Fantasy & Horror
Der Wächter der Tore Teil 2 - Teil 2 von 2

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"Der Wächter der Tore Teil 2 - Teil 2 von 2"
Veröffentlicht am 22. Januar 2013, 34 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Der Wächter der Tore Teil 2 - Teil 2 von 2

Der Wächter der Tore Teil 2 - Teil 2 von 2

Beschreibung

Yog Sothoth ist der Wächter der Tore

Stütten brachte mich zurück ins Lager, blieb aber nicht lange bei mir, die Anziehungskraft des Portals schien zu groß zu sein. Ich beobachtete wie er eiligen Schrittes zurückkehrte, um seine Studien fortzusetzen. Ich war ihm nicht böse, wie den auch, drängte mein Wissensdurst mich doch selbst zur Eile, wollte mir zunächst jedoch eine kleine Pause gönnen.

Einerseits tat mir die Schulter weh, andererseits sah ich immer wieder Einzelheiten der schrecklichen Vision in meinen Gedanken aufblitzen.

Ich stand auf, und lief an den nahegelegenen Wasserlauf, um mir das Gesicht abzukühlen.

Vielleicht gelang es mir die Vision aus meinen Gedanken, gleichzeitig mit dem Schweiß auf meiner Stirn fort zu wischen. Leider gelang mir dies nicht, die schwarzen Tentakel schafften es immer wieder, einen Weg in meine schlimmsten Ängste zu finden.

Dann sah ich etwas, was meine Gedanken kurzzeitig davon ablenkte.

Ich sah Pedro in einiger Entfernung durch den Wald laufen. Scheinbar ziellos, lief er zwischen den Urwaldriesen auf und ab. Er schien mit sich selbst zu sprechen und machte einen verwirrten Eindruck auf mich.

Da ich mich in diesem Moment noch zu schwach auf den Beinen hielt, beschloss ich ans Lager zurückzukehren und später nach ihm zu sehen.

Maischen erwartete mich dort bereits. Aufgebracht lief sie mir auf halbem Weg entgegen.

Sie erzählte mir, dass Richter auf eigene Faust in den Tempel hinabgestiegen war und nun bereits seit fast einer Stunde in dem dunklen Loch verschwunden blieb.

Dieser unüberlegte Aktionismus von Richter, schien mir gänzlich untypisch für ihn zu sein.

Dr. Maischen machte sich wirklich Sorgen um Richter, sie betonte immer wieder welch schlechte Gefühl sie bei der Sache habe.

Sie zitterte vor Aufregung und wir mussten uns einige Minuten setzen, bevor wir zusammen zu der Öffnung laufen konnten.

Auf dem Weg dorthin unterrichtete ich Stütten über die Geschehnisse, doch dieser schien nur mit einem Ohr zuzuhören. Sein Blick blieb auf dem Bogen haften, doch betonte er, er würde sogleich nachkommen.

Als wir die Öffnung erreichten, sahen wir eine Gestalt aus dem Dunkel emporsteigen.

Ein Totenkopf starrte uns grinsend aus dem Dunkel an.

Maischen schrie entsetzt auf, und auch ich wich einige Schritte zurück.

Eine kreidebleiche Hand erschien, klammerte sich an den Felsen und wuchtete den dazugehörigen Körper an die Oberfläche.

Es war Richter. Er war fast vollständig mit zu weißem Staub zermahlenem Gestein bedeckt, nur Augen, Nasenlöcher und Mundpartie waren unbedeckt. Als wir unseren Fehler erkannten, liefen wir eilig zu Richter und halfen ihm aus dem Loch.

In seiner echten Hand hielt er einen Kreisrunden Gegenstand, den er mir jetzt wortlos in die Hand drückte.

Er wischte sich den Staub aus dem Gesicht und sah mich an. Es war als fiele etwas von ihm ab.

Seine Augen wurden glasig und ein Ausdruck von Verwirrtheit, ersetzte den zuvor so konzentrierten Blick. Wir mussten Richter stützen und führten ihn an Stütten, der uns überhaupt nicht zu beachten schien, zurück ins Lager.

