"Meinen?! Clarissa. Und Sie werden mich jetzt zu Benedict von Truchersheim durchlassen. Der war ja schließlich auch Manns genug um mich mit einer Schlampe á la Gina-Lisa Lohfink öffentlich zu betrügen! Ich wiederhole: Öffentlich! Entschuldigung." Sie atmete ein paar Mal ein und aus. "WO ist dieser Mann?"
„O contrer, Madame. Ich glaube bei der Dame kann ich sagen, dass Sie ein falsches Bild von ihr haben. Und so gerne, wie ich Sie zu Benedict von Truchersheim vorlassen würde, damit sie ihn zerfleischen können muss ich doch, es ist meiner Humanität geschuldet, dies verneinen. Sagen wir, er befindet sich gerade in der Welt körperlicher Unzulänglichkeiten. Und da empfängt er keine Besucher, ich hoffe Sie verstehen. Deshalb bitte ich nun, freundlichst, dass sie sich, bitte leise, von hier entfernen.“ Â
"Oh, Sie wissen gar nicht, dass Sie mich gerade zum glücklichsten Menschen auf der Welt gemacht haben!", jubilierte Jurek und zwängte sich wieder, beladen mit den einstigen Devotionalien von Benedict an Clarissa, durch die Tür ins Haus.
"Hier, das gibt dir Clarissa zurück. Kannst du günstig einer neuen Flamme schenken", äzte er gegen Benedict.
"Und ich soll dich bespucken, aber das lassen wir lieber, nicht wahr? Sie ist übrigens gegangen, höre ich einen Dank von dir?"
"Achso, und noch was!", kreischte sie plötzlich und hämmerte wieder gegen die Haustür. "Ich bin nicht die einzige, Benedict! Du solltest in nächster Zeit ernsthaft auf dich aufpassen! Guten Tag!" Clarissa machte auf ihren Absätzen kehrt.
Benedict hing überm Treppengeländer und fasste sich mit beiden Zeigefingern an die schmerzenden Schläfen. "Einen Teufel hörst du von mir. Und jetzt geh mir endlich aus den Augen. Ich muss zu meiner Freundin."
Langsam, aber sicher, kam zu Benedicts Schwindelgefühl ein akuter Panikzustand, da sein Nasenbluten immer noch nicht aufgehört hatte.
„Ich will ja nicht klugscheißerisch erscheinen, was ich in deinen Augen ja immer bin, aber in deinem Zustand grenzt es schon an Selbstmord sich auf einen Weg zu machen, der sich über eine längere Entfernung als von deinem Zimmer ins Badezimmer und zurück erstreckt. Und mal ehrlich. Gesetz dem, du würdest es bis dahin schaffen, zu deinem nicht unbedingt sozialadäquaten Verhalten würde da noch dein permanentes Nasenbluten und ungesundes Aussehen hinzukommen. Da wird Caro bestimmt freudig aufspringen um dich zu empfangen. Also schlage ich vor, du legst dich mal hin und verschiebst deinen Besuch auf einen anderen Tag, sie wird dir schon nicht davonlaufen, obwohl sie es könnte.“
"Ach ja? Selbst, wenn ich mich umbringen würde, würde es dir doch ganz gelegen kommen. Dann könntest du dich schließlich in aller Ruhe an meine Carolin ran machen, wie es dir gerade in den Kram passt. Und jetzt halt deinen Mund und lass mich endlich in Ruhe! Verdammte Scheiße nochmal, du Idiot!"
„Dein Tod käme mir aber ungelegen. Da könnte ich doch gar nicht mehr lachen. Du musst doch zugeben, dass die Szene dieses Fräulein Clarissa ungemein erheiternd war. Zum Glück hat sie mir nicht die Unterwäsche gegeben, die sie gerade trug du die du ihr geschenkt hattest. Dann wären womöglich die Rentner, die mit den Ferngläsern am Fenster stehen und den ganzen Tag Falschparker aufschreiben entweder am Herzinfarkt gestorben oder hätten die gute Frau angezeigt, wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses. Ãœbrigens, wusstest du, dass Frauen nicht strafrechtlich als Exhibitionisten angeklagt werden können, wenn sie solche Dinge tun, sondern nur wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses? Und da sage noch einer unser Strafrecht würde nur Frauen diskriminieren…“
"Weißt du was? Dein Tod käme mir aber recht, du selbstgerechter Idiot", versuchte Benedict so ruhig wie möglich zu sagen, während er die gefühlt hundertste Serviette wegschmiss und gleich eine Neue aus seiner Jackettasche nahm.
"Außerdem hab ich dir gesagt, ich kenne diese Frau nicht. Ich kann nichts dafür, wenn mich alle Mädchen aus deinem Studiengang ansprechen, nur, weil sie mich attraktiv finden. Entschuldigung." Trotz seines jämmerlichen Zustands wollte Benedict von Truchersheim noch nicht klein bei geben - was hieß hier noch nicht? Es galt schließlich seine Ehre zu verteidigen!
„Ach komm, meinen Tod kannst du doch gar nicht wollen. Mir wem würdest du dich denn dann streiten können? Nur noch mit deinen Verflossenen Damen, die dir deine Geschenke nachschmeißen? Viel Spaß! Auch finde ich es toll, wie du, es muss ein Reflex von dir sein, immer, wenn es dir passt, Frauen verleugnen kannst. Gegen dich war Judas ein Weisenknabe! Da hätte der Hahn nicht einmal gekräht, da hättest du schon ein dutzendmal verleugnet!“
Benedict wollte die Treppe hinauf, aber sein Zustand ließ es nicht zu, sodass er strauchelte.
"Scheiße!", entfuhr es ihm einmal mehr, weil sein Nasenbluten einfach nicht aufhören wollte. Er wiederholte diesen Kraftausdruck noch einmal, als es wieder an der Tür klingelte.
Nein. Jetzt nicht. Bitte.
„Die nächste Verflossene? Lass mich nur machen, ich glaube ich werde in diesen Dingen bald Experte sein“, flötete er vergnügt und ging auf die Tür zu.
„Wer wünscht Einlass?“, fragte er lautstark, dass er auch draußen deutlich zu hören war.
"Ich", gab sein Gegenüber ebenso lautstark von sich, während er seine Sonnenbrille abnahm und sich in die Hemdtasche steckte.
"Wir kennen uns schon, oder? Manuel Graf von Hohenstein. Schön, dich mal wiederzusehen."
„Wäre schön, ich könnte das auch so einfach sagen. Ich darf bemerken, dass die Person, zu der Euer Grafschaft wollen gerade unpässlich ist. Benedict geht es sehr schlecht. Aber wobei, vielleicht könnt Ihr ihn davon abhalten zu versuchen sich aufzuraffen und zu der Person, die er gar nicht mehr kennen wollte, zu gehen. Also, tretet doch ein!“
"Wer sagt denn, dass ich zu dem will? Der ist später noch dran", lächelte der junge Graf selbstgefällig und blieb im Türrahmen stehen. "Vielmehr wollte ich dich um was bitten."
„Da habt Ihr Glück, mein Terminkalender ist gerade nicht überfüllt“, flachste er. „Wie kann ich dienen?“, fragte Jurek unterwürfig.
"Na, ja, ich frage mal so direkt unter Männern... Wie ist denn die Nummer von der Kleinen? Benedicts Ex, oder inzwischen auch schon deine? Ich würd' sie gern mal ausprobieren, wenn du verstehst, was ich meine", zwinkerte er und ahnte nicht, wie Benedict von Truchersheim zuhörte.