Kapitel 4 Flucht
,, Scheiße.“
Daniel wurde zur Seite geschleudert, als Samuel ihm einen Stoß versetzte. Ein Projektil surrte wie eine wütende Mücke über seinen Kopf hinweg und schlug in die Außenwand des Hangars ein.
Samuel ließ sich nun ebenfalls hinter eine Bank in Deckung fallen, während er immer noch versuchte, die Situation zu verstehen. Eben waren sie noch auf dem Weg zum Dock gewesen, als Samuel ihn ohne Vorwarnung zur Seite geschubst hatte.
Hecktisch sah Daniel sich um. Und erstarrte. Drei bewaffnete Sicherheitsmänner waren aus dem nichts aufgetaucht und kämpfen sich ihren Weg durch die fliehende Menschenmenge hindurch. Einer von ihnen hielt ein Gewehr mit Visier mit dem die er eben auf Daniel geschossen hatte. Und wenn Samuel nicht so schnell gewesen wäre… Daniel wollte nicht darüber nachdenken, während er zur Bank robbte, hinter der Samuel Deckung gesucht hatte.
,, Was zur Hölle ist jetzt los ?“ , fragte er.
,, Keine Ahnung“, rief Samuel Donovan zurück, der mittlerweile seine Pistole in der Hand hatte und über den Rand der Bank hinwegspähte, ob man sie im Chaos schon entdeckt hatte.
,, Das sind Gouvernement-Leute, warum zur Hölle schießen die auf uns ?“
, Ich sagte, keine Ahnung, aber jemand schuldet mir ein paar Erklärungen.“
,, Wenn wir uns ergeben…“
,, Hör mal, wenn das normale Polizei wäre, kein Problem, aber sehen die auch nur ansatzweise so aus, als wollten die uns lebend haben ?“
Daniel erinnerte sich an die Kugel, die ihn fast getroffen hatte. ,, Nein.“
,, Hier.“ Samuel warf ihm eine zweite Waffe zu.
,, Was soll ich damit ?“ , fragte er.
,, Ich hab ne ganz ausgefallene Idee, sie könnten zurückschießen.“ Mit diesen Worten lehnte sich der Mann über die notdürftige Deckung, zielte in Richtung des Sicherheitsmanns mit dem Gewehr und drückte den Abzug.
Der Bolzen traf den völlig schutzlosen Mann in die Brust und explodierte wenige Sekunden später. Daniel sah weg, als der Mann mit zerfetztem Brustkorb zu Boden ging.
Die zwei Überlebenden zogen sich ein Stück weit zurück, vermutlich, weil sie auf Verstärkung warteten.
,, Also, wenn wir hier bleiben überrennen sie uns.“ , stellte Daniel beunruhigt fest. Er versuchte noch immer das Bild des sterbenden Mannes aus seinem Kopf zu bekommen.
,, Das Dock ist nicht weit.“ , meinte Samuel, der erstaunlich ruhig blieb. ,, Aber wenn wir rennen…“
,, Sie treffen uns nicht.“
,, Könnt ihr mittlerweile auch hellsehen?“
Daniel schüttelte den Kopf. ,, Auf drei rennen wir los.“
,, Ich hoffe einfach mal, ihr wisst, was ihr tut.“ , meine Samuel.
Danil schloss die Augen. ,, Eins. Ich weiß nicht ob das funktioniert.“
,, Was funktioniert ?“
,, Zwei. Rennt einfach wenn ich es euch sage. Drei.“
Sie sprangen zeitgleich auf und liefen los. Währenddessen lies Daniel sich etwas hinter Samuel zurückfalle und wurde langsamer. Hinter sich konnte er bereits die Verstärkung für die Sicherheitsmänner hören, die herangeeilt kamen. Plötzlich hörten die Schritte fast zeitgleich auf. Er brauchte sich nicht umdrehen um zu wissen, dass sie ihre Waffen auf die fliehenden Angelegt hatten
Hoffentlich funktioniert das, dachte er. Er hatte noch nie versucht, mehr als ein Objekt gleichzeitig zu manipulieren. Und schon gar nichts, das so schnell war wie eine Kugel.