Als wir dort ankamen, schien auch Richter wieder bei sich selbst zu sein. Er betrachtete seine kalkweißen Hände und sah staunend an sich herab.

Er verschwand in seinem Zelt und kehrte kurz darauf mit noch sauber zusammengelegten Ersatzklamotten zurück.

Richter wollte sich an dem kleinen Bach, welchen auch ich kurz zuvor als Erfrischung genutzt hatte, waschen und umziehen.

Nachdem sich Richter entfernt hatte, setzte sich Maischen zu mir, sichtlich beruhigt, aber noch immer nervös. Ihr linkes Augenlid zuckte ab und an unkontrolliert und auch ihre Handbewegungen wirkten ungewöhnlich fahrig.

Ich fragte wie sie sich fühle, doch Maischen antwortete mir nicht gleich, sondern sah Richter hinterher. Ich wiederholte meine Frage und nun antwortete sie mir, wenn auch nicht auf meine Frage. Während sie sprach sah sie mich nicht an, sondern hielt den Blick weiterhin auf den Urwald gerichtet:

„Wissen Sie Dr. Herrenberg, ich kann mir die Zusammensetzung des Gesteins in diesem Tempel nicht erklären. Der Boden auf dem er erbaut worden ist, ist erkaltetes Magma, doch habe ich keine Spuren eines Vulkanes hier gesehen. Es müsste Anzeichen geben, dutzende sogar.

Rauchende Gruben, Felsformationen, ja selbst die Vegetation in diesem Tal sollte anders sein, falls wir uns in einem Krater befinden sollten.

Hier ist es, als habe sich der Boden einfach von innen nach außen gestülpt, und das nur an diese Stelle.“

Ich wollte gerade antworten als wir Stütten schreien hörten.

Erschrocken sahen wir uns an, und liefen dann gemeinsam in Richtung Torbogen.

Von weitem sahen wir ihn schon am Boden knien, die Hände vor den Mund geschlagen.

„Was ist geschehen?“, keuchte ich atemlos als wir ihn erreichten, doch da sah ich es schon selbst.

„Mir ist der Pinsel aus der Hand gefallen, dann hab ich etwas gesehen und gegraben“, stotterte Stütten.

Skelettierte Menschliche Hände, Stücke eines Unterkiefers und einiger Wirbelknochen lagen teilweise freigelegt vor uns.

Ich konnte Stüttens Aufregung verstehen, als Symbolloge bekam man nicht alle Tage menschliche Überreste zu Gesicht.

Jedoch schockten mich die menschlichen Gebeine umso mehr, lagen sie doch genau an jener Stelle,  die ich in meiner Vision gesehen hatte. Hier hatte das schwarze Etwas die wehrlosen Wilden verschlungen.

 

 

 

Da der Tag sich dem Ende neigte, kehrten wir kurz darauf in unser Lager zurück.

Ich hatte mich noch immer nicht getraut meine Visionen zum Thema zu machen, jedoch war auch  zu viel in den letzten Stunden passiert, als dass einer meiner Kollegen Zeit gefunden hätte darüber nachzudenken.

Richter hatte bereits ein Feuer entfacht und aß aus einer Konservendose.

„Was haben Sie da in der Hand?“, sprach er mich an, als ich mich neben ihn setzte.

Erst jetzt wurde ich mir des Gegenstands in meiner Hand bewusst.

Seit Richter aus dem Loch gestiegen war und ihn mir in die Hand gedrückt hatte, hatte ich ihn nicht mehr losgelassen.

Entgeistert starrte ich darauf.

„Ich habe keine A...“, begann ich, doch noch im selben Moment wusste ich es.

Der kreisrunde, aus geflochtenem Stahl bestehende Ring, war jener Kranz, den der Priester in meiner Vision getragen hatte.

Es war diese Erkenntnis, die mir den bislang größten Schock bereitete.

