Sonstiges
Auf sanften Pfoten Teil 1 - aus dem Alltag einer Katze

Wie lange soll denn dieses unfreundliche Nieselwetter noch anhalten.

Tag für Tag nur Nebel und Regen. Ich hab sowas von 'Die Schnauze voll'.

Nur in den alleräußersten Notfällen wage ich einen Schritt vor die Tür.

Brr, wie ich diese Nässe hasse!

Kalte Pfoten, nasse Barthaare und nach jedem noch so kurzen Spaziergang ist gründliche Reinigung ein absolutes Muss.

Doch was soll's, Adel verpflichtet eben, das bin ich meinem Ruf schuldig.

Dieser Tag heute -uuahh - wieder zum Gähnen langweilig,  genau wie der gestrige.

Entschuldigung, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt:

Gestatten bitte,  Samantha van der rauen Scholle, Kammerjägerin auf Gut Wiesenau.

Im Moment sitze, das heißt viel mehr, liege ich auf einem dicken Buch in der guten Stube meines Zweibeiners und blicke missmutig zum Fenster hinaus.

Die ganze Familie ist um den Fernseher versammelt, wahrscheinlich läuft wieder ein urlangweiliger Liebesfilm. Nichts für mich, erfahrungsgemäß werden da Jagdszenen ausgeblendet.

Gerade als ich meinen Kopf gemütlich auf die Vorderpfoten platzieren will, fällt mein Blick auf den Titel des Buches.

"Bekenntnisse des Hochstaplers Xaver Kroll," lese ich da.

Klingt irgendwie nach Biografie. Ob er wohl ein Herzensbrecher war, dieser Xaver?

Warum schreibe ich eigentlich nicht selbst ein Buch?

Mein Leben in Buchform, um es der Nachwelt zu erhalten, das wäre schon was.

Je länger ich mit dem Gedanken spiele, desto verlockender erscheint er mir.

Worauf warte ich eigentlich noch?

Rasch an die Arbeit!

Meine Kindheit, meine Jugend und... na ja, eben alles was mir wichtig erschien und erscheint, ist es wert niedergeschrieben zu werden, damit sich noch Generationen von Katzen daran erfreuen können.

Schon versetze ich mich In Gedanken zurück in meine Kindheit und los geht es...

1. Kapitel

Meine Kindheit

Also eines nur vorweg: Mama ist wunderschön. Diese smaragdgrünen Augen, die so warm und fürsorglich leuchten, das glänzende, weiche Fell, das im Sonnenlicht leicht schimmert und nicht zuletzt die Milchbar, die immer einladend geöffnet ist. Ich bin richtig stolz auf sie.

Doch ich müsste doch auch einen Vater haben, denn alle Kinder haben einen Vater oder doch nicht alle?  Ich glaube Mama ist eine alleinerziehende Mutter, soll ja inzwischen modern sein.

Im Moment bin ich nur durstig und danach...Ach ja, hinterher werde ich wie immer abgeleckt. Mama ist sehr reinlich. Sauberkeit muss sein, da kennt sie kein Pardon. Wenn ich ehrlich sein soll, es gefällt mir ja auch sehr, denn dabei genieße ich ihre ganze Aufmerksamkeit.

"Gedulde dich noch etwas, Brüderchen, gleich bist du an der Reihe," will ich noch sagen, doch dabei muss ich  wieder eingeschlafen sein.

Ein lautes "Miau" weckt mich unsanft. Mama holt mich zur Lernstunde.

"Lernen? Mama muss ich wirklich heute schon etwas lernen?"

Ängstlich schaue ich sie an, doch sie stupst mich nur freundlich mit der Nase.

"Natürlich. Du willst doch auch einmal so schnell laufen können, wie ich. Damit kann man nicht früh genug beginnen. Aber keine Angst, heute machen wir nur ganz kleine Gehversuche."

Etwas ungeschickt versuche ich auf meinen vier Beinchen zu stehen, doch ich kippe immer wieder zur Seite. Na endlich, nach dem vierten Versuch hat es geklappt.

"Du musst versuchen, das Gleichgewicht zu finden, aber für den ersten Tag war es schon ganz gut," werde ich gelobt.

Das Gleichgewicht... das Gleichgewicht...wo mag das nur sein?