Daniel lies sämtliches denken sein. Er wusste, dass alles, was ihn jetzt ablenkte, ihren Tod bedeuten würde. Und vielleicht war es auch so vergeblich.
Es war wie jedes Mal, wenn er bewusst versuchte auf das Zuzugreifen, was auch immer sein Fluch mit ihm gemacht hatte. Als Stünde er selbst plötzlich neben sich und ein anderer würde handeln.
Die Welt um ihn herum schein langsamer zu werden, er hörte, wie jemand einen Befehl Schrie, dann das Geräusch von abgefeuerten Gewehren.
Seien Umgebung schein endgültig zum Stillstand zu kommen. Daniel konnte jedes Detail sehen. Sich selbst, im Lauf erstarrt, die Schweißperlen auf der Stirn eines der Schützen, Donovan, der einige Meter vor ihm bereits das Dock erreicht hatte und halb im Sprung in das wartende Shuttle erstarrt schien. Und das halbe Dutzend Kugeln das mitten in der Luft hing. Er brauchte sie nur ein wenig von ihrer Flugbahn ablenken, hatte er sich gesagt. Aber er hatte keine Kontrolle mehr darüber, was geschah, wie im mit wachsendem grauen klar wurde. Nein…
Die Welt erwachte langsam wieder zum Leben, die Kugeln pfiffen weiter durch die Luft.. bis sie auf etwas trafen, das danicht sein sollte. Einen Moment sah es so aus, als würde die Projektile tatsächlich in der Luft hängen… dann wurden sie auf ihrer eigenen Flugbahn zurückgeschleudert und trafen die Sicherheitsleute. Fünf fielen sofort zu Boden, immer noch surreal langsam beobachtete Daniel, wie der sechste lediglich von einer Kugel gestreift wurde, diese aber plötzlich erneut ihre Flugbahn änderte und ihn trotzdem durchbohrte.
Wie gelähmt stand Daniel einen Moment einfach nur da.
,, Setzten sie sich in Bewegung. Das waren sicher noch nicht alle“ , rief Samuel ihm zu. Ohne ihn richtig wahrzunehmen, hob Daniel seinen Koffer, den er während der Flucht fallengelassen hatte wieder auf und trat durch einen ausfahrbaren Gang in das Innere des Orbitalshuttles.
Ein kleines Fenster gewährte ihm einen Blick auf die Stahlgraue Außenhülle des Gefährts. Kein Logo verriet etwas über den Besitzer. Am liebsten wäre er umgekehrt. Die Sache hatte ihm spätestens seit der Sache am Terminal nicht mehr gefallen aber jetzt…
Eilige Schritte auf dem Gang verhinderten, dass er sich weiter darüber Gedanken machte. Im Moment hatte er einfach keine andere Wahl mehr.
Sekunden nachdem er an Bord war schloss sich die Außenluke und das kleine, flugzeugähnliche Gebilde, löste sich von der Hülle des Gebäudes um gleich daraufhin zu Beschleunigen und sie so weit wie möglich weg von Spralw City zu bringen.
,, Ich will ein paar Antworten.“ , sagte Daniel, sobald er sich auf einen der Sitze an der Wand niedergelassen hatte. Er spürte den Druck der Beschleunigung auf seinem Körper, als das Shuttle in einen Steilflug überging und sah Sekunden später bereits die Wolkendecke, die sie rasch hinter sich ließen.
,, Glauben sie mir, die will ich auch. Sie bluten übrigens.“ Daniel fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und stellte erstaunt fest, das seien Handfläche tatsächlich Blutbeschmiert war. Ein Blick in die spiegelnde Oberfläche eines der Shuttlefenster bestätigte seine Vermutung. Er hatte Nasenbluten, obwohl er nicht das Geringste spürte.