Mir muss jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen sein, den Richter berührte mich an der Schulter und sprach:

„Haben Sie gerade einen Geist gesehen? Sie sind kreidebleich.“

 

Stütten verabschiedete sich früh. Er war noch immer aufgewühlt und hatte kaum ein Wort gesagt. Aber auch ich war müde und ging früh zu Bett. Die letzten Stunden hatten sehr an meinem Körper und Geist gezerrt und ich wollte mich einfach nur ausruhen.

Im Schein meiner Öllampe betrachtete ich noch einmal den Kranz.

Das Material schien dasselbe zu sein, aus welcher auch der Torbogen zu bestehen schien.

Er war ebenso äußerst kunstvoll gefertigt und mit obskuren Symbolen versehen.

Allein dieser Kranz, war eine Entdeckung von immenser wissenschaftlicher Bedeutung.

Für einen Moment vergaß ich die beunruhigenden Visionen und das merkwürdige Verhalten meiner Gefährten.

An den Augenblick, an dem mich letztendlich die Müdigkeit übermannte, kann ich mich nicht mehr erinnern, doch als ich das nächste Mal die Augen aufmachte, war es stockdunkel in meinem Zelt und durch die dünnen Stoffwände konnte ich sehen, dass draußen das Feuer fast vollständig herunter gebrannt war. Erneut vernahm ich das seltsame Brummen. Es war stärker als beim letzten Mal, und ich hatte das Gefühl, die Haare auf meinen Armen vibrierten mit ihm.

Plötzlich erinnerte ich mich an Pedro Ich hatte ihn im Trubel der letzten Stunden völlig vergessen und  bevor ich mich in mein Zelt zurückzog, nicht mehr gesehen.

Mein letzter Eindruck war, dass er äußerst betrunken gewesen sein musste.

Der Gedanken an ihn ließ mir keine Ruhe.

Was wenn er irgendwo gestürzt war und nun Hilfe brauchte. Pedro war kein junger Mann mehr, auch wenn er noch äußerst agil erschien.

Leise, um die anderen nicht zu wecken, öffnete ich den Reißverschluss meines Zeltes und schlüpfte hinaus in die Dunkelheit.

Das Feuer verbreitete kaum noch Licht, doch reichte es noch aus, um mir zu zeigen, dass die Zelte der anderen offen standen.

Ich warf einen Blick in Richters Zelt. Sein Bettzeug war aufgewühlt, ebenso das von Stütten und Maischen. Sie waren also schlafen gegangen und mussten nun gemeinsam aufgestanden sein.

Verwirrt sah ich mich um, konnte jedoch in der Dunkelheit kaum etwas erkennen.

Ich trat einige Meter hinter eines der Zelte um meine Augen besser an die Dunkelheit zu gewöhnen, da mich das glimmen des Feuers daran hinderte.

Ein Stock oder ähnliches brach ganz in meiner Nähe und ich schreckte zusammen.

Einem Reflex folgend duckte ich mich und verharrte still in dieser Position.

Ich vernahm Schritte, und hoffte auf einen meiner Gefährten.

Ich erhob mich und sah in Richtung der Zelte zurück, aus der ich die Geräusche vermutet hatte.

 

Eine Person stand vor meinem Zelt. Ihr Anblick verschlug mir augenblicklich die Sprache.

Soweit ich es im diffusen Licht der letzten Flammen erkennen konnte, war die Person männlich und vollständig nackt.

Sie bückte sich und sah ins Innere meines Zeltes. Ihr schweißgebadeter Rücken glänzte im Schein der Glut. Dann erhob sie sich wieder und drehte sich um.

Es war Pedro, dessen Gesicht halb beleuchtet, halb in Schatten gelegt, in meine Richtung sah.

In seiner rechten Hand hielt er einen dicken Stock, dessen Vorderteil schwarz schimmerte.

Ich war wie erstarrt. Pedro wirkte nicht mehr wie ein alter Mann, sondern wie ein Raubtier.

Ich konnte ihn atmen hören und seine Brust hob und sank sich außergewöhnlich schnell.

