Die Fortsetzung von Elfo ^^ Co.-Autorin: EwSchrecklich (mit der ich super-gern zusammenarbeite) Neues Kapitel bei jeder Neu-Veröffentlichung. Bisher - 26 - Kapitel
Nalani
Die spanische Sonne senkt sich langsam orange vom Himmel herab und verschmilzt langsam mit dem Horizont. Madrids hohe, steinerne Häuser werfen lange Schatten die einen fast denken lassen dass es schon Nacht ist. Aber ich habe keine Angst, auch wenn dass hier eine fremde Stadt ist in der ich jederzeit überfallen werden könnte und nicht einmal um Hilfe schreien kann weil ich das spanische Wort für Hilfe nicht kenne... Ich hätte Apollo einmal bitten sollen es mir
beizubringen.
Andererseits: Ich hätte ihn bitten können mir überhaupt irgendetwas auf spanisch beizubringen. Denn eigentlich bin ich es zwar gewohnt in der Schule zu sitzen und kein Wort zu verstehen, aber in der Schule zu sitzen und nicht einmal die Sprache zu verstehen die deine Mitschüler sprechen ist nicht sehr angenehm. Ich seufze schwer.
Inzwischen ist die Sonne ganz weg und die Straßenlaternen springen mit einem leißen Summen an.
Und ich habe immer noch keine Angst, obwohl der Weg zu Apollos Wohnung ganz schön weit ist. Aber wenn man sich einmal als einziger
Ganz-Mensch mit bösen Elfenbossen gestritten hat und mehrmals einfach nur zur Belustigung der Menge beinahe umgebracht worden ist verliert man seine Angst vor Menschen.
Zum größten Teil zumindest...
Aber während ich mich durch eine enge dunkle Gasse zwänge wünsche ich mir doch ich würde die Busverbindungen kennen. Irgendwen danach fragen kann ich ja nicht denn, haha, die können ja alle nur Spanisch und Englisch.
"Na, hast du gar keine Angst?", ertönt eine tiefe, neckende Stimme neben mir. Spätestens jetzt hätte ich Angst bekommen hätte ich
Harukos Stimme nicht aus tausend anderen erkannt. Erleichterung durchflutet mich aber dennoch antworte ich wider besseren wissens: "Nein, überhaupt nicht."
Weil er mein Freund ist weißt er mich netterweise nicht darauf hin dass er sehr genau weiß dass ich gerade Lüge sondern lässt mich nur bei sich unterhängen.
"Und, wie war dein erster Schultag?", fragt er sanft.
Ich gebe ein ziemlich undamenhaftes Schnauben von mir. "Was erwartest du? Ich habe mich die ganze Zeit mir dem Lehrer gestritten. Ich auf deutsch und er auf einer Spanisch-Englisch
Mischung. Wir haben uns gegenseitig nicht verstanden, aber als er dann zur Tür gezeigt hat war das doch ziemlich eindeutig."
Haruko lacht leise und streicht mir im Laufen eine Haarsträhne zurück. "Ach du Arme."
Ich zucke mit den Achseln. In seiner Gegenwart ist all mein Zorn sofort wieder verflogen und ich fühle mich um einiges entspannter. Und so kommt mir der Weg zu Apollos Wohnung gar nicht so lang vor.
Bloß dass uns vor der Tür eine weitere Überraschung erwartet.
Direkt vor der Eingangstür steht eine Gestalt die man aud den ersten Blick leicht mit Apollo verwechseln könnte. Doch bei näheren Ansehen fallen einem natürlich sofort die spitzen Ohren und die blaueb Augen auf.
"Meiyo!", rufe ich erschrocken.
Er merkt wie ich ihn anstarre und erwidert meinen Blick so intensi wie eh und je. Sofort muss ich mit dem Drang kämpfen auf ihn zuzulaufen und mich einfach in seine Arme zu stürzen. Haruko nimmt beschützend meine Hand und starrt Meiyo böse an.
Doch der Elf grinst bloß und nickt
mir ohne den Blick abzuwenden zu. "Nalani."
Ich wünschte er würde aufhören mir in die Augen zu sehen.
"Gibt es irgendwelche Probleme in der Elfenwelt?", frage ich erschrocken und will mich von seinen Augen losreißen. Es funktioniert nicht. Ich kann einfach nicht weg von ihm sehen. Das Grinsen um seinen Mund wird breiter.
"Ja, Meiyo, warum bist du hier?", knurrt Haruko den er nicht einmal begrüßt hat.
"Ich werde ja wohl noch meinen Halbbruder besuchen dürfen?", erwidert Meiyo gelassen. "Und
vielleicht sollten wir hinein gehen bevor wir uns weiter über Elfen und Allerlei unterhalten?"
Ohne auf unsere Antwort zu warten dreht er sich um und öffnet die Tür, bloß um dabei fast mit Apollo und Sae zusammenzustoßen die gerade hinauskommen wollen.
Sie sind beide ziemlich hübsch hergerichtet. Sae sieht einmal wieder wunderschön aus mit ihren zurückgeflochtenen Haaren.
"Meiyo!", rufen die beiden wie aus einem Mund und Sae zuckt bei seinem Anblick auch ein wenig zusammen und ein schuldbewusster Ausruck gleitet in ihre Augen. Apollo scheint davon
nichts mitzubekommen.
"Ja, das bin ich", grinst Meiyo. "Wolltet ihr gerade fortgehen?"
Apollo nickt, legt den Arm um Sae und zieht sie näher an sich. Anscheinend bringt Meiyo alle Männer dazu ihre Freundinnen gut festzuhalten, selbst die aus seiner eigenen Familie.
Mir passt es immer noch nicht ganz dass Apollo und Sae zusammen sind, denn ich muss dabei immer an die Anfänge ihrer Beziehung und an Saes dunkle Seite denken, doch zumindest hat Apollo sich standesgemäß von Casta getrennt und das stellt mich zumindest ein wenig zufrieden. Obwohl Casta ganz
offensichtlich mir die Schuld an der Trennung gibt.
Kein Wunder. Offiziell bin ich die einzige die bei Apollo lebt, Haruko und Sae dürften eigentlich gar nicht existieren. Genau wie Meiyo. "Dann tut es mir Leid dass ich euch aufgehalten habe", bemerkt Meiyo ohne jede schuldbekenntnis in der Stimme. "Aber können wir jetzt bitte wieder reingehen? Ich muss mit euch reden."
Und dann schiebt er sich einfach an ihnen vorbei, jedoch nicht ohne Sae einen langen Blick zuzuwerfen und verschwindet in Apollos Wohnung.
Wir sehen uns eine Weile an, aber
uns ist allen klar dass wir gar nichts anderes tun können, also folgen wir ihm hinein.
Apollo
Seufzend gehe ich mit den anderen zusammen in die Wohnung. Wieso muss mein Halbbruder auch gerade dann auftauchen, wenn ich mit Sae essen gehen will?
Und dem Blick nach, den Sae mir zuwirft, denkt sie im Moment ähnlich.
Haruko und Nalani setzen sich auf das Sofa, Meiyo geht zum Fenster und sieht heraus. Sae bleibt noch einen Moment stehen, bis sie sich neben die beiden anderen setzt, denen das Ganze zu missfallen
scheint.
Ich bleibe stehen, starre Meiyo an und verschränke die Arme. „Wie kommt es, dass du hier bist?“
„Darf ich dich nicht besuchen, Apollo?“
Ich grummele. „Natürlich. Aber nicht, wenn ich zum gewählten Zeitpunkt weg will. Wie zum Beispiel jetzt!“
Er wendet sich zum Fenster ab, sieht mich stattdessen an und lehnt sich an das Fensterbrett.
Es ist als würde man in einen Spiegel sehen, nur das aus grünen Augen blaue werden. Gruselig, ich werde mich wohl nie daran gewöhnen, dass Elfengeschwister,
und selbst Halbgeschwister wie wir, sich verdammt ähnlich sehen.
Ich beobachte, wie mein Halbbruder grinst. Natürlich weiß er, dass ich mich nicht daran gewöhnt habe, er hat einfach meinen Gedankenfluss mitgehört. Sae lässt sich zumindest nichts anmerken, vielleicht ignoriert sie meine auch einfach, vielleicht auch Nalanis und Harukos. Wer weiß?
„Ist gut. Ich habe mich mit Vater gestritten.“
„Mit deinem“, ergänze ich wie automatisch. Mit seinem möchte ich ungern etwas zu tun haben, vor allem nicht, wenn man Youkos
Bemerkung gegenüber seinem Vater mitbekommen hat. Denn wenn man der Glauben schenkte, dann hatte sein Vater ihre Meisterin umgebracht.
„Ja. Ich habe gedacht, es wäre ganz gut, etwas Abstand zu halten für eine Weile. Und da du immer noch lieber unter Menschen verweilst, kam mir das sehr gelegen.“
„Natürlich“, seufzte ich. „Gibt es noch einen Grund?“
„Ich wollte dich sowieso mal besuchen.“
„Meiyo, meinst du, dass Sae und ich gehen können, ohne dass du
meine Wohnung zerlegst?“
„Nein“, grinst er boshaft. Wie eh und je. „Außerdem, es ist schon tiefschwarze Nacht, das lohnt nicht mehr, oder?“
Ich sehe Sae fragend an, die nur mit den Schultern zuckt. „Wir können auch hier etwas essen“, ist alles, was sie von sich gibt.
„Okay, wir bleiben hier“, gebe ich auf. „Ich sehe mal, was im Kühlschrank noch zu finden ist.“
Ich gehe zu der geradezu winzigen Küche, die nun mal für eine Person ausgelegt ist. Dort sehe ich in den Kühlschrank, der nur für Ebenso viele gemacht ist.
Nicht viel, ganz wie ich es mir
gedacht habe.
Nur ein Glas Marmelade ist übrig, gerade mal halb voll. Seltsam, ich kann mich nicht entsinnen, das Zeug gekauft zu haben. Ich bin kein großer Fan von Marmelade.
„Kann ein Weilchen dauern“, rufe ich den anderen zu.
Sofort vernehme ich Schritte, die sich entfernen.
Ich schließe den Kühlschrank frustriert wieder. Das Einzige, das sonst noch da ist, ist Brot.
Allein die Vorstellung daran, Marmelade essen zu müssen, lässt mich schaudern.
Also beschließe ich, erst einmal,
den anderen etwas zu bringen. Und dann werde ich erst einmal sehen, wie lange ich es mit leerem Magen aushalte, ich bin gespannt.
Ich bereite ein paar Brote zu und lege sie auf Teller. Heute bediene ich sie ausnahmsweise mal.
Ich nehme die ersten beiden Teller hoch und klopfe an der Tür meines Gästezimmers, nein, Nalanis Tür.
Sofort öffnet sie sie, im Hintergrund läuft der Fernseher und Haruko beobachtet ganz fasziniert das Programm.
Ich gebe ihr den Teller und sie bedankt sich. „Ich bringe den Teller dann zur Küche, Apollo“, sagt sie noch, bevor sie die Tür
wieder schließt.
Ich gehe zurück zur Küche und überlege, wo Sae und Meiyo sein könnten. Im Wohnzimmer vielleicht?
Ich nehme die anderen zwei Teller hoch und beschließe, auf gut Glück dorthin zu gehen, denn ich meine, den eingeschalteten Fernseher zu vernehmen.
Ich öffne die Tür. Genau in diesem Moment sehe ich, wie Sae meine Halbbruder küsst, der eher überrascht wirkt.
Die Teller machen Bekanntschaft mit dem Holzfußboden und ein paar Scherben bleiben zurück.
Sae zuckt zurück. „Apollo!“,
entfährt es ihr. Meiyo wirkt immer noch verwirrt.
Ich presse die Lippen aufeinander.
„Ich verstehe gar nichts mehr“, stellt Meiyo klar, „Ich habe damit nichts zu tun!“
„Sae…“, beginne ich, nicht ohne ziemlich gereizt zu klingen.
Sie steht auf und sieht mich bettelnd an. „Apollo… Es… Es ist nicht, wie es aussieht…“
Ich atme tief durch. „Was ist es dann?!“, blaffe ich sie an.
„Ich…“
„Wie ich sehe, hast du dafür keine Erklärung. Welche auch?“
„Apollo…“
„Und wie ich das sehe, solltest du
gehen! Jetzt!“
„Aber…“
„Verschwinde!“, unterbreche ich sie forsch.
„Aber…“
„Raus!“
Sie bewegt sich mit gesenkten Schultern zur Tür. Sie öffnet die Tür und sieht mich noch einmal flehend an.
„Verschwinde! Und betrachte unsere Beziehung hiermit als beendet!“
Geknickt schleißt sie die Tür hinter sich.
Ich hoffe, Haruko und Nalani haben nichts mitbekommen, Fragen kann ich jetzt überhaupt
nicht gebrauchen.
Ich lasse mich neben Meiyo auf das Sofa fallen.
„Das tut mir Leid. Ich habe damit wirklich nichts zu tun!“, beteuert er, „Sie hat mich geküsst, nicht umgekehrt.“
„Mmh. Hab´s gesehen…“, nuschele ich. Das ist so ein Moment, in meinem Leben, in dem ich mir lediglich wünsche, es möge alles nur ein böser, böser Traum sein.
Nalani
Von irgendwo erklingt Apollos lautes Gezeter, gerade als im Fernsehen Germanys Next Topmodel beginnt. Diese Wohnung hat zu dünne Wände. Haruko, der bereits das ganze Sofa für sich beansprucht sieht ein wenig unwillig auf. "Muss er ausgerechnet jetzt so laut sein?"
Froh darüber Heidi Klum zu entkommen springe ich auf die Beine: "'Ich geh Mal nachschauen was da los ist!" "Und sag ihm er soll leise sein", brummelt mein Freund.
"Ich will auf keinen Fall die Endausscheidung verpassen."
"Hmhm", mache ich nur unbestimmt und will schon zur Tür hinaus als Heruko seinen Blick sogar vom Fernseher losreißt um mich nazusehen. "Und Nalani?"
"Ja?"
In seinen Augen leuchtet es schelmisch. "Kannst du mir dann vielleicht etwas zu Essen mitbringen?"
Ich ziehe es vor einen schweigenden Abgang zu machen und die Tür hinter mir zuzuschlagen, aber das reicht ihm auch gewiss als Antwort.
Zuerst sehe ich in der Küche nach,
aber dort ist niemand. Aber aus dem Wohnzimmer höre ich den Fernseher. Apollo tut mir richtig leid, alle im Haushalt glotzen einfach nur auf die Scheibe.
Ich gehe ins Wohnzimmer wo ich tatsächlich die beiden Brüder in trauer Zweisamkeit am Sofa entdecke, von Sae fehlt jede Spur. Doch gerade als ich zu einer Frage ansetze trete ich auf ihrendetwas hartes, spitzes und brennender Schmerz entflammt in meinem Fuß. "Au!", scheie ich und reiße sofort mein Bein hoch. Ein weiterer Fluch entfährt mir als ich sehe wie Blut meinen Socken durchdringt. Vielleicht sollte ich mir langsam
angewöhnen auch in Wohnungen Schuhe zu tragen. Auf einem Bein stehend verliere ich fast das Gleichgewicht aber in diesem Moment stützen mich schon zwei Hände ab und halten mich behutsam fest.
Als ich aufsehe schaue ich in Meiyos tiefblaube Augen. Apollo sitzt immer noch am Sofa, ihn scheint das ganze recht wenig zu interessieren. Aber irgendwie... wirkt er ganz schön neben der Reihe.
"Alles in Ordnung?", fragt Meiyo und zwingt mich ihn wieder anzusehen. Sein Gesicht ist meinem so nahe dass ich seinen Atem
spüren kann. Und natürlich nutzt er die Chance um mich wieder ganz intensiv anzusehen.
"Ja, danke", meine ich nervös und reiße mich von ihm los. Dann sehe ich auf den Boden auf dem ich einen zersprungenen Teller und Marmeladebrotreste entdecke. "Was ist denn hier passiert?"
"Und schon beginnen die Fragen...", beschwert Apollo sich griesgrämig.
Meiyo wirft seinem Bruder nur einen kurzen Blick zu, zieht dann die Schultern hoch und grinst. "Elfen und ihre Essgewohnheiten...", scherzt er. Dann fügt er noch spitz hinzu: "Von
Haruko solltest du das eigentlich gewohnt sein."
Ich ignoriere ihn und sehe besorgt Apollo an. Irgendetwas stimmt mit ihm nicht, er ist fanz von der Reihe. Eine Weile schwanke ich zwischen meiner Neugier und meinem Drang das Chaos hier in Ordnung zu bringen. Dann kapituliere und frage , während ich in die Küche verschwinde um einen Sack zu holen: "Wo ist Sae?"
Niemand antwortet mir während ich in der Küche bin und als ich zurückkomme sitzt Meiyo wieder schweigend neben Apollo. Ich habe mich geirrt. Nicht nur Apollo geht es schlecht, auch Meiyo scheint
das Thema irgendwie unangenehm zu sein.
Ich gehe in die Knie wobei ich darauf achtgebe meinen schmerzenden Fuß weniger zu belasten und frage: "Also?"
"Brauchst du ein Verbandszeug?", fragt Meiyo zurück.
"Es hat keinen Sinn es zu verschweigen", meint Apollo in diesem Augenblick. "So wie ich Nalani kenne wird sie früher oder später sowieso darauf kommen."
Ich grinse in mich hinein.
"Sae hat mich mit Meiyo betrogen", erzählt Apollo. "Nicht mit meiner Zustimmung!", wirft Meiyo laut, fast panisch ein. "Ich wollte das
nicht." "Wie auch immer... als ich das mitgekriegt habe sind die Marmeladebrote auf dem Boden gelandet." "Was eigentlich gar nicht so schlecht ist. Wie konntest du nur Brote mit Marmelade machen?", Meiyos nächster wichtiger Beitrag.
Anscheinend mögen die Brüder beide keine Marmelade. Also haben sie noch mehr Ähnlichkeiten außer ihrem Aussehen. "Daraufhin habe ich Sae aus dem Haus gejagt", vollendet Apollo seinen Bericht und es wird wieder still.
Ich beschäftige mich damit die Brote in den Sack zu werfen als plötzlich ein Klopfen an der Tür
erklingt.
"Wer ist das schon wieder?", regt Apollo sich auf während er aufsteht um zur Tür zu gehen. Meiyo grinst bloß wissend, bleibt sitzen und scheint größtes Vergnügen dabei zu haben mir beim Saubermachen zuzusehen. "Das machst du granz großartig", lobt er spöttisch. "Soll ich dich bei mir einstellen?"
"Als was? Als Putzfrau?"
Darauf schweigt er und starrt mich nur noch an.
Ich begnüge mich damit die Scherben vom Teller in den Sack zu werden als Apollo zurückkommt. Im folgt niemand geringerer als
Youko. Sie wirkt nicht im geringsten überrascht dass Meiyo sich da auf Apollos Sofa lümmelt.
"Hallo Meiyo. Hallo Nalani."
"Hallo", erwidere ich. Meiyo hebt bloß eine Hand und schaut dann mit halb geschlossenen Augen wieder auf den Fernseher. "Gibt es irgendwelche Probleme in der Elfenwelt?"
Youko seufzt schwer und lässt sich auf das Sofa fallen. "Ist Haruko auch da?", fragt sie. "Er muss davon erfahren."
Meiyo starrt eine Weile Youkos Stirn an, so als würde er ihre Gedanken lesen, dann zieht er eine Augenbraue hoch und steht
auf. "Ich geh Haruko holen", bemerkt er, ist aber lieb genug um hinausgehen meinen vollen Sack mit Glasscherben und Brotresten mitzunehmen.
Wenig später erscheinen er und Haruko erneut. Mein Freund eilt sofort zu mir und streckt die Hand aus um mir aufzuhelfen. Ich nehme sie bereitwillig und bleibe neben ihm stehen.
"Also, was ist passiert?", fragt er und sieht zwischen Youko und Meiyo hin und her.
Die Elfe seufzt noch einmal und faltet die Hände auf dem Schoß. "Yakii ist aus ihrem Exil entkommen und hat auch
ALLE anderen Elfenbosse befreit, darunter Meiyos Vater. Und dann...", ihre Stimme beginnt zu zittern und sie bricht ab um auf den Boden zu starren.
