Kapitel 14 Neugier
Aaren wagte es nur langsam, den Blick wieder zu heben.
Eine Klinge ragte aus der Brust des Mannes über ihm und fraß sich ohne jeden Wiederstand durch das Gewebe.
Im nächsten Moment wurde das Schwert herausgerissen und trennte den Kopf des Mannes vom Rumpf. ,,Sagen sie nochmal Energiewaffen sind unpraktisch.“ , meinte eine Stimme.
Der Mann klappte zusammen. Und gab den Blick frei auf Hinter Admiral Vämskä, der das Schwert sinken ließ und Aaren eine Hand hinstreckte, um ihm
aufzuhelfen.
,,Das war viel zu knapp.“ , sagte Aaren. Um ihn drehte sich noch immer alles und selbst mit der dargebotenen Hand des Admirals fiel es ihm schwer, wieder auf die Füße zu kommen.
,,Callahan ?“ , fragte dieser nur.
,,Entkommen.“ , erwiderte er.
,,Verdammt.“
Aaren sah sich auf der Landeplattform um. ,,Wie sieht es jetzt in der Station aus ?“
,,Keine Ahnung.“ Vämskä griff zum Funkgerät. ,,Könnte mir jemand einen Lagebericht geben ?“
,,Sir, sind sie das ?“ , meldete sich eine unsichere Stimme am Ende der
Leitung.
,,Nein, meine Großmutter. Was glauben sie denn? Also Lagebericht.“
,,Die Angreifer haben sich zurückgezogen und… die Verstärkung ist jetzt hier Sir.“
,,Sehr gut. Verluste ?“
,,Drei Tote bei uns. Und ein paar verletzte Zivilisten. Wir bringen sie grade in Sicherheit.“
,,Und auf gegnerischer Seite ?“ , wollte Vämskä wissen.
Ein Moment des Schweigens folgte vor der Antwort : ,,Keine.“
,,Zwei.“ , verbesserte Aaren.
Der Admiral nickte. ,,Ich habe den Toten auf dem Weg hierher
gesehen.“
Er wendete sich wieder an den Mann am Funkgerät: ,,Sonst noch was?“
,,Äh… sie haben es sicher mitbekommen aber… die haben jedes Schiff und jeden Transporter den sie finden konnten mitgenommen.“
,,Ja.. ich war am Dock.“ , erwiderte der Admiral und sah aufs Meer hinaus. In der Ferne sah man nur noch vereinzelte Punkte am Horizont. ,,Weiß der Teufel, was die damit wollen.“
,,Sich einen militärischen Vorteil verschaffen.“ , meinte Aaren düster.
Vämskä musterte ihn skeptisch. ,,Sie haben uns überrascht, aber egal wie viele Leute Callahan hat, er kann nicht
hoffen, es mit dem Elektorat aufzunehmen.“
,,Da wäre ich mir nicht zu sicher. Der Kerl den ich erledigt habe, hat ziemlich was eingesteckt.“
Der Admiral schüttelte den Kopf.
,,Ich habe hier zwei tote Angreifer, die könnte sich mal jemand ansehen. Vielleicht diese Eleanaor wenn sie jemand findet. Und der andere Kerl… Abundius. “
Danach schaltete er das Funkgerät aus und wendete sich wieder Aaren zu.