Er hatte mich in der Finsternis nicht gesehen, denn er kehrte mir erneut den Rücken zu, und verschwand in die Richtung, aus der er gekommen war.

 

Ich blieb noch einige Minuten wie angewurzelt stehen, erst dann löste sich meine Schockstarre nach und nach. So leise wie möglich, und darauf achtend nicht von der Glut angestrahlt zu werden, schlich ich zurück zu meinem Zelt. In meinem Rucksack befand sich ein Messer.

Ich hatte es vor meiner Reise neu gekauft, und bisher nicht einmal aus der Scheide genommen.

Der Reißverschluss stand noch offen und so war es ein leichtes meinen Rucksack zu erreichen. Ich griff danach und zog mich in die Dunkelheit hinter unserem Lager zurück.

Mir kam es so vor, als höre man meine hektischen Atemgeräusche meilenweit.

Um mich herum war ewige Finsternis und eine bedrückende Stille. Kein Vogel, kein Affe, ja nicht einmal das Zirpen einer Grille war zu hören. Nur das stumpfe Brummen durchschnitt dieses Vakuum. Jetzt da ich mich darauf konzentrierte, ging es durch Mark und Bein. Es war als dringe es in die tiefsten Regionen meines Kopfes vor, wühlte und bohrte darin, auf der Suche nach meinen dunkelsten Geheimnissen.

Meine Finger berührten den Schaft der Klinge und ich fand wieder zu mir.

Ein Leuchten zu meiner rechten zog meine Aufmerksamkeit auf sich.

Vorsichtig schlich ich mich in diese Richtung. Auf halbem Weg zog ich meine schweren Stiefel aus, um so geräuscharm wie möglich voran zu kommen.

Ich hatte keine Ahnung was mit Pedro geschehen war, aber sein Anblick, seine animalische Ausstrahlung hatte mir einen gehörigen Schreck eingejagt. Ich wollte kein Risiko eingehen.

Das Messer fest im Griff, schlich ich weiter.

Ich verbarg mich hinter einer der umgestürzten Säulen und konnte nun den Ursprungsort des Lichtes erkennen.

Unterhalb des Torbogens war ein Feuer entzündet worden. Davor lagen Richter, Maischen und Stütten regungslos auf dem Boden. Pedro konnte ich nicht ausmachen.

Die Szene war erschüttert, erinnerte sie mich doch allzu sehr an meine Visionen.

Mir blieb nicht viel Zeit daran zu denken was wohl mit Pedro geschehen war, den das Brummen wurde immer lauter, und mit ihm stieg auch meine Angst etwas schreckliches würde alsbald geschehen.

Zu meiner Schande muss ich eingestehen, dass mein Mut nicht groß genug war, einfach in ihre Mitte zu stürmen und mich einem offenen Kampf gegen Pedro zu stellen.

Ich arbeitete mich an der Säule entlang, so dass ich die Gesichter meiner Gefährten erkennen konnte.

Pedro hatte sie nicht getötet, sondern nur bewusstlos geschlagen. Ich konnte erkennen wie sich ihre Brustkörbe hoben und sanken.

Maischen richtete sich plötzlich auf. Sie stöhnte und griff sich an den Hinterkopf. Verwirrt sah sie sich um. Ich war versucht ebenfalls aufzustehen um sie auf mich aufmerksam zu machen, doch im selben Moment hörte ich Schritte hinter mir und fuhr zusammen.

Äste brachen und etwas Dunkles huschte nur wenige Meter an mir vorbei.

Es war Pedro der aus dem Wald auf das Feuer zu stürmte. Er hatte den Stock erhoben und ehe ich mich versah, versetzte er Maischen einen schweren Schlag gegen den Kopf.

Das Geräusch das der Schlag verursachte war entsetzlich. Maischen klappte zusammen und blieb regungslos liegen.

Eine dunkle Blutlache bildete sich um ihren Kopf.

Was nun folgte ist an Perversität kaum zu überbieten. Pedro kniete sich nieder und strich mit den Fingern durch Maischens Blut, um es anschließend in seinem Gesicht zu verteilen.

