Die Via haben es geschafft einen Brückenkopf zu errichten. Schwer beschädigt treibt die Kronos in der Leere, während die überlebende Besatzung einen Weg sucht, zur Erde zurückzukehren. Währenddessen wird Rafail Coel von Visionen geplagt, die ihn an den Rand des Wahnsinns treiben. Das kurzzeitige Bündnis mit den Artheranern droht zu zerbrechen. Und immer mehr Kolonien spalten sich vom menschlichen Parlament ab. Bildquelle : Two giant sun in space. Fotalia.com
Sie betraten einen großen offenen Saal. Die Wände waren komplett aus Glas und erlaubten einen Blick über die komplette Stadt, die sich wie ein Kreis aus Lichtern um den zentralen Turm anordnete. Coel blieb einen Moment stehen und starrte nach draußen in die Nacht. Am Horizont war bereits der erste Schimmer Tageslicht zu sehen. Irgendwie beruhigte ihn der Anblick.
Ein kleiner Brunnen vor einer der Glasfronten plätscherte leise vor sich hin.
Sich langsam weiter umsehend, trat Coel einige Schritte weiter in den Raum.
Den Mittleren Teil des Raums in dem sie sich befanden nahm ein großer Tisch mit eingelassener Display-Oberfläche ein. Um den Tisch herum lagen mehrere tiefe Sitzkissen und drei weitere Artheraner, die ihnen lediglich einen kurzen Blick zuwarfen, saßen daran.
,, Setzt euch bitte.“ , wies Vaas sie an, nachdem er sich zu den drei ans Kopfende des Tischs gesellt hatte, die die Fremden nach wie vor lediglich mit höflicher Neugier musterten.
Aine schienen sie gar nicht richtig wahrzunehmen.
Coel ließ sich umständlich auf eines der Kissen sinken. Er war es nicht gewohnt auf dem Boden zu sitzen aber er würde sich sicher nicht beschweren. Martin ließ sich mit Adams ihm gegenüber nieder, Aine ein Stück neben ihm.
Die drei fremden Artheraner waren wohl die übrigen Mitglieder des Rats.
,, Ich bin Darween Kaladar.“ , stellte sich der erste der drei vor, ein Artheraner, dem sich eine breite Brandnarbe quer über den Nasenrücken zog, so als wäre er zu nah an einem Schweißbrenner geraten. Oder an ein Hochgeschwindigkeitsprojektil.
In der Stimme des Artheraners lag eine gewisse Bitterkeit.
,, Ich bin Elth Krodis.“ , sagte der zweite. Er war deutlich jünger als Vaas oder die anderen beiden. Coel wusste nicht, wie schnell Artheraner genau alterten, aber bei einem Menschen hätte er auf maximal 20 Jahre getippt. Jung genug, um vielleicht einige Vorurteile der alten zu hinterfragen… oder zu verinnerlichen. Aber er klang freundlich und schien eher neugierig, als misstrauisch wie Darween.
,, Mein Name Istarie Khyron.“ Stellte sich die letzte Artheranerin vor. ,, Und Vaas Katlaron kennt ihr ja bereits.“
Coel nickte. ,, Ich würde gerne gleich zum Punkt meines Hiersein kommen.“ , sagte er. ,, Das Erdparlament, hat eine Entscheidung getroffen, die sie ihnen sicher bald auch selbst mitgeteilt hätten. Die Regierung der Erde gibt jeglichen Anspruch auf Artherium auf.“
Einige Sekunden des Schweigens folgten.
,, Ist das wahr ?“ , fragte Vaas schließlich, der als erster seine Sprache wiederfand.
,, Es ist wahr.“ , erwiderte Aine.
,, Aber ihr seid sicher nicht den ganzen Weg hierhergekommen, nur um eine Nachricht zu überbringen.“ , stellte Istarie fest. ,, Dazu hätte es diesen Aufwand nicht gebraucht.“
,, Das ist richtig. Ich habe außerdem eine Warnung. “ Coel stand langsam auf, unsicher, ob das nicht einer der anwesenden al unhöflich auffassen könnte. Er zögerte kurz.
