Beschreibung
letzter Teil der Tagebuchsaufzeichnungen einer Frachtschiffreise
Kapitel 11
Piräus- Algeciras- Hamburg
Rettungsmanöver
20.3. Um 11.00 Uhr sind wir in Piräus angekommen, aber o Schreck, kein Platz an der Pier frei. Man bedeutete uns also, vor Anker zu gehen und zu warten, bis etwas frei würde. Schade, also kein Landgang.
21.3. Durch die Wartezeit vor Anker hatte der Kapitän die geniale Idee, mal ein Rettungsmanöver mit dem Rettungssatelliten durch zu führen. Der Rettungssatellit hängt in 20 m. Höhe (30 Grad gegen die Waagerechte geneigt stehend.) Ich stellte mir das eigentlich ganz lustig vor, so ähnlich wie Karussel fahren, und wunderte mich, dass gestandene Männer von der Besatzung sich weigerten, dabei mit zu machen. Aber es war ja freiwillig. Der Satellit wurde also bemannt und befraut (ich). Mein Sitz war ganz hinten an der Spitze. Ich bekam also den Schlag ins Wasser ganz besonders zu spüren. Also freiwillig würde ich dieses auch nicht mehr mit machen. Ich hatte das Gefühl,dass mein Kopf zerplatzt wäre. Dann im Wasser ein paar Runden um das Schiff gedreht und an der Lotsentreppe wieder an Bord geklettert. Peter war ganz stolz auf mich.
23.3. Vormittags 11.00 Uhr durften wir dann endlich einlaufen. Also gleich danach an Land. Mit der S-Bahn zur Plaka, das ist die Altstadt von Athen unterhalb der Akropolis gefahren. Etwas gebummelt, und die Akropolis von unten angesehen. Peter hatte ab 18.00 Dienst und so mussten wir uns bald wieder auf die Socken machen.
24.3. Heute morgen eine freudige Überraschung. Es erschien Pastor Bott, der Seemannspastor, der hier in Piräus lebt. Der erbot sich, mit uns nach Piräus zu fahren, um uns beim Einkaufen zu beraten. Uns gegenüber im Hafen lag ein Schiff der Hapag Lloyd, die Sydney. Mit 5 Leuten von dort, dem Funker Rainer und mir ist er zu einem alten Kloster „Daphne“ gefahren, wo wir wunderschöne Mosaiken bewundern konnten. Anschließend Peter vom Schiff abgeholt, der gerade Feierabend machte und in Piräus in Mikrolimano in ein nettes Lokal „Sorbal“ gegangen, wo man draußen sitzen konnte. Wir speisten fantastisch und machten anschließend einen Spaziergang durch den Jachthafen. Dann mussten wir leider zurück, weil Peters Wache begann. Morgen früh will Pastor Bott mit uns nach Korinth fahren.
25.3. Letzte Nacht wurde in Griechenland die Uhr 1 Stunde vorgestellt, was natürlich keiner wusste. So kamen wir alle zu spät. Pastor Bott wartete schon. Peter hatte mit Matthias seine Wache getauscht und konnte mitkommen. Zuvor hatte er nur 3 Stunden geschlafen. Aber einen Seemann haut ja bekanntlich nichts so schnell um. Mit kleinen Äuglein saß er am Frühstückstisch. Der Pastor brachte noch ein anderes Ehepaar von einem anderen deutschen Schiff mit, und es konnte los gehen. Mit von der Partie waren von uns der Funker, der Elektriker und natürlich wir. Wir stiegen in einen Kleinbus und fuhren in Richtung Korinth. In Eleusia machten wir halt und betrachteten eine alte Römerbrücke, die aus der Zeit 200 vor Christus Stammt. Dann über die Küstenstraße. Während der ganzen Zeit erzählte uns der Pastor alte Sagen, die aus dieser Gegend stammen. Wir haben viel gelacht. Unterwegs wurden noch hiesige Bäume und Blumen bestaunt. Für die Damen hatte Pastor Bott vom Baum Feigenblätter gepflückt. Man sah ihm an, wie viel Freude er an seinem Beruf hat, und wie er darin aufgeht.
Weiter ging es dann über die alte Stadt Megara und Vineta, und dann, fuhren wir über die Brücke des Isthmus von Korinth. Wir stellten das Auto ab und lustwandelten auf der Brücke über den Isthmus. Dabei versuchten wir die Länge des Kanals zu schätzen, was aus 80 m Höhe gar nicht so einfach war. Derjenige, der am weitesten von der wirklichen Länge entfernt war, musste laut Pastor Bott einen ausgeben. Den Elektriker traf es dann und so zogen wir fröhlich in die Taberna und nahmen Capuccino, sowie Souvlaki zu uns. Danach ging es weiter Richtung Korinthos. Das alte Korinthos ist leider durch Kriegseinwirkungen und Erdbeben zerstört. Also fuhren wir nach Akrokorinthos, ein sehr schönes kleines Dorf. Hier steht der berühmte Apollontempel. Danach in das alte Odeon. Hier floss einmal viel Blut. Es wurden hier Gladiatorenkämpfe abgehalten. In dieser Gegend ist auch schon Paulus gewandelt. Heimlich habe ich mir ein paar Tonscherben, die hier von den Ausgrabungen herum liegen, eingesteckt. Wenn das alle machen würden!! Ich habe zwar ein schlechtes Gewissen, doch das Gefühl in mir war übermächtig. Etwas aus Paulus Zeit in der Tasche zu haben !!! Nun fuhren wir zu einer kleinen Taverne und aßen Riesenkoteletts und tranken den guten Fasswein Rose- Retsina. Anschließend dann die Rückfahrt über die Autobahn. Auf dem Schiff angekommen, sanken wir dann todmüde in die Koje. Das war wirklich ein erlebnisreicher Tag.
