Kapitel 1
Mein Name ist Zoé. Zoé Sanders. Ich wurde nur 16 Jahre alt. Geboren am 6. Juli 1997. Gestorben am 7. Juli 2013;
An Magersucht.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, als ich mir vor 2 Jahren fest vorgenommen habe, abzunehmen. „So. Ab heute wird abgenommen! Mindestens 5 Kilo müssen runter.“. Das hatte ich zu meiner Mutter gesagt, die mich mit einem verwirrtem Blick anschaute. „Was? Abnehmen? Du? Wie kommst du darauf Zoé. Du hast das doch gar nicht nötig.“. War ja klar. Die eigenen Eltern, die immer nur das Beste für einen wollen. „Du tust ja so, als würde ich ein Strich in der Landschaft sein. Ich will doch ein wenig abnehmen, damit auch Ich im Sommer eine gute Figur mache.“, sagte ich ihr mit einem lächelnden Blick. Ich ging aus dem Zimmer, raus auf die Terrasse. Ich liebte den Frühling. Wenn der Schnee von den wärmenden Sonnenstrahlen schmolz und die ersten Blumen das Licht erblickten. Ich setzte mich auf einen Stuhl, schloss die Augen und spürte den warmen Wind durch meine Haare wehen.  „Zoé! Hey, ich bins!“. Ich öffnete meine Augen und sah mich um. Woher kam die Stimme? Als ich zum Zaun rüber schaute, entdeckte ich zwei große, braune, Rehaugen. Es waren Maries Augen. Sie war ein wunderschönes Mädchen und dazu noch meine beste Freundin. Wir kannten uns seid wir 3 waren. Wir waren unzertrennlich. Wir wussten alles über uns. Hatten einfach keine Geheimnisse voreinander. Ich stand auf und ging rüber. „Hey Marie. Was ist los?“ „Kann ich kurz rüberkommen? Ich muss dir was erzählen.“ Ich hörte ein leises schluchzen. Ich wusste das etwas passiert war. „Ja klar kannst du. Bis gleich.“ Als ich nach drin ging, um einen Himbeertee zu machen, hatte ich die ganze Zeit die schlimmsten Vorstellungen. -Was ist wenn ihr Freund Josh Schluss gemacht hat? Wenn ihrem Hund Nanuk was passiert ist? Oder sogar irgendein Familienmitglied gestorben ist?- Nein, nein, nein. Ich machte mir immer viel zu große sorgen. Dachte immer gleich das schlimmste. Als ich daran dachte ob Nanuk vielleicht was passiert ist, musste ich gleich wieder daran denken was für ein hübscher Husky er doch war. Weiß-graues, glänzendes, weiches Fell. Strahlende, himmelblaue Augen. Ich war total verliebt in ihn. In Gedanken versunken bemerkte ich gar nicht wie Marie durch unsere Terrasse reinkam. „Hey.“ Ich zuckte auf und verschüttete dabei etwas von dem kochenden Wasser. „Ach verdammt! Man Marie! Hast du mich vielleicht erschreckt.“ „Tut mir leid.“, sagte sie lachend. Auch ich musste lachen und umarmte sie. Ihr konnte man einfach nicht böse sein. „Komm setz dich. Ich hab uns einen Himbeertee gemacht. Den magst du doch so gern oder?“ „Ja. Sehr sogar. Danke dir.“ Sie schaute zum Boden. Jetzt war es eindeutig. Es ist etwas passiert. „Was ist passiert Marie? Ist was mit Nanuk? Oder deinen Eltern? Erzähl.“ Sie schaute mich an. Mit einem Blick voller Leere. Eine Träne lief über ihre Wange. „Josh hat Krebs. Er hatte doch mal erzählt das er immer so starke Kopfschmerzen hat. Beim Arzt hat sich dann herausgestellt, dass in seinem Kopf ein Tumor wächst. Und er wächst immer weiter und weiter. Das heißt er ist Bösartig. Es sieht sehr schlecht für ihn aus Zoé! Die Ärzte sagen er hat vielleicht nur noch 8 Monate!“. Ich war geschockt. Ich wusste doch es sei etwas schlimmes. Ich hielt mir die Hand vor den Mund und bekam Tränen in die Augen. Josh hat Krebs. Ich konnte und wollte das gar nicht so richtig realisieren was Marie mir da gerade erzählt hatte. Josh und ich waren sehr gut befreundet. Marie und er haben sich eigentlich nur durch mich kennengelernt. Seid 1 ein-halb Jahren sind sie jetzt zusammen. Ich setzte mich näher an sie ran und umarmte sie. Wir saßen eine ganze Zeit lang schweigend da. „Marie?