Meiyo, der einzige der ihre Gedanken lesen kann, beendet den Satz statt ihr.
"Er hat den gesamten Rat getötet."
Apollo
Alle, die es eben erst durch meinen Halbbruder, erfahren haben starren Youko an. Sagen tut niemand etwas.
Da kommt mir sogar die Sache mit Sae wie ein Kinkerlitzchen vor.
„Dass Katsu frei ist wusste ich ja bereits“, mischt Meiyo sich ein, „Aber wie er das geschafft hat wusste ich nicht.“
„Katsu?“, fragt Nalani verwirrt.
„Vater“, erklärt er sofort. „Bei dem Versuch, es ihm zu entlocken, kam es zu besagtem Streit, wegen dem
ich hier bin.“
„Konntest du es denn nicht seinen Gedanken entnehmen?“, wirft Youko patzig ein. Sie und mein Halbbruder werden sich wohl nie vertragen.
„Youko, ich weiß ja nicht, was du für eine Erziehung genossen hast, aber eine gute war es sicher nicht. In Vaters Kreisen gilt es als extrem unhöflich, in den Gedanken der Eltern und Großeltern zu wühlen.“
Das hat gesessen.
Gerade als Youko dem etwas entgegen setzen will, geht Haruko dazwischen, in dem er sie bittet, sich zu beruhigen. „Also. Was genau ist passiert, Youko?“, fragt
er nun.
Sie sieht betreten zu Boden. „Yakii hat irgendwie erfahren, dass die Inseln recht nahe beieinander liegen und hat es geschafft, die anderen zu überreden, ihr zu helfen, dort wegzukommen.“
Meiyo zieht eine Augenbraue hoch. „Ich will nicht unhöflich sein, aber diese Möglichkeit nicht zu beachten, konnte auch nur vom Rat stammen. Das ist selten dämlich!“
2:0 für meinen Halbbruder…
Youko und Haruko setzen furchtbar begeistert wirkende Gesichter auf.
„Das wissen wir mittlerweile auch“,
presst Youko, darum bemüht, ruhig zu bleiben, hervor.
„Nun, es ist also so weit gekommen“, murmelt Haruko, „Aber was nun? Wir sind nur noch zu Zweit, keiner der anderen hatte einen Schüler!“
„Das ist mir bewusst. Auch wenn das so nicht unbedingt stimmen muss. Wie du sicher noch weißt, haben wir Aki auf ebenso eine Insel geschickt.“
„Mmh“, grummelt Haruko.
„Nun, Yakii hat zwar alle Inseln abgesucht, wie ich von Shima erfahren konnte, aber…“
„Aber?“, hake ich nun nach.
„Es besteht eine geringe
Möglichkeit, dass Aki gut reagiert und überlebt hat. Ich habe Shima gebeten, nach Aki zu suchen und ihn, sofern er ihn findet, zu bitten, uns morgen auf Shimas Insel zu treffen.“
„Warte mal“, mischt sich Nalani ein. „Wir?!“
Youko atmet tief durch. „Ja. Ich fürchte, wir werden eure Hilfe brauchen.“
„Schon wieder?“, stichelt mein Halbbruder grinsend.
„Ja“, seufzt sie, „Schon wieder.“
„Also bittest du uns darum, dir in der Elfenwelt unter die Arme zu greifen?“, geht er sicher.
„Ja…“
Wir sehen und fragend an, bis Meiyo – sehr zu unser aller Erstaunen – schließlich sagt: „Wir helfen.“
Youko huscht für den Bruchteil einer Sekunde ein Lächeln über das Gesicht, kaum bemerkbar. „Danke. Ich muss mich übrigens noch einmal kurz mit Apollo unterhalten. Allein. Es ist wichtig.“
Ich versuche Meiyo fragend anzusehen, doch der sieht schon wieder zum Fenster heraus. Super. Da kann der Halbbruder als einzig anderer im Raum Gedanken lesen, und dann hört er einmal nicht bei Youkos Gedanken mit.
Ich wüsste nur zu gern um was es
geht.
„Kommst du?“, fragt Youko vorsichtig.
Ich nicke.
„Wohin?“, frage ich.
„Irgendwohin, wo niemand lauscht.“
Nalani
Obwohl ich die anderen Ratsmitglieder nicht wirklich gekannt habe sitzt mir der Schrecken tief in den Knochen. Sie sind alle tot, bis auf Aki, aber der hat auch nur eine sehr geringe Überlebenschance, denn Youko hat ja selbst behauptet um zu überleben hätte er gut reagieren müssen.
Aber wann macht Aki schon was richtig?
Meiyo der schon wieder am
Fenster steht grinst hämisch. Ich verenge wütend die Augen. So viel zu dem Thema er hätte eine gute Erziehung genossen und würde nicht in fremden Gedanken herumschnüffeln.
Auch diese Gedanken hat er natürlich gelsen und zuckt bloß mit den Achseln. "Menschen hat diese Erziehung nie beinhaltet", meint er und Haruko sieht verwirrt auf. Ich verziehe missmutig das Gesicht.
"Was mich zu dem Thema bringt... Fragst du dich gar nicht was Youko da von Apollo wollen könnte?" Ich sehe überrascht zu Meiyo auf und er grinst so breit dass es eher wie
ein Zähneblecken aussieht. "Ich nehme an sie will irgendetwas wichtiges mit ihm besprechen", mischt sich Haruko ein. "Warum sollte sie sonst mit ihm reden wollen?"
Meiyo wirft ihm einen langen, mitleidigen Blick zu. "Das traurige ist ja dass du das anscheinend wirklich zu glauben scheinst. Hm... was könnte eine Frau noch von einem Mann wollen? Allein?" Er macht ein nachdenkliches Gesicht.
"So etwas würde Youko doch nie tun", werfe ich wütend ein und unterstütze Haruko.
Meiyo zuckt mit den Achseln.
"Wenn ihr meint. Ich nehme an ich darf es mir hier auf dem Sofa gemütlich machen, oder?"
"Wo sonst?", frage ich schlechtgelaunt.
"Nun... ich hatte gehofft du bietest mir einen Platz neben dir im Bett an, Nalani", wirft Meiyo zurück und grinst mich genüsslich an. Ich zucke zusammen und spüre wie Haruko mir instinktiv einen Arm um die Hüfte legt. Natürlich wissen wir beide dass das ein Scherz von Meiyo war, trotzdem ist der Gedanke ihn in meinem Bett zu haben ein wenig... beunruhigend.
"Wir sollten alle schlafengehen", meint Haruko besänftigend und
zieht mich mit sich. Meiyo wirft er einnen letzten, vernichtenden Blick zu. "Und du kannst es dir gerne auf dem Sofa bequem machen. Wobei es mir größtes Vergnügen bereiten würde dir dabei zuzusehen wie du am Boden schläfst."
"Wenn Apollo und Youko morgen übernächtigt aussehen sagt aber nicht ich hätte es euch nicht gesagt!", ruft Meiyo uns noch schadenfroh hinterher.
Apollo und Youko wirken am nächsten Tag beide ein wenig müde, geben sich aber alle Mühe sich nichts anmerken zu
lassen. Ich werfe einen beunruhigten Blick zu Meiyo der meinen Blick aus seinen blauen Augen erwidert während Youko dabei ist unsere Reise in die Elfenwelt vorzubereiten und dabei leise Flüche von sich zu geben.
"Wenn ich euch alle mitnehme sind meine Energie-Reserven danach ziemlich verbraucht", brummt sie schlechtgelaunt. "Na hoffentlich hat Aki etwas zusammengespart."
Dann hebt sie geistesabwesend die Hand, tut nicht mehr als einmal mit dem Finger zu schnippen und plötzlich wird uns der Boden unter den Füßen weggerissen. Ich stoße einen erschrockenen Schrei aus
und wäre nach hinten gekippt hätte Haruko mich nicht geschickt aufgefangen, anscheinend ist er solche Reisen bereits gewohnt. Youko wahr auch mit einiger Mühe das Gleichgewicht, aber Apollo und Meiyo fallen beide auf die Nase.
Haruko stellt mich behutsam wieder auf beide Beine und im nächsten Moment befinden wir uns unter einem strahlend blauen Himmel mit dem man nicht einmal den sonnigen Himmel Spaniens vergleichen kann auf einer kleinen Insel. Ganz in unserer Nähe ist ein Strand, man kann das Meer rauschen hören und direkt vor uns steht niemand geringerer als Aki
der uns in aller Ruhe erwartet.
Er hat sich nicht sonderlich verändert, in seiner Miene kann man noch immer diesen arroganten Ausdruck sehen. Für Haruko hat er nichts weiter als einen hasserfüllten Blick über, mich sieht er abfällig an und Apollo und Youko schenkt er sogar ein kleines Lächeln. Wahrscheinlich einfach weil er noch keinen Grund hat sie zu hassen.
Nur auf Meiyo reagiert er unerwartet. Als ehemaliges Ratsmitglied müsste er diesen Feind des Rates eigentlich hassen, doch stattdessen schenkt er ihm nichts weiter als ein
mitleidig-herablassendes Lächeln und seint Blick huscht ganz kurz von mir. Meiyo sieht ebenfalls zwischen mir und Aki hin und her, runzelt kurz die Stirn und schenkt Aki dann sein selbstbewusstes zähnebleck-Grinsen.
Ich frage mich was das ganze soll und tausche einen ahnungslosen Blick mit Haruko. Dabei fällt mir auf dass Shima ganz in der Nähe ein wenig abseits steht und uns alle beobachtet. Während Youko, die Meiyos und Akis stummer Kontakt anscheinend auch schon stört "Schluss jetzt!", brüllt schlendere ich langsam zu ihm
herüber.
"Na kleines Menschlein?", fragt Shima. "Suchst du die Gegenwart desjenigen der nicht in dich verliebt ist?" Achja genau. Ich sehe zurück zu Aki und erinnere mich an seinen herablassenden Blick. "Ich glaube nicht dass er mich noch liebt, außerdem, Meiyo und Apollo gibt es auch noch."
Shima, der nicht sonderlich redselig ist, zuckt bloß mit den Achseln. "Euer läppischer Kampf gegen Yakii interessiert mich nicht besonders", meint er. "Ihr interessiert mich nicht. Ich bin auch ein einfacher Elf und kein Orakel, deswegen kann ich auch
nicht in die Zukunft sehen oder so, aber ich habe so das Gefühl dass euch noch etwas dunkles, großes erwartet. Deswegen solltest du immer ehrlich sein. Zu dir selbst und zu deinen ganzen Verehrern."
Er dreht sich um und beginnt langsam davon zu stapfen. "Das letzte was ihr jetzt braucht sind zwei Elfen die sich um deine Gunst streiten!"
Ich sehe Shima nach und kann ein Schaudern einfach nicht unterdrücken.
Dann kehre ich zu den anderen zurück.
Apollo
Bis zum Anwesen meines Halbbruders ist es wirklich nicht weit. Und vor allem ist es nicht zu verfehlen! Man sieht es bereits von weitem und es ist vor allem anderen nicht schlicht gehalten.
Als wir näher kommen fällt uns auch auf, dass sein Haus lange nicht so modern ist, wie Meiyos Stil allgemein eigentlich ist. Während sein Haus aussieht, als stamme es mindestens aus dem vorletzten Jahrhundert, sprechen seine Frisur und sein Outfit eine
ganz andere Sprache. Und wenn ich mich nicht sogar völlig irre, dann geht er mehr mit unserer menschlichen Mode, als ich. Irgendwie scheinen ihm die Stile der Menschenwelt, die unübersehbar moderner als die Elfenwelt ist, sehr gut zu gefallen. Viel zu gut.
Woher er wohl das Ganze Geld hat?
Das Gleiche scheint sich auch Nalani gedacht zu haben, wie ich Meiyos Worten, die er urplötzlich einwirft, entnehmen kann: „Die ganzen Reichtümer stammen noch aus der Zeit, bevor ich mich von den Kreisen meines Vaters abgewendet habe.“
Nalani funkelt ihn böse an. Ob ich ihn darauf hinweisen sollte, dass Nalani es nicht mag, wenn man ihre Gedanken durchforstet?
Wir bleiben vor einer schweren Tür aus beinahe schwarzem Holz stehen.
Meiyo öffnet sie und bittet uns, einzutreten.
„Youko, wann kommt denn deine Schwester?“, bemerkt er wie nebenbei.
„Sie müsste bald da sein. Ich habe ihr…“
„Unterwegs Bescheid gesagt, ich weiß“, beendet er ihre Aussage.
„Wieso fragst du dann?!“, blafft sie.
Darauf antwortet er gar nicht erst,
stattdessen huscht ihm ein schelmisches Grinsen über das Gesicht. Er hat sich echt kein Stück verändert, seit unserer letzten Begegnung…
Wir betreten eine riesige Eingangshalle, in der ganz altmodisch ein Kronleuchter hängt.
„Folgt mir“, weist er uns an und geht geradewegs quer durch den Raum durch die nächste Tür. Die in einen Raum, der vermutlich ein Salon ist, führt.
Als alle im Raum sind, spricht er weiter: „Ihr dürft euch ein Zimmer aussuchen, es sind genug vorhanden. Nur eines ist tabu:
Meins. Ihr erkennt es daran, dass die Zimmertür die Einzige ist, deren Türklinke eine andere Farbe hat.
Wir nicken.
Plötzlich ertönt hinter uns ein Geräusch, als würde eine Tür Bekanntschaft mit einer Wand machen. Ruckartig drehen wir uns um. Eine Elfe, etwas so groß wie Nalani, betritt den Raum. Ihre rotblonden Haare sind geflochten und sie trägt ein anthrazitfarbenes Kleid. Hübsch, sehr hübsch sogar, auch wenn sie wieder ganz anders als Sae ist.
„Gin!“, begrüßt Youko sie und die beiden umarmen sich flüchtig.
Danach grüßt sie uns und fragt der Reihe nach, wie wir heißen. Als sie meinen hört, grinst sie mich an und sagt: „Ich glaube, ich werde dich Polly nennen!“
Nach außen hin lasse ich mir nichts anmerken, doch innerlich bin ich etwas erschüttert, dass sie mir gerade tatsächlich einen Frauennamen verpasst hat. Polly? Ernsthaft?
„Du wirst dich daran gewöhnen“, redet sie weiter, wie um auf meine Gedanken zu antworten. Was sie vermutlich auch soeben damit tun wollte.
„Nun, wenn ihr mich entschuldigt,
ich ziehe mich in mein Zimmer zurück“, sagt Meiyo schließlich und geht zu einer weiteren Tür heraus.
Nalani
Gin ist mir auf Anhieb sympathisch, schon allein wegen dem Polly, das Apollo mehr aus der Ruhe bringt als er offensichtlich zugeben möchte. Stattdessen beißt er die Zähne zusammen und ballt die Hände zu Fäusten.
Seine Reaktion ist einfach so witzig dass ich losprusten muss, das gefällt Apollo, nein, Polly, ganz und gar nicht. Dafür höre ich irgendwo Gin lachen.
Zum Glück ist ihr kein männlicher Spitzname zu Nalani eingefallen.
"Ich kann mir aber gerne noch einen
einfallen lassen!", droht Gin in diesem Moment. Ich richte mich auf und grinse sie an. Ja, sie ist besser als Sae, viel besser. Zumindest solange sie nicht versucht mir mein Herz rauszureißen. Gin zieht erstaunt eine Augenbraue hoch, aber bevor ich erklären kann was ich mit diesem Gedanken meine mischt Youko sich ein: "Das können wir später klären. Zuerst sollten wir uns einmal Zimmer in diesem riesigen Anwesen suchen."
"Das wird nicht leicht nachdem der Gastgeber einfach abgehauen ist", murmelt Apollo und sieht sich suchend um. "Meiyo hier irgendwo zu finden wird genauso schwer", grinst Gin und beginnt mit fröhlichen federnden Schritten davon
zu gehen. Apollo sieht ihr für zwei Sekunden nach, dann zuckt er mit den Schultern und wendet sich zu einer anderen Tür um neugierig hindurch zu gehen. Youko folgt ihm auf den Fersen.
Ich muss sofort an Meiyos Worte denken und hoffe bloß dass sie ihm nicht ins Zimmer folgt. Ein kurzer Blickwechsel mit Haruko überzeugt mich dass er dasselbe denkt. Wir sehen uns noch eine Weile an und überlegen stumm was wir jetzt tun sollen, dann zuckt meint Freund schließlich mit den Schultern und macht sich daran Apollo und Youko zu folgen. Hoffentlich kann er sie davon abhalten etwas... dummes zu tun.
Oder vielleicht hat Meiyo uns einfach
nur hereingelegt und es läuft gar nichts zwischen den beiden, zuzutrauen wäre es ihm jedenfalls. Ich stehe grübelnd da bis mir klar wird dass ich die letzte im Salon bin. Es ist langsam auch an der Zeit dass ich mir ein Zimmer suche. Nachdenklich gehe ich durch eine der Türen hinaus und lande auf einem langen Gang. Mein Gott, wie groß ist dieses Haus eigentlich? Ein wenig schlechtgelaunt darüber jetzt alleine sein zu müssen gehe ich den Gang entlang und muss mir den Instinkt verkneifen bei jeder Tür an der ich vorbeigehe sofort hineinzuschauen. Das werden sicherlich noch keine Schlafzimmer sein und ich
will nicht einfach anfangen in Meiyos Haus herumzuschnüffeln.
...nun, eigentlich würde ich es nur zu gern, aber es besteht die Gefahr dass er ebenfalls hier irgendwo ist.
Bei allen Türen an denen ich vorbeikomme sind die Klinken einfach golden, also ist sein Zimmer schon einmal nicht darunter. Was gut ist, denn ich bin mir nicht sicher ob ich mich beim Anblick einer andersfarbigen Klinke beherrschen könnte.
Doch als ich gerade um eine Ecke biege und mich in einem neuen Gang wiederfinde erklingen plöttzlich Stimmen und ich sehe eine geöffnete Tür.
An der Tür ist eine rote Klinke zu
erkennen.
Schlagartig tritt ein gemeines Grinsen auf mein Gesicht und ich kämpfe ohne große Mühe meine Schuldgefühle nieder um mich näher ran schleichen zu können. Aus dem Raum hinter der Tür klingt Meiyos Stimme und eine andere die ich gut genug kenne, schließlich habe ich lange genug mit dieser Frau, oder besser gesagt Elfe, zusammen in einer Wohnung gelebt.
"Du solltest nicht hier sein", meint Meiyo in diesem Moment.
"Ich will auch nicht hier sein", antwortet keine geringere als Sae.
Ich schleiche mich ganz nah zur Tür um zu lauschen und hoffe gleichzeitig dass
gerade niemand meine Gedanken die heftig toben hört. In diesem Moment antwortet Meiyo: "Sae... du hast mir einmal so unendlich viel bedeutet. Aber diese Zeiten sind vorbei."
"Ich weiß", antwortet die Elfe leise. "Ich verstehe nur nicht..."
"Da gibt es nichts zu verstehen", erwidert Meiyo scharf. "Du..."
Ich beschließe ihren Streit zu unterbrechen, zumal ich keines ihrer Worte nachvollziehen kann aber wissen will worum es hier geht. Kurz entschlossen trete ich in den Türrahmen: "Was ist hier los?!"
Meiyo und Sae stehen ganz dich beieinander, der Elf hat ihr die Hände auf
die Schultern gelegt, wahrscheinlich um sie noch näher zu sich zu ziehen. Als sie mich hören wirbeln sie beide herum. Meiyo verengt die Augen: "Was machst du hier? Habe ich nicht gesagt dass..." Aber Sae gibt gleichzeitig einen leisen erschrockenen Schrei von sich, stößt Meiyo von sich weg und läuft in Elfengeschwindigkeit an mir vorbei zur Tür hinaus. Ehe ich auch nur den Kopf wenden kann ist sie verschwunden. Der andere sieht ihr nach, anscheinend selbst nicht ganz sicher was er jetzt empfinden soll.
Ich trete vorsichtig ins Zimmer und sehe mich erst einmal um. "Tut mir leid wenn ich sie verjagt habe." Meiyos Zimmer ist
gigantisch, entspricht aber genau wie das restliche Haus überhaupt nicht seinem Stil. Im westen führt eine gläserne Tür zu einem Balkon der so groß ist dass sich sogar ein kleiner Springbrunnen darauf ausgeht. Direkt neben dieser Fenstertür befindet sich Meiyos Bett das genau wie alles ihr auch riesig ist. Darin könnten locker fünf Personen schlafen. Seine Kästen sind aus einem alten, dunklen Holz geschnitzt und mit Gold verziert.
