Manchmal fühle ich mich einsam, dann lehne ich meine Stirn gegen das kühle Fensterglas und starre nach draußen. Oder ich sehe mir einen Film an über einen normalen Menschen, der in ein Abenteuer verstrickt wird.
Dabei stelle ich mir vor wie es wäre meinem Leben zu entfliehen. Wie es wäre wichtig zu sein, die Welt zu bereisen und Abenteuer zu erleben. Ich stelle mir vor wie es wäre fremde Menschen und Kulturen kennen zu lernen und um mein Leben zu bangen.
Außerdem verfluche ich mein Leben. Die Langeweile, die Einsamkeit, die gähnende Leere, die die Tage füllt, die alle gleich sind.
Wenn ich mir aussuchen könnte wer ich lieber wäre, ich würde jeden nehmen. Jeden, der zumindest ein bisschen zu erzählen hat. Ich habe nie etwas zu erzählen, immer nur dieselben Geschichten, die keiner hören will, weil sie langweilig sind. Immer dieselben Geschichten, nur in anderen Ausführungen.
Ich glaube niemand weiß wirklich wie einsam ich mich fühle, weil ich gut darin bin diese Traurigkeit mit Lachen zu überspielen. Vermutlich halten viele mich für den positivsten Menschen den sie kennen, aber das ist Schwachsinn. So bin ich nicht, ich bin nicht positiv, nicht immer.
An einigen Tagen kann ich diese Einsamkeit vergessen und lachen und Spaß haben, mich leicht fühlen. Aber das hält nie lange an.
Alles was mir fehlt ist irgendjemand, irgendwas, das diese Einsamkeit und diese gähnende Leere in meinem Leben füllen kann.
Aber nichts passiert.
Ich warte Tag für Tag darauf, dass etwas passiert, aber nichts ändert sich.
Auch heute ist ein Tag wie jeder andere. Er ist nicht besonders, sticht nicht hervor, weder positiv noch negativ.
Das Wetter ist auch nicht besonders, es ist weder kalt noch warm. Der Himmel ist ein Wechsel aus grauen Wolken und blauen Flächen und zwischenzeitlich nieselt es leicht.
Ich hab mich auch nicht besonders hergerichtet. Meine braunen Haare sind lose nach oben gesteckt, meine Beine stecken in Blue Jeans und dazu trage ich eine hellbraune Bluse. Das Outfit ist nicht das Gelbe vom Ei, aber es ist okay, genauso wie mein Körper und mein Gesicht. Alles an mir ist okay, gute Mittelklasse, wie der Rest meines Lebens auch.
Manchmal frage ich mich wie es wäre, wenn ich aussehen würde wie Angelina Jolie oder Megan Fox. Ich frage mich, wie es wäre, wenn jeder Mann auf der Straße mit hinterher gucken und jede Frau vor Neid erblassen würde. Frage mich wie es wäre, wenn ich mich vor Verehrern nicht retten könnte und jedes Wochenende eine andere Verabredung zum Essen hätte, ob mein Leben aufregender wäre.
Aber ich sehe nicht aus wie Angelina Jolie, ich sehe aus wie ich. Wie eine normale Frau Anfang 20, die nicht besonders aus der Masse heraus sticht.
Schon als Teenager war das so. Während die anderen Mädchen auf Partys gegangen sind und ihre heißen Körper in scharfe Miniröcke gequetscht haben saß ich zu Hause.
Zu schüchtern um etwas anderes zu tun und frustriert weil ich allein war.
Während meine Freundinnen ihre Erfahrungen machten, blieb ich allein.
Meinen ersten Kuss hatte ich mit 17, er war nichts besonderes.
Mein erstes Mal mit 18, auch das war nicht besonders und seit jeher ist es nie besonders gewesen.
Wenn ich könnte, ich würde mein Leben gegen jedes andere tauschen.
Mit meinem Kaffee to go in der Hand bahne ich mir meinen Weg vom Bäcker zu dem Laden in dem ich arbeite.
Mein Job ist auch nicht der schönste. Ich sitze hinten im Büro, bestelle einige Dinge und werfe mit Rechnungen um mich. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht mal wirklich was ich tue und wofür es gut ist, aber das ist mir egal.
Der Laden war der erste der mich genommen hat, der Einzige und deswegen habe ich meine Ausbildung dort gemacht und bin seitdem dort geblieben. Der Beruf bietet keine großen Aufstiegschancen und ist nicht gerade das was ich mir als Mädchen erträumt habe.
Aber er bringt Geld ein und das ist es nun mal was ich zum leben brauche.
Als ich ein Mädchen war wollte ich Pilotin werden, Tierärztin, Archäologin und Kapitänin. Für all diese Berufe braucht man Abitur, ich habe kein Abitur.
Also sitze ich halt vor meinem flimmernden Bildschirm auf dem unbequemen Bürostuhl und mache einen Job, den ich nicht will.
Als ich einen Blick auf mein Handy werfe fällt mir auf, dass ich spät dran bin. Mit einem leisen Fluch beschleunige ich meine Schritte und übersehe dabei leider den Mann, der mir entgegen kommt.
