„Ihr habt sie provoziert, das war ein Affekt!“, rief Jurek sofort in die Szenerie hinein. „Ich muss schon sagen, ihr beiden benehmt euch wie kleine Schulkinder, da merkt man keine hohe Abstammung ab. Und jetzt lasst den Quatsch! Graf Hohenstein, es war mir wie immer ein fest, aber Ihr müsst jetzt gehen und hier muss ich jetzt wohl einschreiten, sonst kommt es noch zu Toten!“, warf er in die Runde und positionierte sich, was nicht einfach war, zwischen Carolin und Benedict.
"Gern. Meine Pflichten rufen sowieso", lächelte Manuel, während er auf seine Rolex schaute. "Kannst dich gerne noch melden, Caro. Dann bring ich dir was bei, wie du alle Männer ganz schnell glücklich machen kannst."
Mit diesen Worten stolzierte der junge Graf die Treppe hinunter und fuhr in seinem Porsche Carrera davon.
"Du bist das Allerletzte, Benedict!", kreischte Caro und versuchte, Jurek beiseite zu drängen, damit sie ihm noch eine kleben konnte. Der ließ sich aber nicht beirren. Nahm ihr bester Freund jetzt etwa diesen Mann in Schutz, der sie so ekelhaft hintergangen hatte?!
Ihr reichte es. Ohne ein weiteres Wort drehte sie um und machte kehrt. Doch sie hielt kurz inne, als sie plötzlich von gegenüber der Straßenseite Applaus ernte und drei klatschende Damen wahrnahm, die ihr "Bravo!" entgegenriefen und beide Daumen in die Höhe streckten.
„He Benedict! Dein Anti-Fanclub ist da! Willst du mich nicht mit den Damen bekannt machen, damit wir dann gesonderte Termine ausmachen können, wann sie dir deine Geschenke zurückgeben können? Caro, wärst du so nett und würdest du diesen Moment bitte mit deinem Fotohandy festhalten? Das glaubt uns sonst kein Mensch! Das kommt ni mein Fotoalbum, die Geschichte werde ich meinen Enkeln noch erzählen, sollte ich denn jemals welche haben!“, rief Jurek schadenfroh aus.Â
Carolin Goldmann genoss es, dass sie für kurze Zeit lachen konnte und verbeugte sich.
"So, jetzt bin ich wirklich weg, ja?", lächelte sie zu Jurek. "Wir sehen uns morgen in der Uni."
"Carolin, warte!", rief Benedict und schleppte sich zu ihr die Treppe hinunter.
„Nein, Freundchen! Du bleibst jetzt wo du bist! Benedict, die ganze Sache wird langsam nervig, jetzt lass sie gefälligst in Ruhe!“, rief ihm Jurek hinterher, der nicht von seiner Seite wich.
„Wenn du weitergehst kann ich nicht ausschließen, dass du noch eine von den Latz bekommst und dass wollen wir doch alle nicht? Ok, alle, außer den Damen, die schon beim First Strike sehr ausgiebig gejubelt haben und auch ich würde ein klein wenig schmunzeln. Aber Gewalt liegt mir fern, also bitte, mach mal einen Punkt, zieh einen Strich unter den heutigen Tag. Du bereust eventuelle weitere Schritte, die du in deinen zustand machst bestimmt bereits morgen!“
Blut tropfte auf Benedicts hellblaues Hemd.
"Caro, ich kann dir alles erklären, wirklich!"
Ohne ein weiteres Wort stieg Carolin Goldmann in ihren Seat und fuhr davon.
"Sei vorsichtig! Du musst vorsichtig sein!", rief Benedict ihr noch hinterher, obwohl er wusste, dass es zwecklos war.
"Das hab ich doch alles nur dir zu verdanken, du asozialer Hornochse!", rief er, doch seine Aufregung wurde sogleich mit noch stärkerem Nasenbluten bestraft.
„Darf ich das entkräften? Für dein Nasenbluten bin ich nicht verantwortlich, ich habe deine Exen nicht angerufen, dass Carolin von dir gerade nichts will ist primär auf deinem Mist gewachsen. Dass sie dir eine verdattelt hat ist analog ursächlich. Für deine Superfreunde bin ich nicht zuständig. Da bleibt nicht viel, wofür ich zuständig bin. Also lass deine Wut nicht an mir aus, sondern an deinem Spiegelbild. Oder an deinem Bildnis, Dorian Gray?“, fragte Jurek, der vorsichtig vor dem wutschnaubenden Benedict zurückwich.Â
"Hör einfach auf, einen auf Klugscheißer zu machen", meinte Benedict und schleppte sich wieder zurück in die WG, um sich mit mehr Papiertaschentüchern einzudecken, während Jurek kurz zögerte ihm hinterher zu laufen.
Das hatte auch seinen Grund, denn auf offener Straße machte gerade ein vor Wut schnaubender Herr älterer Generation auf sich aufmerksam.
"Da muss er wohnen! Jetzt hab ich ihn!", rief er wutentbrannt und schnellte die Treppe hinauf. "Herr Truchtelsheim! Jetzt sind sie dran! Truntenheim! Tuntenheim! So langsam bin ich es satt!"
„Einen wunderschönen Guten Tag, wie kann man Ihnen behilflich sein? Oh ja, ich denke ich kann behilflich sein, denn sie wollen etwas von Herrn von Truchersheim. Nun, da muss ich bedauerlicherweise klarstellen, dass er sich gerade gesundheitlich nicht in der Lage fühlt andere Parteien zu empfangen, weshalb Sie mit mir vorlieb nehmen müssen. Oh, verzeihen Sie, dass ich mich noch nicht vorstellte, Jurek Löwenstein. Und übrigens wäre es besser, wir würden uns vor der Tür unterhalten, denn was Sie gerade tun, sehr geehrter Herr, ist faktischer Hausfriedensbruch, weshalb wir Sie anzeigen könnten und das wollen Sie doch nicht? Na also, begeben wir uns demnach wieder hinaus und dann erzählen Sie mir mal, was Sie auf dem Herzen haben. Ich bin froher Hoffnung, dass wir eine, für beide Parteien, erfreuliche Lösung auf dem Wege praktischer Konkordanz finden können“, lallte ihn Jurek ein und führte den Mann wieder vor die Tür.
"Danke, Herr Löwenstein, aber ich würde selbst gern mit dem Herrn sprechen! Herr Truchtelsheim, Tantelsheim oder was weiß ich hat nämlich gewisse Schulden bei mir!", schnaubte der Alte, der sich mittlerweile etwas zu beruhigen schien. "Und was ist das überhaupt für ein Klingelton? Ist das ihr Mobiltelefon?!"