"Mein Zimmer ist tabu", knurrt Meiyo während er auf mich zutritt. "Habe ich dir das nicht gesagt?" Da ist es wieder, dieses tiefe anziehende blau in seinen Augen dass in mir den Wunsch keimen
lässt mich in seine Arme zu werfen. Ich verstehe nicht ganz einfach warum er das auch macht wenn er wütend ist...
"Ganz einfach", erwidert Meiyo, "damit ich mich rächen kann!"
Ich ignoriere die Tatsache dass er mir in den Kopf geschaut hat genau wie die Sache mit dem Zimmer und frage stattdessen: "Was hat Sae hier gemacht?"
"Darf sich mich etwa nicht besuchen."
"Doch. Darf ich dich deswegen etwa nicht fragen was sie hier zu suchen hatte? Besonders angesichts der Zustände?"
Meiyo seufzt genervt und fährt sich durch das Haar. "Es gibt einige Dinge die
du und Apollo nicht wissen weil ihr nicht in der Elfenwelt aufgewachsen seid, auch wenn er ein Halbelf ist. Youko wird es wahrscheinlich gewusst haben, aber die alte Intrigantin kümmert sich lieber um ihre eigenen Dinge." Er mustert mich nachdenklich. "Nun, ich nehme an es hätte nicht viel Sinn zu versuchen dir etwas zu verschweigen. Du würdest früher oder später sowieso draufkommen, also kann ich es dir auch gleich sagen." Ich grinse leicht, da kennt er mich aber gut. Und das macht es noch dazu um einiges leichter.
"Sae ist meine Verlobte."
Erstaunt klappt mir der Kinnladen herunter. "Was sagst du da?"
"Ja", bestätigt Meiyo den meine Reaktion zu amüsieren scheint. "Ich habe vor vielen Jahren um sie gebeten und da meine Familie, neben der von Yakii und der von Sae eine der mächtigsten Elfenfamilien war habe ich sie sofort bekommen." Ein seltsamer Ausdruck tritt in seine Augen und verdrängt das hypnotisierende dunkelblau. "Bist du etwa eifersüchtig?"
Tatsächlich ist in mir kurz etwas aufgeflammt das ich selbst nicht so richtig deuten kann, aber ich verdränge es schnell wieder und hoffe dass Meiyo nicht gerade in meine Gedanken schaut. Dann streckte ich trotzig das Kinn vor:
"Nein, wieso sollte ich denn? Falls du dich noch daran erinnern kannst, ich habe einen Freund!"
"Hm...", macht Meiyo bloß.
Ich denke über das Gespräch nach das ich vorher belauscht habe und frage dann, selbst wenn dass ganz schön eifersüchtig klingt: "Liebst du Sae denn?"
Meiyo wendet, wohl zum ersten Mal überhaupt, den Blick von mir ab und schaut nachdenklich ins Leere. "Ich glaube es war ein Fehler um sie zu bitten. Ich liebe sie nicht", gibt er leise zu. "Ich habe sie nie geliebt, aber sie ist eine hübsche, starke Elfe. Trotzdem... seit sie mich geküsst hat weil sie dachte ich wäre Apollo...", er verstummt,
anscheinend nicht ganz sicher was er sagen wollte.
Ich weiß trotzdem was er meint. Seitdem er die Liebe die einmal zwischen Apollo und Sae bestanden hat gespürt hat kommt er sich mit seiner Begieerde lächerlich vor.
Ein leichtes Lächeln huscht um Meiyos Mund. "Das hast du recht gut formuliert. Aber da ist noch etwas... ich wollte mit dieser Beziehung jemanden neidisch machen. Und nun frage ich mich ob es geklappt hat..."
Ich denke an seine Worte von vorher und kneife misstrauisch die Augen zusammen. Ist er etwa... Aber wenn ja, warum setzt er dann nicht einfach seine
Gabe ein?
Meiyo grinst, aber die Fröhlichkeit wirkt wie aufgesetzt. "Eine hervorragende Idee, vielleicht sollte ich das einmal versuchen."
"Haruko würde dich umbringen...", drohe ich leise. Mich würde er wahrscheinlich nicht umbringen, aber dafür bis an sein Lebensende hassen.
"Ich könnte verhindern dass du ihm irgendetwas sagst."
"Das wäre aber auch nur reine Begierde und nicht die Liebe nach der du dich sehnst", knurre ich. "Ich weiß." Plötzlich hebt Meiyo den Blick wieder, aber seine Augen haben seltsamerweise jede
hypnotische Ausstrahlung verloren. Natürlich sind sie noch immer ungemein faszinierend, aber man fühlt regelrecht dass er seine Gabe nicht einsetzt.
Und auf einmal tritt er nah an mich heran, legt mir seine warme Hand in den Nacken, drückt mich näher zu sich und beugt sich zu mir herunter um mich zu küssen. Meiyo ist ein ausgezeichneter Küsser, ich spüre wie ich mich, obwohl ich es zu verhindern versuche, in seiner Wärme löse und Kuss erwidere. Als er sich wieder von mir löst bin ich regelrecht enttäuscht.
Er lehnt sich ein wenig zurück, seine Augen sind noch immer normal. Trotzdem habe ich schon wieder das
Bedürfnis mich in seine Arme zu werfen, doch ich bekämpfe es und bleibe starr stehen.
Meiyo grinst trotzdem siegessicher und meint dann: "Siehst du, du konntest dich nicht wehren. Du weißt, was das heißt, meine Liebe?" Dann wirft er mir einen letzten Blick zu und dreht sich dann um um betont langsam aus dem Zimmer zu schlendern und mich hinter sich zu lassen.
Apollo
„Und was tun wir jetzt?“ Ich verschränke die Arme.
Doch statt zu antworten zuckt er bloß mit den Schultern.
Wir beide ignorieren Youkos Schwester Gin hartnäckig, die, scheinbar um uns zu ärgern, uns andauernd Fragen stellt. Und vor allem mich mit diesem dämlichen Frauennamen anredet. Jedes Mal. Sie hängt dieses „Polly“ wirklich an jeden – wirklich jeden! – Satz an.
„Sag, sind deine Augen von Natur aus olivgrün, Polly?“
Da: Schon wieder!
Ich grummele zur Antwort. Wieso fragt sie überhaupt? Ich meine, sie ist eine Elfe. Dazu noch eine mit, für Elfen völlig normalen, Talenten ausgestattete. Also ganz simpel die Fähigkeit, in Gedanken lesen zu können!
Schelmisch grinst sie mich an. Natürlich kennt sie meine Antwort: Ja.
Leise knurre ich.
Doch davon scheint sie sich nicht beirren zu lassen. Im Gegenteil: Sie streckt mir die Zunge heraus.
Haruko seufzt. „Dafür, dass sie Youkos Schwester sein soll, ist sie ziemlich frech, findest du nicht auch?“
Ich nicke bestätigend. „Und was tun wir
jetzt, wegen Yakii?“
„Ich schätze wir müssen erst einmal herausfinden, was ihr Plan ist. Aber dafür müsste man erst einmal wissen, wo sie sich momentan aufhält, nicht wahr?“
„Hast du denn eine Idee diesbezüglich?“, mischt Youko sich plötzlich ein.
Haruko und ich zucken zusammen.
Wo kam sie bloß plötzlich her?
„Aus dem Nebenzimmer“, lacht Gin leise, „Woher sonst… Polly.“
Argh, da war dieser Name des Grauens schon wieder!
Ich atme scharf ein. „Hör auf mich so zu nennen!“
„Oder was, Polly?“ Sie wirkt, als würde
sie jeden Moment in schallendes Gelächter ausbrechen.
Ja… Was dann eigentlich? Vielleicht hätte ich mir früher darüber klar werden sollen – noch bevor ich den vorigen Satz gesagt habe…
Nachdenklich sehe ich mich im Raum um, auf der Suche nach einer Antwort. Doch natürlich finde ich sie dort nicht.
Als ich Gin daraufhin grimmig anstarre, lächelt sie bloß wieder.
Und irgendwie sieht sie dabei wirklich bezaubernd aus…
Was denke ich denn da?!
Ich schüttele energisch den Kopf.
„Was ist?“, fragt Haruko plötzlich.
Ein Kloß bildet sich in meinem Hals.
„Gar nichts“, presse ich hervor.
Er hebt eine Augenbraue, sagt aber nichts.
Ich wende mich zu Youko und sehe sie fragend an. Wetten, dass sie schon längst eine Idee hatte?
„Natürlich“, erwidert diese.
Eine lange Pause entsteht, in der wir alle darauf warten, was Youko vorschlägt.
„Und?“, fragt ihre Schwester dann endlich, „Was ist denn nun der Plan?“
„Okay, also folgendermaßen…“, will sie gerade beginnen, als plötzlich eine ziemlich verstört wirkende Nalani den Raum betritt.
„Nalani!“, ruft Haruko ihr zu und eilt zu ihr.
Als die beiden bei uns angekommen sind fragt er natürlich sofort, was vorgefallen ist.
Und ich muss zugeben: Das ist eine gute Frage!
Nalani
"Was ist passiert?", fragt Haruko entsetzt und will mich sofort auf den Arm nehmen. Ich seufze, ziehe die Schultern hoch und schlage schnell seine Hände weg. Eigentlich wollte ich versuchen mir nichts anmerken zu lassen bis ich mir selbst klar geworden bin was los ist, aber daraus wird jetzt wohl nichts. Apollo, der einzige andere der noch nicht weiß was passiert ist sieht mich ebenfalls erwartungsvoll an und ich
muss mir ein Stöhnen verkneifen. Jetzt habe ich genau denselben dummen Fehler gemacht wie er!
Meinen Freund betrogen.
Die beiden anderen Anwesenden Elfen, Youko und Gin, haben natürlich schon längst in meinen Gedanken gelesen was los ist. Youko zieht bloß missbilligend eine Augenbraue hoch und Gin sieht mich ein wenig besorgt an. "Ich...", stammle ich.
"Alles in Ordnung?", fragt Haruko.
Er versucht verzweifelt mir in die Augen zu sehen doch ich weiche seinen Blicken aus. Wie soll ich das jetzt bloß sagen? Ich wollte das alles doch gar nicht!
"Es ist nichts", flüstere ich leise. "Es ist
alles in Ordnung!"
"Du lügst!", knurrt Haruko noch im selben Moment.
Argh, verdammt! Warum hat er diese verfluchte Fähigkeit?
"Ich...", fange ich von neuem an, doch in diesem Moment öffnet sich die Tür zu diesem Raum erneut und Meiyo tritt ein. Na toll, der hat mir gerade noch gefehlt!
Meiyo liest natürlich sofort meine Gedanken und lächelt mich charmant an: "Ich hab dich auch schon sehr vermisst, Nalani." Dann sieht er zwischen mir und Haruko hin und her und meint: "Na los, sag es ihm endlich!"
"Was sagen?", drängt mein Freund sofort.
Ich schlucke. "Haruko? Ich denke wir sollten uns lieber einmal unter vier Augen unterhalten!"
Er sieht mich verwundert an, nickt aber schließlich und steht auf. Galant hält er mir die Tür auf damit ich hindurchgehen kann, folgt mi, und schließt die Tür hinter uns und lehnt sich dagegen. "Also Nalani. Was ist los?" Ich bin nicht fähig ihn anzusehen und schaue auf den Boden. "Ich war gerade eben bei Meiyo", gebe ich kleinlaut zu. Irgendwie scheint mein Freund schon ungefähr zu ahnen was gleich kommt denn er seufzt schwer, schweigt aber. Ich nestle nervös mit dem Saum meines T-shirts
herum und füge nach ein paar Minuten hinzu: "Und ich habe ihn geküsst."
Und ehe ich mich versehe platzt alles aus mir heraus: "Es tut mir ja so leid! Ich wollte das alles ni...", im letzten Moment stoppe ich, da ich nicht sicher bin ob das eine Lüge ist. Es würde Haruko zu sehr enttäuschen wenn ich ausspreche dass ich das nicht wollte, er jedoch spürt dass ich nicht die Wahrheit sage. Also sage ich: "Er hat mich einfach so geküsst!"
Das stimmt schließlich sogar.
"Es tut mir so unendlich leid! Ich würde es verstehen wenn du mich jetzt hassen würdest, aber ich liebe dich noch immer!" Zumindest das ist keine
Lüge. Ich sollte bloß lieber unerwähnt lassen dass ich Meiyo auch liebe, oder so ähnlich.
Aber solange ich es nicht ausspreche kann Haruko auch nicht erkennen dass es so ist.
Trotzdem werde ich von schlechtem Gewissen geschüttelt. Ich hätte niemals zulassen dürfen dass Meiyo mich küsst... Ohne es verhindern zu können fange ich plötzlich an unkontrolliert zu zittern.
"He! He!" Ehe ich mich versehe ist Haruko schon zu mir gekommen, nimmt sanft mein Kinn und drückt meinen Kopf nach oben so dass ich ihm in die Augen sehen muss. "Es ist alles
gut! Du brauchst keine Angst zu haben. Ich vergebe dir." Er sieht mich an und ich kann Liebe in seinen Augen erkennen, aber auch Verletztheit. Er mag sagen dass er mir vergibt, aber sein Herz ist gekränkt. Trotzdem fühle ich wie Erleichterung mich durchspült. "Danke", flüsterte ich leise.
"Lass das einfach nicht noch einmal vorkommen, ja?", sagte Haruko und drückt mich fest an sich. Ich klammere mich an ihn und frage mich ängstlich was ich jetzt mit meinen Gefühlen für Meiyo machen soll.
Irgendwie spüre ich schon jetzt dass das ganze nicht gutgehen wird.
Apollo
Was Nalani Haruko wohl erzählt?
„Soll ich es dir sagen?“, fragt mein Bruder plötzlich und grinst seltsam triumphal.
Doch ich schüttele den Kopf.
Er zuckt mit den Schultern. „Wenn du meinst.“
„Ganz sicher?“, mischt sich nun Youko ein.
„Nein, danke. Wenn Nalani es mir nicht sagen möchte, dann will ich das akzeptieren! Wir sind schließlich Freunde und auch ich habe meine
Geheimnisse.“
Einen Moment schweigen wir alle.
Dann stehe ich auf. „Ich bin gleich wieder da. Ich gieße nur schnell etwas Tee auf.“
„Nein! Ich mache das!“, mischen sich Gin und Youko gleichzeitig ein und drücken mich beide an den Schultern zurück, bis ich auf das Sofa hinter mir falle.
Die beiden Schwestern funkeln sich gegenseitig böse an.
Bis Youko schließlich einfach losmarschiert und Gin einfach hier zurücklässt.
Und auch Meiyo setzt sich in Bewegung.
Als wir ihn fragend ansehen, erklärt er:
„Damit sie mir nicht die neue Küche zerlegt.“
Jetzt sind Gin und ich allein und der Raum wirkt plötzlich überdimensional groß.
Sie setzt sich neben mich.
„Du, Polly…“
„Hmm?“
Sie dreht sich ein wenig, lächelt mich an und sieht mir direkt in die Augen.
Plötzlich schlingt sie die arme um mich und lehnt ihren Kopf an mich.
Überrascht überlege ich, was ich davon halten soll.
Natürlich, eigentlich sollte ich sie ganz schnell loswerden, aber andererseits… fühlt sich die Umarmung unglaublich an.
Und außerdem duften Gins Haare wirklich gut.
Ich hole tief Luft. Ja, riecht sehr gut, nach irgendeiner Blume, vermute ich.
Fast bedauere ich es, als sie sich von mir löst, aber sie legt ihre Hände in meinen Nacken und sieht mich schon wieder mit ihren großen Augen an.
Plötzlich kommt sie etwas näher. Vielleicht etwas zu nah.
Vorsichtig schiebe ich sie ein Stück weg. Hatte sie vor, mich zu küssen?
„Gin, was sollte das?!“
„Ich…“, beginnt sie zu stammeln und dreht sich eilig weg.
Für einen Moment bin ich fest entschlossen, der Sache auf den Grund
zu gehen, doch genau in diesem Moment geht die Tür auf und Youko betritt mit einem Tablett voller Tassen den Raum. Meiyo geht direkt hinter ihr und trägt die Kanne.
Nalani
"Und jetzt gehen wir zurück zu den anderen und erklären alles, in Ordnung?", fragt Haruko ganz lieb und nimmt meine Hand. Ich lasse mich von ihm mitziehen und gemeinsam gehen wir zurück wo die anderen schon auf uns warten und gemütlich einen Tee schlürfen.
Bis auf Apollo der mich mit neugierigen Blicken mustert wissen sowieso schon alle was vorgefallen ist, und sie dürften auch bereits gelesen haben dass ich und
Haruko uns wieder versöhnt haben.
Gin und Youko wirken erleichtert, für sie ist das Kapitel damit wieder abgeschlossen.
Von Meiyo hätte ich erwartet dass er enttäuscht ist, aber er verbirgt seine Gefühle gekonnt hinter einem schiefen Grinsen.
"Jetzt können wir ja endlich planen wir wir weitermachen!", fängt Youko laut an bevor ich dazu komme Apollo irgendetwas zu erklären. Ich und Haruko setzen uns auf eines der Sofas und sie fährt ungerührt fort: "Wir müssen Yakii ausschalten, ein für alle Mal! Ich habe dafür auch schon einen Plan, aber dafür müssen wir es schaffen Shima auf
unsere Seite zu ziehen und das wird nicht einfach werd..."
"Warum brauchen wir Shima, Schwesterchen?", unterbricht Gin sie frech.
"Naja, im Moment wissen wir nicht einmal wo Yakii sich aufhält, darum müssen wir..."
"Aber wir wissen doch wo Yakii ist", fällt ihr dieses Mal Meiyo ruhig ins Wort.
Wir alle drehen uns zu ihm um. Er hat sich zurückgelehnt und nippt mit geschlossenen Augen an seinem Tee. "Achja?", fragt Youko und nimmt ebenfalls einen großen Schluck von ihrem Tee um ihre Wut zu
überspielen.
"Es weiß doch jeder dass sie sich gerade auf der Insel Seom aufhält um mit dem dortigen Herrscher Niall zu verhandeln...", beginnt Meiyo mit unschuldiger Miene, bis er von einem Husten unterbrochen wird. Youko beugt sich über ihre Tesse und würgt hustend den Tee wieder heraus den sie gerade getrunken hat. Anscheinend hat sie sich verschluckt.
Doch komm hat sie alles ausgespuckt reißt sie den Kopf hoch und schreit laut: "Was?!"
Meiyo sieht sie ungerührt an und trinkt von seinem Tee, dann wiederholt er langsam, als würde er mit einem kleinen
Kind sprechen: "Yakii ist auf Seom. Der Insel die nicht zum Rat gehört. Und dort freundet sie sich gerade mit dem Herrscher von dort an."
"Woher weißt du das?", mischt Haruko sich in die Diskussion ein.
Ich sehe ein wenig leidend zu Apollo hinüber. Wir sind die einzigen beiden die nicht mitreden können weil wir nicht einmal wissen was Seom ist. Er erwidert meinen Blick und lächelt grimmig.
Dann steht er auf und gähnt hörbar: "Ich ziehe mich dann Mal in mein Zimmer zurück!"
Prompt springt Gin auf die Beine und ruft: "Ich komme mit!"
"Nein!", schreit Youko und fukelt sie
wütend an. "Du bleibst gefälligst hier!"
"Na gut", schmollt ihre kleine Schwester und setzt sich wieder während Apollo zur Tür hinaus verschwindet. Dann fängt Haruko die Diskussion neu an: "Wenn Yakii und Niall sich verbünden haben wir ein wirkliches Problem!"
Ich achte sorgfältig auf Youko und sehe wie sich ihre Miene bei der Erwähnung des Namnes Niall leidend verändert. Sie schaut auf einmal ganz verzweifelt. "Wer ist Niall eigentlich?"
"Niemand wichtiges!", fährt sie mich prompt an. Ich zucke zusammen und Haruko und Meiyo schauen beide böse zu Youko. "Es ist besser wenn du jetzt auch gehst, denke ich", meint er schließlich.
"Wir sagen es dir dann wenn wir beschlossen haben was wir tun."