Erst im letzten, wirklich aller letzten Moment bemerke ich ihn. Erschrocken reiße ich meinen Kaffee nach oben, befehle meinen Füßen still zu stehen, aber sie sind nicht so schnell wie mein Kopf. Mit einem leisen Japsen pralle ich gegen seinen breiten Oberkörper und verteilte meinen Vanilla Latte auf seinem weißen Hemd, dann stolpere ich zurück, kippe den Rest der brühenden Flüssigkeit über meine neue Bluse und falle auf den Hintern.
Mein Blick wandert langsam an ihm herauf. Von seinen teuren Sneakern über die Jeans, bis zu dem riesigen Fleck auf seinem Hemd, das jetzt an seinem Körper klebt und mir wenig Platz für Fantasien lässt.
Mit Grauen und dem puren Schuldbewusstsein in meinen Augen blicke ich in sein Gesicht. Ein kantiges Kinn, eine gerade Nase, dunkle Augen, kurze schwarze Haare, aber er lächelt. Er lächelt nicht unbedingt mit seinem Mund, aber aus seinem Gesicht spricht die pure Sympathie. Er erinnert mich ein bisschen an einen viel zu freundlichen Mafiaboss.
„Tschuldigung“, murmle ich leise und beiße mir auf die Unterlippe. „Ich habe Sie wirklich nicht gesehen, das tut mir schrecklich Leid.“ Mühsam erhebe ich mich, verschütte dabei auch noch den letzten Schluck Kaffee und wäre auf meinen 4 cm Blockabsätzen beinahe noch einmal ausgerutscht.
„Ach das macht doch nichts, ich hatte eh vor mich umzuziehen.“ Er winkt ab und zwinkert mir zu. Mit so viel Freundlichkeit kann ich nicht umgehen.
„Ich ähm... ja dann gern geschehen.“ Verunsichert grinse ich ihn an und hebe meine Schultern. Vermutlich war das die Action für die nächsten vier Jahre, ich sollte diesen Moment lieber gut auskosten. „Aber ich bezahle Ihnen natürlich die Reinigung für das Hemd“, hänge ich hastig hinten dran und wühle schon in meiner Handtasche nach dem Portemonnaie.
„Das ist wirklich nicht nötig“, höre ich ihn, ignoriere ihn aber und zähle das Geld in meiner Börse. „Es ist nicht nötig“, sagt er noch mal, diesmal eindringlicher und greift nach meinem Arm. Verwirrt blicke ich auf, jetzt lächelt er mich wirklich an, er grinste regelrecht. Verdammt hat der weiße Zähne, ist das erste was ich als Kind eines Zahnarztes denke.
„Aber den Fleck kriegen Sie sicher nicht allein raus. Das ist Kaffee!“
„Ich weiß, ich werde das Hemd einfach wegwerfen oder die Reinigung selbst bezahlen, mach dir mal keine Gedanken.“
Das kann ich so nicht auf mir sitzen lassen, das verbietet meine gute Erziehung. Ich fühle mich beinahe verpflichtet ihm mein Geld in die Hand zu drücken, schließlich ist es meine Schuld!
„Hier meine Visitenkarte“, sage ich schnell und drücke sie ihm in die Hand. „Falls Sie es sich anders überlegen, ich muss jetzt los.“ Eilig schiebe ich meine Tasche auf meine Schulter und lasse ihn stehen.
Mit klopfendem Herzen komme ich schließlich in dem Laden an, dass auch meine Bluse voller Kaffee ist, fällt mir erst auf, als meine Kollegen mir schräge Blicke zu werfen.
Drei Wochen später klingelt mein Telefon mitten in der Nacht. Grummelnd drehe ich mich zur Seite, aber als es trotzdem nicht still sein will setze ich mich mühselig auf und schlurfe zu dem kleinen Tisch auf dem es liegt.
In einen unvorteilhaften Schlafanzug gekleidet mit den passenden Puschen dazu hebe ich das Telefon ab und verfluche jegliche Telefongesellschaften dieser Erde, die Anrufe mitten in der Nacht möglich gemacht haben.
„Hallo Anna?“ Die Stimme am anderen Ende der Leitung kommt mir nicht bekannt vor, sie ist gehetzt, fast ein bisschen panisch. „Hier ist John Doe, ich brauch deine Hilfe.“ Ich reibe mir über das Gesicht und schüttle den Kopf. So sehr ich mich auch anstrenge, ich kenne keinen John Doe.
„Tut mir leid, wer sind Sie? Ich glaube Sie haben sich verwählt.“ Ich will schon auflegen und zurück in mein warmes Bett kriechen, als die Stimme weiter spricht, noch gehetzter.
„Wir haben uns vor drei Wochen kennen gelernt, du hast mir Kaffee übers Hemd gekippt und mir deine Karte gegeben. Bitte ich brauche deine Hilfe.“
„Oh, ach Sie sind es. Es ist mitten in der Nacht, dass ist Ihnen schon klar? Wobei kann ich Ihnen denn helfen?“
„Haben Sie ein freies Sofa?“ Überrascht reiße ich meine Augen auf.
„Wozu?“ Wozu, dumme Frage, höhne ich über mich selbst und schüttle meinen Kopf.
„Ich muss irgendwo schlafen. Bitte, meine Freundin hat mich rausgeschmissen, ich kann sonst nirgendwo hin.“ Es ist zwar komisch, dass jemand wie er niemand anderen sonst hat um dort ein zwei Nächte zu verbringen, aber ich bin zu müde um darüber nachzudenken und diesen Fakt in Frage zu stellen.