Samuel schielt ein Richtung des Piloten. ,, Für wen arbeiten sie ?“
,, Das wissen sie doch.“ , erwiderte dieser gelassen.
Samuel sprang aus seinem Sitz auf ,, Wir sind grade fast draufgegangen.“ , rief er.
,, Sie setzten sich besser wieder.“ , meinte der Pilot. ,, ich weiß ja nicht was..“
,, Setzen ? Sie…“ Ein Ruck ging durch das Innere des Shuttles, als sie die Erdatmosphäre endgültig hinter sich ließen. Einen Moment lang setzte die Schwerkraft aus und Samuels Füße hoben vom Boden ab, bevor sich die künstlichen Schwerkraftfelder einschalteten und er auf dem Boden aufschlug.
,, Ich habe sie gewarnt.“
Samuel grummelte nur etwas, als er wieder aufstand und sich auf seinen Platz fallen ließ und aus dem Fenster sah. Das Shuttle befand sich in einer leichten Schräglage und gewährte einen Blick zurück auf die Erde, die als braun-grüne Kugel unter ihnen zu schweben schien. Im Orbit selbst konnte er die silbrig glänzenden Strukturen mehrerer Raumstationen erkennen. Manche davon noch in Betrieb und bewohnt andere lediglich ausgebrannte Hüllen deren Entsorgung zu teuer gewesen wäre. Dazwischen die Trümmer von beinahe 700 Jahren bemannter und unbemannter Raumfahrt. Satellitenbruchstücke, Metallschrott…
Und mitten in diesem orbitalen Schrottplatz schwebte ein einzelnes großes Objekt.
,, Ist sie das ?“ , wollte Daniel wissen.
Samuel nickte nur, immer noch wütend und wohl selbst verunsichert über die neusten Vorkommnisse.
Das Schiff hob sich hell vom dunklen Hintergrund des Alls ab. Hier und da konnte er Reihen kleiner Lichter entdecken, die wohl die einzelnen Decks des Schiffs markierten. Er zählte über zwanzig und das waren nur die, die er von außen sehen konnte und ein großes Fenster im Heck der Starchaser.
Während sie näher kamen, nahm sich Daniel die Zeit nach irgendwelchen Hinweisen zu suchen, die ihm verraten könnten wem das Schiff gehörte, ob nun dem Gouvernement einer Firma oder jemand ganz anderes, fand aber keine. Die Schiffshülle bestand lediglich aus blankem weiß getünchtem Stahl.
,, Sie machen sich besser bereit, wir landen jeden Moment.“ , warnte sie der Pilot.
,, Landen ?“ Daniel war verwirrt, bevor er seinen Irrtum erkannte. Das was er für ein Fenster gehalten hatte, war ein riesiges Tor in der Schiffshülle. Er musste die Dimensionen des Konstrukts völlig neu festlegen… wenn das vermeintliche Fenster ein Tor war.
,, Was zur Hölle…“
Das Shuttle passierte das Tor und erneut setzte die Gravitation kurz aus, bis die künstlichen Schwerkraftfelder des Schiffs die des Shuttles ersetzten.
Soweit Daniel das aus den schmalen Shuttlefenstern erkennen konnte, befanden die sich in einer großen weitläufigen Halle die wohl fast zehn Meter hoch war.
Sobald der Transporter auf dem Hangar-Boden aufsetzte, sprang Samuel auch schon aus seinem Sitz und ging in Richtung der Luke.
,, Wo wollen sie hin ?“ , fragte Daniel.
,, Was glauben sie ? Mich mit jemanden Unterhalten.“ , erwiderte Samuel, der auch schon nach draußen trat und verschwand.
,, Oh man, das wird Mr. Bloomfield aber gar nicht gefallen.“ , bemerkte der Pilot.
