"Zoé. Wach auf Zoé.". Ich machte die Augen auf. Meine Mutter saß neben mir und fuhr mit ihrer Hand durch meine zerzausten Haare. "Kommst du runter? Ich hab uns Frühstück gemacht.". Ich war überrascht. Sonst haben wir immer getrennt gefrühstückt, denn sie war immer diejenige die am Wochenende bis 12 Uhr im Bett  lag. "Ja. Ich geh noch schnell ins Bad.". Ich sprang auf und rannte aus meinem Zimmer. Während ich mir die Zähne putzte, fiel mir ein, dass ich mein Ernährungstagebuch auf dem Nachttisch liegen lassen hab. Voller Panik spülte ich meinen Mund mit Wasser aus und rannte zu meiner Zimmertür. Meine Mutter wollte gerade mein Bett machen, da unterbrach ich sie. "Warte! Ich mach das selber. Machst du mir schon mal einen warmen Kakao? Bitte?". Sie schaute mich erschrocken an. "Ok, wenn du meinst. Ich bin dann mal unten.". In der Tür drehte sie sich noch einmal  um. Sie sah verwirrt aus. Irgendwie auch besorgt. "Mama. Jetzt guck nicht so. Es ist alles in Ordnung. Ich will dir nur ein bisschen Arbeit abnehmen.". -Abnehmen- Sofort kam mir der Gedanke, dass ich mit einer anderen Person ganz normal Frühstücken muss. Mir wurde ganz schwindelig und ich musste mich setzen. Ich schaute in mein Buch. 66kg. Das war mein letztes Gewicht. -Wenn ich jetzt so richtig frühstücke, dann hab ich mindestens 500 g mehr drauf.- Mir wurde total warm und ich atmete auch schneller. In diesem Moment musste ich mich immer ans Fenster stellen. Die frische Luft tat mir gut. Ich konnte mich so immer am besten beruhigen. Ich zog mir meine Hausschuhe und eine Strickjacke über und ging die Treppe runter. Als ich den Tisch sah, wollte ich am liebsten einfach umdrehen und mich wieder ins Bett legen. 4 große Brötchen, 2 Croissants, eine Schale mit Obst, 2 Eier, Butter, 1 Pfannkuchen auf meinem Teller, haufenweise Salami und Käse, Nutella, Marmelade usw... Ich dachte ich guck nicht richtig. "Da staunste was?", fragte mich meine Mutter und lächelte. "Und wie.". Ich versuchte auch zu lächeln. Es klappte aber irgendwie nicht. Während ich mich hinsetzte, versuchte ich mir die ganze Zeit einzureden, dass es nicht schlimm ist und es besser ist wenn ich viel esse. Ich wollte ja auch nicht nochmal umkippen. Meine Mutter hielt mir den Brötchenkorb vor die Nase. "Bedien dich". Zögernd nahm ich mir ein Brötchen, legte es auf meinen Teller und halbierte es. Mein Blick wanderte über den ganzen Tisch. Hin und her. Ich konnte mich einfach nicht entscheiden. "Wie wäre es mit Nutella? Oder Salami? Nimmst du Butter?". "Mama! Ich kann doch selber entscheiden was ich will. Dazu brauch ich deine Hilfe nicht! Du tust so als wäre ich kurz vorm verhungern! Was ist nur los mit dir?!", schrie ich. Ich Blick erstarrte. "Aber ich wollte doch einfach nur mit meiner Tochter frühstücken. Ich dachte ich tu dir damit was gutes, weil es dir gestern doch nicht so gut ging.". Sie senkte den Kopf. Ich schämte mich für das was ich gesagt hatte. "Es tut mir leid. Das wollte ich gar nicht so sagen.  Danke Mama. Danke für alles.". Ich stand auf und umarmte sie. Ich entschied mich für die Salami. Mit Butter und Gurke. Danach aß ich noch ein Croissant mit Marmelade, ein Ei, meinen Pfannkuchen und 2 Äpfel. "Ich geh wieder rauf ok?", fragte ich meine Mutter. "Na klar. Wenn du was brauchst, rufst du ja?". "Das mach ich.", ich lächelte sie an. In meinem Zimmer legte ich mich aufs Bett und hielt meinen Bauch. Der war total aufgebläht und rund. Ekelhaft. Einfach zum kotzen wie er sich anfühlte. Ich wollte gar nicht wissen wie der aussah. Meine Vorstellungskraft reichte schon aus, dass mir schlecht wurde. Als ich daran dachte, wie viele Kalorien ich gerade in mich rein gestopft habe, wurde mir kotzübel. So übel, dass ich es nicht mehr aushielt und über dem Fensterrahmen erbrach. War ja auch klar. Sonst bestand mein Frühstück aus einem Knäckebrot mit Frischkäse ein bisschen Gurke, ein Glas Magermilch und einer Hand voll Weintrauben. Ich stellte mich auf meine Waage. 66,5kg. WAS? Trotz dem, dass ich erbrochen habe, wog ich 500g mehr? Ich brach in Tränen aus und schmiss mich aufs Bett. -Ich bin selbst Schuld! Ich fette Kuh. Ich habe einfach keine Disziplin! Ich schaff nie etwas! Für nichts bin ich gut genug! So wird das doch nie was mit dem abnehmen! Ich werde für immer fett sein!- Die Sätze schossen mir durch meinen Kopf. Ich war sauer. Sauer auf mich selbst. Und ein kleines bisschen auch auf meine Mutter. Da wird einem auch nichts gegönnt. Da will die eigene Mutter verhindern, dass man abnimmt. So was dummes. Mein Handy klingelte und es erschien Maries Name auf dem Display. Ich drückte sie weg und schaltete es aus. Ich hatte in dem Moment einfach keine Lust auf sie. Ich wollte meine Ruhe haben. Für mich allein sein. Allein. Nur ich und meine Gedanken. Ich schloss die Tür ab, drehte laute Musik auf und legte mich mit geschlossenen Augen ins Bett.