Was er sagen würde, würden den Artheraner die momentane schwäche der Menschen offenbaren. Und welche folgend das hätte, konnte er nur schwer abschätzt. Aber er hatte wohl keine Wahl.
,, Die Menschheit steht kurz vor einem Bürgerkrieg mit ihren eigenen Kolonien.“
,, Die Lage ist uns bekannt.“ , erwiderte Darween. War das etwa Schadenfreude in seiner Stimme? Coel beschloss nicht darauf einzugehen.
Stattdessen fragte Martin : ,, Woher wisst ihr das ?“
,, Wir sind nicht blind Mensch…. Wie lautet euer Name?“ Es war der junge Artheraner, der zum ersten Mal das Wort ergriff. Elth.
,, Martin Richter. Einfach nur Martin reicht auch.“ , erwiderte er.
,, Die Unruhen innerhalb eures Volkes wüten schon ein paar Monate. Es ist nicht überraschend, dass es hierzu kommt.“ , meinte Elth schließlich. ,, Jedoch verstehe ich nicht ganz, wieso uns das etwas angehen sollte. Ich kann euch beruhigen, das wir nach der Schlacht bei Goodsprings nicht über die…“
,,Schweigt Elth.“ , wies Darween ihn an.
Dieser jedoch ignorierte den Rat des Älteren. ,, Das wir nicht über die militärischen Mittel für einen Schlag gegen die Menschen verfügen. Selbst wenn,“ und dabei sah er Darween genau an, ,, wir das wollten.“
,, Und ihr wagt es das zuzugeben.“ Der vernarbte Artheraner sprang auf.
,, Genug.“ Vaas rührte sich nicht, aber seine Stimme allein reichte, das Darween sich langsam wieder setzte.
,, Könnten wir dann zum Thema zurückkommen ?“ , fragte Istarie.
,, Natürlich, also, erklärt euch.“
,, Zu den Welten, die sich vom Parlament losgesagt haben, gehörte auch Artherium. Ihr werdet die Welt weder kampflos bekommen, noch überhaupt betreten können. Im Orbit befinden sich neben mehreren schwer bewaffneten Kolonialschiffen auch noch dutzende von kleineren Konstrukte. Und wie Elth sagte, ihr seid nicht in der Lage für einen größeren Kampf.“ Er machte eine Pause, bevor Adams schließlich aufstand und das Wort ergriff.
Bisher hatte er geschwiegen und sich zu Recht gelegt, was er sagen könnte. Er würde auf keinen Fall zulassen, das Artherium erneut zum Grab für die Artheraner wurde.
,, Der Planet ist nichts als ein großer Köder.“ , begann er. Er war sich sicher, die vier Artheraner vor ihm wussten genau, wer er war. ,, Die Hoffnung des Parlaments ist es, das ihr Artherium unvorbereitet attackiert und für sie die Verteidigung des Planeten schwächt. So könnte die Welt mit minimalen ,menschlichen ,Verlusten zurück geholt werden… und vielleicht so die übrigen Abtrünnigen Kolonien dazu bewegen, ihre Pläne zu überdenken.“ Er holte kurz Luft, sah ihnen in die Gesichter ob sie begriffen was er ihnen erzählte.
