Journalismus & Glosse
Kommt ein Zug pünktlich in den Bahnhof ...

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"Kommt ein Zug pünktlich in den Bahnhof ..."
Veröffentlicht am 02. Februar 2013, 10 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Über den Autor:

Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man ...
Kommt ein Zug pünktlich in den Bahnhof ...

Kommt ein Zug pünktlich in den Bahnhof ...

Beschreibung

Hätte ich eine Zeitung, wäre dieser Text hier für meine Kolumne. Sicher kein Novum, die ganze Geschichte, aber diese Bahnfahrt war einfach eine zu viel. (Cover: © Jürgen Nießen / pixelio.de; www.pixelio.de)

Ich habe gerade mit zitternden Fingern zwei Fahrgastrechte-Formulare der Deutschen Bahn ausgefüllt und wurde dabei unweigerlich von dem Gefühl heimgesucht, zehn Jahre in die Vergangenheit gereist zu sein, um meine Steuererklärung mit Zettel und Stift zu erledigen und den Brief anschließend dem Postkutscher zu übergeben. Völlig unsinnig aufgebaute Formulare mit Verspätungsgründen, die gar nicht zutreffen, genaue Angaben der Zugnummern, obwohl die auf den mitzusendenden Tickets stehen, geplante und reale Ankunftszeiten und und und. Meine Hand wollte den Stift fallen lassen, akute Phantomschmerzen in Gliedmaßen, die ich nie besessen habe, setzten ein, der Drang, jemanden zu töten, der den DB-Aufdruck trägt, manifestierte sich für eine Sekunde oder zwei.

Natürlich will die Bahn nicht, dass ich solche Formulare ausfülle, schließlich könnte ich Geld zurückbekommen. Uh! Natürlich sind diese Zettel deswegen so unappetitlich gestaltet. Wundert mich eigentlich, dass der Fernstreckenmonopolist sich auf zwei auszufüllende Seiten beschränkt hat, statt einen ganzen Fragebogen beizulegen. Ach, die Papierkosten wahrscheinlich, die man stattdessen lieber darauf verwendet, bei der Wartung der Züge zu sparen. Äh, Moment mal ... Richtig, aber dazu komme ich gleich. Habe ich erwähnt, dass ich zwei solcher Pamphlete ausgefüllt habe? Nun gut.

Jetzt also die Verspätungen und so: Es war ein kalter Wintertag. Ja okay, es war wirklich verdammt kalt. Nicht kalt genug aber, um die Berliner S-Bahnen in die Knie zu zwingen, und das will was heißen! Dafür aber die schneidigen ICEs der Deutschen Bahn, wie ich feststellen sollte. Mein Zug von Berlin nach Köln tat also Folgendes: Nichts. Richtig, gar nichts! Denn der verreckte auf halber Strecke. Statt das aber so zu sagen, wurde eine zehnminütige Verspätung angekündigt. Daraus wurden zwanzig, dann dreißig, dann vierzig. Als sich die Salamitaktik nicht länger fortsetzen ließ und mein Fuß vom Tritt gegen den Snackautomaten schon ziemlich schmerzte, ließ die Bahn folgende Durchsage ertönen.

Wo ist jetzt die Durchsage, mag der Leser sich fragen? Ganz genau! Der in Hamm zu trennende ICE hielt still und leise am Gleis gegenüber, allerdings mit dem eleganten Kniff, dass mein Zugteil gar nicht dabei war. Unterwegs verreckt, das kann man schon mal totschweigen. Merkt doch keiner.

Gut, bis zum nächsten Zug nach Köln sind es eh nur noch zwanzig Minuten, dachte ich. Die warte ich jetzt und nehme dann den. Dass ich vier Euro für die Reservierung eines Platzes ausgegeben hatte, den mir nun nicht mal mehr jemand wegnehmen konnte, weil  der ganze verdammte Zug irgendwo unterwegs krepiert war - sei's drum. Wäre auch nur ein Döner mit Wechselgeld gewesen.