„Ich habe sogar ein freies Klappsofa, meine Adresse steht auf der Karte klingeln Sie einfach wenn Sie hier sind.“
Er klingelt knapp fünf Minuten später, noch immer in Schlafanzug und mit ungekämmten Haaren drücke ich auf den Summer und öffne ihm kurz darauf die Tür.
John Doe sieht nicht gut aus. Er hat dicke Ränder unter seinen Augen und Blut quillt aus einer Wunde an seinem Arm.
„Danke, dass ich hier sein darf.“ Ich zucke mit den Schultern. Natürlich darf er das. Meine Mutter würde verrückt werden, wenn sie wüsste, dass ich einen Fremden in meine Wohnung lasse, aber mir ist das gleich. Selbst wenn er mich vergewaltigen würde, dann wäre es zumindest Abwechslung zu meinem faden Alltag und ein Grund mir die Kugel zu geben.
„Kein Problem. War wohl ein heftiger Streit?“
„Was?“ Er blickt überrascht auf, erst dann scheint ihm die Wunde an seinem Arm wieder einzufallen und er nickt kurz. „Sie hielt es für eine gute Idee mit Tellern nach mir zu werfen“, erklärte er leise und sieht sich in meinem Flur um.
Jetzt schäme ich mich ein bisschen dafür die letzten Tage nicht aufgeräumt zu haben. Schuhe und Jacken verteilen sich hier und ich weiß, dass in der Küche noch ein Stapel Pizzakartons darauf warten zum Müll gebracht zu werden.
„Das klingt nach einer liebevollen Frau“, murre ich leise und winke ihn hinter mir her. Ich führe ihn ins Wohnzimmer und deute auf mein Sofa. „Dort können Sie schlafen und dort drüben ist das Bad.“ Fahrig deute ich auf die geschlossene Tür, die ins angrenzende Badezimmer führt und werfe ihm einen erneuten, skeptischen Blick zu.
„Zum schlafen können Sie gerne die Wolldecke nehmen, gute Nacht.“
Ich flüchte schnell zurück in mein Schlafzimmer, bevor er noch etwas sagen kann und werfe mich dort in mein Bett.
Die nächsten zwei Stunden aber ist nicht an Schlaf zu denken, da ich sie damit verbringe angestrengt auf Geräusche aus dem Nebenzimmer zu lauschen, die mir irgendetwas über meinen neuen Mitbewohner verraten, aber es bleibt still.
Am nächsten Morgen schleiche ich quasi aus meinem Schlafzimmer, die Haare habe ich mir schon gekämmt und den Schlafanzug gegen eine ansehnliche Jogginghose und ein Tanktop getauscht.
So aufrecht wie ich kann betrete ich mein Wohnzimmer.
John Doe ist schon wach. Er sitzt aufrecht auf dem Sofa, ein T-Shirt trägt er nicht und ist damit beschäftigt eine Bandage um seinen Unterarm zu wickeln. Als er mich bemerkt nickt er mir zu.
„Morgen!“, grüßt er mich. Ein bisschen zu fröhlich für einen Kerl, dessen Freundin ihn mit Tellern beworfen hat.
Erst jetzt fällt mir auch auf, dass es anscheinend nicht bei der Verletzung am Arm geblieben ist. Sein ganzer Oberkörper ist gezeichnet von Schrammen und ich bin schlau genug um zu erkennen, dass nicht alle von scharfkantigen Gegenständen stammen.
„Guten Morgen“, antworte ich ihm und presse die Augen skeptisch zusammen. Er scheint mein Unbehagen nicht zu merken, sondern befestigt den Verband an seinem Arm und grinst mich an. Schon wieder fallen mir seine weißen, geraden Zähne auf und ich bemerke, dass sein ganzer Körper mit zu grinsen scheint.
Dennoch hat er immer noch etwas von Mafiaboss. Vielleicht ist es der harte Zug um seinen Mund, wenn er nicht lächelt oder einfach sein Volumen an Muskelmasse.
„Was machen Sie hier John Doe?“, frage ich ihn und stemme meine Hände in die Hüften. Ich lasse mich doch nicht für dumm verkaufen. Ich sehe doch, dass hier etwas nicht ganz richtig läuft. Auch John scheint zu wissen, dass ich es weiß, denn er senkt seinen Kopf und stößt ein Seufzen aus.
„Willst du die unschöne Wahrheit oder die angenehme Lüge?“ Er hebt eine Augenbraue und zieht sich ein T-Shirt über den Kopf, während er auf meine Antwort wartet. Schade, ich hätte die Aussicht gerne noch ein bisschen länger genossen.
„Die Wahrheit wenn es sich einrichten lässt.“ Auffordernd sehe ich ihn an und schiebe kein Kinn vor.
„Da sind ein paar Typen, die mich umbringen wollen und ich verstecke mich hier.“ Jetzt lächelt er mich wieder an. Diesmal ist es kein echtes Lächeln, das sehe ich sofort. Es ist ein gekünsteltes, bitteres Lächeln.