Er schien es zu genießen, den ich glaubte ihn lächeln zu sehen.

Dann trat er an den Torbogen und verteilte auch hier Maischens Blut entlang der Steine.

Das Brummen wurde unterdessen zu einem Vibrieren und verursachte einen pochenden Schmerz hinter meiner Stirn.

Ich sah Pedro von dem Tor zurücktreten und auf die Knie fallen. Er hob die blutigen Hände in die Nacht und fing an jenen Singsang zu intonieren, den ich in meiner ersten Vision vernommen hatte.

 

Der letzte Abschnitt meiner Erzählung, mag auf Sie vielleicht den Eindruck machen, ich hätte den Verstand verloren, wäre möglicherweise einem durch Malaria oder eine andere Tropenkrankheit verursachtes Fieberalptraum erlegen, doch versichere ich Ihnen, dass dies nicht der Fall war.

 

Pedros Stimme schwoll an, als wären es dutzende Stimmen und nicht nur die seine.

Das Feuer flackerte und schien die Farbe zu wechseln.

Von irgendwo her begann ein eiskalter Wind zu wehen. Ich bekam Gänsehaut, so kalt war mir in diesem Moment. Pedro änderte seinen Singsang und jetzt konnte ich den seltsamen Namen heraus hören. Yog Sothoth, Yog Sothoth, Yog Sothoth.

Die Schriftzeichen auf dem Torbogen begannen zu leuchten. Nicht alle auf einmal, sondern in einer scheinbar willkürlichen Reihenfolge. Das Brummen war zu einem Dröhnen geworden, der jeden Knochen meines Körpers vibrieren ließ.

Plötzlich leuchteten für einen Augenblick alle Symbole gleichzeitig. Das Licht war so grell, dass ich meine Augen abschirmen musste, um keinen Schaden davon zu tragen.

Als ich erneut hinsah, war der Bereich hinter dem Bogen, welcher zuvor noch vom Schein der Flammen beleuchtet worden war, tiefschwarz.

Pedro war einige Schritte zurückgetreten. Durch Maischens Blut auf seinem Gesicht, sah er jetzt ganz wie einer der Wilden in meinen Visionen aus.

Eine Bewegung zuckte durch das Schwarz innerhalb des Bogens. Es sah aus als wäre ein Wassertropfen in einen See aus schwarzer Tinte gefallen.

Pedro fing an zu Kreischen. Er war in eine Art Trance gefallen.

Seine Laute bestanden nur noch aus abartigen Geräuschen, die mehr einem Tier ähnelten als einem Menschen. Er war wieder auf die Knie gefallen, und begann sich mit den Fingernägeln durch sein Gesicht zu fahren.

Trotz dieser grausigen Szenen war ich unfähig mich zu bewegen. Das Tiefschwarz zog meinen Blick auf magische Weise an sich. Ich folgte den Wellenbewegungen bis über den Rand des Bogens hinaus.

 

Das Brummen schwoll noch einmal an und hörte dann abrupt und schlagartig auf.

Gleichzeitig erstarben auch Pedros unmenschliche Laute mit ihm.

Die Stille die nun folgte, wirkte auf mich unheilvoller als das lauteste Brummen.

Richter stöhnte. Es klang als habe er einen fürchterlichen Albtraum.

Ein dicker, schwarzer Tentakel formte sich inmitten des Schwarz.

Ich konnte ihn erst erkennen als er einen von Maischens Füßen berührte.

Der Tentakel veränderte seine Form, teilte sich in dutzende kleine Fäden, die Maischen Schuh empor krochen.

Plötzlich riss Maischen die Augen auf. Sie lebte noch. Trotz der fürchterlichen Kopfwunde und des massiven Blutverlustes war sie noch am Leben.

Sie stemmte sich auf die Ellenbogen und sah mit weit aufgerissenen Augen an sich herab.

Einer der Fäden hatte ihren Hals erreicht und jetzt schrie Maischen.

Es war ein Schrei den ich nie mehr vergessen werde.