Der nächste Zug in Richtung Köln kam unverschämt pünktlich. Das konnte kein gutes Omen sein, denn ich erkenne ein schlechtes, wenn ich eins sehe. Aber erst mal auf in den erstbesten Waggon zum freudigen Stehen in der stählernen Sardinendose. Erste Klasse freigeben? Aber nicht doch! Da kommen einem ganz fürchterliche Assoziationen von Deportationen und dergleichen, aber lassen wir das. Die Bahn macht mobil? Mag sein, meine Beinfreiheit jedenfalls sah das anders.

Hinter Hannover dann - ich sprach bereits von derlei Omen - der erste Halt. Kleines technisches Problem, sagte man durch. Nun ja, lieber ICE, so erging es deinem Vorgänger auch anfangs. Doch oh Wunder, oh Wunder, irgendwann ging es wortlos weiter. Kurz vor Hamm dann der (Achtung, Wortwitz voraus!) Hammer: Liebe Idioten mit überteuerten Fahrkarten und verfallenen Sitzplatzreservierungen: Unser Zug kann heute in Hamm nicht getrennt werden. Warum das so ist, geht Sie einen feuchten Dreck an, aber wir haben eine gute Nachricht: Es geht weiter bis Düsseldorf für Sie, wo es auch schön ist, selbst wenn die da keinen Dom haben und Alt statt Kölsch saufen.  Ist doch eh alles dasselbe. (Anm.: Wortlaut der Dramaturgie halber leicht geändert.)

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich kam an mein Ziel. Hurra! Über Dortmund nämlich, schaffte ich es, einen Zug zu erreichen, der mich nicht nur bis Köln, sondern sogar bis Bonn brachte, wo ich eigentlich hin wollte. Das ist doch Service!

So, und jetzt du, liebe Bahn! Ich weiß, du bist ein Staatskonzern und damit Angelas Liebling, und ich weiß auch, dass du auf einem Streckennetz sitzt, das du nur ungern an deine Pseudomitbewerber abgibst. Schon gar nicht auf der Fernstrecke, obwohl das jetzt, glaubt man den Legenden, möglich sein soll. Du bist ein Monopolist, und nun liegen meine letzten BWL- und VWL-Vorlesungen schon etwas zurück, aber ich habe in Erinnerung behalten, dass Monopolisten sich grundsätzlich aufführen wie Arschlöcher. Das heißt für dich, liebe Bahn, und im Volk weiß man es eh, dass du deine Züge nur mit dem halben Hintern wartest, weil es dir Geld spart und du dank Monopolstellung sowieso nicht für Qualität deiner Leistung bürgen musst. Die ständigen Ausfälle deiner Züge nimmst du schulterzuckend hin, die persönlichen Ärgernisse und kleinen Schicksale der zahlenden Kunden (Das ist das Vieh, das du herumkutschierst.) sind dir natürlich wurscht. Dein schlechter Ruf bis über die Grenzen hinaus wohl auch. Ausfallzeiten werden am Jahresende in der Statistik schöngerechnet, dann werden die Preise wegen steigender Energiekosten (woran deine kleinen Brüder, die Oligopolisten aus der Energiebranche schuld sind) deftig erhöht - oft auch die für die niemals ersetzten Reservierungen. Warum das eigentlich? Auch wegen des Stroms? Weil man als dein Fahrgast unter selbigem steht? Und schon folgt ein neues schönes Jahr mit wenigstens 365 Tagen voller kleiner Geschichten wie der meinen hier. Ist dir schnuppe? Okay, ich wollte es auch nur mal gesagt haben. Einen Vorschlag zur Güte hätte ich aber für dich: Deine Vorstände, du weißt schon, die mit der üppigen Vergütung und so, die sollten dazu verdonnert werden, nur noch mit dir reisen zu dürfen, statt in chicen Limousinen. Meinst du nicht auch, das würde die Welt ein klein wenig besser machen? Ich glaube schon.