,,So und sie sagen mir jetzt, was sie mir verschwiegen haben.“
,,Wie bitte ?“
,,Ich will verdammt nochmal wissen, wie
es möglich ist, das ein Provinz-Gouverneur eine Armee aufstellt, die aus Männern besteht scheinbar nicht sterben wollen oder können und meine Leute wie Frischlinge aussehen lassen.“
,,Ich weiß nicht, woher er die Leute hat… aber ich fürchte, ich weiß wieso die mit mehreren Kugeln im Körper noch weiterlaufen können.“
,,Ich warte.“
,,Diese Substanz, von denen man ihnen erzählt hat…“
,,Kann Wunden heilen, soviel weiß ich auch, aber sicher nicht so schnell.“
,,Sie wissen vielleicht nicht alles darüber.“
,,Kommen sie mal zum
Punkt.“
,,Es ist Blut.“ , erklärte er, während er seine Waffen aufhob, die er im Kampf mit Skye verloren hatte. Die Geschwindigkeit… und vor allem die Leichtigkeit mit der ihn der Mann Besiegt hatte, machten ihm Angst. Wenn alle von Callahans Truppe so sind…
,,Mein Blut hat definitiv eine andere Farbe.“
,,Ich rede auch nicht von menschlichem Blut.“ , erwiderte Aaren. ,,Mir ist da draußen… etwa begegnet. Callahan und seine Leute haben es erforscht ohne das Elektorat zu informieren und das nicht grade höflich … ich bin mir nicht
sicher.“
,,Ein paar Fische machen mir keine Sorgen, selbst wenn sie unverwundbare sind.“ , meinte der Admiral.
,,Sollte es vielleicht. Die sind intelligent. Da bin ich mir ziemlich sicher.“
,,Na klar. Das waren Delfine angeblich auch. Und was hat es ihnen gebracht? Heute gibt es auf der Erde keine mehr. Ich mach mir mehr Sorgen um den Irren, der grade mit der halben Hive-Flotte abgehauen ist. Und das sollten sie vielleicht auch. Immerhin, hat der versucht sie zu töten.“
Sie kehrten in das Foyer des Hive
zurück, durch das sie den Komplex betreten hatten. Die Leichen der zweig getöteten Männer waren bald abgeholt und in eine der tiefer gelegenen Labore der Anlage gebracht worden. Gewaltige Trümmer vom Glasdach lagen in der Halle verteilt, als Aaren aus dem wieder funktionierenden Fahrstuhl trat. Ein halbes Dutzend Arbeiter in Warnwesten war bereits dabei, die Splitte zu beseitigen, während alle Verletzten in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht worden waren.
Ein Mann in blauschwarzer Uniform bemerkte ihn und den Admiral.
,,Sir.“ Er salutierte kurz.
Vämskä musterte den Mann nur stumm.
,,Sie sagten wir hatten drei Tote ?“
Er nickte. ,, Sergeant Patricks, ein Mann, den wir ohne DNA-Test nicht mehr identifizieren können und noch ein Techniker, der nicht mehr rauskam. “
,,Das sind drei zu viel.“ , erklärte der Admiral.
Aaren suchte die Halle ab und entdecke Abundius, der sich ernst aber gefasst das Chaos ansah.
,,Das in ein paar Minuten so viel schief gehen kann.“ , meinte er, als Aaren sich näherte.
Er erwiderte nicht sofort etwas. Von oben vielen Sonnenstrahlen durch die zerstörten Fenster, die aber immer wieder von vorbeitreibenden Wolken
unterbrochen wurden. Es sah aus, als würde das Wetter wieder schlechter. Es hatte schon oben auf der Landeplattform nach Sturm ausgesehen.
,,Wie geht’s Eleanor ?“ , fragte er schließlich.
,,Na ja, was würden sie machen, wenn ihr Boss sich als Verräter erweist.“
Aaren musste bei dem Gedanken Unwillkürlich grinsen. ,,Mein Boss wäre in diesem Fall eher derjenige, der die Verräter findet.“
,,Stimmt wohl. Aber…“
,,Was ?“
,,Diese Favelli scheint irgendwie davon überzeugt, dass sie von Callahans Plänen gewusst haben muss. Oder zumindest von
mehr als sie zugibt.“ Er strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. ,,Die hatte doch wirklich die Nerven selbst während es Angriffs noch Vorhaltungen zu machen.“
,,Aber sie glauben das nicht ?“
Abundius zuckte nur mit den Schultern. ,,Ich schätze mal meine Urteilsfähigkeit ist da etwas getrübt wie ?“
,,Und sie und Eleanor…“
,,Ich weiß nicht. Jetzt wo wir wohl fürs erste hierbleiben, denke ich… “
,,Ich hatte nicht vor zu bleiben.“ , erklärte Aaren. ,,Aber wenn sie wollen, kann ich mal mit ihr reden Das Urteil eines Kommissars muss sie akzeptieren.“
,,Dafür wäre ich ihnen zwar dankbar
aber.. . sie wollen wirklich gehen?“
,,Meine Aufgabe hier ist eigentlich erledigt. Den Rest kann genauso gut das Militär übernehmen .