,, Wir alle wissen, dass das nicht passieren wird. Wenn ihr den Planeten angreift, werdet ihr verlieren. Die Verteidigung ist zu stark. Und wenn dann schließlich das Parlament eingreift, wird Artherium der Startschuss für den ersten zwischenmenschlichen Krieg seit fast 100 Jahren. Dass die Via sich sicher freuen werden, wenn wir ihnen die Arbeit abnehmen und uns alle gegenseitig vernichten, brauche ich ja nicht extra zu erwähnen. Vermutlich ist das auch der einzige Grund, aus dem sie sich bisher zurückhalten. Ich weiß, dass ihr mir nicht glauben werdet, ich weiß, dass alle unter euch mich hassen müssen. Aber, dieses eine Mal, hört mir zu. Lasst nicht zu, dass durch meine Fehler noch mehr sinnlos sterben. Das ist alles, worum ich bitten kann. Keine Vergebung, keine Sühne. Nur das. Wiederholt meine Fehler nicht.“ Er schien ein Stück weit in sich zusammenzusinken, als er sich langsam wieder setzte.
Eine Weile sagte niemand etwas. Doch schließlich war es ausgerechnet Darween, der sagte : ,, So ungern ich es auch zugebe, aber der Mann hat recht. Wir müssen überlegt und strategisch vorgehen. Diese Chance darf nicht zu einem Fiasko werden.“
Er wendete sich an Coel. ,, Aber wir dürfen diese Chane auch nicht einfach ignorieren. Sie wissen, wie die Verteidigung um Artherium aufgebaut ist?“
,, Nicht genau, aber ich bin mit den Strategien vertraut, die die normalerweise GTDF zur Planetaren Verteidigung einsetzt, ja. Und wir haben möglicherweise einen Vorteil. Hammond, der Kommandant der Kolonie, rechnet mit einer Invasionsflotte von der Erde. Nicht mit den Artheranern.“
,, Und das soll ein Vorteil sein ? Das er mit einem stärkeren Feind rechnet?“
,, Ich weiß es nicht, aber es ist ein Anfang.“
Weiter Sekunden des Schweigens folgten, die vier Räte unterhielten sich kurz leise, bis Vaas schließlich sagte: ,, Diese Entscheidung braucht Zeit. Wir werden euch für diese Zeit gerne eine Unterkunft…“
,, Ihr könnt nicht ernsthaft auch nur darüber nachdenken, ihnen zu vertrauen.“ Coel drehte sich zu der Stimme um und erkannte Skelaw, der schwer atmend im Türrahmen stand.
,, Ihr könnt es nicht.“ , wiederholte er. ,, Er ist ein Verräter, selbst an seinem eigenen Volk, und der andere Mensch“ , er zeigte auf Adams, ,, unsere Geißel. Und was sie angeht,“ , er musste Aine meinen, ,, So hat sie uns bei Goodsprings in eine Schlacht geführt, mit der Absicht zu verlieren. Um uns damit zu schwächen.“
,, Ihr redet wie ein wütendes Kind.“ , entgegnete Aine ruhig.
,, Ihr wagt es…“
,, Skelaw, schweigt.“ , wies Vaas ihn an.
,, Nein, sicher nicht. Ich fordere Genugtuung.“ Er hatte das Messer das er trug gezogen und Coel war bereit, ihn sofort zu entwaffnen, sollte der wütende Artheraner eine falsche Bewegung machen.
Stattdessen jedoch sprang er zurück als Skelaw ihm die Waffe vor die Füße warf. Die klinge prallte vom Boden ab und schlitterte einige Schritte über den Stein , bevor sie liegenblieb.
Skelaw drehte sich um und stapfte aus dem Raum.
,, Hat er grade getan, was ich denke ?“ , durchbrach Martin das anschließende Schweigen.
Coel hob langsam die Waffe auf.
,, Ich fürchte ja.“ , sagte Adams.
,, Primitiv, absolut primitiv.“ , fluchte Elth. Der Junge Artheraner schien sich über diese Herausforderung Skelaws besonders aufzuregen.
,, Großartig.“ Coel ließ sich wieder auf eines des Sitzkissens fallen. ,, Aber ich muss nicht wirklich darauf eingehen , oder ?“
Das Schweigen der vier Räte sagte ihm alles, was er wissen musste.