27.3. Heute ist es merklich kühler. Wir sind heute morgen um 8.00 ausgelaufen in Richtung Algeciras. An Sonnenbaden ist nicht zu denken. So verbringe ich den Tag bei Peter auf der Brücke. An Sizilien sind wir ganz dicht vorbei gefahren, dann an der Küste Tunesiens. Wir haben jetzt wieder 3 Seetage vor uns. Ich fange schon mal an, Sachen, die nicht mehr gebraucht werden, in die Koffer zu verstauen. Für mich ist es ein blödes Gefühl. Ein zauberhaftes Vierteljahr geht seinem Ende zu. Peter ist natürlich glücklich. Er hat jetzt 3 Monate Urlaub. Ich gönne es ihm von Herzen. Die hat er sich wirklich verdient.
30.3. Morgens um 2.30 Uhr klingelte der Wecker. Peter mußte zum Anlegen runter. Algeciras empfing uns nicht sehr freundlich, starker Regen und Wind. Um 4.00 Uhr kam er sehr müde wieder ins Bett und wurde um 7.00 wieder geweckt. Dienstbeginn. Ich habe weiter geschlafen. Nachmittags wollten wir eigentlich an Land. Peter war aber so kaputt, dass ich ihn weiter schlafen ließ. Der Wind war so stark, dass die Containerarbeiten nicht ausgeführt werden konnten. Durch die starke Dünung scheuerten sich 4 Leinen am Poller kaputt. Peter musste während seines Dienstes unheimlich aufpassen, dass sich das Schiff nicht löste.
31.3. Der Wind hat sich etwas gelegt. Die Arbeiten an den Containern sind als im vollen Gange. Nach Peters Dienst um 12.00 Uhr sind wir noch schnell an Land gegangen. Wir wollten noch nach Hause telefonieren.
Wir haben uns aber in Algeciras nicht lange aufgehalten, da es immer noch endlos goss. Klitschnass kamen wir wieder zurück zum Schiff.
1.4. Gestern Nacht um 24.00 Uhr sind wir aus Algeciras ausgelaufen. Wohin es jetzt geht, weiß keiner. Das werden wir wohl frühestens morgen durch ein Telex von der Reederei Norasia erfahren. Hoffentlich geht es nach Hamburg. Denn in Rotterdam aus zu steigen mit dem vielen Gepäck ist bestimmt nicht so lustig. Wir haben heute sehr starke Dünung. Das Schiff schaukelt ganz schön.
2.4. Ein Seetag. 6 m hohe Wellen und ein ewig schaukelndes Schiff. Beim Schlafen muss man sich schon die richtige Lage aussuchen, damit man nicht aus der Koje fällt. Wir sind im Atlantik. Heute Nacht fahren wir durch die Biskaya. Dort könnte es noch schlimmer sein. Das Schiff schafft im Moment nur noch knapp 13 Knoten. Am Nachmittag haben Peter und ich die Zwischenabrechnung des Proviants gemacht. Es kommen jetzt die letzten hektischen Tage. Vor dem Abmustern muss ja alles in Ordnung sein. Die letzte Maschine Wäsche wurde heute auch schon gewaschen und der größte Teil unserer Sachen gepackt.
3.4. Heute haben wir endlich Bescheid bekommen. Es geht nach Hamburg. Gott sei Dank !!
4.4. Ein toller Urlaub nähert sich seinem Ende. Ich habe gerade die letzten Sachen gepackt. Peter ist zum Dienst auf die Brücke, und ich habe Großreine gemacht. Es muss ja alles für den Nachfolger in Ordnung sein. Morgen Abend sollen wir in Hamburg sein. Jetzt haben wir nur noch 5 Grad.
5.4. Nun sind wir schon auf der Elbe. Um 14.00 Uhr kam der Seelotse, der vom Elblotsen abgelöst wurde. Gegen 21.00 Uhr sollen wir in Hamburg einlaufen. Peter hat seine Wache mit Matthias getauscht, damit dieser zwischendurch noch schnell nach Hause kann. Er wohnt in Hamburg und muss noch 3 Monate länger fahren. So macht Peter morgen von 24.00 – 8.00 die Wache. Und wir werden im Laufe des Vormittags von seinen Eltern abgeholt. Damit schließe ich jetzt mein Tagebuch. Ich muss sagen, es waren die schönsten und aufregendsten Monate meines Lebens, und ich danke dem lieben Gott, dass er es so gut mit mir meint. Hoffentlich werde ich noch eine recht lange Zeit mit meinem Peter verbringen.