Und…“ , er schwieg einen Moment. Ich verändere mich dachte er. ,,Ich sollte herausfinden, was mit Thomas Ackland passiert ist. Ich schätze, wir können davon ausgehen, dass er tot ist. Callahan wollte ihn loswerden, das ist alles. Fall abgeschlossen. “
,,Da hätte ich wohl auch noch ein Wort mitzureden.“ , rief der Admiral. Weder Abundius noch er hatten gemerkt, dass Vämskä sich genähert hatte. Aaren drehte sich langsam zu dem Mann um.
,,Ich unterstehe ihnen nicht. Ich
unterstehe dem Justizministerium, genauer gesagt, direkt dem Minister. Sie können mir nichts befehlen.“ Und je eher er hier Verschwand… desto besser. Zumindest, bis er sich über einige Dinge klar geworden war. Sein Leben war in den letzten Tagen mehr aus den Fugen geraten, als in dem halben Jahrzehnt zuvor.
,,Und deshalb werden sie sich auch nicht einfach davonmachen Terrel.“ , erwiderte Vämskä. ,,Das heißt vielleicht nicht viel, aber sie sind schon länger hier als jeder meine Leute. Und auf dieser Station kann ich niemanden sonst vertrauen.“
,,Dafür bin ich definitiv der
Falsche.“
,,Vielleicht, aber sie sind der einzige Ortskundige den wir haben. Neben dem da.“ , er deutete auf Abundius.
,,Das sollten sie mit dem Minister absprechen.“ , sagte Aaren.
,,Die Verbindung zur Erde steht, das können sie sogar gleich selbst mit ihm absprechen.“ , erklärte der Admiral. ,,Ich veranlasse, das man eine Konferenzschaltung in ihr altes Quartier hier einrichtet.“
,,Woher…“
,,Wir haben Zugriff auf die gesamte Verwaltung. Wenigstens, alles was nicht Passwortgesichert durch den Gouverneur ist. Und da kommen wir auch noch ran.“
Es klang beinahe wie eine Drohung.
,,Schon.“ Er seufzte. So schnell kam er aus der Sache wohl nicht mehr raus. ,,Und was haben sie jetzt vor ?“ , wollte Aaren wissen.
,,Erst einmal rausfinden, wie groß der Schaden ist, den Callahans Leute verursacht haben. Und dann hoffe ich, dass die Wissenschaftsabteilung des Hive uns etwas sagen kann. Wenn diese Haddington rumpfuscht, lass ich sie Standrechtlich erschießen.“
,,Sie übertreiben doch.“ , mischte sich Abundius ein.
,,Tue ich das ? Das hier war grade eine Schlacht… was folgt, ist der Krieg. Wenn es bis morgen früh keine neuen
Ergebnisse gibt, verfolgen wir Callahan. Er kann sich hier draußen nicht verstecken.“
,,Er hat das ganze Meer für sich.“ gab Aaren zu bedenken.
