Die Via haben es geschafft einen Brückenkopf zu errichten. Schwer beschädigt treibt die Kronos in der Leere, während die überlebende Besatzung einen Weg sucht, zur Erde zurückzukehren. Währenddessen wird Rafail Coel von Visionen geplagt, die ihn an den Rand des Wahnsinns treiben. Das kurzzeitige Bündnis mit den Artheranern droht zu zerbrechen. Und immer mehr Kolonien spalten sich vom menschlichen Parlament ab. Bildquelle : Two giant sun in space. Fotalia.com
Steel ließ sich in einen Sessel fallen, nachdem die anderen an einem großen Tisch im unteren Stockwerk des Gebäudes Platz genommen hatten. Der Raum war schlicht, keine Bilder an den Wänden, nur zwei Fenster, die auf der einen Seite einen Blick hinaus auf die Kronos und auf der anderen das Gelände zeigten, auf dem sie sich befanden,
In der Dunkelheit waren nur einige Gebäudeumrisse zu erkennen.
,, Sie haben keine Ahnung was hier seit ein paar Stunden los ist.“ , erklärte Steel. ,, Das Parlament hat praktisch mit seiner Auflösung gedroht."
,, Wieso das ?“
,, Raten sie mal. Sie sind nicht der einzige, der ein paar Befehle ignoriert hat. Die Flotte nach Goodsprings zu schicken war meine alleinige Entscheidung. Und jetzt sind sämtliche Vertreter der Kolonien richtig angepisst. Sie meinen eine militärische Intervention des Parlaments auf einer Welt die sich für unabhängig erklärt hat, sei nicht hinnehmbar. Nun, da gebe ich ihnen sogar recht.“
,, Aber Goodsprings wurde von den Via kontrolliert.“
,, Erklären sie das einem Haufen aufgescheuchter Politiker, die einen Schuldigen brauchen.“ , erwiderte Steel. ,, Offiziell hat die GTDF zwar jetzt die Kontrolle… das heißt aber nicht, das ich einfach tun kann was ich will.“
,, Also… wie schlimm ist es wirklich ?“ , wollte Coel wissen.
,, Wie gesagt… wir haben über ein Dutzend Kolonialwelten, deren Direktorien und Gouverneure sich für Unabhängig erklärt haben. Im Moment muss das Parlament noch beraten.“
,, Worüber ?“ , wollte Seyonn wissen.
,, Ob wir darauf reagieren wollen. Und vor allem… wie.“
,, Das würde einen Bürgerkrieg bedeuten.“ , stellte Adams besorgt fest.
,, Wir hoffen einfach, es kommt nicht soweit. Vielleicht reicht ihnen die Drohung schon aus, aber wenn die Via jetzt eine ganze Flotte haben, können wir uns keinen großen Konflikt zusätzlich leisten.“
,, Was wurde eigentlich aus den Artheranern, die noch auf der Erde waren ?“ , wollte Aine wissen.
Während der letzten drei Monate nach der Schlacht im Erdorbit hatte sich eine kleine Delegation von Artheranern für Verhandlungen mit dem Parlament auf der Erde aufgehalten. Diese waren jedoch bisher ergebnislos verlaufen.
,, Sind ganz still und heimlich verschwunden, als die Unruhen wieder anfingen. Ich will mich sicher nicht beschweren, ohne die Artheraner hätten wir es nie geschafft eine Panik zu verhindern, aber das die einfach so fliehen … die Ratten verlassen das sinkende Schiff, wenn sie die Formulierung verzeihen.“
,, Wir stehen also vor dem ungewissen.“ , stellte Martin fest.
,, Ich fürchte ja. Hinzu kommt, dass die meisten unserer Schiffe irgendwo unterwegs sind. Es wird eine Weile dauern, bis wir uns auch nur einen Überblick über unsere verbliebenen Ressourcen verschafft haben.“
,, Dann muss ich mit Wilkonson sprechen. Er kann vielleicht etwas Ordnung in die ganze Angelegenheit bringen.“ , sagte Coel.