Der Faden hatte auf diesen Schrei gewartet, denn im nächsten Moment drang er in Maischens Mund.

Es gab keine weiteren Schreie, kein würgen.

Ich war froh als Maischen nach hinten weg klappte und ich nicht weiter ihr Gesicht sehen konnte.

 

Mir war klar, was als nächstes passieren würde, ich hatte es in meinen Visionen gesehen.

Das Schwarz, Yog Sothoth, würde auch noch Richter und Stütten verschlingen.

Und dann? Wie würde es enden?

In meinen Träumen hatte der Priester die Bestie zurückgeschickt, nachdem ihr gehuldigt worden war. Hier gab es keinen solchen Priester.

Was würde mit der Welt geschehen, dränge Yog Sothoth unaufhaltsam aus seinem Tor?

Das durfte nicht geschehen.

Ich entsann mich des Kranzes, welchen Richter in der Ruine gefunden hatte. In meinem Rucksack befand sich ebenso der Würfel.

Konnte ich dieser Priester sein?

Ich wusste es nicht, doch mir blieb keine Wahl, ich musste es versuchen.

Pedro kniete noch immer am Boden, seine Lippen bewegten sich in einem ständigen Fluss aus unverständlichem Kauderwelsch.

Langsam und darauf bedacht meine Position nicht zu verraten, zog ich mich in das Dunkel des Waldes zurück. Erst als das Feuer hinter einer Anhöhe verschwand, fasste ich den Mut etwas schneller zu laufen.

Das Feuer war mittlerweile vollständig herunter gebrannt, doch fand ich nach einigem umher tasten den Kranz in meinem Zelt.

Gestern Abend hatte er sich noch eisern und kalt in meinen Händen angefühlt, jetzt war er warm und schien zu pulsieren.

Es war ein unangenehmes Gefühl, als ob er leben würde.

Meinen Rucksack fand ich, indem ich im Dunkeln darüber stolperte.

Mein Herz pochte wie verrückt, als ich den Würfel darin berührte. Auch er pulsierte.

 

Als ich zurückkehrte, hatte das Schwarz bereits Stütten gepackt und fast vollständig eingehüllt.

Es war jetzt etwas weiter aus dem Bogen getreten und auch die Anzahl der sich in alle Richtungen windenden Tentakel hatte sich vergrößert.

Zu meinem Entsetzen bemerkte ich das Pedro verschwunden war. Die Stelle an der er gekniet hatte war jetzt leer.

Ich musste äußerst vorsichtig sein, da er zweifelsohne auf der Suche nach mir war.

Um das Messer halten zu können, steckte ich den Würfel in meine Tasche, den Kranz behielt ich weiterhin fest umklammert.

Ich hatte keine Wahl, ich musste etwas unternehmen, wollte ich wenigstens Richter retten.

Ich trat aus dem Schatten und stürmte auf den Torbogen zu. Ich hoffte inständig darauf, dass Pedro mich in diesem Moment nicht beobachten würde.

Ein Tentakel war bereits Richters Füßen gefährlich nahe, doch schaffte ich es Richter einige Meter von dem Torbogen wegzuziehen.

Das Feuer, welches Pedro angezündet hatte, hinderte mich nun in die Finsternis dahinter zu sehen.

Jetzt war Pedro im Vorteil. Mir blieben nur wenige Sekunden auf einen Angriff zu reagieren, kämme er aus der Dunkelheit auf mich zu gestürmt.

Ich hob das Messer etwas höher. 

Nie in meinem Leben habe ich wieder solch eine Angst verspürt. Vor mir in der Dunkelheit lauerte ein Wahnsinniger, und in meine Rücken erwuchs ein Grauen, das kaum zu beschreiben ist.

 

 

Dann ging alles sehr schnell. Ich hörte Richter irgendetwas sagen und im nächsten Moment wurde ich zu Boden gestoßen. Ein Schlag traf mich an der Schulter und ich verlor das Messer aus meiner Hand. Im Schein der Flammen sah ich Pedros nackten Körper vor mir stehen. Sein Blick war der eines Verrückten. Während dieses kurzen Augenblicks erkannte ich, dass jede Menschlichkeit aus ihm gewichen war.