Ich murmle ein Na gut und verschwinde in dieselbe Richtung wie Apollo. Wenn ich schon aus dem Gespräch der Elfen ausgeschlossen werde kann ich mich zumindest mit ihm unterhalten. Vielleicht können wir uns sogar ein wenig über seinen Bruder unterhalten...
Ich finde Apollo wenig später in Meiyos Bibliothek. Die gewaltige, mit turmhohen Bücherregalen vollgestopfte Halle war schwer zu übersehen und als ich eintrete und die schwere, hölzerne Tür hinter mir schließe tritt mir ein muffiger Geruch der mich ahnen lässt wieviele tausende
Bücher hier lagern entgegen. Apollo steht ganz in der Nähe und hat sich über ein Buch gebeugt auf dessen Rücken ich gerade einmal ein hübsch anzusehende Insel erkennen kann.
"Was liest du da?", frage ich neugierig während ich mich nähere.
"Fâ sao toa aveev ner dêra bee ciio oku kiye."
"Was?", frage ich verdutzt. "Die Insel kapselte sich vollkommen ab, nachdem der Putsch des jetzigen Dikators gelungen war." Während ich noch näher komme frage ich mich ob Apollo verrückt geworden ist und frage: "Von
welcher Insel redest du zum Teufel?"
"Seom", antwortet Apollo ungerührt als wäre das vollkommen klar.
"Apo....", beginne ich und beuge mich über das Buch um zu sehen was er da liest. Aber mir bleibt der Satz im Hals stecken. Die Seite ist mit mir völlig unbekannten Schriftzeichen übersät von denen ich kein einziges enträtseln kann.
Und Apollo hat sie gerade flüssig vorgelesen.
Apollo
Als mir Nalanis Gesichtsausdruck auffällt sehe ich sie fragend an. „Was denn? Da steht doch nur…“ In dem, Moment, in dem ich auf die Sätze starre stockt mir der Atem.
Es sind mysteriöse Schriftzeichen, von oben nach unten geschrieben. Dann rechts davon eine neue Spalte. So ganz und gar nicht das Schriftsystem, dass man sonst zu Gesicht bekommt. Und das seltsamste: ich weiß, was da steht. Ich kann es lesen, aussprechen und verstehen. Und ich dachte immer, ich
spräche nur deutsch, englisch und spanisch!
Ich schließe kurz die Augen, atme tief durch und sehe dann den Text erneut an. Immer noch Schriftzeichen, also doch keine Halluzination. Wäre ja auch zu einfach gewesen, so… so… klischeemäßig halt.
Nalani beißt sich auf die Lippe und bringt dann ein paar Wörter hervor: „Welche Sprache ist das?“
„Ich weiß es nicht…“ Missmutig verziehe ich das Gesicht.
„Die Frage sollte zu beantworten sein“, ertönt plötzlich die Stimme meines Bruders hinter mir, „Seomre, so heißt die Sprache.“
Nalani und ich drehen uns um und sehen ihn verwundert an.
„Mutter ließ dieses Buch da, als sie gegangen ist.“
„Wusstest du, was da drin steht?“, hake ich vorsichtig nach.
„Ich war noch nicht einmal zwei Jahre alt. Natürlich nicht. Vater brachte mir die Sprache nicht bei – aus Wut, dass sie ihn verlassen hat.“
Ich nicke bedächtig.
Plötzlich setzt er wieder das gewohnte Gesicht auf. „Jedenfalls ist es gut, jemanden zu kennen, der diese Sprache spricht. Es gibt zwar einige, die das alte Seomre, genannt Sao, sprechen, aber da gibt es deutliche Unterschiede.“
„Hast du gehört, was darin steht?“, fragt Nalani nun.
Meiyo nickt. Dann wirkt er, als erinnere er sich an etwas.
„Mutter hat mir damals noch etwas da gelassen, auch auf Seomre.“ Sofort setzt er sich in Bewegung und klettert vier Regalbretter nach oben. Wofür hat er überhaupt eine Leiter, wenn er sie nicht benutzt?
„Hier“, ruft er und wedelt mit einem Briefumschlag, der bereits am Vergilben ist. Er kommt zurück und gibt ihn mir.
Konzentriert lasse ich meinen Blick über den Brief schweifen, als ich ihn geöffnet habe.
„Was steht drin?“ Mein Halbbruder wirkt
neugierig.
„Der Anfang lautet: "Fâ ao loe mern e. Fâ ces zâo tyù kyii."“
„Übersetzt?“, flüstert er.
„"Es tut mir leid, dich verlassen zu haben. Doch es gab keine andere Möglichkeit.", das heißt es. Den Rest übersetze ich nicht komplett, das würde zu lange dauern. Aber sie hat geschrieben, dass du dich nicht entmutigen lassen sollst und dass du, wenn du mal bei etwas Hilfe benötigen solltest, das "Oeca fîie Seom", das Orakel von Seom aufsuchen sollst. Warum gerade das Orakel steht hier nicht.“
„Hmm“, macht Meiyo, „Was könnte das
Orakel mit uns zu tun haben?“
Eine Weile sind Nalani und ich still, dann meint Meiyo: „Lasst mich erst einmal überlegen, wenn ich eine Idee habe, gebe ich Bescheid, bis später!“
Wortlos verlassen Nalani und ich den Raum. Kaum betreten wir den Flur kommt uns Youkos Schwester entgegen.
„Polly!“, ruft sie.
Ich seufze. Gin. Und sie ruft mich schon wieder mit diesem grausamen Frauennamen.
„Dann bis nachher“, verabschiedet sich Nalani rasch und lässt mich allein. Na danke auch.
„Polly…“ Sie bleibt direkt vor mir stehen und sieht mich aus leuchtenden Augen
an.
„Youko hat mir erzählt, dass du, weil du ein Halbelf bist, einiges hier gar nicht essen darfst…“
„Ja, stimmt so. Und weiter?“
„Ich habe mir gedacht, dass es vielleicht nützlich ist, einige Pflanzen zu kennen, die du bedenkenlos zu dir nehmen kannst.“
Hmm, keine schlechte Idee… „Okay“, stimme ich zu.
„Sehr gut, dann komm mal mit. Einiges hat dein Halbbruder bestimmt in der Speisekammer.“
Ich folge ihr bis dorthin und bleibe dann vor der Kammertür stehen, während Gin irgendetwas sucht.
„Hab es!“, ruft sie freudig und kommt heraus, darauf bedacht, dass ich nicht sehe was es ist.
„Hey! Ich will sehen, was das ist!“, beschwere ich mich.
„Das wirst du noch.“ Sie holt einen Korb heraus, deckt ihn mit einem Tuch ab und legt das Ding in dem Moment hinein, als ich nicht aufpasse. Sehr geschickt.
„Danke“, grinst sie, „Der Rest lässt sich draußen finden. Und jetzt rate mal, wo wir hingehen?“
„Raus?“
„Genau!“
Wieder darf ich ihr folgen, dieses Mal ist der Weg etwas länger, aber schließlich kommen wir bei einer
sonnenbeschienenen Wiese, mit sehr hohen Pflanzen an, die gut und gern 1,50 Meter groß sind. Gin lotst mich direkt durch das Gestrüpp und irgendwann, als ich bereits jegliches Zeitgefühl verloren habe, kommen wir bei einem großen Stein an, der aus den Pflanzen herausragt.
„Da rauf, Polly.“
Misstrauisch klettere ich hinauf und setze mich an ein sonnengewärmtes Fleckchen auf dem Stein.
Nur ein paar Momente später gesellt sich Gin zu mir.
„Also, pass auf“, beginnt sie und holt das Ding aus dem Korb hervor und deutet darauf, „Dieses Ding ist eine
überdimensionale Beere. Nennt sich Zi und ist vom Geschmack her mit einer Kirsche zu vergleichen, obwohl ihre Konsistenz und Aussehen auf eine Himbeere verweisen. Trotzdem ist sie robust genug, dass man problemlos Stücke abbrechen kann, ohne dass die Beere kaputt geht.“
Zur Demonstration bricht sie ein Stück ab und stopft es sich in den Mund. „Siehst du?“, nuschelt sie während des Kauens.
Als sie runtergeschluckt hat bricht sie ein weiteres Stück ab und sagt: „Mund auf.“
„Kannst du es mir nicht einfach geben?“
Sie rollt mit den Augen. „Was ist schon
dabei? Mund auf, Polly!“
Wiederwillig tue ich, was sie verlangt und lasse mir das Beerenstück in den Mund stopfen.
Ich beginne zu kauen und Gin sieht mich erwartungsvoll an.
„Lecker“, meine ich schließlich.
Sie grinst mich an.
Dann hüpft sie vom Stein herunter verschwindet zwischen den Pflanzen und kommt nach einigen Minuten mit zwei verschiedenen Dingen wieder.
Sie hält mir als erstes etwas Kleines vor das Gesicht, vielleicht fingernagelgroß, ein Oval in Rot.
„Das hier nennt sich Uyo. Wenn ich mich richtig erinnere, ist es ein Obst und
schmeckt wie eine Mischung aus dem, was ihr Apfel und Birne nennt.“
Wieder hält sie es mir hin. Widerwillig spiele ich das Spielchen erneut mit.
„Auch gut.“
„Und das hier heißt Ivcii“, sie hält etwas hellblaues, bohnenförmiges hoch, „Schmeckt ein wenig wie… eine gekochte Kartoffel, dabei ist es noch nicht einmal ein Gemüse, sondern ein Obst.“
Wieder hält sie es hin, wieder dasselbe Spiel.
Ich nicke wieder.
Wieder lächelt sie. „Das freut mich. Die meisten eurer Sachen bekommt man hier gar nicht, deshalb dachte ich mir…
dachte ich mir, dass du dich freuen würdest…“
„Tue ich.“ Auch ich lächele ein wenig.
Plötzlich lehnt sich Gin an meinen Arm.
Noch vor ein paar Stunden wäre ich ein paar Zentimeter weggerückt. Aber in diesem Moment ist es mir absolut egal.
Nalani
Während Apollo sein Date mit Gin hat treffen Youko, Meiyo und Haruko sich einmal wieder um zu beraten was jetzt zu tun ist. Allmählich bekomme ich das Gefühl sie könnten noch hundert Jahre lang beraten ohne zu irgendeinem Ergebnis zu kommen weil Youko aus Prinziep alles ablehnt was von Meiyo kommt, Meiyo jeden von Harukos Vorschägen kritisiert und Youko schlicht und ergreifend nicht kreativ genug ist
um sich selber einen Plan einfallen zu lassen. Aber aus Ermangelung einer besseren Beschäftigung und weil Meiyo mir inzwischen dankenswerterweise erklärt hat was Seom und wer Niall ist sitze ich dieses Mal mit angewinkelten Beinen am Sofa und höre ihnen zu.
"Wir müssen nach Seom", erklärt Meiyo in diesem Moment ruhig. "Von früher habe ich noch ziemlich gute Kontakte zu Niall, Vater hat viel mit ihm gehandelt, vielleicht kann ich..."
"Ich dachte du bist kein Verbrecher mehr?", wirft Youko ihm vor. "Wie willst du dann mit Niall verhandeln? Die alten Kontakte nützen dir nichts mehr!"
Meiyo seufzt und verdreht die Augen.
"Was?!, zischt Youko entsetzt, sie muss wohl etwas in seinen Gedanken aufgeschnappt haben. "Hey! Bloß nicht über Gedanken unterhalten!", beschwere ich mich laut.
Meiyo sieht mich an und grinst schief. "Ich habe nur gerade gedacht dass man wenn man einmal ein Verbrecher war immer ein Verbrecher bleibt. Ihr könnt gerne versuchen mich deswegen festzunehmen, aber dann könnt ihr euch jemanden anderen suchen der uns vor Yakii beschützt." "Ich glaube nicht dass Yakii uns so eine große Gefahr ist, bei Youkos Fähigkeiten", wirft Haruko ein. "Wir können uns schon selber
schützen."
"Sie hat den ganzen Rat, Akane eingeschlossen, umgebracht und du glaubst ihr könnt gegen sie bestehen? Nein, ob es euch passt oder nicht, ihr seid auf mich angewiesen!", spottet Meiyo. "Vielleicht sollte ich sogar anfangen eine Bezahlung zu fordern...", sein Blick wandert zu mir hinüber.
Mein Freund fährt wütend hoch: "Du...!"
"Halt!", schreie ich erschrocken und reiße die Hände hoch um Haruko der sich auf den grinsenden Meiyo stürzen will festzuhalten. "Nicht streiten!"
Haruko setzt sich grummelnd wieder hin und ich seufze erleichtert. Das fällt noch dass sie sich jetzt gegenseitig die Köpfe
einschlagen...
"Ihr unreifen Kinder!", schimpft Youko in diesem Moment. "Sag du doch einmal was sinnvolles bevor du uns beschimpfst!", schreie ich sie an. "Er sitzt hier und redet stundenlang, und trotzdem fasst ihr keinen einzigen Beschluss."
Aus dem Augenwinkel sehe ich Meiyo grinsen.
"Süß wie du dich aufregst", erklärt er unaufgefordert. Neben mir höre ich Haruko knurren, verstehe es aber ganz gut. Verdammt, jetzt könnte ich Meiyo den Kopf einschlagen!
"Klappe!", fauchte ich aber er lacht nur und ich werde davon noch wütender.
"Geht doch einfach nach Seom verdammt! Redet mit Niall, bringt Yakii um, tut was immer ihr wollt, aber TUT endlich was verdammt!", schreie ich aufgebracht.
"Sei still!, fährt Youko mich an. "Du hast ja keine Ahnung."
"Fahr sie nich so an!", beschwerte Haruko sich im selben Moment. "Ich finde den Vorschlag sehr klug!" Er lächelte mich liebevoll an. "Ich auch!", wirf Meiyo gelassen ein. "Besonders weil das das ist was ich von Anfang an vorgeschlagen habe!" Er grinst überlegen.
Ich sehe wieder zu Youko hin.
Na gut, manchmal ist es ganz praktisch wenn zwei Elfen auf dich stehen...
"Dann ist es also beschlossen!"
Ich lächle böse.
"Wir gehen nach Seom!"
Wir brechen auf als der nächste Tag anbricht, weil wir auf Apollo und Gin warten mussten die erst spät am Abend zurückgekehrt sind. Apollo hat verunsichert dreingeschaut, aber Gin hat übers ganze Gesicht gestrahlt, darauß schließe ich dass sie sich einigermaßen gut amüsiert haben
dürften. Als ich sie allerdings darauf angesprochen habe wollte mir keiner von beiden etwas erzählen.
Tja, ich schätze da ist etwas am laufen.
In diesem Moment tritt Meiyo aus als letzter aus seiner Villa und reißt mich aus meinen Gedanken. "Ich hab ein eigenes Boot, es liegt an einem Hafen ganz in der Nähe", erklärt er unaufgefordert nachdem wir uns alle zu ihm umgedreht haben. "Aber mein Kapitän kennt den Weg nach Seom nicht, deswegen musste ich einen neuen anhören. Er wartet beim Boot auf uns."
Youkos Augen verengen sich misstrauisch. "Wann hast du den denn
angehuert?"
"Gestern Nacht", antwortet Meiyo charmant. "Ich kenne ihn nicht persönlich, aber er war ein guter Freund meines Vaters."
"Na toll", stöhnt Haruko.
"Kann man ihm denn vertrauen?"
"Aber sicher. Die Ratselfen unter euch sollten aufpassen dass sie nicht eines Tages mit einem Messer im Rücken aufwachen, aber er hat nichts gegen Menschen, und das ist mir das wichtigste." Bei diesen Worten lächelt er charmant in meine Richtung was Haruko zu einem knurren provoziert.
"Wie lange werden wir brauchen?", mischt Gin sich in diesem Moment
schnell ein.
Ja, das würde mich auch interessieren.
Meiyo lächelt. "Eine Woche. Dann sind wir dort."
Apollo
Die meiste Zeit der Überfahrt nach Seom verbrachte ich auf dem Deck, beobachtete die Wellen. Ab und an leistete mir Gin etwas Gesellschaft und ich glaube, wir sind mittlerweile so was wie Freunde, auch wenn sie immer noch ein wenig seltsam ist. Einiges kann ich mir einfach nicht erklären. Zum Beispiel warum Youko und sie sich fast gar nicht ähneln, obwohl sie Schwestern sind. Meiyo und ich sehen uns hingegen verdammt ähnlich. Und wir sind bloß Halbbrüder.
An diesem Morgen bin ich ungewöhnlich früh wach. Doch aus irgendeinem Grund kann ich einfach nicht mehr einschlafen, also beschließe ich, nach oben, auf das Deck zu gehen. Der Sonnenaufgang hat gerade erst begonnen, am Horizont sieht man einen Hauch der typischen Morgenröte. Kalter Wind weht um mich herum und ich wünsche mir fast, dass ich eine Jacke mitgenommen hätte. Ich seufze. Dabei lege ich den Kopf in den Nacken, schließe die Augen, atme tief durch, bevor ich meine Augen wieder öffne und den langsam verschwindenden Sternenhimmel ansehe.
Gin und ich haben während der vergangenen sieben Tage wirklich über
alles Mögliche geredet; von der Elfen- und der Menschenwelt, von alten Traditionen der Elfen und über uns selbst. Doch sie verlor nicht ein einziges Wort über ihre Familie. Wenn ich sie danach fragte oder wir durch Zufall auf das Thema kamen, wechselte sie immer sofort das Thema.
Schon irgendwie seltsam.
Was ich auch nicht verstehe ist, warum Gin sich so bemüht hat, gut mit mir auszukommen. Okay, der Name Polly geht immer noch gar nicht, aus meiner Sicht, aber sie hätte es genauso gut so bleiben lassen können, wie es am Anfang war. Neutral. Wieso also?
„Schon wach?“
Leicht erschrocken fahre ich herum. Um die Uhrzeit rechnet man doch mit keinem!
Und erst recht nicht mit Youko.
Ich nicke dennoch und lasse mir meine Überraschung nicht anmerken.
„Und du, Youko?“, lautet meine Gegenfrage, „Wieso bist du schon wach?“
„Nervosität.“
„Weswegen?“
„Ich frage mich bloß, was aus den Elfen auf Seom geworden ist, seit ich das letzte Mal dort war. Das war vor über 450 Jahren, eine lange Zeit, selbst für eine Elfe.“
„War es denn so schrecklich dort, dass
du nie dorthin zurück bist?“ Ich sehe sie an und schmunzele.
„Nein. Sagen wir, es gab einen kleinen Vorfall. Und seit dieses Vorfalls ist Seom autonom und Ratsmitglieder alles andere als willkommen.“
Ich wollte zwar nicht allzu neugierig klingen, aber dennoch fragte ich: „Warum denn?“
Sie seufzt und stützt sich an die Reling. „Das werde ich dir ein anderes Mal erzählen, die ganze Geschichte ist kompliziert. Und ziemlich lang. Wenn der ganze Trubel vorbei ist… Dann werde ich es euch erzählen. Aber bis dahin ist ja noch Zeit. Du weißt doch, Apollo, ein Elfenleben ist lang.“
Unzufrieden grummele ich. Ich verschränke die Arme, verabschiede mich vorab und gehe zurück ins Innere, um noch einmal zu versuchen, etwas zu schlafen.
„Aufwachen!“ Mit diesen Worten, und das auch noch verdammt laut, weckt mich Gin. „Wir sind da“, sagt sie etwas leiser, als sie sieht, dass ich wach bin.
„Was?!“ Ruckartig richte ich mich auf. „Gib mir zwei Minuten, dann komme ich nach draußen!“
Sie nickt und verlässt den Raum.
Innerhalb von genannter Zeit bin ich tatsächlich draußen und gehe vom Schiff.
„Da bist du ja endlich“, ruft mir mein Halbbruder zu und grinst schelmisch. Er steht direkt neben Nalani, die wiederum ebenfalls neben Haruko steht. Die beiden übertreiben es echt, Nalani tut mir irgendwie leid. Haruko scheint Meiyo nicht leid zu tun. Kein Wunder, ich glaube ich habe das Ganze zumindest halb durchschaut. Es ist aber auch kaum zu übersehen, dass Meiyo Nalani mag. Mehr habe ich aber noch nicht herausgefunden. Aber ich traue mich auch nicht, zu fragen.