,,Ich weiß. Verdammt… Gestern denke ich noch, das wird Routine… heute tauchen plötzlich Zombie-Soldaten auf. Ein Kommissar erzählt was von intelligenten Fischen und spätestens Morgen sitzt mir das Verteidigungsministerium im Nacken und will erfahren, wie ich praktisch am ersten Einsatztag drei Leute verlieren konnte. Ich bin begeistert.“ Der Admiral entfernte sich kopfschüttelnd. ,,Vergessen sie nicht sich beim
Justizminister zu melden. Der wartet sicher auch nicht gerne.“
,,Und ich dachte immer, Kommissare wären schon schlimm.“ , meinte Abundius, nachdem er sicher war, das der Admiral verschwunden war. ,,Aber gegen den sind sie ja noch fast höflich.“
,,Ich kann es ihm aber auch nicht verübeln.“ , meinte der Kommissar. ,, Seinen Job möchte ich jetzt garantiert nicht haben.“
,,Sie reden mit Favelli ?“
Aaren nickte. ,,Keine Sorge. Aber jetzt rede ich erstmal mit dem Minister. Und sie ?“
,,Eleanor untersucht grade den Soldaten, den sie erledigt haben. Und ein paar
andere sehen sich den an, den Vämskä erwischt hat.“
,,Gut, sagen sie mir bescheid wenn es was neues gibt ?“
,,Mache ich.“
,,Ich habe den Admiral übrigens über unsere kleine Entdeckung auf dem Wrack informiert.“
,,Und ?“
Er zuckte mit den Schultern. ,,Es hat ihn kaum interessiert.“
,,Das ist vielleicht auch besser so.“
Aaren nickte. ,,Bloß verstehe ich einiges hiervon immer noch nicht.“
,,Sie sind also neugierig ?“
,, Vielleicht.“
,,Neugierig genug um zu bleiben
?“
,,Vielleicht.“
Die Verbindung war nicht besonders gut. Was bei der Entfernung natürlich auch kein Wunder war. Es gestaltete sich generell schon als Schwierig, die Kommunikation zwischen Planeten sicher zu stellen, aber im Fall von Liurie wurde es durch die abgelegene Lage und die Störungen in der Atmosphäre des Planeten fast unmöglich.
Das Bild das Aaren auf der Oberfläche eins Bildschirms sah, war unstet und fiel immer mal wieder aus, aber wenigstens
schien die Audioverbindung in Ordnung.
,,Zuerst einmal muss ich ihnen wohl Gratulieren.“ , meinte der Minister.
,,Dazu besteht wohl, fürchte ich kein Anlass. Callahan ist entkommen und alles andere… wissen sie vermutlich bereits?“
,,Das meiste.“
Aaren schwieg eine Weile. Er saß wieder in der kleinen Wohnung, die er am ersten Tag seiner Ankunft hier betreten hatte. Die Tür zum Balkon stand offen und in der Ferne sah er Wetterleuchten am dunkler werdenden Horizont. Er drehte das kleine silberne Justitia-Emblem in den Händen.
,,Ich wollte sie eigentlich bitten, mich zurückzubeordern.“
, sagte er schließlich.
,,Ich wollte sie um das Gegenteil bitten.“
,,Wie darf ich das Verstehen ?“
,, Wie ich es gesagt habe. Es ist ihre Entscheidung. Wenn sie zurück wollen, dann nur zu. Aber ich möchte, dass sie gut darüber nachdenken. Tun sie, was sie für richtig halten Terrel. Ich vertraue ihnen.“
,,Danke.“ Er lehnte sich zurück. Die Verbindung stand noch, während sein Verstand arbeitete. Wie viele Tage keine Mentalblocker mehr ? Vier ? Fünf ?
Aaren wusste es nicht. Seine Aufgabe war erfüllt… und selbst seine erwachten Gefühle sagten ihm, das es das Beste
wäre zu gehen. Er wäre heute beinahe gestorben und er hatte Angst gehabt. Angst… vor dem Tod ? Aaren schloss die Augen. Die Antwort kannte er nicht.
Aber… da war auch noch etwas anderes, das der Angst entgegenstand. Neugier. Vielleicht hatte Abundius Recht.
,,Ich werde darüber nachdenken.“ , sagte er schließlich.
,,Das ist alles, worum ich sie bitten kann.“ Dann wurde die Verbindung beendet. Der Schirm vor ihm wurde dunkel.
Aaren trat nach draußen auf den Balkon, von wo er das Meer und einen Teil der Einrichtung des Hive überblicken konnte. Die Wolken am Horizont wurden
dichter. Ein weiterer Sturm wie es aussah.
Ein Blitz erhellte die Wolken, tauchte kurz alles in grelles Licht und schlug in einen Blitzableiter ein.
Das wird dem Admiral nicht gefallen, überlegte Aaren. Und ihm gefiel es auch nicht.
Nach einer Weile ging er zurück nach drinnen.
Favelli. Er hatte sein Versprechen gegenüber Abundius nicht vergessen.