Biografien & Erinnerungen
Erzähl doch mal - So ticken Kinder nunmal

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"Erzähl doch mal - So ticken Kinder nunmal"
Veröffentlicht am 11. Juni 2008, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Es fällt mir nicht leicht, etwas über mich zu schreiben. Also ganz kurz: 52 Jahre alt,glücklich geschieden, Mutter von drei Superkindern, Psychologisch-technische Assistentin - fühle mich viel jünger als ich bin. Noch Fragen, dann fragt ruhig, ich stehe jederzeit Rede und Antwort.
Erzähl doch mal - So ticken Kinder nunmal

Erzähl doch mal - So ticken Kinder nunmal

Es ist schon erstaunlich, wie Kinder ticken. Es gibt Dinge, die funktionieren immer und in fast jeder Familie.

Wenn ich beispielsweise versuchte, meine Freundin anzurufen, lauschte ich erst einmal in alle Richtungen, ging zur Wohnzimmertür und blickte mich um, ob irgendwo ein Kind zu sehen war. War das nicht der Fall, atmete ich erleichtert auf, nahm das Telefon und wählte. Kaum hatte ich die ersten Worte gesprochen, stand schon ein Kind in der Tür: „Mama!“ „Siehst du nicht, dass ich telefoniere?“ „Darf ich dich mal kurz was fragen?“ „Ja, mach aber schnell, ich möchte gerne weitertelefonieren.“

So war das immer. Mit Freunden telefonieren konnte ich in Ruhe nur mitten in der Nacht, wenn die Kinder schliefen oder aber wenn sie nicht Zuhause waren, was bei drei relativ kleinen Kindern nur sehr selten vorkam. Auch dieses nur mal kurz was fragen war Utopie. An eine Frage schloss sich schnell die nächste an. Oder aber es kam: „Mit wem telefonierst du da? Ich muss ihr auch unbedingt was sagen.“ „Naja, gut, “ sagte ich dann, aber nur kurz.“ Ich gab meinem Kind das Telefon mit dem Ergebnis, dass als erstes ein lang gezogenes Naaaaaaaa kam, dann eine ganze Weile gar nichts, danach ein höchst wichtiger Gesichtsausdruck und die Frage: „Wie geht es dir.“ Sehr wichtig, dachte ich dann, wippte mit dem Fuß, verdrehte die Augen und begann mit den Fingern auf den nächstgelegenen Gegenstand zu klopfen, vielleicht half das ja. „Mama, hör doch mal auf, du machst mich nervös. Rita, sag mal, ist Katja da, gibst du sie mir mal bitte?“ So endeten die Telefonate oft. Ich wollte mich ganz in Ruhe mit meiner Freundin unterhalten und das Ende vom Lied war, dass die Kinder miteinander telefonierten, ich mich auf den Weg zu meiner Freundin machte, um mich von Angesicht zu Angesicht bei einer Tasse Kaffee mit ihr zu unterhalten. Wenn ich bei ihr ankam, telefonierten die Kinder meist noch miteinander, kaum saß ich, sagte Katja dann allerdings: „Dirk kommt auch gleich.“ Na toll, also wieder einmal keine Ruhe zum Reden.

 

Ab und zu gibt es wirklich Dinge, die ich auch gerne einmal allein gemacht hätte. Es war beispielsweise ein Traum von mir, einmal die Badewanne für mich zu haben, richtig heißes Wasser einzulassen, mich auszustrecken, zu träumen und das heiße Bad zu genießen. Aber auch hierfür fand ich niemals den geeigneten Zeitpunkt. Kinder haben, glaube ich, Sensoren, die sofort melden, wenn die ersten Tropfen den Boden der Wanne berühren. Badewasser leise einlassen, geht auch nicht. Oft war es meine Tochter, die als erste den Weg ins Badezimmer fand, wenn das Wasser in die Wanne plätscherte. Ich hatte gerade den Mund geöffnet, um sie zu bitten, nicht gleich Alarm zu schlagen, damit wenigstens nur sie und ich zusammen baden würden, da schrie sie schon aus Leibeskräften: „Mama badet!“ Kurz darauf hörte ich die Schritte ihrer großen Brüder. Bereits in der Tür fingen die Kinder an, sich ihre schmutzige Kleidung auszuziehen und ihre nicht weniger schmutzigen Körper in der Wanne zu platzieren. Manchmal überlegte ich kurz, meinen Kindern kampflos die Wanne zu überlassen und mir später ein Bad zu genehmigen, aber da hatte ich die Rechnung ohne meinen Nachwuchs gemacht: „Nun komm doch endlich, ohne dich macht das gar keinen Spaß.“ Mit euch auch nicht immer, dachte ich. Badewannen sind in der Regel nicht für vier Personen ausgelegt. Es war so eng, dass ich kaum Luft bekam. Meine Kinder plapperten ununterbrochen, spritzten sich und mich nass, fragten nach Gummiente, Schwamm, Booten und lauter Kleinigkeiten, die man in der Wanne, die bereits mit vier Familienmitgliedern eng bestückt war, unbedingt brauchten. An mir war es dann, aus der Wanne zu steigen, um die gewünschten Utensilien herbeizuschaffen. Kalt, warm, kalt, warm…. Soll ja zumindest gesund sein. Oh, wie lebte ich gesund tagaus tagein mit meinen drei allerliebsten Kindern.

