Einleitung
Tagebuchauszug einer 3 monatigen Frachterreise
Kapitel 7
Port Said – Dubai – Karachi - Colombo
Meeresleuchten
17.1. Um 18.00 Uhr liefen wir Port Said an. Es ist schon ein Erlebnis. Die Händler hieven sich einfach an Bord, breiten ihren Kram aus, und wollen alle s verkaufen, was wir absolut nicht gebrauchen können. Vor allem will hier jeder, ob Lotse, Agent oder die Hafenbehörde vom Kapitän Marlboro schnorren, Wenn der Kapitän nichts raus rückt, kann es passieren, dass man 2 Tage hier liegt, und einfach nicht in einen Konvoi eingegliedert wird . Die Schiffe fahren nämlich in einem Konvoi durch den Suezkanal. Nun mussten wir nur noch auf das Startsignal zum Abfahren warten. Und es kam. Um 0.30 Uhr sollte es los gehen. Es wurde natürlich 1.30 Uhr.
18.1. Morgens nach dem Aufstehen sofort durchs Fenster geschaut, weil ich doch unbedingt die Wüste sehen wollte, die rechts und links den ganzen Suez begleitet Es ist jetzt schon sehr warm hier. In der Sonne 28 Grad. Wir müssen erst in den Großen Bittersee und dort ankern. Am Rande des Suez sieht man ab und zu verfallene Häuser, die noch vom letzten Krieg her rühren. Ab und zu eine kleine Siedlung, die aber alle ein wunderschöne Moschee haben. Auch im Bittersee die Händler, die hier an Bord nur die ekelhaften Schmeißfliegen genannt werden. Sie gehen einem aber auch wirklich auf die Nerven, vor allem, dass wir , solange sie an Bord sind, alle Kabinen verschlossen haben müssen. Sie klauen wie die Raben. Um 14.18 Uhr ging es dann wieder weiter an der Stadt Suez vorbei in das Rote Meer Richtung Djeddah. Peter hat wieder ab 20.00 Uhr Wache und gar keine Zeit, sich um mich zu kümmern, weil er nur mit Peilen, Rechnen und Radarschirmen beschäftigt ist. Aber was sein muss, muss sein. Also ist Lesen angesagt.
19.1. Schon beim Aufstehen knallte die Sonne durch das Bullauge. Ich bin also gleich nach dem Frühstück auf die Brücke, habe mir einen Liegestuhl geholt und mich mit einem Buch in den Schatten gesetzt. Da alle mich vor der Sonne hier gewarnt haben, sie soll sehr gefährlich hier sein, lasse ich es lieber langsam angehen.
Um 15.40 Uhr war Überlebensmanöver angesagt. Das heißt, beim Aufheulenden der Sirenen (klang schrecklich) mit Rettungsweste an Deck erscheinen. Peter leitete die Aktion. Wir mussten alle in den Rettungssatelliten klettern. Jeder bekam seinen Platz zugewiesen und es wurde erklärt, wie man sich anschnallt und wo Proviant und Wasser untergebracht sind. Verhüte Gott, dass wir jemals ernsthaft in so eine Lage kommen.
20.1.Mittags 13.00 Uhr waren wir in Djeddah. Hier merkt man richtig, dass man im Orient ist. Schon der Lotse erschien im Nachthemd, wie wir sein Gewand nannten. Überhaupt wird man hier angestarrt, wie ein seltenes Tier. Frauen dürfen hier überhaupt nicht herum laufen. Eine reine Männerdomäne. Selbst unsere Männercrew darf nur mit behördlicher Genehmigung von Bord. Vor dem Schiff postierte sich ein wichtig aussehender Wachposten mit Knarre in grauer Uniform und passte auf, dass keiner das Schiff verlässt. Die arbeitende Bevölkerung hier im Hafen sind durchweg, Philipinos, Schwarzafrikaner und Inder. Die Araber selber bekleiden die höheren Posten. Für diese sind wir Ungläubige und werden demnach behandelt. Vor dem Einlaufen musste die Mannschaft alle Alkoholitäten und etwaige Pornos dem Kapitän abgeben, der alles wegschloss. All das ist hier streng verboten. Man muss damit rechnen, dass sie Stichproben machen und die Kabinen durchsuchen. Also das wäre kein Land für mich, obwohl ich mir gerne mal Mekka angeschaut hätte. Aber das bleibt eine Illusion. Da dürfen wir armselige Frauen nicht hin. Es ist jetzt 19.30 und immer noch sehr warm. Wir sind jetzt der Uhrzeit Deutschlands um 2 Stunden voraus. Es ist vorgesehen, dass wir morgen Mittag wieder auslaufen. Der nächste Hafen soll Dubai sein.
