Fantasy & Horror
Neun Welten - 5.Kapitel

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"Neun Welten - 5.Kapitel"
Veröffentlicht am 08. Januar 2013, 12 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Neun Welten - 5.Kapitel

Neun Welten - 5.Kapitel

Beschreibung

Cover: © ElisabethBlack

5.Kapitel

Der Wind wehte noch stürmisch durch mein Haar, ließ  es mir in die Augen fallen, selbst als wir nicht mehr flogen. Selbst noch, als wir alle auf dem schlafenden Drachen ruhten, der unter seinen regelmäßigen Schnarchern erzitterte. Ich hielt es für verschwenderisch, unter einem klaren Himmel zu schlafen, ohne ihn eingehend zu betrachten. Die Sterne waren außergewöhnlich in dieser Nacht, manche von ihnen waren so hell und grell wie die Sonne selbst, außergewöhnlich und geheimnisvoll.

   "Unglaublich, was?" Deagan. Ich schreckte hoch und beruhigte mich sofort wieder, als ich ihn erkannte. Grinsend lag er neben mir und starrte wie ich hoch hinauf zum Firmament, mit einem Grashalm, der aus seinem Mund ragte - in diesem Moment sah er aus wie ein Schäfer, der seine Schafe hütete. Oder Drachen.

   Ich errötete. "Oh. Eigentlich solltest du Angst haben. Ich bin das Monster und du ..." Ich verstummte, überlegte, ob es mir wohl peinlich sein sollte, dass ich nicht wusste, was er eigentlich war.

   Ich erwartete, er würde lachen, oder so etwas Männliches von sich geben wie "Ich habe vor nichts und niemandem Angst" oder "Ich bin ein Oger". Doch er tat nichts dergleichen. Stattdessen wandte er seine Augen vom Himmel und richtete sie auf mich, verschränkte sie mit den meinen. Und er klang das erste Mal, seit ich ihn kannte, ernst, keine Spur Ironie lag mehr in seiner Stimme. "Du bist kein Monster. Dir ist die Wahl genommen worden, zu entscheiden, ob du gut oder böse sein willst. Niemand kann seine Natur leugnen, auch keine Bestien. Und ich kenne mich mit Monstern aus, glaub mir." Und sein übliches, breites Grinsen kehrte zurück. Er sprang auf, streckte sich und war, nachdem er mir noch einmal ermutigend auf den Rücken geklopft hatte, im Dunkel der Nacht verschwunden. Ich wollte ihm noch ein Dankeschön hinterher rufen, ihm sagen, wie viel mir das bedeutete, was er gesagt hatte. Doch schon spürte ich ein merkwürdiges Ziehen in meiner Bauchgegend, ein plötzliches Bedürfnis zu jagen, stieg in mir auf, mein siebter Sinn. Ich fühlte meine Beute. 

   Ich sprang auf. Sofort war Coral neben mir, als hätte sie die ganze Zeit wach gelegen und gelauscht. Vielleicht hatte sie das auch. Ich fragte mich, ob sie wohl eifersüchtig mitangehört hatte, wie Deagan mich tröstete. Ich hoffte es. Das dachte ich, noch während ich  mich krümmte unter dem Schmerz, dem Sog, der mich herunter von dem Drachen zog.

   "Wehr dich nicht. Wir brauchen deine Gabe. Er ... er muss hier irgendwo in der Nähe sein. Wo ist denn jetzt dieser verdammte Deagan?"

   "Was zum . . ." Charlie war auf einmal hellwach und an meiner Seite. Doch kaum versuchte ich zu einer Erklärung anzusetzen, als er schon davonstürmte, gejagt von dem zerrenden Sog in seinen Eingeweiden. Das konnte nicht sein. Wenn ein Mensch in der Nähe war, wäre ich die einzige, die etwas verspürt hätte, die einzige, die den Menschen blutrünstig verschlungen hätte. Doch wenn selbst Charlie sich nicht beherrschen konnte - was war dann das, was uns zwang, los zu laufen, ohne zu wissen, warum oder wohin man rannte?

   Ich holte Charlie ein. Coral folgte uns. Für ein Menschenmädchen war sie unglaublich schnell. Wir rannten von der Wiese aus in Richtung eines kleinen Bauernhofes, der sich dunkel von der Gegend abhob. Kein Licht brannte im Innern, keine Geräusche von Tieren oder sonstigem Leben waren zu vernehmen, der Bauernhof wirkte leer und verlassen.

   Endlich ließ der brennende Sog nach und Charlie und ich bremsten abrupt.

    "Ich ... hab ... die Spur ... verloren ...", keuchte Charlie mühsam hervor. Ich wartete schon auf seine üblichen Schwall aus Fragen, doch es kam nichts. Stattdessen war ich es, die eine Frage stellte. "Was für eine Spur." Eigentlich klang diese Frage viel mehr nach einer Feststellung, denn ich ahnte bereits, was die Antwort war, noch während ich die Frage stellte.

