Beschreibung
Wieder nicht unbedingt in sich abgeschlossen ...
"Mondweber"
"Mondweber Teil 2"
"Mondweber Teil 3"
Das sind die ersten drei Teile. Danke fĂŒrs Lesen! ;)
Bevor Daniel in seine Wohnung ging, kaufte er sich beim GetrÀnkeautomaten eine kalte Cola. Mit der Flasche in der einen und dem Brief in der anderen Hand betrat er kurz darauf die Wohnung.
Dort setzte er sich an den kleinen Tisch und öffnete die schwarze Flasche. Nach einigen Schlucken öffnete er das Kuvert vorsichtig, auf dem in der sauberen Handschrift seines verstorbenen Vaters sein Name geschrieben stand.
Im Umschlag befand sich ein ordentlich zusammengefaltetes Blatt Papier und ein kleines Bild von seinem Vater in PassbildgröĂe.
Zuerst betrachtete Daniel das Bild seines Vaters eine Weile und schwelgte in Erinnerungen. Doch endlich gab er sich einen Ruck und faltete das Papier auf. Wieder empfing ihn die Handschrift seines Vaters.
Es war ein langer Brief, doch Daniel spĂŒrte ganz tief in seinem Herzen die Anwesenheit seines Vaters, vermischt mit einem wehmĂŒtigem Schmerz.Â
"Mein lieber Sohn, lieber Daniel!
Ich weiĂ, dass du den Brief heute gefunden hast - denn so habe ich es kommen lassen. Du solltest erst noch ein wenig Ă€lter werden, bevor du dieses gesagt bekommst.Â
Du erinnerst dich noch an die Worte, die wir kurz vor meinem Tod gewechselt haben?Â
"Mein Sohn, ich will dir nur noch eine Sache sagen. Bei jedem Vollmond setze dich auf unseren Felsen am Meer und erzÀhle ihm alles, was du ihm erzÀhlen möchtest. Er wird dir antworten."
"Warum, Vater?"
"Ich bin der Mond."
Ich bin der Mond, bin es auch immer gewesen, ich war immer da, habe alles gehört, was du mir erzÀhlt hast. Ich habe es hier, wo ich jetzt bin, gut. Sei unbesorgt.
Doch ich werde dir nun etwas mitteilen mĂŒssen. Du bist jetzt 23, ebenso alt, wie ich es war, als es bei mir losging. Du wirst bereits einige VerĂ€nderungen an dir bemerkt haben; du bist gewachsen, und wirst es auch noch eine ganze Weile weiter tun; du bist zappelig und unruhig, auch das wird noch eine Weile so weitergehen.
Ich will dir sagen, was mit dir los ist. Denn dagegen helfen keine Beruhigungstabletten.
Du wirst mein Nachfolger.
Du wirst zum Mond.
Ich weiĂ, dass es seltsam klingt, doch es ist wahr, mein Junge. Ich kann es selbst bezeugen.
Als ich 23 war, begann es genauso. Mein Vater starb genauso frĂŒh, wie ich selbst vor fĂŒnf Jahren. Und seiner auch. So geht das sehr weit in die Vergangenheit zurĂŒck. Auch er hinterlieĂ mir einen Brief und erklĂ€rte es mir.
Denn seit wir alle aus der ganzen Familie 23 wurden, wurden wir MĂ€nner zum Mond. Jede Nacht, wenn Vollmond war, mussten wir hinaus und dort unseren ganz eigenen Job erledigen. Wir rĂ€umten jedoch jeder den Platz, ehe der nĂ€chste dran kam. Nur wenn es keinen Sohn gab, lebte der Vater lĂ€nger, und wenn er gestorben war, musste er es so weiterfĂŒhren, wie ich es fĂŒnf Jahre lang getan habe.
Ich kann dir nicht sagen, was dein Job ist, Daniel. Jeder hat einen anderen. Aber sei gewiss: Du wirst es herausfinden, eines Vollmondes wirst du es herausfinden.
Und noch etwas: Wenn etwas nicht klappt.
Ich werde immer da sein. Ich werde die notfalls unter die Arme greifen.
Nun geh in Frieden, bis du mir eines Tages folgen wirst.
In Liebe, dein
Vater-Mond"