„Warum?“, schiebe ich hastig die nächste Frage hinterher und kann mein eigenes Herz rasen spüren. Ein paar Typen, die ihn umbringen wollen. Das hieß wenn sie ihn hier finden würden, dann wäre auch ich in Gefahr.
„Das kann ich dir nicht sagen.“ Er hebt die Schultern und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu. Was ist, wenn er ein Mörder ist oder ein Vergewaltiger? Was ist, wenn er etwas sehr teures gestohlen hat?
„John Doe ist nicht Ihr echter Name, richtig?“ Natürlich ist er das nicht. John Doe ist der Name der in den USA für Leichen oder Personen benutzt wird deren Identität nicht identifizierbar ist. Niemand heißt John Doe.
„Nein.“
„Wollen Sie mir Ihren Namen verraten?“
„Nein.“
Ich nicke langsam und beiße mir auf die Unterlippe. Dann teilt ein Grinsen meine Lippen und ich funkle John an. Hier habe ich das Abenteuer, auf das ich mein Leben lang gewartet habe.
„Gut, Sie können hierbleiben und sich verstecken, für wie lange auch immer. Das ist das geringste was ich für Sie tun kann, nachdem ich Ihr Hemd ruiniert habe.“
Ich hebe die Schultern und versuche dabei zu mutig auszusehen, wie die Frauen aus den Actionfilmen. Am liebsten würde ich eine Schrotflinte aus einer dunklen Ecke holen, nur besitze ich keine Schrotflinte. Ich weiß nicht mal ob ich ein scharfes Küchenmesser besitze, vermutlich nur ein kleines Kartoffelschälmesser, ob man damit jemanden töten kann? Vielleicht wenn man nah genug ran kommt.
„Gut, aber dann gibt es ein paar Regeln, die du beachten musst.“ John hebt die Hand und zählt mit seinen Fingern mit während er spricht. „Erstens: Die Vorhänge müssen zu bleiben. Zweitens: Niemand darf von mir erfahren und Drittens: Wenn es hart auf hart kommt, dann tust du was ich dir sage.“ Er starrt mir in die Augen und plötzlich fühle ich mich unter seinem Blick klein und wertlos. Da ist etwas Hartes in seinen Augen, etwas, dass mir sagt, dass ich besser das tun sollte was er sagt.
Gerne wüsste ich wer er ist und was er getan hatte. Ich frage mich, ob er in der Lage wäre mich umzubringen, wenn ich seine Regeln brechen würde.
„Okay.“ Ich nicke und runzle die Stirn. „Ich werde Frühstück machen, trinken Sie Kaffee?“
„So lange du mir nicht auch noch mein T-Shirt versaust.“ John Doe zwinkert mir zu und meine Wangen werden heiß. Gott, ich werde so schnell rot.
Wir frühstücken, dann gehe ich duschen und ziehe mich um. Weil ein attraktiver Mann in meinem Wohnzimmer sitzt und fernsieht mache ich mir Mühe mit meinem Outfit. Ich quetsche mich in meine Röhrenjeans und hülle meinen Oberkörper in eine weinrote Bluse. Das Outfit betont meinen Hintern und meine Beine, eigentlich mag ich es, andererseits ist es nichts besonderes.
Langsam schleiche ich mich zurück ins Wohnzimmer und finde ihm auf dem Sofa sitzend vor, wo ich ihn zurück gelassen habe. Er hält einen Revolver in der Hand, ein zweiter liegt neben ihm auf dem Polster. Ich schlucke und starre die Schusswaffen erschrocken an.
„Was wollen Sie mit den Waffen?“, frage ich ihn. Von Waffen ist nicht die Rede gewesen. Aber was hatte ich anderes erwartet? Wenn er flüchtet, natürlich hat er Waffen.
„Mein und dein Leben beschützen. Unten auf der Straße parkt ein schwarzer Audi, siehst du ihn?“ Ich schiebe die Vorhänge beiseite und lasse meinen Blick die zwei Stockwerke nach unten gleiten. Ja, dort parkt ein schwarzer Audi. „Ja.“
„Ich möchte, dass du runter gehst und die Leute, die drinnen sitzen raus lockst.“ Mein Mund klappt auf und ich sehe ihn fassungslos an. „Was?“
„Wenn du nicht runter gehst und sie da raus holst, dann werden sie heute Nacht hier rauf kommen“, knurrt er und wirft mir den selben harten Blick zu wie vorhin.
„Aber wie kommen die her? Ich meine wie konnten die Sie finden?“ John hebt den Schultern und fährt sich mit einer Hand durch seine kurzen, schwarzen Haare. Er hat filigrane Hände, wie ein Pianist.
„Ich denke ich war nicht vorsichtig genug. Jetzt tu mir bitte den Gefallen und mach was ich dir sage.“ John packt mich an den Schultern, sein Griff ist stark, aber er tut mit nicht weh. Entschlossen schiebt er mich auf die Tür meiner Wohnung zu.
„Und wie soll ich die da bitte raus locken?“, zische ich panisch.
„Du bist eine attraktive Frau, ich denke so harte Arbeit wird das nicht.“ Er öffnet die Tür zu meiner Wohnung, schiebt mich hinaus und schlägt sie hinter mir zu.
Ich starre das blanke Holz meiner Haustür an und schlucke den großen Kloß hinunter, der in meinem Hals steckt. Ich wollte immer ein Abenteuer und hier habe ich eins.