   "Der Auserwählte. Er ist in der Nähe", antwortete Coral bestimmt, während sie sich aufmerksam nach allen Seiten umschaute. "Vielleicht spürt ihr ihn nicht mehr, weil wir da sind. Er muss .. hier irgendwo sein." Sie deutete forsch auf den verlassenen Bauernhof.

    "Wie hast du es geschafft, uns hinterher zu rennen? Ich dachte, ihr Menschen ...." Verlegen brach ich ab. Sie ignorierte meine Frage und befahl:"Ich würde sagen, wir suchen den gesamten Bauernhof ab. Charlie - du suchst da." Sie zeigte auf die Scheune. "Abbie, du untersuchst das Haus und ich werde auf den Feldern und im Garten nachschauen."

    "Wer hat gesagt, dass du uns befehlen kannst, wo wir suchen sollen?"

    "Ich bin hier wohl die einzige, die begreift, dass der Auserwählte nicht weit ist. Also sucht ihn endlich, verdammt." Sie schob mich in Richtung Bauernhaus. Ich fauchte. "Fass mich bloß nicht an, sonst beiß ich dir deine Finger ab." Und das meinte ich ernst. Ich war eine Bestie, sie ein Mensch. Auch wenn ich momentan keine Lust auf ihr Fleisch hatte (am Abend noch war ich jagen gegangen), bedeutete dies nicht, dass ich es nicht konnte.

   "Schon gut." Sie war so schnell weg, dass ich allmählich zu zweifeln anfing, ob sie wirklich ein Mensch war. 

 

Das Haus war leise und es roch, als wäre schon lange kein Mensch mehr hier gewesen. Mit stillen Schritten durchmaß ich das Haus, ich hatte Angst, die unheimliche Stille zu durchbrechen, die  wie ein undurchlässiger Umhang um dem Haus lag. Der Sessel, der Tisch, die Stühle - all das war von einer dünnen Staubschicht bedeckt. Mit einem Finger strich ich die Wände entlang, hinterließ eine Spur im Staub. Der Sog war noch nicht ganz verschwunden - ich spürte ihn ganz tief in mir. Er schrie, wollte, dass ich die Stufen des Hauses erklomm, die mich zu der ersten Etage tragen würden, dem Teil, den ich noch nicht erkundet hatte. Trotzdem zögerte ich am Fuß der Treppe. Ich war mir nicht sicher, ob mich meine Füße heil wieder zurück tragen würden. Irgendetwas lauerte da oben - und es war zweifellos mehr als der Auserwählte selbst. Schließlich setzte ich vorsichtig Fuß für Fuß auf die Stufen. Obwohl sie morsch und alt waren, gaben auch sie nicht das leiseste Geräusch von sich. 

Es kam mir vor, als wäre ich in die Vergangenheit gereist, als ich in das erste Zimmer im Flur eintrat. Schwarze, wallende Vorhänge hingen vor den Fenstern und am Ende des Raums stand eine geheimnisvolle Standuhr, die ein Ticken von sich gab, das in der lauten Stille noch lauter widerhallte.

 

Tick, tack.

 

Tick, tack.

 

Tick, tack.

 

Und auf einmal, als würde ich von einer unsichtbaren Macht dazu verleitet, fiel ich. Es dauerte lange, bis ich aufkam. So lange, dass ich schon begann, mich zu fragen, wo ich eigentlich war. Der Aufprall nahm mir den Atem, sodass ich unfähig war zu schreien. Erst nach einer Weile spürte ich einen anderen Körper neben mir, den Körper eines Menschen. Mein Atem setzte wieder ein, erst stoßartig, dann ein Keuchen. Und ich sprang auf, schnappte mir den Körper des Jungen, der ohnmächtig zu sein schien, warf ihn über meine Schulter und rannte. Obwohl ich eigentlich ein gewisses Verlangen nach ihm spüren sollte, da ich eine Bestie und er ein Mensch war, tat ich es nicht. Es war, als wäre er so wie Deagan. Doch ich wusste, dass er der Auserwählte war, ich spürte es. Erst nach einer Weile merkte ich, dass es keine Tür mehr gab. Ich legte den Kopf schief, betrachtete die Möbel um mich herum eingehend, die gleichen wie vorher. Auch die Standuhr stand am selben Platz.

Doch ich hätte schwören können ... ich hätte schwören können, ich wäre gefallen ... in einen anderen Raum. Die Standuhr tickte, als wollte sie mir etwas sagen.

 

Die Zeit ist unendlich.

 

Die Uhr ist unendlich. 

 

"Die Vereinigung der Neun Welten ist unendlich."