,, Ich glaube Henry ist der letzte Mensch mit dem sie im Augenblick sprechen wollen.“ , warnte Steel ihn.,, Er gibt immer noch ihnen die Schuld.“
,, Das ist mir ziemlich gleich, sofern es ihn nicht davon abhält zu tun was nötig ist.“
,, Ich werde ebenfalls mit ihm reden müssen.“ , erwiderte Seyonn.
Steel stand auf. ,, Sie wissen hoffentlich was sie tun. Er sollte noch in seinem Büro sein, vermutlich streiten sich alle immer noch.“
,, Was ist mit meinen Leuten ?“ , fragte Coel.
,, Nun… das ist ein kleines Problem. Offiziell gibt es einen Haftbefehl gegen sie und jedes Crewmitglied der Kronos.“
,, Da ich noch keine Handschellen trage, nehme ich an, sie haben nicht vor, diesen Befehl auch zu vollstrecken ?“
,, Sagen wir einfach, wenn sie keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dann kann ich eine Weile so tun, als würde das Schiff da draußen nicht hier sein. Und es… vielleicht um ein paar neue Teile ergänzen. Sieht momentan noch ziemlich lädiert aus.“
,, Danke.“ Er stand ebenfalls auf und schüttelte Steels Hand, als dieser sie ihm hinhielt. ,,Ich weiß wir waren nicht immer derselben Meinung aber…“
,, Sorgen sie nur dafür, dass ich das nicht bereuen muss. Und jetzt raus mit ihnen. Watergate, sie bleiben.“ Wendete er sich an den Kommandanten, als dieser grade ebenfalls den Raum verlassen wollte.
Als Coel und die anderen verschwunden und die Tür wieder hinter ihnen zu gefallen war, setzte Steel sich erneut auf seinen Platz.
,, Ich weiß, in welcher Situation wir uns befinden.“ , begann er, ohne abzuwarten, das Watergate sich ebenfalls wieder hinsetzte. Die Speerspitze unserer Raumflotte ist zerstört und das was wir noch haben, ist wie gesagt, weit verstreut. Das heißt ich kann nicht auf sie verzichten.“
,,Was genau bedeutet das also ?“
,, Sie bekommen ein neues Schiff unterstellt.“
,, Ich dachte momentan befänden sich praktisch keine in der Nähe.“
,, Nun theoretisch stimmt das. Jedoch wird grade eines fertiggestellt. Wir begannen mit dem Bau, kurz nach dem Angriff auf die Erde. Alles, was wir aus den Trümmern des Weltenschiffs bergen und lernen konnten, wurde verbaut.“
,, Und wie kommt es, das weder ich noch Coel oder sonst jemand davon wussten ?“ , fragte er mit einer Spur misstrauen.
,, Sie wissen es jetzt. Glauben sie wirklich ich informiere jeden darüber, wenn wir an einem völlig neuen Schiffstyp arbeiten?“
,, Nein Sir.“
,, Gut, dann machen sie sich abflugbereit.“
,, Ich dachte, dieses Schiff sollte zur Verteidigung der Erde dienen ?“
Steel schüttelte den Kopf. ,, Ein Schiff, gegen eine Via-Flotte… ihrem Bericht nach zur Folge wäre das als ob man einen Elefanten noch zusätzlich mit Mückenstichen reizt.“
,, Auch ein Elefant geht zur Grunde, wenn es nur genug Mücken sind.“
Steel lachte verhalten. ,, Vielleicht. Nein, wenn die Via hier auftauchen und das werden sie früher oder später, will ich alle wertvollen Schiffe möglichst aus der Schusslinie haben. “
,,Wenn wir sie überraschen können, haben wir eine bessere Chance.“ , stimmte Watergate zu. ,,Wohin ?“
,, Es gibt einen Sammelpunkt für alle zurückbeorderten Schiffe. Aber… nun ich kann ihnen nicht Befehlen das zu tun jedoch könnte es uns einige Vorteile bringen.“
,, Was denn ?“
,, Gegen die Via direkt vorzugehen hat keinen Sinn, aber gegen ihre Verbündeten sehr wohl.“ , erklärte Steel.