Wenn ich nur ab und zu auch den Schlaf bekommen würde, den ich mir wünschte. Machte ich allerdings den Fehler, dieses Schlafbedürfnis anzukündigen, konnte ich sicher sein, keine Ruhe zu finden. Das ganze fing in der Regel so an: „Ich möchte mich gerne eine Stunde hinlegen, könnt ihr bitte leise sein und mich solange in Ruhe lassen?“ „Null Problemo“, klang es im dreifachen Chor. Also zog ich mich ins Schlafzimmer zurück. Nach ca. 15 Minuten war ich an der Schwelle zum Einschlafen. Das war der Zeitpunkt, an dem Kind Nr. 1 am Bett stand: „Mama, darf ich mir ein Eis nehmen?“ „Ja“, brummelte ich, „aber lass mich jetzt bitte schlafen.“ Zweiter Versuch, pünktlich 15 Minuten später erschien Kind Nr. 2: „Dürfen wir den Film sehen?“ Allmählich ungeduldig werdend, weil die Zeit für meine Mittagsstunde zusehends schrumpfte, antwortete ich leicht ärgerlich: „Ja, das weißt du doch und sonst fragt ihr ja auch nicht.“  Das Kind entschwand und ich hoffte mit Blick auf den Wecker, wenigstens ein paar Minuten die Augen zumachen zu können. Weit gefehlt: in genau dem richtigen Abstand, ja genau, eine Viertelstunde, stand dann Kind Nr. 3 vor meinem Bett und flüsterte: „Mama, Mama, hörst du mich? Ich geh dann jetzt los zum Spielen.“ Ich grollte, nein, um genau zu sein, war ich kurz vorm Kochen, wälzte mich von einer Seite auf die andere, bis ich schließlich aufstand und laut von mir gab: „Ja, ich habe verstanden, ich stehe ja schon auf, Mütter sollten sich das Schlafen echt abgewöhnen. Gut gemacht, echt, vielen Dank.“ In so einer Situation neige ich leider dazu, ungerecht zu werden. Laut polternd machte ich mich dann auf den Weg ins Wohnzimmer, wo die beiden Kleinen vor dem Fernseher saßen, einen Film ansahen, nach dem sie nicht gefragt hatten und den sie eigentlich gar nicht sehen sollten und nach dem Papier zu urteilen auch nicht nur ein Eis den Weg in ihre Mägen gefunden hatte. Das kam mir jetzt gerade recht. Ich meckerte an all den Kleinigkeiten herum und beschwerte mich vor allem um den fehlenden Schlaf. „Aber Mama, wenn du müde bist, dann geh doch schlafen. Wir lassen dich jetzt auch in Ruhe, ganz bestimmt.“ „Jetzt ist es zu spät, die Stunde ist um. Hättet ihr mich nicht ständig gestört, hätte ich ja wenigstens ein paar Minuten schlafen können, aber so. Vielen Dank.“ Bedrückt erklärte mein mittlerer Sohn: „Ich war aber nur einmal bei dir.“ Die anderen stimmten ein: „Ich auch.“ „Ich auch.“ In dieser Stimmung schoben mich meine Kinder in der Regel Richtung Schlafzimmer, achteten darauf, dass ich mich auch hinlegte, deckten mich zu, schlichen raus, machten die Tür zu und ließen mich allein. Ich lag also nun da mit weit aufgerissenen Augen, denn an Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken, dafür war ich viel zu aufgewühlt. Meine Kinder bestanden allerdings darauf, dass ich mindestens eine Stunde liegen blieben würde. Mir kam es dann vor wie aufgezwungener Mittagsschlaf. An Tagen wie diesen war ich froh, wenn die Stunde vorbei war und hatte das Gefühl, dass die Zeit gar nicht vergeht.