Plötzlich kommt ein Elf, der schätzungsweise doppelt so alt ist wie Youko, schon komplett ergraut, auf uns zu und ruft: „Ao ge!“
„Bitte?“ Wir sehen ihn alle verwirrt an. Na gut, mich ausgeschlossen. Ich bedanke mich in Gedanken bei meiner Mutter.
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass es wie „Aò uje guê“ klingt…“, murmelt Youko uns zu, „Das würde „Ich grüße alle oder jeden“ heißen, also eine Begrüßung sein, aber das hier… Ich habe zwar damals ein klein wenig Sâo gelernt, aber damit kann ich absolut nichts anfangen. Apollo?“
„Er sagte „Ich grüße“. Ich schätze, das läuft auf das gleiche hinaus, wie dein Vergleich. Kann es vielleicht sein, dass sich die Sprache verändert hat? Zum jetzigen Seomre?“
„In nicht mal einem Jahrtausend? So abrupt? Elfensprachen sind ziemlich konstant. Normalerweise.“
„Vereinfachung?“, schlägt Meiyo vor, „So wie die Chinesen ihre Schriftzeichen vereinfacht haben?“
Ich nicke zustimmend und Haruko meint: „Das klingt irgendwie plausibel. Los, Apollo, dann rede du mit ihm.“
Ich nicke und wende mich ihm zu.
„Ao ge. Voyea ne yi, wer bist du?“
„Ao vó Kaito, rî ao yi Niall zuqiwen hae´ta.“
„Er heißt Kaito und ist Niall´s Untergebener.“
„Das klingt wirklich anders…“
Nalani sieht sie fragend an und Youko
sagt prompt denselben Satz auf Sâo, der alten Sprachform auf: „Aò vói Kaito rî, xi zîwèn Niall hen-mer´kye.“
„Klingt wie ein Dialekt, wenn du mich fragst“ erwidere ich und wende mich wieder Kaito zu.
„Ayea aoe ea Niall dêra, wo finden wir den Herrscher, Niall?“
„Niall dêra zuqiwen han´nem.“
„Auf seinem Anwesen.“
„Ces zâo oeé ge´riò arì!“
Missmutig sehe ich die Gruppe an. „Aber wir dürfen nicht dorthin gehen…“
Nalani
Ich kann regelrecht beobachten wie Youko der Kinnladen herunter fällt.
Sieht eigentlich recht lustig aus, wenn ich mich nicht selber zu sehr ärgern würde, würde ich darüber lachen. Aber so...
"Sag ihm dass ich Youko vom Rat bin und dass ich verlange dass man mich gefälligst zu Niall durchlässt! Ich habe ein Recht ihn zu sehen!"
Apollo runzelt kurz die Stirn, sperrt dann
aber bereitwillig den Mund auf und übersetzt: " "Oe vó Youko, rî oe mirn arì ca Niall dêra. Ich habe ihm gesagt dass du Youko bist und zu Niall willst. Vielleicht sollten wir ihnen nicht unbedingt erzählen dass wir vom Rat sind, wenn die den hier so hassen."
Kluger Gedanke. Darauf hätte Youko auch kommen können.
Ich sehe wie sich Kaitos Augen bei der Erwähnung von Youkos Namen kurz erstaunt weiten, dann verschließt sich seine Miene jedoch wieder. "Ces zâo oeé mirn. Vâ ces ao kè ca oeé fir´wen yu-ze.", verlangt er mit gebieterischer Miene.
Sofort sehen wir alle zu Apollo hin.
"Er meint dass wir trotzdem nicht zu Niall dürfen", meint dieser und verzieht keine Miene. "Aber er wird uns zu einer Herberge bringen." "Aber...", protestiert Youko. "Ich habe ein Recht darauf Niall zu sehen! Das ist mein Recht, jawohl! Er braucht gar nicht zu glauben dass er sich in seinem Palast vor mir verstecken kann", zetert sie weiter. "Sag ihnen das, Apollo, sag ihnen dass ich mir persönlich den Weg durchkämpfen werden wenn sie mich nicht durchlassen. Also wenn dieser Kaito..."
Apollo ist klug genug den Mund zu halten. Kaito beobachtet uns mit
gerunzelter Stirn, für ihn muss das ganze noch grotesker wirken, wie Youko in einer fremden Sprache herum zetert bloß weil sie nicht zum Herrscher darf. Gin löst sich von Apollos Seite, sie ist die ganze Zeit gefährlich Nahe bei ihm gestanden, und geht zu ihrer Schwester um ihr eine Hand auf die Schulter zu legen. "Gehn wie einmal in die Herberge", flüstert sie eindringlich.
"Oeé cî fè!"
"Kommt mit", übersetzt Apollo und wir setzen uns alle in Bewegung. Kaito schließt sofort zu Apollo auf und fängt ein leises Gespräch mit ihm an. Ich kann leider nicht verstehen was sie sagen, aber sie sehen sich immer wieder zu
Youko um. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los dass sie hier schon sehr gut bekannt ist.
Schließlich erreichen wir die Herberge: Sie sieht genauso aus wie eine Menschenherberge, aber sehr sauber und im inneren riecht es überall nach Blumen. Kaito bezahlt für uns und geht, jedoch nicht ohne einen letzten, nachdenklichen Blick auf Youko zu werfen.
Wir versammln uns alle in dem Zimmer dass Apollo, Meiyo und Haruko sich teilen werden um einen kleinen Tisch.
"Und was tun wir jetzt?", stelle ich die Frage die niemand außer mir wagt auszusprechen.
Haruko zuckt ratlos mit den Achseln, aber Meiyo setzt sein gewohntes Grinsen auf, lehnt sich zurück und schlägt die Beine übereinander. "So ein Gesicht wie dieser Kaito gemacht hat werden wir Niall so und so bald zu sehen bekommen. Du scheinst hier ganz schön bekannt zu sein, Youko."
Die Elfe sitzt kerzengerade auf ihrem Stuhl und erwidert Meiyos Blick emotionslos. "Anscheinend", antwortet sie vage.
"Warst du etwa schon einmal hier?", fragt Gin und lehnt sich gespannt vor. "Kennst du diesen Niall etwa gut?"
"Ja, ich war schon einmal hier, das ist
aber nicht an das ich mich gerne erinnere...", beginnt Youko, wird aber von Meiyo unterbrochen der sich gespannt umsieht und dann meint: "Da kommt jemand."
Wir alle reißen die Köpfe hoch, aber bis auf Youko und Gin hört sonst niemand die Gedanken des nahenden Elfs. Dafür sind wenig später Schrite zu hören die sich unserer Zimmertür nähern.
Sofort springt Haruko auf die Beine, zieht sein Schwert und stellt sich zwischen mich und die Tür. Ich starre seinen Rücken an und Schuldgefühle zerreißen mich innerlich.
Meiyo bleibt ganz entspannt sitzen und wirft Haruko einen spöttischen Blick zu.
"Entspann dich. Der Elf da draußen will uns nichts böses."
Ich werfe einen kurzen Blick zu Gin hinüber die aufgestanden ist und sich zu Apollo gestellt hat, wohl um ihn Norfalls zu beschützen. Als Elfe dürfte sie um einiges mächtiger sein als er.
Hm... naja, sieht nicht ganz so aus als hätten wir nichts zu befürchten.
Youko ist in der Zwischenzeit ganz blass geworden. "Shepsi...", murmelt sie leise. Dann lauter: "Komm rein!"
Der Tür öffnet sich und wir alle zucken zusammen als plötzlich ein Elf mittleren Alters eintritt.
Er beachtet uns jedoch nicht sondern geht direkt auf Youko zu. "Du bist also
wieder hier."
Sie nickt stumm.
"Das ist gefährlich!"
"Ich weiß, Aber meine Pflichten beim Rat erfordern..."
"Keiner weiß wie Niall reagieren wird wenn er dich nach all den Jahren wiedersieht!"
"Das ist mir egal, es ist meine Pflicht..."
Youko mit ihrem Pflichtgefühl immer. Der Elf der offensichtlich Shepsi heißt unterbricht sie mit einem Seufzen und nimmt sich dann endlich Zeit auch uns anzusehen. "Du hast dir eine seltsame Versätkrung mitgenommen: Ein anderes Ratsmitglied, deine eigene Schwester, sie ist doch deine Schwester,
oder? Einen Menschen obwohl die hier nicht besser behandelt werden als Haustiere, keinen geringeren als Meiyo den Feind des Rates höchstpersönlich und dann noch tatsächlich..." Shepsi starrt Apollo an und ihm scheinen fast die Augen aus dem Kopf zu fallen. "Unglaublich", murmelt er. "Das ist doch der Halbelf der Meiyos Halbbruder ist. Das verlorene Kind von dem vor vielen Jahren prophezeit worden ist dass es das Erbe des Orakels antreten werde. Das Orakel. Wo hast du den denn her bekommen?"
Apollo macht Anstalten etwas zu sagen, wird jedoch von Meiyo unterbrochen. "Schön dass du über uns alle so gut
bescheid weißt. Willst du uns nicht auch verraten wer du bist und was du hier zu suchen hast?" Er hat seine lässige Haltung nicht aufgegeben, aber ich kann eine gewisse Anspannung bei ihm wahrnehmen. Ich bin mir absolut sicher dass Meiyo jederzeit bereit wäre aufzuspringen und zu kämpfen, auch ohne so kampfbereit dazustehen wie Haruko.
"Ich bin Shepsi", stellt Shepsi sich mit verkniffenen Gesicht vor.
"Er hat vor vielen Jahren, als ich zuletzt hier war, eine Untergrundbewegung gegen Niall ins Leben gerufen", ergänzt Youko. "Obwohl er keine besonderen Fähigkeiten hat ist er ein sehr kluger Elf
der über alle gut bescheid weiß." Sie wendet sich wieder Shepsi zu. "Arbeitest du noch immer gegen Niall?"
Er nickt. "Ich kann euch eine große Hilfe dabei sein gegen ihn vorzugehen, wenn ihr deswegen hier seid", meint er. "Allerdings habe ich eine Bedingung." Wir alle sehen ihn aufmerksam an als er kurz innehält um sich seine Bedingung genau zu überlegen. Nur Meiyo nicht, der sieht mit einem abwesenden Ausdruck die Wand an und scheint mit den Gedanken ganz woanders zu sein.
"Ich will dass Apollo sein Erbe niemals antritt!"
Was? Wieso dass denn?
Gin reagiert als erste: "Wage es ja nicht
Polly irgendwelche Befehle zu geben was er tun oder lassen soll!", zischt sie wütend und bleckt die Zähne. "Das ist alleine seine Entscheidung!"
"Ich werde sicher nicht...", begann Apollo, aber wir erfahren nie was er sicher nicht tun wird denn in diesem Moment unterbricht ihn plötzlich sein Halbbruder. "Ich würde an eurer Stelle die Verhandlungen auf später verlegen."
Er hebt den Blick und sieht uns aus tiefblauen Augen an.
"Niall ist im Anmarsch!"
Apollo
„Qashzai!“, ruft Shepsi aus und ich starre ihn verwundert an. ´Qashzai´ ist ein Schimpfwort, ein richtig übles und es gibt noch nicht einmal eine Übersetzung, die dem einigermaßen gleichkommt, nicht zu übertrumpfen.
Hastig sieht er sich um, öffnet schließlich das Fenster und verschwindet. Apropos verschwinden: Wo war eigentlich Aki? Das letzte Mal hatte ich ihn auf dem Schiff gesehen… Nun, vielleicht hat das so seine Richtigkeit.
Einen Moment sehen wir dem Elf noch nach, dann hören wir, wie die Tür mit Schwung gegen die Wand knallt. Im Türrahmen steht ein Elf mit langen braunen Haaren, etwa so alt wie Youko. Seine Kleidung ist komplett in einem dunklen Rot gehalten. Er mustert uns alle nacheinander, verzieht das Gesicht, als sein Blick auf Nalani fällt und kommt schließlich näher, als er Youko erblickt. Knapp vor ihr bleibt er stehen. Ein Exzentriker, schätze ich.
„Niall…“
„Rì Zi!“, ruft er erfreut aus, dann verändert sich seine Miene zum Negativen, „Feâ ajea ne xi?“
Was redet er da bloß? Ich kann es bloß
erahnen, es ist vermutlich Sâo, der Klang ist ähnlich wie bei Seomre, doch ich kann die Wörter nur bruchteilhaft zuordnen.
„Jijea feâ ne arì rî, feâ ne enéero evye? Zeei meî ne yui aò?“, fährt er einfach fort und ignoriert unsere verwirrten Blicke und Gedanken.
Nur Youko scheint zu verstehen: „Zeei Rì Zi! Xi Youko. Rî aò… Zeei aò yiieo. Rî aò yui ne; jeâ ôs bai-hèn. Aò xi enéero evye rî, veâ aò xi enéero evye. Veâ ne xi dearée kéy.”
Plötzlich tippt Nalani mich an. Sie wirkt immer noch verärgert, über Nialls abschätzenden Blick. „Hey, Apollo, was reden die beiden da?“ Auch die anderen
sehen mich verwirrt an.
Aber ich zucke nur mit den Schultern. „Das würde ich auch zu gern wissen, glaubt mir. Aber ich habe keinen blassen Schimmer… Ich glaube, dass es Sâo ist.“
„Ist es“, antwortet Youko und verschränkt die Arme, nur um den Niall, den Diktator von Seom finster anzustarren. Doch dieser zeigt sich völlig unbeeindruckt, sodass sie sich brüsk wegdreht.
„Rì Zi!“ Der Elf klingt empört.
„Verdammt noch eins! Qiûje´zya! Wann lernst du es endlich, mein Name ist Youko!“
Niall verzieht das Gesicht für einen
kurzen Moment, nur um dann mit einem grausigen Akzent zu sprechen: „Wie auch immer… Er wird mitkommen zum Orakel!“ Er nickt mir zu.
„Was? Nein!“, protestiere ich und verschränke demonstrativ die Arme.“
Neben mir grummelt Gin. „Hey, meint ihr nicht auch, dass es recht unklug ist, sich ohne Leibwache oder so zu einer Gruppe zu gesellen, von der man nur eine Person kennt?“
Zustimmung seitens Meiyo und Haruko.
Niall bricht in Gelächter aus und Nalani und ich ziehen eine Augenbraue hoch. Was daran war bitte amüsant? Das ist eine Tatsache, dass das nicht schlau ist.
Langsam fängt er sich wieder. „Deine
Schwester ist amüsant, Rì Zi.“
Youko wirft ihm einen Blick zu, der aussagt, dass sie kurz davor ist, auszuflippen.
„Natürlich habe ich vorgesorgt.“ Besonders sein „ch“ beginnt mir langsam aber sicher, in den Ohren wehzutun, es klingt mehr wie das Fauchen einer Katze. Rede ich auch so schrecklich, wenn ich Seomre spreche?
„Yecejuk, Lyret, oeé cî fé!“
Zwei grimmige Elfen betreten den Raum, ihre Waffen offen zur Schau gestellt. Es sind zwar ebenfalls Schwerter, wie auf dem Festland, doch sie sind moderner.
„Mit denen sollten wir uns nicht anlegen“, murmelt Meiyo und ich höre,
wie Haruko ihm leise zustimmt. Ich sehe herüber zu Nalani, die ziemlich missmutig dreinblickt, verständlich. Mir geht es ähnlich, es behagt mir ganz und gar nicht. Es zeigt vor allem, dass er uns misstraut.
Nun wendet Niall sich an mich: „Nun… Apollo. Wir können das auf die normale oder auf die schmerzhafte Art erledigen. Die Wahl liegt bei dir.“
Am liebsten würde ich ihn jetzt böse anfunkeln, doch im Angesicht der beiden Elfen, die wohl Yecejuk und Lyret heißen, scheint mir das recht unklug. Ich seufze. „Die Normale.“
„Ich komme mit!“, wirft Gin ein und folgt mir zu den beiden Riesen von
Elfen.
„Du bist nicht erwünscht.“ Der Ton ist so eisig, dass es mir eiskalt den Rücken hinunterläuft.
„Sie ist… meine Assistentin“, verteidige ich ihr Vorhaben, zumindest eine mir bekannte Person möchte ich dabei haben.“
Der Elf zieht eine Augenbraue hoch. Natürlich weiß er, dass ich gelogen habe, er hat meine Gedanken gelesen. „Na gut.“
„Perfekt. Nun, dann folgt mir. Du auch, Youko. Mit dir möchte ich mich noch einmal unter vier Augen unterhalten.“ Er wirft ihr einen Blick zu, den ich nicht ganz deuten kann, aber Meiyo starrt Niall
mit einem Blick an, der Haruko alarmiert. Doch keiner von beiden sagt etwas, sie haben verstanden, was dann passiert, denn ihr Blick wandert zu Yecejuk und Lyret.
Dann spricht er zu den zwei übrig geblieben zwei Elfen und Nalani: „Wir werden gegen Sonnenuntergang wieder hier sein. Lyret, gebt dem Nicht-Ratselfen den Beutel mit Yia. Das ist unsere Währung. Vertreibt euch damit die Zeit in der Stadt oder so, aber passt gut auf euren ceé derii auf.“
„Hey!“, entfährt es mir.
Haruko sieht mich an.
„Das heißt Mensch“, versucht Niall zu erklären.
Naja, mehr oder weniger, denke ich mir. „So gut wie“, gebe ich klein bei, als er mich warnend ansieht. Wenn man es wörtlich übersetzt hieße es wohl eher Affen-Dämon. Allein daran sollte man schon merken, dass dieser Elf Menschen hasst.
„Was sonst?“, fragt Meiyo, „Was passiert, wenn wir nicht auf Nalani aufpassen?“
„Sagen wir… Dass es gefährlich ist, wenn die Wachen sie ohne euch entdecken. Stellt euch aber auch so auf Fragen seitens der Wachen ein.“
Dann dreht er sich zu uns und bedeutet uns, ihm zu folgen.
Nalani
Gedankenverloren starre ich Niall und den anderen hinterher als sie davon gehen. Ich frage mich was ceé derii wohl heißen mag, dem Blick nach den Apollo mit Niall getauscht hat, sicher nicht nur Mensch, Da steckt noch etwas dahinter.
"Möchtest du es denn wissen?", fragt Meiyo, wirft den Beutel mit Yia in die Luft und fängt ihn klimpernd wieder auf. Als ich ihn anschaue grinst er mich
teuflisch an. "Seit wann kannst du denn Sao?"
"Kann ich nicht, aber im Gegensatz zu unseren Lieben Haruko hier kann ich Gedanken lesen."
Oh... stimmt. Das hatte ich ganz vergessen. Apollo muss sicher an die Übersetzung gedacht haben als er sie gehört hat.
"Was heißt es denn nun?", frage ich ungeduldig.
Meiyo neigt den Kopf und lächelt verheißungsvoll. "So ungefähr Dämonen-Affe oder so ähnlich. So hat zumindest mein Bruder es übersetzt."
Dämonen-Affe...
Wie können sie es wagen!
"Zur Seite!", knurre ich bedrohlich leise. "Diesen diabolischen Primaten zeig ich noch was ein Dämonen-Afffe ist." Brennend vor Wut will ich mich durch die Tür schieben und tatsächlich Niall hinterher - was bildet dieser Geck sich eigentlich ein??? - werde jedoch im letzten Moment von Haruko festgehalten.
"Es könnte nicht sehr förderlich für deine Gesundheit sein wenn du versuchst dich mit dem Herrscher dieser Insel anzulegen!", fügt Meiyo nebenbei noch hinzu.
"Dann soll ich mir das also einfach gefallen lassen?", schreie ich ihn
an.
Meiyo hebt die Schultern. Ich meine so etwas wie ein abfälliges "Frauen" zu vernehmen.
"Sehen wir uns die Stadt einmal an", schlägt Haruko inzwischen versöhnlich vor. Eindeutig unzufrieden mit der ganzen Situation nicke ich langsam.
Niall ist ein verdammter Idiot, aber Seom ist wirklich Sehenswert. Bis auf die vielen Wachen die überall stehen und einfach alles zu bewachen scheinen ist die Stadt einfach wunderschön. Ich schlendere gemütlich mit Haruko und Meiyo durch die Gassen und merke dass
meine Wut, wie Apollos Halbbruder es prophezeit hat, schon wieder dabei ist sich zu verabschieden.
