Was bisher geschah ...
Daniel ist 23 Jahre alt und studiert. Sein Vater ist gestorben, als Daniel 17 war. Seine letzten Worte waren, dass Daniel sich immer bei Vollmond auf einen Felsen am Meer setzen und dem Mond alles erzählen solle, was er wolle. Er würde ihm antworten. Auf Daniels Frage, weshalb, hatte der Vater nur noch gesagt, er sei der Mond.
Von einem Tag auf den andern fühlt sich Daniel anders. Er ist unruhig, wächst plötzlich wieder, obwohl er eigentlich schon ausgewachsen ist und Beruhigungstabletten helfen nicht.
Da ruft die Frau an, die nach Daniel und seinem Vater in deren Wohnung eingezogen ist und teilt ihm mit, einen Brief gefunden zu haben. Diesen Brief hat sein Vater geschrieben und erklärt ihm darin, weshalb Daniel sich so seltsam fühlt: Er wird zum Mond, wie sein Vater als 23-jähriger.
(Alles nachzulesen in "Mondweber", "Mondweber Teil 2" und "Mondweber Teil 3".)
Daniel saß immer noch vor dem Brief. Seit Stunden. Seit 13 Stunden, um genau zu sein.
Draußen dämmerte bereits der Morgen, aber Daniel scherte sich nicht darum. Er hatte nichts gegessen, nichts getrunken und das seit 13 Stunden. Er schlief nicht, er war die ganze Zeit wach gewesen; aber was machte er dann?
Er dachte nach, lauschte in seinem Kopf verschiedenen Stimmen und betrachtete sich selber von außen.
Die eine Stimme in seinem Kopf redete dauernd auf ihn ein, er konnte nichts verstehen außer "geh hinaus" und immer wieder einfach nur "Mond". Darauf konnte er sich keinen Reim machen.
Die andere Stimme redete auch auf ihn ein. Auch bei ihr konnte er nichts verstehen außer einigen Fetzen wie "du spinnst", "leb dein Leben weiter wie bisher" und ähnlichen Dingen.
Aber es gab noch eine dritte Stimme, nein, keine Stimme, so konnte man sie eigentlich nicht bezeichnen. Denn sie sagte kaum etwas, nur ab und zu. Es war die Stimme seines Vaters. Er spürte, dass sie da war, obwohl sie kaum etwas sagte; denn sie hörte ihm zu, lauschte Daniels Gedanken.
Dann wieder konnte er die Stimmen einfach ausblenden und sah sein eigenes Leben langsam an sich vorüberziehen wie ein Film. Er bemerkte Dinge, die er früher nie richtig bemerkt hatte und die er schon längst vergessen hatte. Zum Beispiel, warum sein Vater so oft, bei jedem Vollmond, mit ihm auf seinen und jetzt auch Daniels Lieblingsfelsen gegangen war. Auch die geheimnisvollen Geschichten und deren Bedeutung, die Daniel damals nie begriffen hatte, ergaben jetzt Sinn. Er konnte es nicht erklären, niemandem erzählen, aber er begriff es einfach.
Endlich, nach diesen 13 Stunden, die für Daniel so spannend gewesen waren, in denen er kein einziges Mal an Essen und Trinken gedacht hatte, wurden die Stimmen leiser, er war mit seinem Lebensfilm im Jetzt angekommen.
Und auf einmal bemerkte er das Hungergefühl, dass sich in seinem Bauch ausbreitete.
Er erhob sich vom Stuhl und wollte sich etwas zu essen machen, als ihm ganz schwarz vor Augen wurde. Schnell ließ er sich wieder auf den Stuhl sinken und versuchte, regelmäßig zu atmen. Als er wieder etwas sah, stand er ganz langsam auf und schüttelte den Kopf, als wollte er diesen Schwindelanfall abschütteln. Er war wohl einfach zu lange gesessen.
Als er etwas gegessen hatte, überlegte er: Es war jetzt halb fünf, doch er verspürte nicht die geringste Müdigkeit. Schulterzuckend ging er in das winzige Badezimmer und duschte erst einmal. Nachdem er frische Klamotten angezogen hatte, fühlte er sich gleich wohler.
Er richtete seine Sachen zusammen und verbrachte die verbleibende Zeit noch mit Lernen. Dann ging er in den Hörsaal.