zynisch antworte ich: „Macht sowieso keinen großen Unterschied, du hast ja schon AIDS. Waren das nicht deine Worte?“ und setze meinen Weg fort. „Du weißt genau, dass sie kein Kind mehr ist. Nicht mehr, seit dem Tag, als sie das erste mal, eine Nadel durch ihre Haut geschoben hat. Hier gibt es keine Kindheit mehr.“ schreit er mir hinterher. Sein letzter Satz, klammert sich in meinem Kopf fest. Hier gibt es keine Kindheit mehr. Auf der Heimfahrt, denke ich immer wieder darüber nach, dass das Mädchen, genau wie Samuel, Sarah und ich, irgendwann mal eine Kaulquappe war. Wir waren alle Kaulquappen, genau wie Jean.

Ich setze Sarah, vor der Klinik ab. Es wird Herbst. Bald werden auf den Champs-Élysées, die ersten roten Blätter zu Boden fallen. Jemand hat mit schwarzer Farbe „Baby-Mörder“ an die Klinik geschrieben. An einer Litfaßsäule daneben, hängt Werbung für Disneyland. „Kommst du mit rein?“ fragt sie, mit einem letzten sterbenden Hoffnungsfunken, in ihrer Stimme. „Tut mir leid. Ich muss noch etwas wichtiges erledigen.“ Dabei sehe ich sie nicht an, denn sie weiß, dass ich lüge. Trotzdem ist sie freundlich und drückt mir zum Abschied, einen Kuss auf die Backe. Diesmal berühren sich unsere Blicke. Sie lächelt, als ginge es heute nur darum, eine Impfung aufzufrischen, oder einen gebrochenen Arm einzugipsen. Ihr Lächeln ist völlig fehl am Platz, wirkt grotesk. Doch wir trauen uns nicht, unsere Masken abzulegen, obwohl wir genau wissen, was sich darunter befindet. Ich versuche ebenfalls zu Lächeln, aber mein ganzer Körper verkrampft sich und das schwarze Graffiti, brennt in meine Netzhaut. Baby-Mörder. Als sie durch die Drehtür verschwunden ist, lasse ich den Wagen stehen und laufe los, um mir die Beine zu vertreten. Ich habe Angst davor, allein in der Wohnung zu sitzen, mit dem Gefühl, dass die Wände immer näher kommen. Fast wie jemand, der mich liebt. Ich stecke mir eine Zigarette in den Mund und nach ein paar Schritten muss ich anhalten, weil ich mein Feuerzeug nicht in meinen Hosentaschen finde. Ich bin schon dabei, zurück zum Wagen zu laufen, als mir einfällt, dass es sich in meiner inneren Manteltasche befindet. Während ich tief inhaliere, stehe ich plötzlich an der Treppe zur Metro. Ich überlege, zu Jaques zu fahren, mir von ihm irgendetwas zum high werden, geben zu lassen. Als ich in der Metro sitze, versuche ich, mein Handy aus meinem Mantel zu fischen. Dabei kommt mir etwas in die Finger, dass sich wie eine Postkarte anfühlt. Ich ziehe meine Hand hervor und sehe, dass ich Sarahs Ultraschallbild in den Fingern halte. „Jean.“ flüstere ich und der Anblick, dieser kleinen Kaulquappe, erfüllt mich mit einer unbeschreiblichen Traurigkeit.

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Das Schreiben hat mittlerweile Ausmaße erreicht, bei denen ich es nicht mehr als Hobby abtun kann. Es ist zur Krankheit geworden und ist gleichzeitig die Medizin. Problem und Therapie. Ich bin süchtig nach meinem Methadon, es ist mir mittlerweile wichtiger geworden als das Heroin. Die Worte sind Hunger und Brot zugleich. Sie halten mich nachts wach und machen mich tagsüber müde. Nichts liebe und hasse ich so sehr, wie das geschriebene Wort. Ich kann nicht anders als es als meine Berufung zu sehen. Hermann Hesse trifft es mit seinen Worten am besten. Ich will Dichter werden oder Nichts.-Kerim Mallée

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weltenweiterw Re: -
Zitat: (Original von Zeitenwind am 07.06.2013 - 01:05 Uhr) Hier wird diese unbeschreibliche Hoffnungslosigkeit nur all zu deutlich.
Ein sehr gut gemachter Text - wie schon so oft.

Gruß vom Trollbär

Vielen Dank.
Ich muss an dieser Kurzgeschichten Reihe,
irgendwann einmal weiterschreiben.
Liebe Grüße
Kerim
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Zeitenwind Hier wird diese unbeschreibliche Hoffnungslosigkeit nur all zu deutlich.
Ein sehr gut gemachter Text - wie schon so oft.

Gruß vom Trollbär
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