,, Ihr wollt mir ernsthaft sagen, das ihr, trotz eurer technologischen Entwicklung in den letzten Jahrzehnten, immer noch so etwas wie Duelle praktiziert ?“ Es war nicht unbedingt taktvoll, so direkt zu sein, das war Coel klar. Und er wünschte sich, Seyonn wäre noch hier. Aber so…
,, Ich vermute mal, es gibt nicht die Möglichkeit, das ich einfach ablehne ?“
Weiteres Schweigen.
,, Was ?“
,, Nein, das würde, so sehr auch ich diese Praktiken ablehne, viele Artheraner gegen sie aufbringen.“ , warnte ihn Vaas. ,, Und gegen uns.“
,, Und das würde wohl auch verhindern, das ihr mich weiter anhört, wie ?Es wird mit jeder Sekunde besser. Ich vermute mal ich darf ihn auch nicht einfach erschießen?“
Weitere Sekunden des Schweigens folgten.
,, Es gibt keine… Möglichkeit wie du gewinne kannst.“ , meinte Aine leise.
,, Ich bin kein Anfänger.“ , meinte Coel. Natürlich würde er Skelaw nicht unterschätzen. Der Mann war sicher klug genug, sich selbst im Zorn nicht auf einen Kampf einzulassen, den er nicht gewinnen konnte.
,, Darum geht es nicht.“ , sagte Darween. Er schien sich nicht an der allgemeinen Entrüstung zu stören. Aber zumindest die Schadenfreude von zuvor war aus seiner Stimme verschwunden.
,, Wenn sie ihn töten, wird das vielen schon als Grund reichen sie abzulehnen. Und wenn wir unseren Rückhalt in den Häusern verlieren…“Elth machte eine Pause. ,, Sie wissen nicht, wer mich ersetzen würde, würde das passieren.“
Coel seufzte entnervt. Elth war vielleicht der einzige, der wirklich auf ihrer Seite stand, soweit er das bisher einschätzen konnte. ,, Ich habe nicht vor ihn zu töten.“
Als daraufhin wieder nur Schweigen folgte, schüttelte er entnervt den Kopf. ,, Was soll ich bitte machen ? Ihn mich umbringen lassen?“ , fluchte Coel.
,, Es gäbe eine Möglichkeit.“ , sagte Aine. ,, Ich nehme die Herausforderung für ihn an.“
,, Was ?“ Coel schüttelte entschieden den Kopf. ,, Nein, das lasse ich sicher nicht zu, ich…“
,, Hör zu, wenn du gegen Skelaw kämpfst, egal wie es ausgeht, verlierst du jedes bisschen Rückhalt für die Menschen, das wir haben. Dann hört dir keiner mehr zu.“ , sagte sie.
,, Und du ?“
,, Ich habe hier nicht mehr viel zu verlieren. Und du auch nicht.“
Er sah hinüber zu Adams und Martin. Dann weiter zu Vaas, Elth, und den übrigen.
,, Ich könnte dich verlieren.“ , meinte er leise.
,, Wie oft hätte ich das sagen können ?“ Aines für ihn unergründliche Augen musterten ihn einige Augenblicke stumm und schließlich musste er zu Boden sehen. Ich kann einem Via ins Gesicht sehen und lachen, dachte er fasziniert und irritiert zugleich, aber nicht ihr.
,, Das ist nicht dasselbe.“ , erwiderte Coel.
,, Weil du es warst, der sein Leben allein riskiert hat ?“
,, Nein.“ Er wusste, dass es eine schlechte Lüge war. Sie unterhielten sich immer noch gedämpft. Coel zwang sich wieder aufzusehen. Er hätte viel sagen können, eine Unzahl Argumente finden können, doch stattdessen sagte er nur : ,, Gut. Aber pass auf dich auf.“ Er übergab ihr das Messer, das Skelaw dagelassen hatte.
,, Wir können gehen.“ , meinte Aine, nachdem sie die Waffe an sich genommen hatte. ,, Lassen wir Skelaw nicht warten .“