Daniel blieb stehen und zögerte nach draußen zu treten. Woher kannte er den Namen? Irgendwo hatte er ihn schon mal gehört…
Die Erkenntnis fiel ihm wie Schuppen von den Augen. ,, Der Bloomfield ? Niel Bloomfield?“
,, Ja, was dachten sie…“ Bevor der Pilot zu Ende gesprochen hatte, war Daniel auch schon ebenfalls aus der Luke gesprungen. Sie befanden sich tatsächlich in einer großen Halle. Ein Blick zurück in Richtung des vermeintlichen Fensters gewährte ihm einen Blick zurück auf die Erde, die aus dieser Entfernung bereits irgendwie.. unwichtig wirkte. Vermutlich wurde die Atmosphäre nur durch das Schwerkraftfeld im Raum gehalten, was wiederum bedeutete… wenn man ihn töten wollte, könnte man das mit einem Knopfdruck tun. Er versuchte nicht darüber nachzudenken, während er sich nach Samuel umsah.
Neben dem Shuttle mit dem sie hier angekommen waren und zwei weiteren standen ,in Stapeln verteilt, hunderte von Kisten herum, aber er schenkte ihnen kaum Beachtung.
Schließlich entdeckte er Donovan, der sich wild gestikulierend mit einem Mann unterhielt, der wohl versuchte ihn zu beruhigen. Hinter dem Mann führte eine Tür aus dem Hangar hinaus.
,, Hören sie mir doch…“
Samuel gab dem Mann nicht einmal die Gelegenheit irgendetwas zu erwidern. ,, Alles was ich weiß ist, das ich eben von der verdammten Gouvernement-Security fast über den Haufen geschossen wurde. Also..“ Seine Stimme wurde tödlich leise. ,, ich habe nichts dagegen, mich in Gefahr zu begeben, was ich nicht leiden kann ist, wenn man mich anlügt.“
,, Hören sie Mr. Donovan“ , Er war sichtlich nervös und wich einige Schritte in den Gang zurück. ,, Ich weiß nicht, was schiefgegangen ist aber ich denke…“
,, Was sie denken Junge ist mir verdammt egal. Geben sie mir einen guten Grund mich jetzt nicht umzudrehen, das Shuttle da zu nehmen und wieder zu verschwinden.“
,, Das wird nicht nötig sein.“ , meinte eine Stimme aus dem Gang.
,, Aber…“ Der Mann trat beiseite und ließ den Neuankömmling durch.
,, Sie können gehen.“ , meinte dieser, ein Mann in grauem Anzug. Seine Haare hatten etwa die gleiche Farbe und seine Augen waren von einem stechenden Eisblau, das Daniel unruhig werden ließ.
Eine kleine, aber unübersehbare Narbe zog sich über seine linke Schläfe.
Daniel erinnerte sich, damals etwas darüber in den Nachrichten gehört zu haben. En Anschlag, der den Mann vor ihm fast getötet hätte.
,, Niel Bloomfield.“ , stellte er sich vor. ,, Mr. Donovan hier kennen sie ja bereits.“ Er sah in Samuels Richtung, der mit den Kiefern knirschte und offenbar nicht wirklich beruhigt war. ,, Und sie sind also Daniel Frost.“
,, Und das hier ist keine Gouvernement-Operation.“ , stellte Daniel fest.
,, Nein, das ist es nicht.“ , erwiderte Bloomfield. ,, Diese Expedition wird vollständig von Earth-Development finanziert, also von mir.“
,, Warum wurde ich angelogen ?“
,, Weil ich befürchtete, dass sie sonst nicht mitkommen würden.“
,, Sonst noch etwas, bei dem sie mich angelogen haben ?“ , wollte er gereizt wissen.
,, Möglicherweise.“ , erwiderte Bloomfield. ,, Kommen sie, ich schätze, es gibt einiges, was wir besprechen sollten.“