Kurzgeschichte
Zigaretten im Schnee

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"Zigaretten im Schnee"
Veröffentlicht am 14. März 2013, 4 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Das Schreiben hat mittlerweile Ausmaße erreicht, bei denen ich es nicht mehr als Hobby abtun kann. Es ist zur Krankheit geworden und ist gleichzeitig die Medizin. Problem und Therapie. Ich bin süchtig nach meinem Methadon, es ist mir mittlerweile wichtiger geworden als das Heroin. Die Worte sind Hunger und Brot zugleich. Sie halten mich nachts wach und machen mich tagsüber müde. Nichts liebe und hasse ich so sehr, wie das geschriebene Wort. Ich ...
Zigaretten im Schnee

Zigaretten im Schnee

Der Schnee der Einfahrt knirscht unter den Autoreifen. Sie denkt an den Rauch seiner Zigaretten, auf den letzten vertrauten Schritten zum Haus. Während des Abendessens greifen die Zinken ihrer beider Gabeln nach dem Essen, wie die acht Beine einer Spinne nach ihrer Beute. Sie denkt an den Rauch seiner Zigaretten. Sie denkt an den Rauch seiner Zigaretten, während sie seine Küsse und seine Worte im Nacken spürt. Sie denkt daran, sieht vor ihrem inneren Auge, wie der rote Glimmstängel mit einem Zischen erlischt, wenn er ihn in den Schnee der Einfahrt, vor ihrem Haus wirft. Sie wacht jeden Morgen vor ihm auf, liegt eine halbe Stunde wach und während die letzte Müdigkeit des Traums verfliegt, nimmt sie seinen Arm und legt ihn um sich. Sie verkriecht sich in seiner Wärme, bis sie irgendwann wieder einschlummert. Beim Frühstück rührt sie in ihrem Kaffee, während er die Zeitung hereinholt. Sie weiß, dass er draußen steht und noch eine Zigarette raucht, die er dann in den Schnee wirft, wo sie mit einem schmelzenden Zischen erlischt. Während er draußen steht und das Nikotin einer zweiten Zigarette inhaliert, murmelt sie seine Worte in den Kaffeesatz. Sie wiederholt sie immer wieder, so dass sie ein Mantra bilden. Nach dem Frühstück muss er ins Büro. „Fahr vorsichtig.“ sagt sie und küsst ihn auf die Lippen, die immer noch nach Rauch schmecken. „Er ist in letzter Zeit nachlässig beim Rasieren.“ denkt sie, als ihr vereinzelte Stoppeln auffallen, die über sein Gesicht verteilt sind, wie die letzten Reste des Waldes, nach dem Sturm. In seinem ganzen Gesicht und an seinem Hals, findet sie immer wieder winzige Schnitte. Die älteren haben sich bereits in kleine Pickel verwandelt, bei manchen ist die Metamorphose noch nicht ganz abgeschlossen. „Du kennst mich.“ grinst er. Sie ist beunruhigt, aber nicht wegen den glatten Straßen oder seiner Nachlässigkeit, sonder wegen etwas anderem. Die Stille in ihrem leeren Haus ist bedrückend. Wenn er weg ist, fallen ihr plötzlich die ganzen dunklen, mit Gerümpel vollgestopften, Zimmer im Keller ein. Sie sieht Schatten an den Wänden und hört Schritte auf dem Dachboden. Das macht sie nervös, obwohl sie weiß, dass das nur das alte Haus ist, das ab und zu mal atmet. Von diesem langsamen Rhythmus angeregt, schwingen die Balken unter dem Dach und es klingt, als würde dort oben jemand entlangschreiten. Als er am Abend heimkommt, wartet er draußen vor der Tür, raucht noch eine Zigarette und lässt sie dann in den Schnee fallen. Irgendwie hat er das Zischen liebgewonnen. Sie liegt in seinen Armen und er flüstert ihr Worte und Küsse in den Nacken. Doch irgendetwas ist anders. Seine Worte sind leiser geworden und ihre Wärme ein bisschen kühler und irgendetwas, das früher einmal da war, ist jetzt verschwunden. Sie wollen es noch nicht so recht wahrhaben und leben diese alten Rituale, die schon längst zu Reflexen geworden sind, weiter. Ohne dabei etwas zu empfinden. Da ist irgendwo ein Leck, durch das sie langsam ausbluten. Deswegen löscht der Schnee die Glut seiner Zigaretten, mit einem Zischen. Nach zwölf Jahren Ehe hat er mit dem Rauchen angefangen.