Entschlossen stöckle ich auf den High Heels, die er mir mitgegeben hat den Flur und die Treppe hinunter und trete auf die Straße. Die Sonne blendet und glänzt auf dem Blech des schwarzen Autos. Ich werfe einen kritischen Blick hinein. Darin sitzen zwei Männer, sie erinnern mich ein bisschen an John Doe. Derselbe Körperbau und der selbe harte Ausdruck im Gesicht. Sie reden nicht miteinander, blicken aber in meine Richtung, als ich auf das Auto zu gehe und versuche dabei so sexy wie nur möglich auszusehen. Ich fühle mich fast wie ein Bondgirl.
Ich klopfe mit meinem Fingerknöchel gegen das Fahrerfenster und beuge mich nach vorne, als es sich ein Stück senkt. „Entschuldigung Jungs. Könnt ihr mir vielleicht helfen? Ihr seht mir doch wie zwei starke Männer aus.“ Ich zwinkere ihnen zu und rücke meinen Ausschnitt weiter in ihre Richtung.
„Worum geht es denn Schnecke?“ Der Mann, der spricht klingt wie ein Prolet. Als hätte man ihn auf der Straße aufgepickt und hinter das Lenkrad des teuren Audis gesetzt. Ich wette, dass er eine Waffe unter seinem Jacket trägt, bestimmt eine halbautomatische.
„Ich hab ein riesiges Sofa oben in meiner Wohnung. Ich würde es gerne hier unten auf den Sperrmüll stellen.“ Grinsend nicke ich in Richtung der Dinge, die schon am Straßenrand stehen.
„Und ich kann es ja nicht allein runter tragen.“ Ein anzügliches Lächeln schleicht über mein Gesicht und ich kann beinahe sehen, wie die niederen Instinkte in den beiden Männern anspringen.
Sie werfen sich einen kurzen Blick zu und scheinen im Stillen darüber einzukommen, dass eine junge Frau in Nöten wichtig genug ist um das Auto und seinen Posten zu verlassen. Wer auch immer die beiden angeheuert hat, hat sich nicht gerade die Besten genommen.
Der Fahrer steigt zuerst aus, dann der Beifahrer. Mit den Beiden Männern zu meiner Rechten und meinen Linken überquere ich wieder die Straße.
Ich werfe einen nervösen Blick hoch zu meinem Wohnzimmerfenster. Es ist offen. Ein Zischen ertönt und der Fahrer geht zu Boden mit einem Loch in seinem Kopf, der zweite fällt auch, bevor er seine eigene Waffe ziehen kann. Erschrocken starre ich die beiden Leichen an. Meine Schuhe stehen in einer Blutlache und mir wird schlecht. Ich presse mir eine Hand auf den Mund und stöckle mit klopfendem Herzen zurück ins Haus.
Hinter mir auf der Straße herrscht Panik. Ich verstehe die Panik, in meinem Kopf herrscht das pure Chaos. Bis gestern bin ich ein Niemand gewesen. Eine Frau wie jede Andere, jetzt bin ich in einen Doppelmord verwickelt.
Wer auch immer John Doe ist, ich stecke plötzlich in der selben Scheiße wie er.
Hastig renne ich die Treppen hoch und reiße die Tür zu meiner Wohnung auf.
„Sie haben die Beiden umgebracht“, keuche ich atemlos, als ich ihm wieder gegenüberstehe. Er sieht mich nicht mal richtig an, sondern wirft einen vorsichtigen Blick aus dem Fenster.
„Natürlich. Was glaubst du was ich mit ihnen machen wollte? Sie zum Eisessen einladen?“ Ein Lächeln zuckt um seine Lippen und er schüttelte ganz sachte den Kopf.
„Ich weiß nicht. Ich hätte nur nie erwarten, dass Sie die Männer erschießen würden.“
„Könntest du mir einem Gefallen tun und mit dieser Sie-Scheiße aufhören? Wir sind jetzt zusammen auf der Flucht, da wäre das angebracht.“
Wieder überrascht er mich. „Auf der Flucht? Ich dachte Sie – du versteckst dich hier?“ Er sieht mich an als wäre ich nicht ganz dicht.
„Du wurdest gerade dabei beobachtet, wie du zwei Männer aus einem Auto gelockt hast, die kurz darauf erschossen wurden.“
„Warum hast du mich da mit reingezogen?“, flüstere ich heiser und sehe ich fragend an. Ich verstehe, dass er sich hier verstecken wollte. Ich verstehe nicht, warum er mich da mit hineinziehen muss.
„Weil sich alles plötzlich anders entwickelt hat als erwartet, außerdem wirkst du auf mich so als könntest du mal ein wenig Abwechslung vertragen.
Und jetzt müssen wir los, pack die nötigsten Sachen ein, beeile dich wir haben nicht viel Zeit.“ Er hetzt mich ins Schlafzimmer und ich stopfe schnell einige Sachen in meinen Rucksack.
Als ich fertig bin steht er schon in voller Montur im Flur und wartet auf mich. Schnell springe ich in meine Schuhe und werfe ihm einen unsicheren Blick zu.