Wie sich herausgestellt hat hat Niall uns wirklich verdammt viel Geld mitgegeben. Also entweder er hat uns ganz besonders gerne, oder aber er will uns möglichst lange beschäftigt halten bis ich ihn wegen diesem verdammten Dämonen-Affe zur Rede stelle.
Ich bin gerade dabei mir zu überlegen wie ich Niall auf die grausamste Weise zuschreien kann als ich an einen Stand wundervolle rote Ohrringe entdecke.
"Seht Mal!", rufe ich begeistert und renne prompt zu dem Stand hin.
Gerade als Meiyo und Haruko sich daran machen mir gutmütig, aber eher desinteressiert zu folgen sagt der Käufer irgendetwas zu mir das ich nicht verstehe.
Verwirrt lege ich den Kopf schief. "Äh... Entschuldigung, was?"
Jetzt beeilen sich Meiyo und Haruko schon ein wenig mehr zu mir zu kommen, aber bevor sie mich erreichen schieben sich plötzlich drei Wachen mit unfreundlichen Gesichtern zwischen uns.
Meiyos Miener verfinstert sich augenblickllich und Harukos Hand wandert zu seinem Schwert. "Lass uns durch!"
Zumindest einer der Wachen scheint die Sprache des Rates zu können denn er wendet sich zu den beiden um und meint undeutlich: " Ceé derii sind hier nich erlaubt. Sie dürfen nur an der Leine geführt werden."
"He!", beschwere ich mich sauer, was aber nur dazu führt, dass die beiden anderen Wachen mich packen und festhalten. "Lasst sie sofort los!", knurrt Haruko leise. Meiyo bleibt um einiges gelassener, aber ich kann sehen wie es unter seiner ruhigen Art zu brodeln beginnt. "Oder was?", fragt der Wachmann und geht provozierend einen Schritt auf Haruko zu. "Willst du dich
mit uns anlegen? Dafür kann man hier gehängt werden!"
"Dich sollte man hängen!", beschwere ich mich und versuche - vergeblich - freizukommen.
"Pass auf dass du nicht selbst gehängt wirst, Ceé derii!", faucht einer der Wachmänner.
"Jetzt reicht es!", brüllt nun Haruko und zieht sein Schwert. Meiyo versucht im letzten Moment noch dazwischen zu gehen und legt ihm eine Hand auf die Schulter: "Beruhige dich Haruko, alles was wir tun wird gegen uns verwendet werden!", aber Haruko schlägt seine Hand weg. "Hört auf meine Freundin zu
bedrohen!"
Mit erhobenem Schwert stürmt er auf den mittleren Wachmann zu, was tatsächlich bewirkt dass ich losgelassen werde. Allerdings nur damit die beiden anderen Elfen ebenfalls auf den wutschnaubenden Haruko losgehen können.
Er schlägt sich außerordentlich gut, aber drei gegen einen hat er keine Chance.
Als sie ihn schließlich niedergerungen und gefesselt haben steckt der Elf der unserer Sprache mächtig ist seufzend sein Schwert wieder weg und befiehlt: "Gut, bringen wir die beiden zu Niall. Er soll entscheiden was mit ihnen passiert! Ich rate dir", er wirft Meiyo einen
warnenden Blick zu "nicht auch noch zu versuchen sich einzumischen."
Meiyo hebt unschuldig die Schultern und lächelt charismatisch. "Ich vermeide es zu kämpfen wenn ich auch andere Wege kenne an mein Ziel zu gelangen", meint er bloß. "Dürfte ich euch allerdings zu Niall begleiten? Ich bin mir sicher er wird sich freuen und drei wiederzusehen. Und ein Elf mit Gehirn als Begleitung wird euch hirnlosen ceé sicher nicht schaden."
Apollo
Der Weg bis zum Orakel, das angeblich meine Großmutter ist, war recht kurz.
Jetzt, wo wir direkt vor dem kleinen Haus stehen frage ich mich, wieso ich sie unbedingt kennenlernen soll. Gut, sie ist meine Großmutter, aber ich hatte nie etwas mit ihr zu tun. Und vor allem: Was interessiert es Niall?
„Ts ts ts“, macht er in diesem Moment.
„Ist doch war“, gebe ich zurück, unbeabsichtigt patzig. Verdammt. Irgendetwas sagt mir, dass ich es mir nicht mit ihm verspaßen sollte.
Und sein bösartiger Blick sagt das gleiche. Dieser Elf ist eigentlich im Großen und Ganzen bösartig. Nur zu Youko scheint er aus irgendeinem Grund nett zu sein. Hmm…
Er kommentiert meinen Gedankengang nicht. Zum Glück.
Schließlich geht Yecejuk vor, Niall und ich folgen und Lyret schließt hinter uns die Tür.
Nun befinden wir uns in einem freundlich gestalteten Raum, eine etwas ältere, bereits ergraute Elfe sitzt auf einem grünen Sessel, eine Tasse aus Porzellan in der Hand.
„Teiko, e zuqiwen guice yùzú yi, dein Enkel ist hier.”
Sie sieht uns an und lässt ihren Blick eine Weile bei mir verharren.
„Miyea e vó, wie heißt du?“, fragt sie schließlich, während sie mich mit ihren blauen Augen fixiert, die genauso aussehen wie die meines Halbbruders.
„Apollo rî, yi zue elvo.“
Misstrauisch blickt meine Großmutter mich an. Dann wendet sie sich an Niall: „Rî vâ oe yi oeca, und er wird Orakel werden?“
Ich schlucke. Sie wirkt… Als wären ihre Erwartungen mit Füßen getreten worden.
„Vâ oe yi.“
Sie seufzt, doch setzt dann ein Lächeln auf, als sie aufsteht und auf mich zu
kommt. „Ao ge, Apollo!“
„Ao ge, ki zuqi kínii, hallo Großmutter.“
„Miyea ao zuqiwen nyi zî civ, wie geht es meiner Tochter?“
„Gut, qìmin.“
Sie öffnet gerade den Mund um noch etwas zu sagen, als Niall uns unterbricht: „Genug! Wir haben zu tun. Teiko, gib ihm den Ring; Ne rûi eras cua oe fè!“
Meine Großmutter geht zu einer kleinen Kommode und holt einen silbernen Ring hervor.
Sie hält ihn mir hin. „Yùzú, hier.“
Ich nehme den Ring.
„Was soll ich damit?“ Eine Augenbraue gehoben sehe ich zu Niall.
„Zieh den Ring an.“
Warum sollte ich? Aber gut…
Kaum habe ich den Ring an meinem Finger, sehe ich plötzlich Bilder.
Ich sehe eine Elfe, die ich nicht kenne. Und ich sehe Shepsi. Wer ist diese Elfe?
In dem Moment, in dem ich Youko auftauchen sehe, überrumpeln mich plötzlich stechende Kopfschmerzen. Liegt das an den Bildern? Wie kann ich sie aufhören lassen? Ich fasse mir an die Schläfen, als der Schmerz von Sekunde von Sekunde stärker wird.
Ich kann sehen, obwohl meine Augen zusammengekniffen sind, wie Niall und Youko sich nur ein paar Zentimeter entfernt gegenüber stehen.
Dann knicken plötzlich meine Knie ein,
ich kippe vorn über. Gerade noch so kann ich mich auffangen und drehe mich auf den Rücken.
„Apollo guice!“, höre ich meine Großmutter besorgt ausrufen.
Der Schmerz ebbt ab. Bevor ich weitere Bilder erkennen kann, verliere ich das Bewusstsein.
Als ich die Augen öffne, blickt mich meine Großmutter besorgt an. Niall und seine Wachen stehen bloß daneben, es scheint sie kaum zu interessieren.
Lyret hilft mir dann aber doch auf die Beine. Etwas wackelig, aber ich kann stehen.
„Wir müssen weg. Der ceé derii und die
beiden Elfen haben sich mit zwei Stadtwachen angelegt. Meine Anwesenheit wird verlangt. Und du wirst mitkommen.“
Benommen nicke ich und sehe auf meine Hand – Der Ring fehlt!
„Den bewahre ich vorerst auf“, erklärt Niall.
Ich verabschiede mich und folge den Drei. Verdammter Ring. Ich hätte mehr Interesse daran gehabt, mit meiner Großmutter zu sprechen. Mit dem Orakel. Darüber, was es damit auf sich hat. Und ob sie weiß, warum meine Mutter in die Menschenwelt ging.
Schließlich kommen wir auf einem Stadtplatz an. Niall steigt auf das Podest
und Lyret und Yecejuk positionieren sich neben ihm. Ich warte neben der Treppe, die hinauf führt.
Vorsichtig sehe ich mich um und kann Nalani, Meiyo und Haruko ausmachen. Sie wurden mit einem Strick aneinander gebunden, jedes Ende wird von einem der zwei Elfen gehalten, die Stadtwachen sein müssen.
Was ist denn alles passiert, während wir weg waren?
Ein Stück weiter stehen einige Bewohner und starren die Drei an.
Niall räuspert sich, die Leute schweigen.
Rasch rattert er einige Sätze runter, die den Elfen sagen sollen, dass dieser Prozess ausnahmsweise nicht öffentlich
ist. Als alle den Platz verlassen haben, lässt er uns alle auf die Bühne bitten.
„Normalerweise sieht das Strafmaß recht unerfreuliche Dinge vor. Für euch Elfen mindestens fünfzig Jahre Haft, maximal 250 Jahre. Aber für euren ceé derii reicht es von Todesstrafe durch Enthauptung, bis… Bis zum Tod durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen. Dieses Mal belassen wir hierbei. Nehmt es als Verwarnung – Das nächste Mal werde ich die Gesetze geltend machen!“
Nalani
"Eigentlich habe ich mir dieser ganzen Sache gar nichts zu tun", beschwert sich jetzt Meiyo. "Ich verstehe gar nicht was das ganze soll..."
"Meiyo! Halt einmal in deinem Leben deine Klappe und sei dankbar dass sie uns nicht unser Leben lang eingesperrt haben!", zischt Haruko gereizt. Ich kann sogar ohne ihn anzusehen spüren wie er mit im Sekundentakt besorgte Blicke zuwirft. Schön dass ich ihm etwas bedeutete, aber ich finde er könnte es wie Meiyo machen und das ganze ein
wenig gelassener nehmen. Immerhin ist uns ja nichts passiert.
Und das ist auch gut so. Hätte er uns wirklich dafür bestrafen wollen dass wir einen kleinen Streit angefangen haben hätte ich Niall wahrscheinlich höchstpersönlich den Hals umgedreht.
"Lyret, mach sie los!", befiehlt der Elf in diesem Moment und der Elf der noch am freundlichsten aussieht kommt auf uns zu um uns loszubinden. Zuerst wendet er sich natürlich Meiyo zu, der auf Seom wohl der Ranghöchste von uns Dreien ist. Dieser zieht jedoch seine Hände weg bevor Lyet ihn anfassen kann und grinst. Erstaunlicherweise ist er nicht mehr gefesselt. "Nicht nötig. In der
Menschenwelt hab ich zufällig ein paar Entfesslungstricks gelernt." Das heißt er hätte sich die ganze Zeit befreien können?
Na ganz toll.
Ich schnaube und verdrehe die Augen.
Da habe ich mich wirklich in die beiden sinnvollsten Elfen dieser ganzen Welt verliebt wie es scheint. Dieser Gedanke erinnert mich wieder daran dass ich mich noch immer zwischen ihnen entscheiden muss. Na ganz toll, ich habe nämlich keine Ahnung.
Haruko oder Meiyo?
Die beiden sind so unterschiedlich wie Licht und Schatten. Wie soll ich mich dann entscheiden?
In diesem Augenblick werde ich abgelenkt weil Lyet gerade meine Fesseln gelöst hat und Apollo an mich herantritt. "Alles in Ordnung?", fragt er. Zumindest einer der sich aus bloßer Freundlichkeit um mein Wohlergehen sorgt, und nicht weil er irgendwie in mich verliebt ist oder so. "Mir geht's gut", meinte ich locker. "Niall hat uns ja noch einmal verschont." Ich würde nie im Leben zugeben was für eine Angst ich in Wahrheit bis vor ein paar Sekunden gehabt habe, aber Apollo fragt zum Glück auch gar nicht nach. Allerdings kann ich in seinen Augen sehen dass er die Wahrheit
ahnt.
"Und, wie geht's deiner Großmutter?", frage ich um das Gespräch auf andere Bahnen zu lenken.
Es klappt.
Er schaut auf einmal so drein als hätte er fürchterliche Kopfschmerzen und reibt sich die Stirn. "Ich hatte meine ersten Visionen", erzählt er. "Aber es war... ziemlich verwirrend. "
Ich lächle ihn aufmunternd zu. "Das wird sich sicher noch klären."
Dann kann er also tatsächlich in die Zukunft sehen. Beeindruckend. Das würde ich auch gern können. Vielleicht wüsste ich dann ob ich Haruko oder Meiyo nehmen so... Moment! Ich könnte
Apollo fragen was er dazu sieht!
Ein verschlagenes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen.
"Kann ich kurz unter vier Augen mit dir sprechen, Apollo?", frage ich.
Der Halb-Elf sieht mich ein wenig ratlos an, zuckt aber schließlich mit den Achseln und meint: "Warum nicht? Komm mit." Er führt mich ein wenig von den anderen weg und in eine verlassene Seiengasse.
Hm... das erinnert mich jetzt ein wenig daran wie wir das erste Mal hierher gekommen sind. Apollo dreht sich zu mir um und stemmt die Arme in die Hüfte. "Also, was ist los?"
Ich setze meine verzweifelste Miene auf
und meine: "Ich kann mich einfach nicht zwischen Meiyo und Haruko entscheiden. Könntest du nicht vielleicht einen Blick in die Zukunft werfen?"
Kurz werden Apollos Augen groß, damit hat er scheinbar nicht gerechnet, dann verdreht er sie und legt mir brüderlich eine Hand auf die Schulter. "Hör einfach auf den Herz", rät er mit ernst.
Ich schnaube. "Du glaubst doch nicht wirklich dass dieser schnulzige Schwachsinn bei mir zieht", knurre ich. Mein Freund grinst schelmisch und zuckt mit den Schultern. "Einen Versuch war es wert." Er seufzt, schon wieder. "Ich kann nicht einfach so mir nichts dir nichts in die Zukunft schauen", gibt er
schließlich zu. "Aber... wenn du meinen Rat willst dann würde ich dir raten Meiyo zu nehmen."
Ich nicke.
"Okay."
Damit ist es beschlossen.
Ich nehme Meiyo.
Apollo
Jetzt, wo ich genauer darüber nachdenke, ist es eine dumme Idee jemandem einen solchen Rat zu geben. Doch, zu spät. Egal, was ich jetzt zu Nalani sage, es wird nichts bringen. Ich kenne sie zu gut, um etwas anderes zu denken. So ist sie nun mal gepolt.
„Eines noch“, sage ich dennoch.
„Hm?“
„Sprich nochmal mit beiden. Besonders mit meinem Bruder. Da gibt es vielleicht etwas, was du wissen sollest.“
„Warum sagst du es mir nicht?“
Ich lache ein bisschen. „Ich bin nicht dafür zuständig. Das ist Meiyos Problem.“
Sie verzieht das Gesicht, verschränkt die Arme und murmelt: „Dann eben nicht.“
Sie dreht sich um und geht.
Ich hoffe, sie nimmt sich meinen neuen Rat zu Herzen.
In diesem Moment werde ich von der Seite angetippt.
„Apollo, dürfte ich dich mal sprechen?“ Youko. Wo kommt die denn plötzlich her? Ich nicke und sie zieht mich etwas abseits. „Es geht um Gin.“
„Was ist denn mit ihr?“
Youko zieht eine Augenbraue hoch. „Stellst du dich eigentlich absichtlich so
doof?“
Entweder ich täusche mich, oder Youko hat einen dieser Ausnahmefälle, in denen sie gemein wird. Den letzten hatte sie gegenüber Niall, der Tonlage nach zu urteilen.
„Warum sollte ich mich doof stellen?“ Ich tue es ihr gleich.
Nun verschränkt sie die Arme energisch du rollt mit den Augen. „Hast du Tomaten auf den Augen?! Warum bekommst du nichts mit?!“
Doch egal, wie sehr ich mich anstrenge ich komme zu keinem Ergebnis. „Es geht um Gin, sagst du?“
„Ja.“
„Nein, keine Ahnung. Was soll sein.“
„Manchmal ist das aufgeweichte Milchbrötchen in deinem Kopf wirklich zu nichts zu gebrauchen. Pass auf, ich mach´s kurz: Brich ihr das Herz und ich breche DIR alle Knochen!“
Ich glaube, ich verstehe. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals. Was soll ich dazu sagen? Dann ist es eben so. Gin mag mich.
„Ganz sicher?“
„Todsicher.“
Ich schlucke.
„Und was ist mit dir, Apollo?“
Eine sehr gute Frage. Während der Überfahrt hatten Gin und ich recht viel miteinander zu tun, haben geredet, uns gut verstanden. Und immer, wenn sie zu
mir kam, musste ich ein unterbewusstes Honigkuchen-Grinsen unterdrücken.
Das erinnert mich an… an… meine anfänglichen Gefühle für Sae.
„Dann ist meine Arbeit hier erledigt.“ Youko setzt ein unheimliches Lächeln auf und legt mir eine Hand auf die Schulter. „Viel Glück.“
Im Gehen winkt sie mir noch einmal zu. „Wir treffen uns morgen, bei Sonnenaufgang, im Gasthaus! Sei pünktlich!“
Ich seufze. Würde mir das bitte jemand erklären?
„Hallo, Polly!“
Kaum ist Youko fertig, taucht Gin auf, natürlich. Wenn auch etwas seltsam.
Aber Elfen und Timing… Ich glaube, dass ist manchmal so eine Sache.
„Oh, hi, Gin.“
Sie grinst, wie eh und je. Soll ich das erwidern. Ich wehre mich, obwohl ich gleichzeitig spüre, dass ich gern nachgeben würde.
Sie kommt näher, bis wir nur noch ein paar Zentimeter entfernt stehen.
Plötzlich stellt sie sich auf die Zehenspitzen und küsst mich.
Nalani
Ich denke über Apollos Worte nach während ich zurück zu Meiyo und Haruko schlendere. Auf halbem Weg íst mir Gin entgegen gekommen, sie hat mir zwar freundlich zugelächelt, aber dann entschlossen Apollo angesteuert. Anscheinend hat sie vor ein wenig Klärung in ihre Beziehung zu bringen, das finde ich gut so. Da kennt sie ja keiner mehr aus. Schließlich erreiche ich Haruko und Meiyo, versuche aber angestrengt an etwas anderes zu denken
als an meine Entscheidung. Ich fühle mich noch nicht bereit sie zu verkünden, nicht bevor ich Meiyo gefragt habe was er noch vor mir verbrigt, denn ich kann mich ja noch immer anders entscheiden, egal was Apollo gesagt hat. Stattdessen denke ich angestrengt an die Zeitungsauschnitte die mein Vater früher im ganzen Haus verteilt hat, darauf waren meistens irgendwelche UFOs abgebildet. Er hatte eine ziemliche Faible für so etwas.
Meiyo, der - natürlich - meine Gedanken liest, kann sich ein belustigten Grinsen nicht verkneifen und ich funkle ihn böse an. Wann lernt er endlich dass er das nicht tun soll? Aber natürlich schämt er
sich nicht, stattdessen wird das beeindruckende blau seiner Augen noch ein bisschen dunkler. Wenn er wüsste wie anziehend das wirk... Ich unterbreche mich prompt selbst in Gedanken. Natürlich weiß er das! Ich muss wirklich aufpassen was ich denke!
Gereizt stemme ich die Arme in die Hüfte. "Meiyo! Ich denke ich muss mich mit der unterhalten!"
"Dein Halbbruder hat angedeutet dass du so etwas wie ein Geheimnis vor mir hast!"
Meiyo schnaubt bloß belsustigt. "Natürlich. Welches würdest du denn gerne hören."
Kurz bin ich versucht: Alle zu sagen,
aber dann denke ich an Apollos Worte. "Das von dem Apollo gesprochen hat. Ich denke du weißt welches das ist."
Plötzlich wirkt Meiyo ein wenig besorgt. "Vielleicht sollten wir das unter vier Augen besprechen...", beginnt er. Ich sehe zu Haruko hin und schüttle entschlossen den Kopf. "Nein! Wenn du mich wirklich liebst dann wirst du es mir hier sagen!"