Als wäre irgendeine Verbindung in seinem Geist für immer zerstört worden, und ihn dadurch zu einem Sklaven jenem Wesens gemacht hatte, das sich Yog Sothoth nannte.

Pedro hatte noch immer den Knüppel in der Hand, und hob ihn nun zum Schlag gegen mich an.

In diesem Moment erreichte ihn Richters Hand. Er war wieder zu Bewusstsein gekommen und hatte sich mit letzter Kraft erhoben um Pedro von hinten den Arm um den Hals zu legen.

Ich schaffte es mich rechtzeitig zur Seite weg zurollen, und Pedros Schlag ging ins Leere.

Richters Griff hatte Pedro jedoch nur kurz erschrocken, zu schwach war mein armer Kollege noch, nach der langen Bewusstlosigkeit.

Pedro versetzte Richter mit dem Ellbogen einen Schlag zwischen die Rippen und dieser ließ von ihm ab.

Ein weiter Schlag mit dem Stock traf Richters Hinterkopf und ließ diesen in sich zusammenfallen.

Ich hatte keine Chance zu helfen, zu schnell war alles gegangen.

Jedoch hatte ich es geschafft mich aufzurichten. Ich sah mich nach meinem Messer um, konnte es aber nicht entdecken.

Allerdings hielt ich noch immer den Kranz in meiner Hand.

Pedro hatte sich inzwischen nach mir umgedreht und sah mich mit einem teuflischen Grinsen an.

Ich versuchte auf ihn einzureden, ihn irgendwie zur Vernunft zu bringen, doch prallten alle meine Worte von ihm ab.

Plötzlich bemerkte ich eine Veränderung in Pedros Augen. Ich folgte seinem Blick und erkannte dass er den Kranz fixiert hatte, welchen ich in meiner Hand hielt.

 

Warum ich das folgende letztendlich tat, kann ich heute nicht mehr sagen, vielleicht aus eigenem Antrieb, infolge irgendeines Schutzmechanismus, oder aus einem anderen Grund, dem ich unfähig war, mich zu widersetzen.

Noch während Pedro den Kranz anstarrte, setzte ich ihn mir auf den Kopf.

Was nun passierte, lässt sich für mich nur schwer in Worte fassen, was teilweise daran liegen mag, dass ab diesem Zeitpunkt meine Erinnerungen ineinander verschwimmen und ich Realität von Fiktion nicht mehr unterscheiden kann. Auch ob ich aus freien Stücken handelte oder von einer fremden Macht gesteuert wurde, bleibt eines der vielen ungeklärten Rätsel.

 

Ich sah Pedro vor mir zurückweichen. Den Stock hatte er fallengelassen. Er stolperte über den regungslos am Boden liegenden Körper Richters und flog der Länge nach hin.

Ängstlich, ja fast panisch kroch er, den Blick fest auf mich gerichtet, seinem grausigen Schicksal entgegen.

Die schwarzen Tentakel waren nun schon einige Meter aus dem Portal gewachsen, und als Pedro bemerkte, dass er geradewegs in sein verderben robbte, war es für ihn schon zu spät.

Einer der Tentakel berührte seinen nackten Rücken und im selben Moment erstarrte dessen Körper.

Nur seine Augen bewegten sich weiterhin, suchten panisch nach einem Ausweg, den es nie geben sollte.

Die Tentakel waren jetzt schon durch die Körper Maischen und Stüttens gestärkt, und so wurde Pedros Körper wesentlich schneller absorbiert als noch die der anderen.

Der Tentakel verbreiterte seinen Arm, und legte sich wie eine schwarze, zuckende Blase um Pedro.

 

Auch ich setzte mich jetzt in Bewegung. Ich lief in einem weiten Bogen um das pulsierende Schwarz, griff in meine Hosentasche und schloss meine Hand um den Würfel.

Einer der Tentakel wich umgehend vor mir zurück, und gab mir somit den Weg frei.