21.1. Wir haben jetzt 5 Seetage vor uns. Es ist so heiß, dass man es nur im Schatten aushält. 36 Grad. Ich liebe das Meer, wenn es etwas bewegt ist, und die Sonne es in eine glitzernde Fläche verwandelt, nur von Schaumkronen durchbrochen. Wir haben beide jetzt das Schwimmbecken gereinigt und Meerwasser rein gepumpt. Nun kann ich sogar im Wasser vom Roten Meer baden. Es ist sehr salzhaltig. Man kann sich so drauflegen ohne unter zu gehen. Jetzt hat Peter auch mehr Ruhe und Zeit für mich. 23.1. Die Nachtwache war wieder traumhaft. Der Himmel sternenklar. Vor uns das Kreuz des Südens. Dieses Sternbild sieht man in unseren nördlichen Breitengraden überhaupt nicht. Heute müssen wir die Proviant-Listen erneuern. Der neue Zukauf muss immer dem alten Bestand zugeordnet werden und neue Listen angefertigt werden. Das kostet viel Zeit.Aber gemeinsam geht alles schneller. Die Hälfte haben wir geschafft. Morgen machen wir den Rest. Heute Abend ist Einkauf angesagt. Zweimal die Woche kann man hier beim Kapitän, Zigaretten, Bier Wein und sonstiges einkaufen.
Wir fahren jetzt durch den Golf von Aden. Links könne wir Jemen liegen sehen. Ab morgen sind wir im Indischen Ozean.
24.1. Immer noch am Rand von Jemen. Die Sonne brennt und das Meer hat ein wundervolles Blau. Peter hat mit kleine arabische Frachtschiffe, die es schon 200 Jahre gibt gezeigt. Sie heißen Dau.
Wir haben das Wasser im Schwimmbecken ausgewechselt. Nun baden wir also im Arabischen Meer. Übrigen haben wir letzte Nacht die Uhr wieder 1 Stunde vorgestellt. Wir sind jetzt der Zeit Deutschlands 3 Stunden voraus.
26.1. Die letzte Nachtwache war das Größte, was ich je erlebt habe. Peter rief mich um kurz nach 20.00 an: „Komm ganz schnell hoch, ich muss Dir was zeigen!!“ Ich eilte auf die Brücke. Es war Meeresleuchten. Ich hatte wohl schon davon gehört. Aber dieses hat mich einfach umgehauen. Von der Bugwelle gingen leuchtende grüne Streifen ins Meer hinein, die sich dort fortsetzten. Auf dem übrigen Meer nahe dem Schiff blitzte es, als ob Sterne am Himmel an und ausgingen. Ganze Rudel von Delphinen durchkreuzten leuchtend das dunkle Meer, sprangen aus dem Wasser und entfernten sich wieder. Peter erklärte mir, dass es Planton sei, kleine Tierchen, die durch die Elektrizität des Schiffes zum Glühen gebracht werden und dadurch leuchten. Diese grandiose Schauspiel dauerte die 4 Stunden Wache an. Nach der Wache sind wir nach vorn in die Back gegangen, um alles aus nächster Nähe zu sehen. Es war zauberhaft. Die Delphine kamen zu Scharen mit wahnsinniger Geschwindigkeit durchs Wasser gepflügt, setzten sich auf die Bugwellen und spielten miteinander.
Wir standen mit Tränen in den Augen da und waren völlig fertig. So etwas Schönes hatte auch Peter in solch einer Intensität noch nicht erlebt. Das macht den Zauber der Seefahrt aus und entschädigt etwas die Mühsal, die er hier hat. Nach einer Stunde sind wir dann in die Kabine und haben erst mal einen Whisky getrunken, um unsere aufgeregten Gemüter zu beruhigen. Wir sind jetzt im Golf von Oman. Morgen sollen wir in Dubai sein.