"Na schön", knurrt Meiyo, kommt näher und stellt sich so knapp vor mich dass ich den Kopf in den Nacken legen muss um zu ihm hoch zu sehen. Ich lasse mich jedoch nicht einschüchtern sondern kneife die Augen zusammen und blicke angriffslusitg zu ihm hoch. "Ich war vor
vielen Jahren schon für eine Weile in der Menschenwelt", beginnt Meiyo. Von seiner anfänglichen Unsicherheit ist jetzt nichts mehr zu spüren, stattdessen sieht er mich provozierend von oben herab an.
"Weiter", verlange ich bloß.
"Nun, du weißt welche Wirkung ich auf Menschenmädchen habe, oder? Zu der Zeit hatte ich eine Freundin, sie hat allerdings mit mir Schluss gemacht als ich einem Freund einen kleinen Gefallen getan habe. Tja... ich bin ein wenig verbittert und habe schließlich begonnen... Orgien in der Menschenwelt zu feiern." Meiyo legt den Kopf schief und blinzelt mich in falscher Unschuld an. "Weißt du wie berauschend es ist
sich alles zu nehmen was man haben will? Keine konnte mir widerstehen. Selbst wenn ich ihnen das Herz gebrochen habe sind sie wieder zu mir angekrochen gekommen weil sie mich sosehr begehrten."
Ich muss hart schlucken. Das wollte Apollo mir also sagen.
"Ich... war deine ehemalige Freundin auch unter diesen Mädchen?"
Meiyo betrachtet mich herablassend und es gelingt mir einfach nicht durch seine lieblose Fassede zu blicken, sosher ich mich auch anstrenge.
Er liebt mich, er liebt mich, mir würde er niemals so etwas antun, versuche ich mir immer wieder einzureden, aber
es gelingt nicht so recht. "Ja."
Eine letzte Frage liegt mir auf der Zunge, aber ich kann sie einfach nicht stellen, ich wage es nicht. Aber Meiyo piekt sie schon aus meinem Kopf ehe ich mich versehe. "Ja", meint er nur. "Und jetzt lass uns gehen. Wir haben noch viel zu tun wenn wir Niall stürzen wollen." Dann wendet er sich um und geht. Haruko schenkt mir einen vorsichtigen Blick, aber bevor ich mich nicht für ihn entschieden habe wird er nicht zu mir gehen. Ich schüttle nur kurz den Kopf und er folgt Meiyo.
Ratlos sehe ich den beiden Elfen hinterher.
Meiyo hat die Frage in meinen Gedanken
beantwortet.
Er hat seine Freundin also geliebt.
Apollo
Ich schaffe es endlich, mich von Gin zu lösen. Tief atme ich durch und sehe sie an.
Ich grinse, sie grinst.
Bedeutet das, dass wir jetzt ein Paar sind?
Gin öffnet gerade den Mund, um etwas zu sagen, also Haruko zu uns tritt. „Shepsi kam soeben zu uns. Wir sollen jetzt schon kommen. Ist das möglich?“
Ein für Haruko ungewöhnlicher Gesichtsausdruck kommt zu Vorschein, als er uns sieht. Wenn ich es nicht
besser wüsste, würde ich sagen, dass es zwischen Nalani und ihm wieder kriselt. Ob ich mit daran schuld bin?
„Natürlich“, antwortet Gin ihm und als Haruko sich in Bewegung setzt folgt sie ihm ein Stück. Dann bleibt sie stehen und streckt ihre Hand nach mir aus. „Kommst du… Apollo?“
Apollo?! Warum plötzlich nicht mehr Polly?
„Ich wollte dir einen Gefallen tun, ganz einfach.“
Ich nicke und ergreife ihre Hand und wir folgen Haruko, der uns zum Gasthaus bringt, die anderen stehen verteilt vor dem Gasthaus.
Shepsi taucht aus einer Seitenstraße auf.
„Seid ihr bereit?“
Wir nicken und treten zu ihm. Er führt uns in das Gasthaus, welches an eines der ganz normalen Gasthäuser in der Menschenwelt erinnerte.
Mit einem Unterschied: Die Elfen, die dort saßen, sangen folgendes Lied:
Fâ oe yi aven´dur
Fâ e zuqiwen aven´dur
E zuqiwen juzine
Juzine…
Vâ Niall dêra fercu!
Aoe mê!
Fâ aoe mê!
Vâ aoe mê!
Vâ Niall dêra vetè:
Aoe mê
Fâ aoe mê
Vâ aoe mê
Ein Lied zu Ehren Niall´s. Ich schätze nicht, dass das etwas ist, das man verstehen muss.
„Niall hat das Lied von den berühmten Elfen-Komponistinnen Sa-Ake und Yu-Dea verfassen lassen“, erklärt Shepsi nebenbei, „Und wenn man den Text kennt, versteht man auch, dass das alles absoluter Quatsch ist. Zweifellos wurden die Zwei dazu gezwungen.“
„Die Tatsache, dass das Lied davon handelt, dass Niall ein großer Held ist und Abenteuer bestritten hat, über die
man singen soll?“ Kurz nachdem ich das sage, muss ich loslachen.
„Genau.“ Shepsi schließt sich mir an.
Die Elfen scheint das nicht interessieren.
„Das Lied ist bloß Tarnung.“ Er wendet sich an die Elfen. „Oé cua ao kamiiri, sie gehören zu mir. Kaze fè, Musik!“
Die Elfen tauschten Blicke. Scheinbar machen sie in Gedanken aus, was sie singen wollen.
Dann beginnen sie:
Dêferà evye
Kârí
Voên vyev ôs xi mitêa.
Ne kêrí sai´ceorée!
Os xi des.
Feâ beeco ceorée aòne.
Ôs vjem´neyec aòne.
Nalani schaut ganz entzückt. „Darf ich es auch mal versuchen?“
„Nur zu, Menschlein.“
Nalani gibt zu der Bezeichnung keinen Kommentar ab und legt los: „Dehfera ewje kahrie wo-ehn wjew oh schi miteh-a. Ne kehrie sei ßeore-e! Os chi des. Feah be-eßo ßeore-e a-one. Ohs wdschem nejeß a-one.“
Der Blick sämtlicher einheimischer Elfen im Raum wandert zu Nalani.
Nalani
Alle Elfen hier im Raum starren mich an und ihr Gesichtausdruck variert zwischen hämisch und angewidert. Habe ich etwa ein wenig falsch gesungen? Hm... könnte sein.
Ich kann spüren wie ich rot werde und Shepsi lacht leise. Das bringt ihm allerdings so bedrohliche Blicke von Haruko und Meiyo ein dass er sofort wieder aufhört. Tja, manchmal ist es eben doch gut zwei Beschützer zu haben.
"Ich denke wir sollten uns wichtigeren
Themen zuwenden als ein paar Elfenliedern", meint auch Apollo gelassen. Mir fällt auf dass er auffällig nahe bei Gin steht. Wo vorher Verwirrung zwischen den beiden geherrscht hat ist nun Eintracht. Ich ertappe mich bei dem Wunsch mir würde es bei Meiyo und Haruko ebenso gehen, aber nachdem ich das von Meiyo erfahren habe kann ich mich einfach nicht entscheiden. Würde er mit mir ebenso umsrpingen wie mit seiner alten Freundin wenn ich ihn ließe? Ich will aber nicht zu seiner willenlosen Puppe werden!
"In Ordnung", meint Shepsi schließlich. "Dann fangen wir Mal
an."
Wir setzen uns alle an einen großen, runden Tisch und eine hübsche Elfe bring und hölzerne Kelche mit einer seltsamen, goldenen Flüssigkeit darin und verteilt sie vor uns. Dabei wirft sie jedem Elfen am Tisch so tiefe und verführerische Blicke zu dass Apollo sich abwenden muss und ein wenig errötet. Die anderen scheinen diese Gepflogenheit der Elfe gewohnt zu sein, ignorieren sie und greifen stattdessen zu ihren Kelchen. Ich greife ebenfalls zu meinem Getränk und will vorsichtig davon kosten, aber Meiyo reißt es mir schon fast aus der Hand und meint: "Lieber nicht."
"Das ist Elfenwein, Menschlein", erklärt Shepsi während er an seinem eigenen Wein nippt. "Auf Menschen hat er eine zehnmal so hohe Wirkung wie euer Alokohol auf euch hätte. Apollo ist ein Halb-Elf und kann davon trinken, aber ich denke du solltest es lieber lassen, wir haben dich heute schon genug singen gehört." "Na schön", grummle ich, lehne mich zurück und gebe mir Mühe nicht allzu beleidigt dreinzusehen, aber hinzu kommt ja noch dass fast jeder hier am Tisch meine Gedanken lesen kann. Na ganz toll.
"Ich kann dir ein Glas warme Milch bringen", schlägt die Elfe die uns bedient
mit einem unschuldigen Augenaufschlag vor als wäre ich ein kleines Kind.
"Ich denke sie würde lieber Tee trinken", schlägt Haruko versöhnlich vor. Meiyo sagt gar nichts, aber er lächelt die Elfe mit einem katzenhaften Raubiertlächeln an und ich will mir gar nicht vorstellen was sich zwischen den beiden in Gedanken abspielt. Schließlich wendet sie sich mir zu, verbeugt sich und meint: "Ich bitte um Entschuldigung. Ich werde dir sofort deinen Tee bringen."
"Wenn das geklärt wäre können wir zum wesentlichen kommen", meint Shepsi als ich endlich einen dampfenden Tee vor meiner Nase stehen habe. "Meine
Informanten berichten mir dass Niall sich in letzter Zeit oft mit einer Elfe trifft die eure Yakii sein könnte. Eigentlich geht mich diese Elfe nichts an, sie ist eure Vebrecherin, nicht unsere, aber sie wispert Niall verhägnisvolle Worte ins Ohr. Sie woll von ihm dass er einen Krieg mit dem Rat anfängt, und unabhängig ob wir diesen Krieg gewinnen oder verlieren, er wird einen hohen Blutzoll kosten den keiner von uns zu zahlen bereit ist. Allerdings hat die Elfe Niall schon fast überzeugt. Sie treffen sich oft alleine, er schickt alle Wachen aus dem Raum und als seine Geliebte hat sie so viel Macht über..."
"Was sagst du
da?!"
Die sonst so ruhige Youko ist aufgesprungen und stützt sich wütend am Tisch ab. Ihr Gesicht ist zornverzerrt. "Niall würde niemals eine Beziehung mit dieser Hure anfangen! Wage es bloß nicht so etwas auch nur zu denk..."
"Youko, bitte beruhige di...", fängt Haruko an und will ihr eine Hand auf den Arm legen, fährt jedoch mit einem Schmerzensschrei zurück. Anscheinend ist seine Hand gebrochen.
"Fass mich nicht an!", donnert Youko. "Keiner von euch! Behauptet bloß nicht dass mein Niall etwas mit so einer Elfe anfangen würde!"
Apollo
Reihenweise klappen den Anwesenden die Kinnläden herunter und keiner bringt ein Wort hervor.
Hatte Youko das gerade gesagt? Hatte sie das wirklich gesagt? Ich kann es gar nicht so recht glauben.
Plötzlich räuspert sich Meiyo. "So etwas war irgendwie zu erwarten", sagt er, "Das dürfte zumindest einiges erklären. Findest du nicht auch Shepsi?"
Shepsi schließt seinen Mund wieder und nickt langsam. "Nun. Youko, du weißt, was das bedeutet?"
Ich kann beobachten wie sie nickt, während sie sich leicht auf die Lippe beißt. "Ich denke schon."
"Was erwartet sie denn?", fragt Meiyo.
Gin drückt besorgt unter dem Tisch meine Hand.
"Ganz ruhig", flüstere ich ihr zu, als Nalani kurz nicht hinsieht.
"Sie wird wohl von der Unternehmung ausgeschlossen."
"Stellt sie frei nicht win Sicherheitsrisiko dar?" Mein Halbbruder verschränkt energisch die Arme. "Ich bin dafür, dass wir sie an einem sicheren Ort behalten!"
In Youkos Augen blitzt etwas Aggressivität auf, als sie Meiyo fixiert
und sagt: "Was soll das denn nun heißen?"
"Das soll heißen", beginnt er mit ruhiger Stimme, "Dass du ein Sicherheitsrisiko für uns darstellst!"
"Bitte?!"
Gin drückt meine Hand fester.
"Oder wie würdest du reagieren, wenn wir Niall den Garaus machen?"
Youko zuckt erschrocken zusammen.
"Kein Sorge", sagt Haruko beruhigend zu ihr.
"Sowas tun wir nicht, Elf", kontert Shepsi, nach einem Moment des Schweigens.
"Ihr wohl nicht. Aber ich. Wenn ich diesen verdammten Kerl in die Finger
bekomme, dürft ihr gern seinen Körper auflesen. Denn ich werde ganz sicher dafür sorgen, dass Niall den Neuanfang Seoms nicht mehr erlebt!" Entschlossen lehnt er sich auf die Tischkante und ich meine zu entdecken, wie er bei diesen Worten ab und zu Nalani ansieht.
Doch das scheint nicht nur mir aufgefallen zu sein, sondern auch ihrem Freund Haruko, der Meiyo bedrohliche Blicke zuwirft.
"Das kannst du nicht tun!", wirft Shepsi ihm an den Kopf.
"Ach ja? Sagt wer?"
"Ich sage das!"
"Mit welchem Recht? Du bist nicht Herrscher von Seom, du bist zum
momentanen Stand nicht weniger Verbrecher auf Seom, als ich auf dem Festland!"
Shepsi schweigt und sieht meinen Bruder ganz verdattert an. "Ich... Ich bin kein Verbrecher!"
"Doch. Bei momentaner Rechtslage bist du quasi ein toter Mann. Dazu zu verurteilen, gefoltert und anschließend verbrannt zu werden!"
Nalani Ein wenig nervös sehe ich zwischen Meiyo und Shepsi hin und her. Ich hoffe das artet jetzt nicht zu sehr aus, oder so. Versteht mich jetzt bitte nicht falsch, ich mag Niall nicht besonders, aber ich bin auf keinen Fall dafür dass wir ihn einfach ermorden. Es sind doch sowieso schon viel zu viele gestorben, sicher kann man Niall auch irgendwie gefangen nehmen, das funktioniert doch auch. Vorausgesetzt Youko verhilft ihn nicht irgendwann zur Flucht. Also warum will Meiyo ihn so unbedingt tot sehen? „Das ist nicht wahr!“, empört sich Shepsi in diesem Moment und ich bin gezwungen mich wieder dem Streit zuzuwenden. „Ich kämpfe für die Freiheit unseres Landes! Ein Großteil unserer Bürger sind auf unserer Seite.“
„Aber Niall ist dein Herrscher, und er hat jede Form der Rebellion verboten“, hält Meiyo dagegen und grinst böse. „Jetzt beruhigt euch doch endlich Mal!“, fällt Apollo den beiden ins Wort, aber niemand achtet auf ihn. „Im Gegensatz zu dir habe ich aber noch niemals andere Elfen getötet!“ „Darum geht es aber auch gar nicht!“ Wütend springg Shepsi auf die Beine und sieht den Anderen mit hochroten Gesicht ab. „ICH leite diese verdammte Rebellion, und ICH sage wie wir es machen! Niall wird nicht sterben, sondern nur gefangen genommen, hast du das verstanden?!“ Meiyo erhebt sich mit einer langsamen, eleganten Bewegung, lässt Shepsi aber dabei nicht aus den Augen. Manchmal erinnert mich dieser Elf ein wenig an eine Raubkatze. „Ach ja? Machen wir das so? Sag mir einen guten Grund warum ich das tun sollte was du mir befiehlst.“
Naja… irgendwie sind wir hier gerade von Shepsis Leuten umgeben und die werden sich sicher eher auf die Seite ihres Anführers schlagen, aber das scheint Meiyo gerade gar nicht zu jucken. „Beruhige dich, Bruder“, versucht es Apollo, der immer wieder nervöse Blicke mit Gin tauscht, erneut, aber genauso gut hätte er gar nichts sagen können. Sowohl Youko als auch Haruko betrachten Meiyo mit bösen Blicken, aber aus unterschiedlichen Gründen wie ich annehme. Ich bin mir ziemlich sicher dass der sonst so sanftmütige Haruko keine Gelegenheit auslassen würde um Meiyo so richtig zu verprügeln, aber das darf ich nicht zulassen. „Hör auf deinen Bruder oder ich muss dich mit Gewalt in die Schranken weisen!“, schreit Shepsi. „Bloß weil dir alle Menschenfrauen die Füße lecken brauchst du nicht glauben dass du bei uns höher geborenen Elfen…“
Okay, das geht jetzt eindeutig zu weit. „Höher geborene Elfen?!“, schreie ich wütend und springe auf die Beine. Was erlaubt dieses Schlitzohr sich eigentlich? Shepsi scheint erst jetzt zu bemerken dass ich auch noch hier bin und beginnt nervös zu stottern, aber für Entschuldigungen ist es jetzt schon zu spät. „Du denkst wohl auch das du etwas besseres bist! Aber soll ich dir etwas sagen? Du bist genauso schlecht wie Niall, genauso dumm, genauso menschenverachtend. Ich pfeife auf eure verdammten Pläne, ihr könnt das gerne ohne mich machen.“ Und ehe sie sich versehen bin ich schon herumgewirbelt und habe das Lokal verlassen ohne auf die Rufe hinter mir zu achten. Was interessiert es mich eigentlich wie hier auf dieser verdammten Insel regiert? Die Elfen scheren sich doch auch einen Dreck auf uns Menschen, warum sollen wir ihnen also helfen?