,, Die Tariden ?“ , wollte Watergate wissen. Sonst fiel ihm niemand ein, der in Frage käme.
,, Genau die. Ein paar kleinere Überfälle sollten sie dazu bringen, sich zweimal zu überlegen, ob es das Risiko wert ist, sich mit uns anzulegen.“
,, Gut, jedoch möchte ich anmerken, dass ich ihre Entscheidung Coel auf freien Fuß zu lassen, nicht unterstütze.“
,, Und weshalb nicht ?“ , fragte Steel nach.
,,Ich kann sein Vorgehen nicht nachvollziehen und halte ihn, egal was er schon getan haben mag, für eine Potentielle Bedrohung.“
,, Sie haben ein Problem mit seinem Führungsstiel.“
,, Wenn sie es so nennen wollen Sir.“
,, Hier geht es aber längst nicht mehr darum, ob mir der Charakter von jemanden gefällt. Ich habe im Moment zu wenig Leute um jemanden wie Coel einfach wegzusperren Watergate, selbst wenn ich ihnen zustimmen würde.“
,, Verstanden.“
,, Gehen sie jetzt.“
,, Eine Frage noch. Wie heißt das Schiff?
,, Achilles.“
,, Ägir, sie und die anderen bleiben hier.“ , sagte Coel, als sie das Gebäude verließen. ,, Es reicht wenn Seyonn und ich da draußen für Aufregung sorgen.“
Der Navigator nickte nickte. ,, Eine kleine Gruppe ist definitiv unauffälliger. Aber trotzdem gefällt es mir nicht, sie allein gehen zu lassen. “
,, Ich komme mit.“ , meinte Aine.
,, Tut mir echt leid, aber ein Artheraner ist nicht grade das, was ich als unauffällig bezeichnen würde.“ , bemerkte Martin.
Coel hatte erwartet, das Aine protestieren würde. Stattdessen trat sie jedoch einfach wieder ein paar Schritte zurück.
,, Okay…“ offenbar überraschte auch Martin das die Artheranerin so schnell aufgab.
,, Wir sind bald zurück.“ , sagte Seyonn, während sie sich langsam auf den Weg machten.
,, Viel Glück.“ Die Worte waren nur ein leises flüstern, veranlassten ihn aber trotzdem dazu sich noch einmal umzudrehen.
,, Danke, ich schätze das können wir alle brauchen.“ Er hätte gerne noch mehr gesagt, das Schweigen durchbrochen, das zwischen ihnen stand. So aber zwang er sich lediglich zu einem müden Lächeln, bevor er sich wieder umdrehte und Seyonn folgte.
Sie verließen das umzäunte Gelände, bei dem es sich wie Coel jetzt erkannte tatsächlich um einen Landeplatz für Schiffe der GTDF handelte. Als sie die großen Gattertore passierten rechnete er schon damit, dass jemand sie aufhalten und nach Ausweisen oder einer Genehmigung fragen würde, aber nichts dergleichen geschah. Die beiden passierten das kleine Wachhaus ohne dass der Wachhabende sie auch nur beachtet hätte.
,, Eins muss man Steel lassen, er hält Wort.“ , sagte Seyonn, als sie auf die Straße hinaus traten.
,, Ja. aber das nützt uns nichts, wenn uns jemand hier draußen entdeckt.“ Er sah sich ein wenig um. Sie befanden sich am Rande eines Ausläufers der Stadt. Hier gab es größtenteils nur etwas heruntergekommene Wohnhäuser und ein paar Geschäfte, die um diese Zeit allerdings alle bereits dunkel und verlassen waren.
Es war nicht ungefährlich sich nach Tagesende so weit von den hell erleuchteten und sicheren Stadtzentren aufzuhalten, aber er hoffte, dass sie keine Probleme bekommen würden. Und wenn doch… sollten ein bewaffneter Mensch und der Vertreter der Unity damit fertig werden können.
,, Ich war hier schon mal.“ , sagte Coel. ,, Ein Stück die Straße runter gibt es eine Metro-Station. Von dort aus kommen wir am schnellsten ins Stadtzentrum.“
Tatsächlich erreichten sie nach einigen Minuten, die sie schweigend durch die im halbdunklen liegenden Straßen gelaufen waren eine Treppe, die unter die Straße führte.