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Über den Autor

PhanThomas
Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man trifft mich stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge an. Das scheint auf manche Menschen dermaßen gruselig zu wirken, dass die Plätze in der Bahn neben mir grundsätzlich frei bleiben. Und nein, ich stinke nicht, sondern bin ganz bestimmt sehr wohlriechend. Wer herausfinden will, ob er mich riechen kann, der darf sich gern mit mir anlegen. ich beiße nur sporadisch, bin hin und wieder sogar freundlich, und ganz selten entwischt mir doch mal so etwas ähnliches wie ein Lob. Nun denn, genug zu mir. Oder etwa nicht? Dann wühlt noch etwas in meinen Texten hier. Die sind, äh, toll. Und so.

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Luzifer Beim Lesen - erinnerte ich mich auch an so einige Vorkommnisse mit dem wohl bekannten Unternehmen. Nun hatte ich zu diesem Zeitpunkt eine andere Verkehrsgesellschaft, aber diese hatte das unverhoffte Vergnügen die Züge der "pünktlichen" Bahn vorzulassen. Japp, man musste warten bis diese Gondeln vorbeizogen, dass man Fahrt aufnehmen konnte. Wie dies aussah, wird wohl jeder erahnen können. =)
Oh, und da fällt mir ein, dass ich auch einmal bei winterlichen Verhältnissen meinen Zug verpasst und kurzfristig auf die S-Bahn ausweichen musste. Die Ausweichung endete ohne eine Erklärung auf halber Strecke und ich konnte meinen nächsten, normalen Zug bei frischen Temperaturen abwarten. Die Fahrgäste haben sowas wie Loblieber auf die D-Bahn veranstaltet und einige Geschichten getauscht. Es fehlte eigentlich nur noch ein Feuer, aber die S-Bahn war abgeschlossen. =D

Viele Grüße
L.
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Re: Re: -
Zitat: (Original von shirley am 18.02.2013 - 17:09 Uhr)
Zitat: (Original von PhanThomas am 18.02.2013 - 16:36 Uhr)
Zitat: (Original von shirley am 17.02.2013 - 16:57 Uhr) Grandios traurig wahr..... ähm und so....deswegen lieb' ich meinen alten Ford Fiesta (Halt durch, Kumpel!)

shirley

Hallo Shirley,

wie ich schon zu Marion meinte: Ich kann nicht Auto fahren, sonst täte ich's vielleicht. Na ja, oder auch nicht. Ist jedenfalls alles so passiert. (Bis auf die Durchsage, die leicht anders war.)

Liebe Grüße
Thomas

Ich bin mal mit 'nem Zug gefahren mit meinen Freundinen. Am Ende standen wir alle kurz vor'm Nervenzusammenbruch, lachten nur noch hysterisch und bezahlten für die Fahrt von Göttingen nach Berlin soviel, da hätte es ein Taxi auch getan.

Genau das ist das Problem. Horrende Preise und dann ständig so ein Ärger im Fernverkehr. Bin froh, in nächster Zeit nicht mehr Zug fahren zu müssen. Ich bleib nämlich einfach da! ;-)
Vor langer Zeit - Antworten
shirley Re: Re: -
Zitat: (Original von PhanThomas am 18.02.2013 - 16:36 Uhr)
Zitat: (Original von shirley am 17.02.2013 - 16:57 Uhr) Grandios traurig wahr..... ähm und so....deswegen lieb' ich meinen alten Ford Fiesta (Halt durch, Kumpel!)

shirley

Hallo Shirley,

wie ich schon zu Marion meinte: Ich kann nicht Auto fahren, sonst täte ich's vielleicht. Na ja, oder auch nicht. Ist jedenfalls alles so passiert. (Bis auf die Durchsage, die leicht anders war.)