Ich zog den Würfel aus meiner Tasche und hob ihn in die Höhe.

Es war als wäre mein Verstand einfach zur Seite gedrängt worden und ein anderer, ein stärkerer als der meine, hätte die Kontrolle übernommen. Ich hörte mich reden, doch verstand ich meine eigenen Worte nicht. Es war jene Sprache, der sich auch Pedro bedient hatte, die so befremdlich klag, als stamme sich nicht von dieser Welt.

Meine Stimme erhob sich zu einem Gesang ohne erkennbare Melodie.

Die Symbole des Würfels erstrahlten plötzlich in einem hellen, vielschichtigen Blau.

Das Brummen erklang wieder, doch dieses Mal klang es wie ein Schrei.

Kein ängstlicher oder schmerzvoller, sondern ein wütender Schrei, voller Zorn und Hass.

Ich spürte, dass der Geist, welcher meinen übernommen hatte, zögerte.

Vielleicht konnte er mehr aus dem Schrei heraus hören, als ich es konnte.

Meine Lippen formten nun die Worte, die mir noch heute einen kalten Schauer über den Rücken jagen: Yog Sothoth.

Es folgten weitere, befremdlich klingende Worte. Die Schreie verstummten einen Moment, nur um kurz danach erneut, dieses Mal noch lauter und wütender in meinem Kopf zu dröhnen.

Doch einer der Tentakel hatte nun endgültig den direkten Weg zum Portal freigegeben.

Ich sah meine Hand über die Symbole auf der Oberfläche des Würfels fahren.

Im selben Moment gab die Außenfläche des Portals eine Öffnung frei.

Ich schob den Würfel hinein.

 

Ein Licht, heller als alles was ich je gesehen hatte.

Blitze zuckten vor meinen Augen. Mein Körper brannte. Das Blut in meinen Adern begann zu kochen. Das Fleisch löste sich von den Knochen. Ich schrie.

Und dann wurde alles schwarz, tiefschwarz.

 

Ich öffnete meine Augen und sah den Himmel über mir. Dunkle Wolken hatten jedes Stück blau verschlungen.

Mein Kopf tat weh. Als ich versuchte aufzustehen, bemerkte ich, dass es nicht mein Kopf alleine war, der schrecklich wehtat. Ich spürte jeden einzelnen Knochen meines Körpers.

Vor mir sah ich das Tor, nicht mehr von zuckenden, schwarzen Tentakeln gefüllt, ich konnte den Dschungel durch den Bogen sehen.

Nicht weit von mir lag Richters Leiche.

Ich bete zu Gott, er möge mir verzeihen, denn ich habe ihn nicht begraben können. Zu geschwächt war mein Körper.

Das kleine Häufchen unterhalb des Portals vermochte ich nicht anzusehen, waren es doch die Knochen meiner Gefährten Maischen und Stütten. Auch ihre Überreste liegen noch heute auf ungeweihter Erde dort.

Ich schaffte es in unser Lager zurück zu kehren, wo ich zusammenbrach um erst in der Nacht wieder zu erwachen.

Als ich die Augen öffnete, sah ich den Würfel vor mir liegen. Den Kranz konnte ich nicht entdecken.

 

Der Würfel hat die Kraft das Tor zu bannen, der Kranz die Macht ihn einzufangen.

 

Wäre ich nur geblieben, vielleicht hätte ich den Kranz finden können.

Ich irrte fast drei Tage durch den Dschungel, bevor ich durch Zufall auf eine Gruppe einheimischer Jäger traf.

Da ich Angst hatte, sie würden mich im Stich lassen, erzählte ich ihnen nichts von all dem Grauen, sondern ich habe mich beim Jagen verlaufen.

Sie brachten mich zurück nach Lima.

 

Ich bin nun wieder zurück in meiner Heimat, doch spüre ich, dass es noch nicht vorbei ist.

Der Würfel in meinen Händen vibriert seit Tagen, und manchmal höre ich nachts jenes unheilvolle Brummen.

 

 

 

 

 

 

 

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