Humor & Satire
Alles Schwindel - Purzelbäume der ärztlichen Heilkunst

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"Alles Schwindel - Purzelbäume der ärztlichen Heilkunst"
Veröffentlicht am 03. März 2013, 6 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!
Alles Schwindel - Purzelbäume der ärztlichen Heilkunst

Alles Schwindel - Purzelbäume der ärztlichen Heilkunst

Beschreibung

Alles dreht sich - woran soll man sich halten?

Schwindel. Übelkeit. Brechreiz. Ist es bei mir jetzt so weit? Wie seinerzeit Proust beim Besuch einer Ausstellung alter holländischer Meister, so erlitt auch ich eine Schwindelattacke; allerdings im Bett und gleich zwei innerhalb von sechs Tagen. Schwindel am Morgen bringt Kummer und Sorgen.

Der zweite Vorfall überraschte mich am Urlaubsort, in einer süddeutschen Pension, morgens beim Aufstehen. Drehschwindel, wie soll man das beschreiben? Man vollführt eine banale Bewegung und dann fliegen die Möbel scheinbar durch den Raum, wie die Elemente eines Kettenkarussells. Die einfachsten Verrichtungen wie Duschen und Ankleiden werden zu fast unlösbaren Aufgaben. Beim Rasieren überkam mich das große Würgen. Endlich konnte ich doch frühstücken und mit der Bahn in die nächste größere Stadt fahren.

Dreieinhalb Stunden verbrachte ich in jener HNO-Praxis. Warten, mich untersuchen und die Tests über mich ergehen lassen, die Ergebnisse besprechen. Ich war kein eingebildeter Kranker. Im Schwindeltest lag „die vestibuläre Erregbarkeit unter der Norm“. Der Doktor, in meinem Alter, mit schütterer Pferdeschwanzfrisur, erklärte mir: „Ihr Innenohr wird durch Schäden an der Halswirbelsäule nicht genügend durchblutet.“ Er entwickelte eine Theorie, wonach das Pensionsbett und die ungewohnte Lagerung meines vornehmsten Körperteils Schuld seien. Und richtig, schon der erste Anfall hatte mich in einem fremden Bett ereilt. (Ich fühle mich jetzt zu schwach, irrige Vermutungen über meinen Lebenswandel zu entkräften.)

Der Doktor lehrte mich eine Eigenmassage der Halswirbelsäule und verschrieb ein durchblutungsförderndes Mittel. Gegenwärtig zögere ich noch, es einzunehmen – wegen seiner häufigen Nebenwirkungen: Schwindel, Übelkeit. Hatten wir schon. Und die blutdrucksenkende Wirkung ist auch unerwünscht. Ich bin Hypotoniker, will nicht als lebende Leiche herumschleichen.

Ich bekam einen Arztbrief für die Heimat mit. Beim Lesen geriet ich ins Grübeln. Beide Ohren seien äußerlich o.B., also ohne auffälligen Befund. Da fiel es mir wieder ein: Er hatte mir zwar in Rachen und Nase gesehen, nicht jedoch in die Ohren. Oder sollte sich die bei mir vorliegende Mangeldurchblutung schon auf Gehirn und Wahrnehmungsvermögen ausgewirkt haben?

Ferner las ich: „Im Rachen Zustand nach TE.“ Das hieß doch Tonsillektomie, also Mandelentfernung. Tatsächlich sind mir die Mandeln bisher nicht herausgenommen worden. Mein lieber Weißkittel, das müsste ich doch wissen! Andererseits fielen mir jetzt so unschöne Dinge wie Demenz und progressive Paralyse ein. Kann ich mir wirklich sicher sein, meine Mandeln noch zu besitzen? Mache ich mich lächerlich, wenn ich wegen dieser Schwindel erregenden Frage einen weiteren Arzt aufsuche?

Ich zweifle, also lebe ich noch. Ich zweifle jetzt besser an allem.

(Nachtrag: Ich habe in einem Vergrößerungsspiegel nachgesehen: Sie sind noch da.)

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Hörbuch

Über den Autor

Abendschoen
Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!

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JeanneDarc Ich hier jetzt mal was betone
ich ja fast schon bei den Ärzten wohne ;)
Ja, da gibts den einen oder andren Scfharlatan
wo man ist als Patient nicht gut dran
doch oft die Ärzte auch ganz ehrlich heilen
drum tu ich zu MEINEN gerne eilen
denn ich weiss - ohne die, werd nicht gleich rot
da wär ich schon ein paar Jährchen tot
Vor langer Zeit - Antworten
Abendschoen Re: Lach ... -
Zitat: (Original von Gunda am 05.03.2013 - 19:59 Uhr) Hast du vorsichtshalber mal den Patientennamen auf dem Arztbrief überprüft? Das ist ja wohl der Hammer, was du da schreibst.

Aber: Der Dok hat doch nur vom ÄUSSEREN Anblick der Ohren geschrieben! Den Blick hat er einfach darauf geworfen, als du es gar nicht mitbekommen hast :o) Ich habe übrigens mal auf meiner Patientenkarte beim Gyn den Hinweis "Mammakarzinom" gelesen ... Schluck ... Auf meine Nachfrage bekam ich lapidar zur Antwort, ach, das sei ein Fehler gewesen, das sei die Diagnose der Patientin vor mir gewesen ... Wat sachste dazu ...

Lieben Gruß
Gunda

Danke, Gunda, für die launige Antwort.

Wie kann man eigentlich einen Blick auf die eigene Patientenkarte erhaschen? Mir ist das noch nie gelungen. Womöglich würde ich da auch so manches finden ... (Hoffentlich kein Mammakarzinom.)

Übel war auch das: Ein Hautarzt vertauscht nach Wassermanntest Karteikarten und beruhigt irrtümlich den Patienten: alles negativ - woraufhin der, obgleich tatsächlich positiv, zu einer kleinen Vergnügungsreise aufbricht und bei der Rückkehr dann die Nachricht im Briefkasten vorfindet: Kommen Sie schnell in die Praxis!

Die Geschichte hier ist schon vor Jahren gewesen. Keine Beschwerden mehr. Auf Reisen organisiere ich mir als Erstes ein Zusatzkissen für den Kopf.

LG Arno

Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Lach ... - Hast du vorsichtshalber mal den Patientennamen auf dem Arztbrief überprüft? Das ist ja wohl der Hammer, was du da schreibst.

Aber: Der Dok hat doch nur vom ÄUSSEREN Anblick der Ohren geschrieben! Den Blick hat er einfach darauf geworfen, als du es gar nicht mitbekommen hast :o) Ich habe übrigens mal auf meiner Patientenkarte beim Gyn den Hinweis "Mammakarzinom" gelesen ... Schluck ... Auf meine Nachfrage bekam ich lapidar zur Antwort, ach, das sei ein Fehler gewesen, das sei die Diagnose der Patientin vor mir gewesen ... Wat sachste dazu ...

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Abendschoen Re: das Leben ist hart -
Zitat: (Original von Boris am 04.03.2013 - 12:52 Uhr) es lebe der mündige Patient

LG Jürgen

Klar, Jürgen. Problem ist nur, dass die meisten Patienten von ihrem Arzt nichts Schriftliches in die Hand bekommen (Arztbriefe meistens verschlossen). Hier war mal eine seltene Gelegenheit, das Husch-Husch-Verfahren bei der Untersuchung aufzudecken.

LG Arno
Vor langer Zeit - Antworten
Boris das Leben ist hart - es lebe der mündige Patient

LG Jürgen
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