Zwei
Jemand sitzt auf der steinernen Bank im Pavillon. Die Beine fest an seinen Körper gepresst und die Arme um die Knie geschlungen. Der Blick ist starr geradeaus gerichtet, die Person beobachtet die tanzenden Schneeflocken.
Es ist ein MĂ€dchen. Ich erkenne sie an ihren langen Haaren, die sich kaum von ihrem dunklen Mantel abheben.
Sie ist das komplette Gegenteil ihrer Umgebung. Sie ist die schwarze Tinte auf dem weiĂen Papier.
Zögerlich setzte ich den ersten Schritt nach vorn. Der Schnee knirscht gefÀhrlich laut unter meiner Sohle. Ich
schaue zu dem MĂ€dchen hinĂŒber. Sie mĂŒsste mich doch eigentlich hören. In dieser ohrenbetĂ€ubenden Stille mĂŒsste sie mich wahrnehmen können.
Doch sie sitzt weiterhin in ihrer Haltung auf der Bank, als ob sie zu diesem Bauwerk dazu gehört. Als sĂ€he sie nur so lebendig aus und wenn ich nĂ€her trete, erkenne ich ihre starren GliedmaĂen und leblosen Augen. Ich werde meine HĂ€nde nach ihr ausstrecken und ihre eiskalte und glatte Haut berĂŒhren.
Ich schĂŒttle meinen Kopf um ihn von diesen unheimlichen Gedanken zu befreien.
Ich stehe nun vor der kleinen Treppe die
hinauf fĂŒhrt.
âHallo.â, flĂŒstere ich dem MĂ€dchen zu. Sie starrt weiterhin in die Tannen, die die Schneeflocken mit ihren grĂŒnen Nadeln fangen.
âMein Name ist Bella.â, ich bekomme immer noch keine Reaktion.
Vorsichtig erklimme ich die zwei Stufen, darauf bedacht sie nicht zu verÀngstigen. Wie ein ungezÀhmtes Tier, das noch nie einen Menschen gesehen hat.
Behutsam lasse ich mich auf der Bank nieder Am Ă€uĂeren Rand um den Abstand zu halten.
Sie ist ein Geheimnis fĂŒr das man einen SchlĂŒssel braucht. Doch wie finde ich diesen SchlĂŒssel um sie zu öffnen?
Ich schaue sie an.
âWie geht es dir?â.
Plötzlich dreht sie ihren Kopf in meine Richtung. War diese Frage der SchlĂŒssel gewesen? Zum ersten Mal nimmt sie mich wahr.
Ihre braunen Augen sind stumpf, ohne jeden Glanz.
âDu willst wissen wie es mir gerade geht?â
Ihre Stimme klingt so zerbrechlich wie Glas.
âJa.â, antworte ich schlicht.
 Ich kann nicht glauben, dass sie sich tatsÀchlich mir zugewandt hat.
âNaja, ich lebe noch.â, sagt sie und richtet ihren Blick wieder nach vorn.
Sie lebt noch? Was meint sie damit?
âWas soll das heiĂen?â, frage ich entrĂŒstet.
âDu willst es wissen?â
âJa, wenn du mich lĂ€sst.â
Wieder schaut sie mich an. Ihr Blick ist entschlossen.
âGut, ich erzĂ€hle dir meine Geschichte.â