“ sagte ich zu ihr und hielt ihr Gesicht mit beiden Händen, „Schau mich an Marie. Er wird das schaffen, hörst du? Josh ist stark. Er hat schon so viel durchgemacht. Er ist ein Kämpfer. Süße, er wird das überleben. „Woher willst du das wissen Zoé! Und ja er hat vieles durchgemacht und ein Kämpfer ist er auch! Aber warum passiert ihm immer die ganze Scheiße! Niemand kann sagen, dass er es schaffen wird.“. Ich wusste in dem Moment nicht was ich sagen sollte. Ausgerechnet ich sagte das er das schaffen wird. Ausgerechnet ich. Obwohl ich doch eigentlich immer die bin, die immer mit dem schlimmsten rechnet. Ich sah Marie an. Sie sah fertig aus. Dunkle Augenringe, gereizte Augen. Die Tränen liefen ihr übers Gesicht. Ich wollte sie wieder in den Arm nehmen, doch sie stand auf und rannte aus unserem Wohnzimmer. „Marie warte!“, schrie ich ihr noch hinterher. Ich atmete aus und ließ mich auf dem Sofa fallen. -Warum Josh. Warum muss ihm so etwas passieren. Er wird den ganzen Sommer über im Krankenhaus verbringen müssen. Das heißt, dass ich den Urlaub mit Marie und ihm vergessen kann. Wir wollten mit meinen Eltern nach Dänemark ans Meer.- Dachte ich mir. Seid 2006 haben wir dort ein Ferienhaus. Wo zumindest meine Eltern jeden Sommer hinfuhren. Wenn ich keine Lust hatte mitzukommen, übernachtete ich die Zeit bei meiner Tante Molly. Molly ist eine kleine, kurvige, rothaarige, attraktive Frau, die für jeden Spaß zu haben ist. Leider trinkt sie manchmal ein bisschen zu viel. In den Jahren ist es aber schon weniger mit dem Alkohol geworden. Ich habe auch eine kleine Schwester. Liz. Sie ist 3 Jahre jünger als ich. Langes, welliges, braunes Haar. Große braune Augen. Schmales Gesicht und eine wunderschöne Figur. Manchmal war ich ziemlich neidisch auf ihre Figur. Sie war für mich das hübscheste Mädchen das ich kannte. Mir stieg ein rauchiger Gestank in die Nase. Ich machte die Augen auf. Das ganze Wohnzimmer war verqualmt. Ich sprang auf, rannte zum Backofen und holte ein Blech mit einer verkohlten Pizza raus und schmiss sie in den Garten. Schnell lief ich wieder rein und öffnete alle Fenster. „Liz! Komm sofort runter!“. Ich ließ mich auf dem Rasen fallen und hustete mir die Seele aus dem Leib. „Müssen wir Feuerwehr und Krankenwagen rufen?“. Als ich hoch schaute sah ich Mrs. Smith am Gartenzaun stehen. „Nein, nein. Es ist alles in Ordnung. Liz hat versucht eine Pizza zu machen. Leider hat sie vergessen sich einen Wecker zu stellen.“. Sie warf mir nur einen ernsten Blick zu, drehte sich um und legte sich wieder auf ihren Liegestuhl. Mrs. Smith war eine 61 jährige, verwitwete Frau. Sie war dick und hatte eine Dauerwelle. Rot. Das war die Farbe ihrer Haare. Ich fand sie gruselig. Man hat nie gesehen das sie mal Besuch bekam. Sie saß immer nur in ihrem Garten und laß ihre Bücher. Liz kam aus der Terrassentür gelaufen. „Was ist passiert?“. „Was passiert ist? Deine schwarz-verkohlte Pizza. Das ist passiert.“. Liz drehte sich um und sah zu ihrer Pizza. Dann fing sie an zu lachen. Sie schmiss sich auf den Boden und hielt ihren Bauch. „Das ist nicht lustig!“, schrie ich sie an, „Ich hätte ersticken können! Du hast Glück das ich nicht eingeschlafen bin! Warum bist du nur so tollpatschig?!“. Ich stand auf und ging in die Küche. „Haha, ich kann nicht mehr! Mein Bauch tut so weh!“, lachte Liz vor sich hin. Ich griff mit rollenden Augen zum Telefon und wählte Mums Nummer. „Hallo?“, hörte ich am anderen Ende. „Mum, ich bins Zoé. Ich wollt dir nur Bescheid sagen, dass ich rüber zu Marie gehe. Josh hat Krebs. Ihr geht’s ziemlich scheiße, deshalb werd ich wahrscheinlich auch über Nacht bei ihr bleiben.“. „Oh das tut mir leid. Grüß sie von mir und wenn du bei ihr übernachten solltest dann versprich mir das ihr keinen Scheiß macht.“. „Kennst mich doch Mum. Ich mache nie Unsinn.“, ich musste mich richtig zusammenreißen nicht zu lachen, „Ach ja und wunder dich nicht, dass es so verbrannt bei uns riecht. Liz hat versucht sich eine Pizza zu machen. Tschüss Mum. Ich hab dich lieb.“. Noch bevor sie was sagen konnte, legte ich auf. Ich ging rauf in mein Zimmer und packte meine Sachen zusammen. Â