Drei Wochen nach Joshs Diagnose, besuchten wir ihn noch einmal zusammen. Ich war erschrocken, wie sein Zustand sich verändert hat. Er war blass. Wie eine Leiche. Wirklich extrem blass. Hatte blaue Lippen, dunkle Augenringe und abgenommen hatte er auch. Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, an dem ich das erste mal zusammengebrochen bin. „Hey Zoé. Wollen wir uns gleich treffen und dann in den Stadtpark, bisschen chilln?“, fragte mich Marie am Telefon. „Bin dabei. Ich komme dann in 10 Minuten raus.“. Ich lief nach oben in mein Zimmer und setzte mich an meinen Frisiertisch. Frisch nachgepudert und mit meinem Lieblingsduft aufgetragen packte ich meine Sachen, schrieb meiner Mum einen Zettel und verschwand durch die Terrassentür nach draußen. „Da bist du ja. Wie geht’s dir?“. „Hey. Ganz gut und dir meine Liebe?“. Sie atmete einmal tief ein und wieder aus. „Mir geht es gut.“. Als sie meinen misstrauischen blick sah, versicherte sie mir noch einmal das es ihr wirklich gut geht und ich mir nichts falsches in den Kopf setzten soll. „Wie geht’s Josh denn?“, fragte ich sie. „Den Umständen entsprechend, würde ich sagen.“. Sie schaute beim gehen auf ihre Füße. Sie sah nachdenklich aus. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir etwas verschwieg. Aber nachgefragt hatte ich nicht. „Hast du eigentlich abgenommen Zoé?“, fragte mich Marie. Sofort kribbelten meine Arme und Beine. Dazu wurde mir schlecht. „Keine Ahnung. Ist bestimmt die Hose die mich schlank macht.“. Ich hab gelogen. Ich wusste ganz genau das ich abgenommen hatte. Zwar nur 3Kilo. Aber immerhin waren es 3 Kilo in 3 Wochen. Das hat mich schon irgendwie stolz gemacht, aber zufrieden war ich noch lange nicht. Ich selber fand, dass man so gut wie keinen Unterschied sah. „Du bist auch so schlank. Und natürlich hast du abgenommen! Das sieht man doch.“. Darauf antwortete ich ihr nicht mehr. Es nervte mich extrem, wenn Leute meinten ich wäre ein hübsches und vor allem schlankes Mädchen. Ich wusste ganz genau das das nicht so war. Den ganzen Weg über redeten wir kein Wort mehr miteinander. Wir wussten einfach nicht mehr worüber. Am Park angekommen setzten wir uns, wie alle anderen, irgendwo mitten auf die Rasenfläche. „Heute ist so ein schönes Wetter. Und überhaupt, ist heute ein wunderbarer Tag.“, sagte ich zu Marie. „Warum ist heute ein wunderbarer Tag?“. „Was ist schöner als 20 Grad im Schatten mit der besten Freundin im Park abhängen und zu quatschen? Ich habs einfach so im Gefühl, dass heute nichts schlechtes passieren wird.“. Leider war es ein falsches Gefühl. Nach 3 Stunden tratschen, lachen und sonnen, standen wir auf um zur Bushaltestelle zu gehen. Schon beim Aufstehen, bemerkte ich wie warm und schwindelig mir auf einmal war. Ich riss mich zusammen und schaffte es somit noch bis zum Bus. „So, mal schauen wann hier der Nächste hält. Um 16:00 Uhr. Also noch 10 Minuten. Das geht doch oder Zoé?“. Das letzte was ich dann noch mitbekam war, dass Marie sich umdrehte und auf mich zugelaufen kam. „Ein ganz normaler Kreislaufzusammenbruch würde ich mal sagen. Liegt wahrscheinlich am Wetter.“, hörte ich jemanden sagen. Es klang nach einer jungen Männerstimme. Ich machte die Augen auf. „Zoé! Gott sei Dank! Was machst du denn für Sachen.“, kam mir Marie sofort entgegen. „Zoé? Kannst du mich hören? Hast du Schmerzen?“. Vor mir tauchte das Gesicht eines Arztes auf. „Nein hab ich nicht. Mir ist nur schwindelig.“. Ich wollte aufstehen. Doch es ging nicht. Mir war so schwindelig und meine Beine waren total weich. Der Arzt hielt mir eine Wasserflasche vor die Nase. „Hier. Du musst was trinken. Weißt du woran es liegen könnte das du zusammengebrochen bist?“. Ich nahm einen Schluck. Es tat so gut. Wie das kühle Wasser meinen Rachen runter lief. „Ich weiß es nicht genau, aber ich denke es liegt am Wetter.“. Natürlich wusste ich das ich zu wenig gegessen hatte. Ich nahm mir vor am Abend mehr zu essen als sonst. Ich wollte es ja nicht noch einmal riskieren umzufallen. „Ja das kann sehr gut sein“, meinte der Arzt, „Soll ich euch nach Hause bringen?“. „Nein, nicht nötig“, antwortete ich. Doch Marie rief dazwischen: „Doch! In deinem Zustand können wir unmöglich 20 Minuten zu Fuß nach Hause gehen. Es wäre sehr nett wenn sie uns bringen würden.“. Der junge Mann hob mich hoch und trug mich zum Krankenwagen, in dem er mich dann auf eine Sitzbank setzte. „Voll cool. Ich bin noch nie mit so einem Wagen mitgefahren.“, meinte Marie. Die ganze Fahrt über schaute mich Marie mit einem nachdenklichen und besorgten Blick an. 5 Minuten bevor wir zu Hause waren, drehte sie sich plötzlich zu mir und schaute mich ernst an. „Zoé? Bist du dir sicher das der Zusammenbruch nur durch das Wetter kommt?“. Ich schluckte. „Ja. Was soll sonst sein?“. „Ich weiß nicht. Vielleicht hast du zu wenig gegessen?“, meinte Marie. „Was? Wie kommst du auf so was. Wieso sollte ich zu wenig gegessen haben?“. „Du hast abgenommen Zoé. Und ich merk das doch, das etwas nicht mit dir stimmt. Und in Gegenwart von anderen isst du auch nicht mehr. In der Schule hab ich die letzten drei Wochen nicht einmal gesehen das du was gegessen hast. Zoé ich denke das..“, da unterbrach ich sie. „Du denkst ich bin zu sonem essgestörten Mädchen geworden?! Da will man einmal ein bisschen abnehmen und schon wird man als Psycho abgestempelt. Danke. Echt!“. Von da an sagte Marie nichts mehr. „So Mädels wir sind da. Soll ich dir noch helfen Zoé?“, fragte mich der Arzt. „Nein danke ich schaff das schon. Tschüss“. An der Haustür wartete auch schon Meine Mutter. „Zoé. Was ist passiert? Wie geht’s dir? Der Arzt hatte mich angerufen“. „Beruhige dich Mum. Das war ein kleiner Kreislaufzusammenbruch mehr nicht. Ich würde mich jetzt gerne etwas hinlegen. Tschüss Marie und danke für den tollen Tag.“. Marie umarmte mich und wünschte mir noch gute Besserung. „Brauchst du noch irgendwas?“, fragte mich meine Mutter. „Nein danke. Ich hab alles.“. Ich ging nach Oben und legte mich auf mein Bett. Ich dachte darüber nach was Marie gesagt hatte. Das ich vielleicht zu wenig gegessen habe und so was. Sie hatte ja recht. -Aber ich will nur ein bisschen abnehmen. Mehr nicht.- Ich kuschelte mich in meine Decke und schlief langsam ein. Â