Eines muss man meinen Kindern allerdings lassen: Wenn ich Migräne hatte, konnte ich nur im abgedunkelten Zimmer liegen und reagierte ausgesprochen empfindlich auf Geräusche jeder Art. Dann waren meine Kinder die liebsten Kinder, die man sich wünschen konnte, so rücksichtsvoll. Sie schlichen durchs Haus, ich hörte keinen Streit, keine laute Musik, kein Türenknallen, all die tagtäglich üblichen Geräusche waren eingestellt. Mama war krank, das akzeptierten sie. Leider konnte ich Migräne nie als Grund für ein Telefonat oder ein Bad für mich allein vorschieben, Aber immerhin, man nimmt was man kriegt.

 

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Chrissy55
Es fällt mir nicht leicht, etwas über mich zu schreiben. Also ganz kurz: 52 Jahre alt,glücklich geschieden, Mutter von drei Superkindern, Psychologisch-technische Assistentin - fühle mich viel jünger als ich bin. Noch Fragen, dann fragt ruhig, ich stehe jederzeit Rede und Antwort.

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PaulG Re: Re: Ruhe -
Zitat: (Original von Chrissy55 am 11.06.2008 - 22:31 Uhr)
Zitat: (Original von PaulG am 11.06.2008 - 22:22 Uhr) Schön geschrieben - habe mich auch als Mann in deiner Erzählung gut wiederfinden können. Wir haben auch drei Kinder, die ersten beiden Jungs und die kleine ein Mädchen, da ist von Ruhe keine Spur!

*****
LG, Paul


Ich danke dir, es tut doch immer wieder gut, bestätigt zu bekommen, dass es anderen Familien nicht besser geht als mir. Drei Kinder sind eben eine echte Herausforderung, auch wenn sie älter werden. Übrigens Ruhe, was ist das? Habe ich, glaube ich, seit der Geburt meiner Kinder, was nun schon gut ein paar Jahre her ist, völlig vergessen. Kennst du eigentlich das Lied von Reinhard Mey: Keine ruhige Minute? Das trifft es.
LG Chrissy


Oh ja, dieses Lied trifft es Haargenau!

LG, Paul
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Chrissy55 Re: Ruhe -
Zitat: (Original von PaulG am 11.06.2008 - 22:22 Uhr) Schön geschrieben - habe mich auch als Mann in deiner Erzählung gut wiederfinden können. Wir haben auch drei Kinder, die ersten beiden Jungs und die kleine ein Mädchen, da ist von Ruhe keine Spur!

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LG, Paul


Ich danke dir, es tut doch immer wieder gut, bestätigt zu bekommen, dass es anderen Familien nicht besser geht als mir. Drei Kinder sind eben eine echte Herausforderung, auch wenn sie älter werden. Übrigens Ruhe, was ist das? Habe ich, glaube ich, seit der Geburt meiner Kinder, was nun schon gut ein paar Jahre her ist, völlig vergessen. Kennst du eigentlich das Lied von Reinhard Mey: Keine ruhige Minute? Das trifft es.
LG Chrissy
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Chrissy55 Re: Ruhe -
Zitat: (Original von PaulG am 11.06.2008 - 22:22 Uhr) Schön geschrieben - habe mich auch als Mann in deiner Erzählung gut wiederfinden können. Wir haben auch drei Kinder, die ersten beiden Jungs und die kleine ein Mädchen, da ist von Ruhe keine Spur!

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LG, Paul


Ich danke dir, es tut doch immer wieder gut, bestätigt zu bekommen, dass es anderen Familien nicht besser geht als mir. Drei Kinder sind eben eine echte Herausforderung, auch wenn sie älter werden. Übrigens Ruhe, was ist das? Habe ich, glaube ich, seit der Geburt meiner Kinder, was nun schon gut ein paar Jahre her ist, völlig vergessen. Kennst du eigentlich das Lied von Reinhard Mey: Keine ruhige Minute? Das trifft es.
LG Chrissy
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PaulG Ruhe - Schön geschrieben - habe mich auch als Mann in deiner Erzählung gut wiederfinden können. Wir haben auch drei Kinder, die ersten beiden Jungs und die kleine ein Mädchen, da ist von Ruhe keine Spur!

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LG, Paul
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