Einige an der Wand montierte Lampen spendeten genug Licht umsehen zu können, auch wenn hier und da eine durchgebrannt war und die metallenen Stufen im Dunkeln lagen.
Coel konnte ab und zu Gestalten im Dunkeln sehen, die zusammengekauert auf den Stufen saßen.
Manche schienen zu schlafen, andere sahen kurz mit ausgebrannten leeren Augen zu ihnen auf bevor sie sich wieder wegdrehten. Hier unten sammelten sich Nacht für Nacht die ärmsten der Armen, Drogenabhängige, Obdachlose und manchmal auch zwielichtiger Gestalten. Wirklich Gefährlich waren sie nicht, so sehr waren sie damit beschäftigt irgendwie zu überleben, dass es schon einen besonderen Anlass erforderte, ihre Aufmerksamkeit zu wecken.
Eine Absperrung trennte den Warteraum vom eigentlichen Bahnsteig, den man nur mit einem gültigen Ticket betreten konnte. Eigentlich…
,, Seyonn, sie kriegen das doch auf ?“ , fragte Coel, als er vor den geschlossenen Glastüren stehenblieb. Der Bahnsteig selbst lag verlassen da und der nächste Zug würde wohl noch einige Minuten auf sich warten lassen. Einige leere Bänke standen herum, nur auf einer saß jemand mit dem Rücken zu ihnen. Er würde hoffentlich nichts merken.
,, Sie haben keine Tickets?“
,, Darum geht’s nicht, aber die sind mit einer persönlichen Identifikation verknüpft, das heißt, sobald ich diese Tür öffne, weiß sofort jemand, wer ich bin und wo. Das sollten wir vermeiden.“
,, Nun gut.“ Seyonn hielt einfach eine Hand vor den Scanner. Einen Augenblick lang geschah nicht dann glitten die Glaspaneele bei Seite und ließen sie passieren.
,, Ich frage erst gar nicht wie sie das angestellt haben.“ , meinte Coel, während sie den leeren Raum betraten.
Er warf einen schnellen Blick auf die Anzeigetafel und sein Verdacht bestätigte sich. Die nächste Magnetschwebebahn würde noch gut zwanzig Minuten brauchen. Die Bahnen selbst wurden völlig automatisch gesteuert und pendelten fast rund um die Uhr. Ein Grund dafür war, dass der Großteil des Personentransports auf der Planetenoberfläche mittlerweile mit öffentlichen Transportmitteln abgewickelt wurde. In den Städten selbst fand man praktisch keine Autos oder ähnliches mehr, lediglich bei kürzeren Reisen wurde noch auf Motorkraft zurück gegriffen, dann allerding auch meist in Form von Bussen.
,, Sie mal einer an. Das nenne ich einen Zufall.“
Coel drehte sich langsam zu der Gestalt im Kapuzenpulli auf der Bank um. Er hatte gar nicht mehr auf den Mann geachtet. Jetzt allerdings erkannte er die Stimme wieder.
,, Marcks.“
,, Sie kennen ihn ?“
,, Wir sind uns… ein paar Mal begegnet. Er hat mir geholfen die Kronos zu stehlen.“ , erklärte Coel.
,, Was allerdings noch immer nicht erklärt, was sie hier machen. Woher wussten sie dass ich hier sein würde? Und woher wussten sie überhaupt so schnell, das ich wieder auf der Erde bin?“
,, Das wusste ich nicht. Ich würde sagen, das war einfach nur Glück.“ , erklärte der Mann
,, Und das soll ich ihnen jetzt einfach so glauben ?“
,, Sie sollen überhaupt nichts, glauben schon gar nicht. Wir haben ein paar Minuten und ich wollte die Gelegenheit nutzen, mich mit ihnen zu unterhalten.“ Die Kapuze seiner Kleidung verbarg einen Großteil von Marcks Gesichtszügen als er aufstand.
,, Schön, was wollen sie ?“