„Wo wollen wir hin?“ Er öffnet die Tür und streckt seinen Kopf in den Flur. „Keine Ahnung, erst mal weg hier. Wir werden ohnehin nicht weit kommen, bevor sie uns finden. Wir brauchen bloß eine gute Position und wir brauchen Waffen.“
John Doe winkt mich in den Flur und ich folge ihm. Wir schweigen den ganzen Weg über und als wir unten auf der Straße ankommen sehe ich mich unschlüssig um.
„Wohin jetzt?“, flüsterte ich ihm leise zu und er sieht sich um. „Hast du kein Auto.“ Ich schüttle den Kopf und er seufzt, schlendert auf einen roten VW zu, der am Straßenrand steht. „Jetzt hast du eins.“ Ich weiß nicht wie, aber er knackt die Tür zu dem Auto und öffnet mir dann die für den Beifahrer. Während ich mich auf den Sitz gleiten lasse schließt John das Auto kurz und startet den Motor. Er drückt aufs Gas und wir schießen aus der Parklücke.
„Mein Rucksack liegt auf der Rückbank“, erklärt er und guckt angestrengt auf die Straße, während er alle Verkehrsregeln missachtend die Straßen hinunter brettert.
„Tu mir einen Gefallen und hol die beiden Revolver raus.“ Ich frage gar nicht erst wofür er sie braucht, sondern mache einfach worum er mich gebeten hat. Die Revolver sind schwerer als ich erwartet habe und fühlen sich kühl an in meinen Händen.
Ich reiche sie ihm und grüble dabei darüber nach, wie viele Leute er damit wohl schon erschossen hat und warum.
„Also wo fahren wir hin?“, frage ich ihn ein weiteres Mal und sehe ihn prüfend von der Seite an. Er wirkt entschlossen und verspannt. Sein Kinn ist vorgeschoben und seine Fingerknöchel treten weiß hervor, so sehr klammert er sich an das Lenkrad.
„Wir holen uns Waffen.“
„Und wo?“
„Da wo ich sie versteckt habe.“ Er reißt das Lenkrad herum und der rote Golf rast quer über die Kreuzung, schneidet einen BMW, der beinahe gegen einen Laternenpfahl knallt.
Bald rollen wir einen kleinen Weg entlang und parken vor einem Schrebergarten. John wirft einen Blick in jeden Spiegel und nimmt sich einen der Revolver.
„Ich bin in fünf Minuten wieder da, du nimmst die andere Pistole in die Hand. Rede mit niemandem. Wenn ich in fünf Minuten nicht zurück bin steigst du aus und suchst nach mir.“ Er wartet bis ich nicke, dann steigt er aus.
Mit zittrigen Händen umfasse ich den Griff der Waffe und sehe sie mir an. Ich weiß ich muss sie entsichern, bevor ich damit schießen kann. Ich habe keine Ahnung wie man sie entsichert.
Kurzfristig entscheide ich mich dazu, sie dann halt als Wurfgeschoss einzusetzen, wenn ich überhaupt lange genug leben würde um mich wehren zu können.
Nervös blicke ich aus den Fenstern und sehe mir die Gärten an. Es ist wirklich eine schöne Gegend hier. Die Hecken sind hoch und grün, ich höre Vögel singen und weiter hinten steigt Rauch aus einem Garten auf, vermutlich grillen sie dort. Wenn ich die Lust dazu hätte einen Schrebergarten zu unterhalten, dann würde ich gucken ob ich hier einen bekomme.
Aber ich will keinen Schrebergarten also sollte ich auch nicht drüber nachdenken. Ich könnte einen Schrebergarten auch nicht bezahlen und er wäre nur ein weiterer Schauplatz meines langweiligen Lebens.
Nach vier Minuten kehrt John Doe zurück. Eilig schließt er die Pforte des Gartens hinter sich und wirft die Tasche, die er bei sich trägt auf den Rücksitz. Sobald er im Auto sitzt gibt er Gas.
Ich will schon fragen was los ist, als Schüsse hinter uns ertönen. Die Heckscheibe des Autos zerspringt und mit einem Schrei ziehe ich meinen Kopf ein.
John geht nicht vom Gas runter und schlittert von dem Weg auf die Hauptstraße. „In der Tasche ist ein Maschinengewehr, ziel damit auf das Auto, das uns verfolgt“, brüllte er und überfährt eine rote Ampel.
„Ich werde nicht treffen!“, schreie ich panisch zurück und stoße einen weiteren Schrei aus, eine Kugel schlägt neben mir im Armaturenbrett ein.
„Nimm das Gewehr und schieß verdammte Scheiße nochmal“, flucht er und richtet den Revolver auf mich, die linke Hand noch immer am Lenkrad. Ich starre ihn fassungslos an. „Du wirst doch nicht auf mich schießen, oder?“ Meine Stimme überschlägt sich, während ich spreche.
„Mach endlich was ich dir gesagt habe!“, schreit er und schlägt mit seiner Hand aufs Lenkrad. Mit trockenem Mund beuge ich mich wieder nach hinten und öffne die Tasche. Schüsse rattern über mich hinweg und ich wimmere. Hastig greife ich nach dem Maschinengewehr und halte es unschlüssig in den Händen.
„Und jetzt?“
„Schießen!“
„Wie?“ Ich richte die Waffe auf das Auto, das uns verfolgt. Es ist ein schwarzer Audi, wie das Auto aus meiner Straße.