Liebe Grüße
Thomas

Ich bin mal mit 'nem Zug gefahren mit meinen Freundinen. Am Ende standen wir alle kurz vor'm Nervenzusammenbruch, lachten nur noch hysterisch und bezahlten für die Fahrt von Göttingen nach Berlin soviel, da hätte es ein Taxi auch getan.
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: -
Zitat: (Original von shirley am 17.02.2013 - 16:57 Uhr) Grandios traurig wahr..... ähm und so....deswegen lieb' ich meinen alten Ford Fiesta (Halt durch, Kumpel!)

shirley

Hallo Shirley,

wie ich schon zu Marion meinte: Ich kann nicht Auto fahren, sonst täte ich's vielleicht. Na ja, oder auch nicht. Ist jedenfalls alles so passiert. (Bis auf die Durchsage, die leicht anders war.)

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
shirley Grandios traurig wahr..... ähm und so....deswegen lieb' ich meinen alten Ford Fiesta (Halt durch, Kumpel!)

shirley
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Hey!:) -
Zitat: (Original von LinneaHazel am 08.02.2013 - 10:47 Uhr) Na da bin ich aber froh, dass ich mit der Bahn von mir zu Hause bis auf Arbeit nur zehn Minuten brauch und es so gut wie nie Verspätungen gibt.;)

Stell ich mir auch ganz schön nervenraubend vor dieses Fiasko!:D

Lieben Gruß.
Linn

Hallo Linn,

das ist dann auch der Nahverkehr. Der funktioniert seltsamerweise noch ganz gut. Aber sobald du in einen ICE steigst, oder IC geht ja auch, dann ist die Kacke ruckzuck am Dampfen.

Liebe Grüße
Thomas
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LinneaHazel Hey!:) - Na da bin ich aber froh, dass ich mit der Bahn von mir zu Hause bis auf Arbeit nur zehn Minuten brauch und es so gut wie nie Verspätungen gibt.;)

Stell ich mir auch ganz schön nervenraubend vor dieses Fiasko!:D

Lieben Gruß.
Linn
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Wenn das ... -
Zitat: (Original von Gunda am 07.02.2013 - 20:04 Uhr) ... eine autobiografische Geschichte ist, hast du mein volles Mitleid, Thomas, denn ich kann das alles sehr gut nachvollziehen, stand ja selbst in ähnlicher Situation auch schon mal mitten in der Pampa. Aber wie immer: Das Leben schreibt die schönsten Geschichten und irgendwie ist so eine Fahrt dann ja auch enorm inspirierend, nicht wahr? Jedenfalls schön, dass du uns daran teilhaben ließest.

Lieben Gruß
Gunda

Hallo Gunda,

eigentlich ist's eher als eine Art Kolumne gedacht und ursprünglich für meine eigene Seite verfasst. Tatsächlich ist das alles genau so und nicht anders passiert. Aber richtig, inspirierend war die Fahrt. Sehr sogar. :-) Ich habe den Text so auch auf die Facebook-Seite der Bahn gepackt. Aber vermutlich war's zu lang und so hatte das keinerlei Effekt, hihi.

Liebe Grüße
Thomas
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Gunda Wenn das ... - ... eine autobiografische Geschichte ist, hast du mein volles Mitleid, Thomas, denn ich kann das alles sehr gut nachvollziehen, stand ja selbst in ähnlicher Situation auch schon mal mitten in der Pampa. Aber wie immer: Das Leben schreibt die schönsten Geschichten und irgendwie ist so eine Fahrt dann ja auch enorm inspirierend, nicht wahr? Jedenfalls schön, dass du uns daran teilhaben ließest.

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Deshalb fahre ich Auto -
Zitat: (Original von MarionG am 03.02.2013 - 08:19 Uhr) Wer Bahn fährt, hat etwas zu erzählen. Was Du mal wieder gekonnt unter Beweis stellst. Gerne gelesen.
Liebe Grüße
Marion

Hallo Marion,

danke schön. Das mit dem Erzählen stimmt. :-) Auto fahren würde ich wahrscheinlich auch. Ich kann es nur nicht, hihi.

Liebe Grüße
Thomas
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