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Über den Autor

weltenweiterw
Das Schreiben hat mittlerweile Ausmaße erreicht, bei denen ich es nicht mehr als Hobby abtun kann. Es ist zur Krankheit geworden und ist gleichzeitig die Medizin. Problem und Therapie. Ich bin süchtig nach meinem Methadon, es ist mir mittlerweile wichtiger geworden als das Heroin. Die Worte sind Hunger und Brot zugleich. Sie halten mich nachts wach und machen mich tagsüber müde. Nichts liebe und hasse ich so sehr, wie das geschriebene Wort. Ich kann nicht anders als es als meine Berufung zu sehen. Hermann Hesse trifft es mit seinen Worten am besten. Ich will Dichter werden oder Nichts.-Kerim Mallée

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gedichteengel ... - Auch ich finde, dass der Zigarettenrauch vielleicht ein wenig zu oft an erster Stelle stand, aber ich liebe deinen Schreibstil und die Metaphern, die du gebrauchst. xD - Echt, du hast ein Diktiergerät? o.O

Und noch etwas, nimm es dir nicht zu sehr zu Herzen, aber in jedem Text, den ich von dir gelesen habe, ist ein Punkt und kein Komma in der direkten Rede vorhanden. Lies dir das mal durch: http://www.wörtlicherede.de/

Soll keine Kritik sein, aber ich denke, dass dir das etwas nützen könnte. ;)

Weiter so!
Vor langer Zeit - Antworten
weltenweiterw Re: Zuviel Rauch -
Zitat: (Original von Zeitenwind am 28.03.2013 - 12:33 Uhr) Vielleicht nicht ganz so krass, aber ich denke ähnlich wie Roland.

Gruß Detlev

Ok, ich nehme es mir zu Herzen.
Liebe Grüße
Kerim
Vor langer Zeit - Antworten
weltenweiterw Re: Sie sollten zusammen eine rauchen :) -
Zitat: (Original von EphesusAlijan am 25.03.2013 - 10:18 Uhr)
Aber 5 Sterne für 12 Jahre Ehezeit ohne Rauchen , das bekommt nicht jeder hin :)

LG Ephraim

Vielen Dank
Liebe Grüße
Kerim
Vor langer Zeit - Antworten
weltenweiterw Re: meines -
Zitat: (Original von Rajymbek am 25.03.2013 - 09:26 Uhr) Erachtens hat sie ein zu viel an den Zigarettenrauch gedacht. Ich war ein wenig enttäuscht beim Lesen. Wie ie Zigarette so erlischt auch die Erinnerung an deine Worte, schade.

VLG Roland

Ich hab die Geschichte nicht sonderlich groß geplant. Die Idee dazu kam mir Nachts und da habe ich sie im Halbschlaf auf mein Diktiergerät gesprochen. Dafür finde ich sie ganz gelungen.
Aber ich werde in Zukunft beim Schreiben darauf achten, mehr Tiefe hinein zu bringen.
Liebe Grüße
Kerim
Vor langer Zeit - Antworten
Zeitenwind Zuviel Rauch - Vielleicht nicht ganz so krass, aber ich denke ähnlich wie Roland.

Gruß Detlev
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek meines - Erachtens hat sie ein zu viel an den Zigarettenrauch gedacht. Ich war ein wenig enttäuscht beim Lesen. Wie ie Zigarette so erlischt auch die Erinnerung an deine Worte, schade.

VLG Roland
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