„Entsichern.“
„Wie?“, frage ich noch einmal und starre das schwarze Maschinengewehr verzweifelt an. Ich wünsche mir ich hätte in meinem Leben mehr Actionfilme gesehen, dann wüsste ich jetzt, wie ich mit dem Teil umgehen muss.
„Da oben den Spannschieber... das Ding zurück schieben bis nicht mehr geht.“ Ich lege meine Hand oben an die Waffe und zerre so doll ich kann. Es macht klick und ich betätige den Abzug.
Leider bin ich nicht auf das vorbereitet was geschieht. Die Waffe feuert tatsächlich, ich treffe den Audi vorne an der Motorhaube aber der Rückstoß schleudert mich nach hinten und ich krache gegen die Lehne vom Fahrersitz. „Au“, fluche ich und reiße erschrocken die Augen auf, als mein Feuer erwidert wird. Ein Mann lehnt sich aus der Beifahrertür des schwarzen Autos und schießt auf den armen, alten Golf.
„Oh Gott, oh Gott.“ Ich ducke mich und versuche den Mann zu treffen. Wieder reißt der Rückstoß mich zurück, nur das ich diesmal nicht annähernd getroffen habe.
„Können wir nicht tauschen?“, frage ich angespannt und starre John an. „Wie wärs wenn du schießt und ich fahre?“ John Doe scheint nicht sehr begeistert von meinem Plan zu sein, aber selbst er muss zugeben, dass es für uns Beide das Beste wäre.
„Setzt dich auf den Beifahrersitz.“ Auch diesmal tue ich was er mir sagt und lasse mich zurück auf den Sitz gleiten. „Greif nach dem Lenkrad.“ Auch das mache ich und platziere meine Hände zwischen seinen. „Ich zähle bis drei, dann setzt du dich auf meinen Schoß und übernimmst die Pedale, dann werde ich mich nach hinten setzen, verstanden?“
„Verstanden.“ Entschlossen umfasse ich das Lenkrad fester und sehe ihn an. Er lächelt sachte.
„Eins.“ Ich atme tief durch und mache mich bereit dazu bei 140 km/h einen Fahrerwechsel durchzuführen.
„Zwei.“ Wieder rattern Schüsse und durchsieben das Armaturenbrett.
„Drei.“ Ich springe auf seinen Schoß und drücke meine Füße auf die Pedale. Einen kurzen Moment drücken sich unsere Körper eng aneinander, dann schlängelt er sich unter mir hervor und klettert auf den Rücksitz. Er klemmt sich zwischen dem Beifahrersitz und den Rücksitz ein und legt das Gewehr auf der Lehne ab.
Seine Schüsse sitzen und plötzlich haben unsere Verfolger genauso zu kämpfen wie wir. John trifft den Mann, der aus dem Audi hängt und er fällt auf die Straße.
Ich wende meinen Blick ab und richte ihn vor mich auf die Straße. Ich kann zwar nicht schießen und ich hab zwar kein Auto, aber trotzdem bin ich eine gute Autofahrerin. Auch wenn ich bei jeder roten Ampel, die ich überfahre ein schlechtes Gewissen kriege.
„Gleich kommt ein Parkhaus, richtig?“, brülle er mir über den Lärm der Waffen und der Straße hinweg zu. „Ich glaub schon“, brülle ich zurück.
„Fahr da rein, bis ganz nach oben.“ Ich tu was er mir sagt, schlittere in die nächste Seitenstraße und brettere durch die Einfahrt für das Parkhaus.
„Da ist eine Schranke!“, schreie ich und nehme unentschlossen meinen Fuß vom Gas.
„Fahr durch!“
Ich schlucke und halte voll drauf zu. Die Schnauze unseres VWs kracht gegen die Schranke. Zu meiner Überraschung gibt sie wirklich nach und lässt das Auto demoliert zurück.
Scheppernd geht es weiter. Dieses Parkhaus hat eine Auffahrt, die sich wie eine Spirale nach oben schraubt.
John wechselt seine Position und ballert nun aus dem Fenster zu seiner Linken, während ich immer weiter nach oben rase. Durch die kreisenden Bewegungen und die unheimliche Geschwindigkeit, die ich drauf habe wird mir übel. Als ich schon fürchte mich jeden Moment übergeben zu müssen, nimmt das Ganze ein Ende und das Parkdeck erhebt sich vor mir.
„Halt!“, befiehlt John und ich bringe das Auto schlitternd zum Stehen. Jetzt steht es quer vor der Einfahrt.
John Doe stößt die Tür auf und setzt das Gewehr erneut in Anschlag. Ohne zu zögern schießt er auf das Auto, das uns entgegen kommt.
Als die Männer in dem Auto merken, dass sie nicht weiter fahren konnten springen sie heraus und erwiderten Johns Feuer.
Auf einmal entflammt in mir der pure Tatendrang. Ich greife nach der Tasche und reiße sie auf. Darin liegt noch ein Jagdgewehr. Ich schnappe es mir und zerschlage mit dem Griff das Fenster auf der Fahrerseite.
John duckt sich inzwischen hinter die Mauer der Einfahrt und streckt manchmal seinen Körper heraus um ein paar Schüsse abzugeben. Einen der Männer hat er schon getötet, zwei sind noch übrig.