 

Ein gebrochenes Flüstern von dem Bündel auf meinem Arm. Die Uhr hielt inne. Alles hielt inne. Und in diesem Moment war es, als würde das ganze Haus inne halten, tief einatmen und ... ich rannte auf die Uhr, das Tor der Neun Welten, zu, denn ich hatte begriffen. Im gleichen Augenblick ächzte und stöhnte das Haus und der Staub löste sich endlich. Die Dachbalken knarrten und würden mich und den Auerwählten im nächsten Augenblick lebendig begraben. Ich sprang, schloss die Augen, flog dem Tor der Neun Welten entgegen und fühlte endlich das Licht, noch bevor ich es sah. Ich, nein, wir, der Auserwählte und ich, waren angekommen. Geblendet schloss ich die Augen wieder. Das Letzte, was ich hörte, war Deagans Stimme, wie er seinem Drachen zu brüllte: "Fang, Retter, fang!"

Die eisernen, aber sanften Klauen von retter, dem Drachen, die mich fingen, spürte ich schon nicht mehr. Das Letzte, was ich dachte, war eine Frage.

Heißt der Drache nicht Töter?

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EvaDark Re: Re: - Oh mann! Jetzt weiß ich zumindestens das das ein Mädchen ist! Ich hab die ganze Zeit gedacht das wäre ein Junge! Das erklärt so einiges!
Deshalb hab ich mich über den Namen gewundert.

Ähm, Lizzie, wie soll mir das Erscheinungsdatum dabeu helfen? Ich mein, ich hab die das erzählt als MIss Almigthty und belauscht hat ...?

Tjo bis bald Evev
Vor langer Zeit - Antworten
ElisabethBlack Re: -
Zitat: (Original von DangerousInc am 15.01.2013 - 18:01 Uhr) Okay ich war etwas verwirrt, bis ich gesehen habe, dass da 5. Kapitel steht xD Gute Story


Ja, das fünfte Kapitel ist echt ein bisschen verwirrend. Aber der Prolog und das 4.Kapitel sind mir besser gelungen und auch einfacher für Neueinsteiger zu lesen, die du auf meinem Profil findest.
Bis irgendwann einmal, Elizabeth Black
Vor langer Zeit - Antworten
ElisabethBlack Kommentar vom Buch-Autor gelöscht.
Vor langer Zeit - Antworten
DangerousInc Okay ich war etwas verwirrt, bis ich gesehen habe, dass da 5. Kapitel steht xD Gute Story
Vor langer Zeit - Antworten
ElisabethBlack Re: -
Zitat: (Original von EvaDark am 12.01.2013 - 20:19 Uhr) 1. Sorry, aber deine eine Satz war ja so richtig romantisch zwischen Deagon und der Bestie, diese Blick verschränken, hab mich beinahe tot gelacht, als ob die zusammen sind :-D.
2. :-D das mit dem Ogar war auch gut.
3. Irgendwie muss ich mir die Bestie also Abbie immer als Jungen vorstellen...
4. . . . ich zitiere:"Dir ist die Wahl genommen worden, zu entscheiden, ob du gut oder böse sein willst." Was soll der Scheiß? Woran erinnert mich das?!? Sorry aber ich sag mal nen anderen Satz: "C***, die ist die Freiheit genommen geworden zu entscheiden wie du sein willst. Ob du gut oder böse sein willst." So schlimm ist das zwar auch nicht aber. . .
5. Das eine erinert mich an die Killermaschine
Hdgdl (das gedisste)
Eva Dark


Hallöchen
1. Das hab ich absichtlich so romantisch gschrieben, hallo, die steht auf den, wenn du es jetzt immer noch nicht bemerkt hast!!
2. Oger wir mit e geschrieben.
3. Ja ich weiß, das liegt daran, dass sie ne bestie ist und daher auch nicht wie ein normales Mädchen. Diese ganzen Kräfte lassen sie ein wenig männlich wirken. Aber ich versuche sie bei Dialogen mit Deagan etwas mehr wie ien Mädchen wirken zu lassen, dann merkt man, dass sie weiblcih ist.
4. Ganz, ganz im Ernst, das hab ich nich von dir geklaut, wenn du mal auf das Erscheinungsdatum guicken würdest, würdest du bemerken, dass du mir das erts später erzählt hast! Au?erdem ist dieser Satz, agnz ehrlich, ja wohl einer der häufig benutzten Moralsätze.
Tschauchen, DIE Elizabeth Black
Vor langer Zeit - Antworten
EvaDark 1. Sorry, aber deine eine Satz war ja so richtig romantisch zwischen Deagon und der Bestie, diese Blick verschränken, hab mich beinahe tot gelacht, als ob die zusammen sind :-D.
2. :-D das mit dem Ogar war auch gut.
3. Irgendwie muss ich mir die Bestie also Abbie immer als Jungen vorstellen...
4. . . . ich zitiere:"Dir ist die Wahl genommen worden, zu entscheiden, ob du gut oder böse sein willst." Was soll der Scheiß? Woran erinnert mich das?!? Sorry aber ich sag mal nen anderen Satz: "C***, die ist die Freiheit genommen geworden zu entscheiden wie du sein willst. Ob du gut oder böse sein willst." So schlimm ist das zwar auch nicht aber. . .
5. Das eine erinert mich an die Killermaschine
Hdgdl (das gedisste)
Eva Dark
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