Gedichte
Busfahrt

Ich sitz auf der Bank und erwarte den Bus.
Die Sonne versinkt grad im Meer, und ich muß
vor Kälte und Wind mich zusammenkrümmen,
indes oben schon erste Sterne glimmen.
Ich sitze und bibber und werd nicht wieder:
Der Bus schwebt heut pünktlich von oben nieder.
Der Fahrer trägt Rüssel und Horn im Gesicht.
Ein Ufo als Bus? Sind die alle noch dicht?

Na besser, als alles zu Fuß zu traben;
der Fuhrbetrieb wird seine Gründe haben.
Mein Fahrschein verschwindet in Fahrers Flossen.
Drin sitzen schon zehn seiner Artgenossen,
erzählen sich etwas durch Rüsselgeschlängel.
Ein Kind ist dabei, ich versteh sein Gequengel.
Wie's aussieht, sind wir gar nicht so grund-verschieden.
Jungs, schön, daß ihr da seid. Lebt mit uns in

Frieden.

Ein Touripaar sieht erst verdattert darein,
besinnt sich und steigt dann vertrauensvoll ein.
Ihr Sitznachbar kann ihre Sprache verstehen.
Nun scheint mir doch wirklich herüberzuwehen:
„Mer habe ä Häusle im Dörfle in Schwabe,
ihr müsset mal sehn, was mer Schöns da so habe.
Besucht uns im Sommer, mer freue uns feschde,
nee Geld spielt kei Rolle, ihr seid unsre Gäschde.“

Beim nächsten Halt steigt so ein ganz armes Schwein
mit Notebook, Krawatte und Gelfrisur ein.
Vertreter für irgendwas, Klinkenputzer.
Er warnt all die lustigen Busbenutzer:
„Ihr habt keine Ahnung, wie das bei uns läuft,
wie schnell man in Miesen und Schuldzins

ersäuft.
Vermögensverwaltung, Kredite, Policen
dürft ihr nur mit äußerster Vorsicht genießen.“

Nun steigen die Schwaben mit Ferienhaus
beim Halt an der Seebrücke winkend aus.
Drei schwankende Typen mit Dosenbier,
mit Glatzen und Stiefeln erscheinen hier.
Die Marsmenschen können ihr Rülpsen nicht deuten.
Doch jetzt drehn die Glatzen sich um zu den Leuten
und grinsen: „Was geht, hepp, versucht unser Bier!
Kommt mit, morgen gibt es ein Fußballturnier.“

Ich kann gar nichts fassen und seh in die Nacht.
Was hat meine Deutschen so anders gemacht?
Vielleicht das Aroma der Klimaanlage?
So könnte es immer sein, gar keine Frage.
Jetzt bin ich am Ziel, steige nachdenklich

aus
und geh in die friedliche Mondnacht hinaus.
Und wie ich am Morgen aufs Pflaster so guck,
liegt da noch ein Fahrschein mit Rüsselabdruck.


© 2013 Brubeckfn