Ich entsichere, lege an, ziele und schieße. Der erste Schuss geht daneben, lenkt die Beiden jedoch von John ab. Der Zweite trifft und reißt einen der Beiden zu Boden. Kälte schießt durch meine Finger und meine Arme bis zu meinem Herzen.
Ich habe einen Mann getötet. Ich habe einem Mann das Leben genommen und ich bereue es nicht.
Der andere Mann bleckt die Zähne und richtet seine Waffe auf mich. Erschrocken werfe ich mich zur Seite, trotzdem kann ich nicht verhindern, dass eine Kugel sich in meine Schulter bohrt und ich schreie auf. Blind recke ich das Gewehr aus dem Fenster und drücke ab, im selben Moment höre ich Schüsse aus Johns Ecke und dann ist es still.
Nach einigen Sekunden hebe ich meinen Kopf und werfe einen Blick nach draußen. Der letzte Mann ist auch tot. Er liegt wenige Meter vom Auto entfernt. John Does Maschinengewehr hat ihm den kompletten Oberkörper zerfetzt. Diesmal dreht mir der Anblick nicht den Magen um, mein Herz schlägt noch immer kalt.
Ich presse meine Hand auf meine Schulter und stolpere aus dem Auto. John sitzt auf dem Boden und lehnt mit dem Rücken an der Mauer. Er ist nicht verletzt.
„Du blutest“, sagt er als ich auf ihn zukomme und steht auf. Ich nicke langsam.
„Ist die Kugel hinten wieder ausgetreten?“ Fragt er und zieht mir schon die Jacke aus um selbst nachzusehen.
„Ist sie. Wir müssen nur die Blutung stoppen.“ Er geht zu unserem demolierten Auto hinüber und kehrt mit seinem Rucksack zurück.
„Du musst dein Oberteil ausziehen“, sagt er ruhig zu mir und sieht mich an. Ich habe einen Mann getötet und eine Schießerei überlebt, dann werde ich auch mein Oberteil ausziehen können, denke ich und fummle mich aus meiner Bluse und versuche dabei meine Schulter möglichst nicht zu bewegen.
„Ich müsste die Wunden eigentlich nähen“, erklärt er leise. „Aber da hab ich keine Zeit zu. Es könnte jetzt schmerzhaft werden.“ Ich nicke und beiße die Zähne zusammen.
Er drückt den Verband auf meine Wunde und wickelt ihn fest um meine Schulter, um meinen Oberarm und um meinen Hals, damit das Ganze nicht verrutscht.
Es tut wirklich schrecklich weh und ich bilde mir ein, dass es schlimmer ist als der Schuss an sich.
„Wer bist du?“, frage ich zischend und halte seinen Blick fest. „Warum wollen sie dich tot sehen.“ John Doe hebt die Schultern und erwidert meinen bohrenden Blick ohne mit der Wimper zu zucken.
„Sagen wir einfach, dass ich mit der falschen Frau geschlafen habe.“ Er grinst mich an und ich kann schon verstehen, dass besagte Frau mit ihm geschlafen hat.
„Und jetzt?“ Ich lege meinen Kopf auf die Seite.
„Du wirst dir ein Taxi rufen und dich ins Krankenhaus fahren lassen. Sag der Polizei du bist von mir bedroht worden und ich werde untertauchen.“ Er legt seine Hand an meine Wange und plötzlich wird mir klar, dass ich immer noch nur meinen BH trage.
„Es war mir eine Ehre dich kennen zu lernen.“ John Doe lächelt sacht und haucht mir einen Kuss auf die Lippen, der mir ein Kribbeln die Wirbelsäule hinunter jagt.
„Ebenfalls“, erwidere ich atemlos und sehe ihm dann dabei zu wie er über die Leichen klettert und verschwindet.
Mein Leben lang habe ich mir gewünscht jemand anderes zu sein, zum ersten Mal in meinem Leben bin ich stolz darauf ich zu sein.
Das nervige Schrillen meines Weckers reißt mich aus meinem Schlaf und ich setzte mich murrend auf. Ich fahre mit einer Hand über mein Gesicht und schüttle meinen Kopf.
Ich weiß, dass ich geträumt habe, kann mich aber nicht mehr richtig daran erinnern. Ich weiß nur noch, dass mein Traum irgendetwas mit dem Mann zu tun hatte, den ich vor drei Wochen auf der Straße anrempelte und meine Visitenkarte gab.
Er hat wegen der Reinigung nicht angerufen und ich habe eigentlich auch nichts anderes erwartet, schließlich sehe ich nicht aus wie Angelina Jolie oder Megan Fox und mein Leben nimmt keine interessanten Wendungen.
Das Wohnzimmer ist leer, als ich es betrete und in der Küche stapeln sich noch die Pizzakatons vom letzten Monat.
Milan01 Spannende Geschichte. Ab un zu braucht man ein wenig Abwechslung, und sei es nur im Traum. :-)) An einer Sache solltest du noch arbeiten. Du wiederholst dich zeitweise zu oft. ..wäre..Seite 1..dann Seite 3...frage mich wie es wäre...Innerhalb weniger Sätze zu oft dieses "wäre". Abgesehen davon hatt mir die Geschichte echt gefallen. Dein Stil gefällt mir. 4* dafür Lg Milan01 |