Wütend stapfe ich durch die Straßen und achte nicht einmal darauf wo ich hingehe. Früher oder später werde ich sowieso wieder aufgegabelt, vermutlich von Haruko, und zur Herberge zurück gebracht werden. Umso erstaunter bin ich als mir, nachdem ich ungefähr eine Stunde sinnlos herumgelaufen bin, plötzlich Apollo und Gin händchenhaltend gegenüberstehen. „Wir dachten schon wir finden dich nie“, meint Gin und grinst freundlich. Sie ist so ziemlich die lebhafteste und wahrscheinlich menschlichste Elfe die ich je getroffen habe, genau das mag ich an ihr. „Danke.“ Was aber nicht bedeutet dass sie meine Gedanken lesen darf! „Du solltest mit uns kommen“, meint Apollo und steckt die Hand, mit der er nicht die Gins haltet, in die Hostentasche. „Für dich ist es gefährlich einfach so herum zu spazieren.“
„Und was wenn ich keine Lust mehr habe für die Elfen die Welt zu retten? Sie scheren sich ja auch einen Sch… schönen Dreck um uns Menschen!“ Apollo zieht bloß eine Augenbraue hoch. „Findest du etwa dass Niall ein guter Herrscher ist?“, fragt Gin. „Nein! Natürlich nicht. Aber was geht mich das an?“ „Shepsi hat bereits einen Plan, und wir brauchen dich um ihn umzusetzen.“ „Ahja, Shepsi hat einen Plan. Und was hat Meiyo dazu gesagt?“ Ich glaube kaum dass Meiyo ein Elf ist der einfach so klein begibt, geschweige denn sich irgendeinem anderen Elfen unterordnet. Das ist eine der Dinge die ich an ihm liebe, auch wenn sie mir oft auf die Nerven gehen. Er kuscht nicht, wie Haruko, er ist bereit für sich selbst zu kämpfen während Haruko lieber zurücksteckt. „Das ist ja genau das Problem. Deswegen
brauchen wir dich.“ Um Meiyo zu überzeugen. Ich hätte es wissen müssen. „Ich muss darüber nachdenken“, meine ich nachdenklich. „Wie sieht denn euer Plan aus?“ „Setzen wir uns erst einmal irgendwo hin“, quengelt Gin in diesem Moment und zieht an Apollos Arm. „Wir blockieren hier den ganzen Verkehr.“ Das stimmt allerdings, deswegen ziehen wir uns nachdem wir uns kurz umgesehen haben in ein kleines Elfen-Cafe zurück wo Gin für uns drei bestellt da ich beim Anblick der Karte ungefähr nur Bahnhof verstehe und sie hier leider keine heiße Schokolade haben. „Also, was ist der Plan?“, frage ich schließlich als wir alle unsere dampfenden Getränke haben. „Nun“, murmelt Apollo und kostet einmal vorsichtig. „Shepsi plant einen Komplott gegen Niall, bei dem im Grunde genommen kaum jemand zu Schaden kommen soll. Das ganze sieht ungefähr so
aus dass ich, gemeinsam mit Gin, Niall ab jetzt beschatten werde, immerhin bin ich sein neues Orakel und er wird kein Problem damit haben mich in seiner Nähe zu behalten.“ „Verstehe. Und warum kommt Gin mit?“ Der Blick den Apollo und Gin tauschen spricht Bände, aber schlussendlich zucken die beiden bloß mit den Schultern. „Zu zweit geht es sicher einfacher.“ Ne ist klar. „Und wofür braucht ihr Meiyo?“ „Mein Bruder ist von essentieller Bedeutung weil er der einzige ist, der in Yakiis Nähe kommt ohne dass sie Verdacht schöpft. Wir vermuten dass sie sich irgendwo im Palast aufhält, aber wegen ihrer Fähigkeit können wir uns nie ganz sicher sein wer sie ist. Deswegen brauchen wir Meiyo um das heraus zu finden. Wenn er sich ein paar Mal im Palast blicken lässt wird sie ihn vielleicht ansprechen weil sie denkt dass er noch auf ihrer Seite steht und dann kann er sich ihr Vertrauen
erschleichen.“ „Ah… okay.“ Ich muss ehrlich zugeben dass sich das nach einem guten Plan anhört. Und ich muss nicht mehr machen als Meiyo zu überzeugen, dass sollte ich doch irgendwie hinbekommen wenn er tatsächlich in mich verliebt ist. „Das Größte Problem wird vermutlich sein ihn zu finden“, wirft Gin, die vermutlich schon wieder meine Gedanken gelesen hat, ein. „Er ist nämlich zwei Sekunden nach dir einfach verschwunden.“ Natürlich, Meiyo kann es nicht ertragen zu verlieren, aber Shepsi war ihm eindeutig überlegen. Ich frage mich bloß wo er hingegangen sein könnte. „Ich glaube eigentlich dass er dir gefolgt ist.“ Okay, wenn Gin zweimal meine Gedanken liest kann ich irgendwie noch darüber hinwegsehen weil sie eine der nettesten Elfen ist die ich kenne, aber dreimal ist zu viel. Warnen ziehe ich eine Augenbraue
hoch und sehe sie schräg an, was Apollo aber sofort falsch auffasst und mich nun seinerseits böse ansieht. Gin kichert vergnügt. „Beruhige dich Pol… Apollo. Nalani ist nur ein wenig gereizt weil ich ihre Gedanken lese.“ „Na gut, aber wenn Meiyo mir wirklich gefolgt ist, sollte er dann nicht hier irgendwo sein?“, komme ich schnell zum eigentlichen Thema zurück. Apollo zuckt mit den Achseln. „Vielleicht ist er das auch. Aber ich nehme nicht an dass er sich uns nähern wird solange wir beide in der Nähe sind.“ Da hat er allerdings recht, vermutlich wird Meiyo warten bis ich wieder alleine bin. „Dann ist es wohl am besten wenn ich jetzt einfach gehe, oder?“, schlage ich vor. Gin nickt und ich stehe auf und lasse die beiden alleine nachdem sie mir beide viel Glück gewünscht haben. Vielleicht ist es ja ganz gut dass sie jetzt endlich ein wenig Zeit für einander haben, die beiden haben
sie ja gerade erst verliebt und in letzter Zeit überschlagen sich die Ereignisse. Wir sind drauf und dran einen Herrscher zu stürzen. „Und den beiden gönnst du die Zeit zu zweit und uns nicht?“, wird mir plötzlich von hinten ins Ohr geflüstert und ehe ich mich versehe läuft Meiyo neben mir her. Vermutlich hat er uns schon die ganze Zeit beobachtet. Ich schnaube. „Heute lesen eindeutig zu viele Menschen meine Gedanken.“ „Bei Gin war es dir egal, warum also bei mir nicht?“, fragte Meiyo gleichgültig, nimmt mich am Arm und bugsiert mich in eine nicht so belebte Gasse wo wir stehenbleiben um uns ein bisschen besser unterhalten zu können. Bei Gin macht es mir weniger aus wenn sie meine Gedanken liest, denn bei ihr muss ich keine Angst dass sie irgendetwas in meinen Gedanken entdeckt dass sie vielleicht zu gewissen Aktionen… anspornen könnte. Ein Grinsen huscht um Meiyos Gesicht während er sich vor mir aufbaut,
anscheinend hat er sehr wohl verstanden. So würdevoll wie möglich stemme ich die Hände in die Hüfte und gebe alles um ihm nicht zu Füßen zu liegen oder zu versuchen ihn zu küssen, aber bei dem Blick der sich in seine Augen geschlichen hat ist das ganz schön schwer. „Ich nehme an du hast sowieso alles gehört was wir geredet haben“, versuche ich zurück zum Thema zu kommen. Oder er hat es in meinen Gedanken gelesen, ist ja auch egal… Zu meinem Entsetzen reagiert Meiyo gar nicht auf meine Worte sondern streckt nur eine Hand aus und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Für eine ganz schön lange Weile verweilen wir beide in absoluter Stille und sehen einander in die Augen. Wenn er mich jetzt küssen würde… ich wüsste nicht was ich dann tun würde… ahh… verdammt! „Und was wenn?“, fragt Meiyo plötzlich und ich bin mir nicht ganz sicher worauf er anspielt. Fast schon mit Gewalt zwinge ich
meine Gedanken sich zu ordnen und meine langsam: „Der Plan klingt gut. Du musst dir nur Yakiis Vertrauen erschleichen!“ „Ach… muss ich das?“ Wenn er während er spricht nicht sanft über mein Gesicht streicheln und mir mit diesem verführerischen Blick in die Augen sehen würde könnte ich mich sicher besser konzentrieren! So stehe ich mit butterweichen Knien da und muss eigentlich alle meine Beherrschung aufwenden um ihm nicht um den Hals zu fallen. Aber langsam wird mir die Unterhaltung zu blöd. Ich verschränke die Arme vor der Brust: „Nein, natürlich musst du das nicht, du bist ein freier Elf und niemand kann dich zu irgendetwas zwingen“, genau so wie ich ein freier Mensch bin und er mich nicht einfach nur durch seinen Blick zwingen kann ihn zu küssen, verdammt „aber es wäre sehr hilfreich wenn du uns bei unserem Plan ein wenig helfen würdest.“ Meine Selbstbeherrschung scheint Meiyo ein
wenig aus dem Konzept zu bringen denn er senkt die Hand wieder. „In Ordnung“, meint er schließlich. „Ich erschleiche mir Yakiis Vertrauen…“ Yay! „…wenn…“ Menno! Ah verdammt! Muss das wirklich sein? Müssen Elfen für alles ihre Bedingungen haben?! „…ich dafür einen Kuss bekomme.“ Na gut, ich muss zugeben irgendwie habe ich das schon die ganze Zeit über geahnt. Aber ein Kuss und im Gegenzug hilft er mir das Elfenreich zu retten? So ein schlechter Deal ist das eigentlich gar nicht. Na schön, bitte. Wenn Meiyo es nicht lassen kann! Erwartungsvoll sehe ich an, aber er grinst nur. „Dieses Mal musst du schon mich küssen. Du bist hier immerhin die Bittstellerin.“ Na schön… ich werde das jetzt einfach ganz professionell machen, kalt und ohne
Gefühle. Ein schneller Kuss, was kann denn da schon groß schiefgehen?
Langsam beuge ich mich vor, umfasse Meiyo Gesicht mit beiden Händen und stelle mich auf Zehenspitzen um ihn zu küssen.
Und als unsere Lippen sich berühren und in meinem Magen eine Schmetterlingskanone explodiert checke ich, dass da so einiges schiefgehen kann.
Apollo
Am Morgen klopft es an unserer Zimmertür im Gasthaus. Rasch wecke ich meinen Bruder, der sofort hellwach ist.
"Ich werde euch bis zur Villa folgen."
Ich stehe auf und öffne die Tür, wo Niall´s zwei Wächter, Lyret und Yecejuk stehen. "Apollo Oeca", grinst Lyret. Dann fragt er, ob ich bereit zur Arbeit sei.
Ich nicke und lasse mir meinen Widerwillen nicht anmerken, dann wecke ich Gin. "Wir müssen gleich los."
Ich reiche ihr ihre Bürste.
Kaum ist sie fertig mit dem Bürsten ihrer Haare gehen wir auch schon los.
Meiyo folgt uns unauffällig, nur ich scheine ihn ab und zu zu sehen. Lyret und Yecejuk sehen ihn scheinbar gar nicht und begleiten uns weiter unbehelligt zu Niall´s Villa. Jetzt sind wir wohl die Drei aus unserer Gruppe, die den genauen Weg zu seiner Villa kennen.
Doch als ich das gigantische Marmorgebäude, mit seinen sich über vier Etagen erstreckenden Säulen, sehe, frage ich mich ernsthaft, wie man dieses riesige Ding übersehen kann. Aber vielleicht sind solche Villen auf Seom
normal und sie kommen nur mir so abstrus vor, weil sie nicht wirklich viel mit den alten Herrenhäusern der Menschenwelt gemein haben.
Gefühlte 1000 Stufen müssen wr hinaufsteigen, um überhaupt den Eingang zu erreichen, wo uns weitere Wächter identifizieren. Mich nicken sie ab, doch Gin sehen sie misstrauisch an.
"Ao zuqiwen asicirim, meine Assistentin", versuche ich zu erklären und glücklicherweise lassen sie auch sie durch.
Kaum sind wir drinnen geht es weiter, Yecejuk bleibt zwar zurück, doch Lyret begeleitet uns in die dritte Etage, wo Niall in einem Salon sitzt, der mit
wunderschönem dunklen Holz ausgekleidet ist. Sein Sessel sieht aus wie einer dieser typischen Antiquitätensessel mit weißem Bezug.
"Guten Morgen, Apollo Oeca."
"Jukíz nâzic, ebenfalls, Niall dêra."
"Bereit für Vorhersagen?"
"Ja."
"Gut. Lyret wird euch in euer Arbeitszimmer führen und dir den Ring geben, Apollo. Wenn ihr etwas braucht, zieht einfach am..." Er scheint nach einem bestimmten Wort zu suchen. "...am Kasarâ-mímroea neben der Tür, dann bringt euch meine Dienerin Che was immer ihr benötigt."
Klingelschnur? Ist das überhaupt ein
richtiges Wort? Nun, zumindest in Seomre ist es wohl eins. Auch wenn es eine sehr seltsame Konstruktion ist. Aber ich denke, dass jeder wissen würde, was damit gemeint ist.
Niall bedeutet Lyret, dass wir gehen dürfen. Der Elf führt uns in das vierte Stockwerk und öffnet die hinterste Tür.
Als wir eintreten betrachten wir ausgiebig die Einrichtung aus Korbweide. Das hier könnte glatt eine Wohnung sein! Rechts von uns entdecke ich eine Tür, die wohl ins Badezimmer führt. Am hinteren Ende des Raums steht ein Bett, das bei uns wohl in die Kategorie King-Size fiele und vorne befinden sich Essbereich und eine Art
Wohnzimmer.
Lyret reicht mir den Ring und verschwindet.
Ehe ich mich versehe, hat Gin ihn mir abgeluchst und legt ihn auf den Esstisch. "Einen Moment noch."
Sie legt die Arme um meinen Hals und küsst mich. Langsam versinken wir in einem langen, leidenschaftlichen Kuss.
Plötzlich räuspert sich hintr uns jemand und wir lösen uns erschrocken voneinander.
"Mein Name ist Che. Wünscht ihr irgendetwas?"
"Nein danke", antwortet Gin, bevor ich überhaupt reagieren konnte.
Sie nickt. "Ihr solltet an die Arbeit
gehen. Wenn ihr mit... anderen Dingen beschäftigt seid, werden wir Niall nie stürzen können." Mit diesen Worten verlässt sie den Raum und lässt Gin und mich mit offenen Mündern dastehend zurück.
Nach einer Weile kriegen wir uns wieder ein. Woher...?
"Ich glaube... Ich glaube, ich weiß es. Sie ist eine von Shepsi´s Leuten."
Nalani Als ich am Morgen aufgewacht bin, waren Gin, Apollo und Meiyo bereits verschwunden. Youko und Haruko sind ebenfalls wach, aber während die Elfe nervös durch das Zimmer tigert sitzt er nur ganz ruhig da und beobachtet sie. Ich strecke mich und gähne einmal. „Und, was steht heute für uns an?“, frage ich schließlich. „Im Moment geht es nur darum uns unauffällig zu verhalten“, berichtet Haruko sachlich und schenkt mit ein freundliches Lächeln. Bevor ich es verhindern kann, denke ich daran dass
Meiyo mich bei der Gelegenheit gleich ausgespottet hätte, weil ich mich einfach nicht unauffällig verhalten kann. Haruko macht das natürlich nicht, und ich weiß nicht ob ich darüber allzu glücklich bin. „Und wir müssen Youko bewachen, damit sie nichts Dummes anstellt.“ Hm, ich kann mir vorstellen was das sein könnte… Youko wirft jedoch nur stolz ihre Haare zurück. „Tse. Als wäre ich hier diejenige die Gefahr läuft etwas Dummes zu machen.“ Sie sieht mich vorwurfsvoll an. Okay, okay, ich hab’s verstanden. Ich bin hier die Dumme. Der restliche Vormittag verläuft ziemlich langweilig, da ich zu beleidigt bin um
mit Youko zu reden und mich nicht traue mit Haruko zu sprechen. Als es dann gegen Mittag an der Tür klopft seufzen wir alle erleichtert auf. Als dann aber kein geringerer als Niall unvermittelt eintritt bleibt uns jedoch allen die Luft weg. Youko, die immer noch im Raum auf und ab gelaufen ist bleibt stehen und fragt fassungslos: „Was machst du hier?“ Niall sieht sich im Raum um und mustert uns misstrauisch, wenn ihm auffällt dass Meiyo fehlt äußert er sich dazu jedenfalls nicht. Dann wendet er sich wieder Youko zu und ergreift überraschenderweise ihre Hand. „Ich habe mich nur gefragt ob wir nicht
gemeinsam Mittagessen gehen wollen… ich könnte dir Seom zeigen…“, beginnt er mit weicher Stimme. Während Haruko und ich uns bloß fassungslos ansehen scheint die Elfe in seiner Gegenwart fast dahin zu schmelzen. „Ja, natürlich“, seufzt Youko und ehe wir uns versehen hat Niall sie schon nach draußen gezogen und die beiden sind verschwunden. Also wenn das gut geht, fress‘ ich einen Besen. „Denkst du das geht gut?“, fragt Haruko. „So wie sie ihn angesehen hat? Bestimmt nicht. Sie wird ihm verraten, dass er in Gefahr ist bevor die Vorspeise serviert ist.“ Ich seufze. Und damit bringt sie Apollo, Meiyo und Gin in Gefahr, denn
wenn Niall von dem Komplott erfährt wird er sofort alle Verdächtigen einsperren. Und ich will gar nicht wissen was er dann mit ihnen macht… Ehe ich mich versehe bin ich schon auf die Beine gesprungen. „Wir müssen Youko irgendwie davon abhalten Niall aus Liebe unseren Plan zu verraten“, rufe ich und strebe auf die Tür zu. Haruko hält mich jedoch auf. „Und wie? Wenn du jetzt zu Youko läufst und ihr sagst sie soll wieder zurück kommen wird Niall doch Verdacht schöpfen und deine Gedanken lesen, und dann wird er erst recht alles wissen!“ „Aber wir können doch nicht einfach herumsitzen und nichts tun!“, rufe ich
und reiße mich los. Haruko sieht mich eindringlich an. „Was willst du denn machen? Wir müssen einfach hoffen, dass Youko uns nicht verrät, bloß weil sie Niall liebt. Wir müssen ihr vertrauen, immerhin gehört sie auch zum Rat.“ „Gottverdammt sie ist in ihn verliebt! Wenn man verliebt ist bedeutet einem alles andere nichts mehr. Da könnte um sie herum die Welt untergehen, und sie würde trotzdem bloß Niall anschauen und glücklich lächeln! Sie würde nur ihn sehen!“ Anscheinend war ich zu hart, denn Haruko verschränkt bloß die Arme vor der Brust und fragt: „Ach ja?“ Herausfordernd funkle ich ihn an. „Ja.
Bestimmt.“ Plötzlich schüttelt der Elf den Kopf und dreht sich um, um mich nicht mehr länger ansehen zu müssen. Ich kann regelrecht spüren wie die Stimmung kippt, von dem kleinen Streit zwischen uns bleibt nichts mehr über, stattdessen schwebt jetzt Harukos stummer Vorwurf in der Luft. „Sag Mal, Nalani, wann hast du das letzte Mal nur mich gesehen?“ Oh… ups. „Ähm… ich weiß es nicht…?“ Darüber sollten wir jetzt eigentlich nicht reden, das kann gar nicht gut ausgehen. Haruko seufzt. „Weißt du, ich verstehe dich sogar. Du willst keinen von uns
beiden verletzen, aber manchmal verletzt mich das Warten mehr als wenn du es einfach beenden würdest. Denkst du nicht, dass ich es zumindest verdient habe, dass du mir die Wahrheit sagst?“ Ja… die Wahrheit hat er mehr als verdient. Aber wie kann ich ihm sagen, dass ich seit gestern weiß, dass ich nur Meiyo liebe, ohne ihn zu verletzen? Bis jetzt habe ich mich davor gescheut, auch nur an den Kuss, bei dem mir meine eigentlichen Gefühle für Meiyo klargeworden sind, zu denken. „Doch, natürlich hast du es verdient…“, beginne ich leise und zupfe nervös an meiner Kleidung. „Dann sag es
mir!“ Er sieht mich noch immer nicht an. Würde es es wohl leichter oder schwerer machen wenn ich ihm dabei in die Augen sehen müsste? „Es tut mir Leid…“, flüstere ich schließlich nur leise. Von Haruko kommt keine Regung. Er steht bloß mit dem Rücken zu mir da, scheint innerlich mit sich zu kämpfen und so verharren wir einige Minuten, Minuten in denen Youko uns alle an Niall verraten könnte, in Schweigen. „Liebst du mich?“, fragt er schließlich noch einmal nachdrücklich. Warum quält er sich selbst so? Wir könnten es doch einfach gut sein
la… „Liebst du mich?!“ „…nein…“ Was soll ich tun? Es hätte keinen Sinn ihn anzulügen… „Du sagst die Wahrheit…“ Ehe ich mich versehe hat Haruko sich plötzlich mit einem Ruck in Bewegung versetzt und das Zimmer verlassen. Er schlägt nicht einmal die Tür hinter sich zu, was mich irgendwie noch trauriger macht. Ich fürchte ich habe ihn wirklich verletzt, auch wenn er es schon länger gewusst haben muss. Eine Weile bleibe ich einfach auf meinem Bett sitzen und hänge meinen Gedanken nach, dann stehe ich ebenfalls
auf. Ich denke nicht dass Haruko oder Youko sich jetzt besonders unauffällig verhalten, also muss ich das auch nicht. Dann kann ich mich genauso gut auf den Weg machen und Meiyo suchen, um ihn zu warnen, dass er möglicherweise in Gefahr ist.
Apollo "He, ihr Zwei!" Gin und ich zucken zusammen und entfernen uns augenblicklich voneinander. "Um Himmels Willen, Aki!", entfährt es mir. Musste er uns so erschrecken? "Keine Zeit zum Diskutieren, Apollo. Wir müssen hier raus! Sofort!" "Was? Wieso?" "Hier geht gleich alles hoch!" "Was?!" Gin schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen. "Wieso das?" "Meiyo will sicherstellen, dass Niall tot
ist. Er sagte, ich solle euch hier raus bringen!" Er versucht uns an den Handgelenken wegzuziehen, aber ich ziehe meinen Arm weg. "Wieso hast du ihn nicht daran gehindert?" Keine Antwort. "Wieso?" "Weil ich einer Meinung bin. Ich habe geholfen. Und jetzt kommt!" Ich funkle ihn böse an. "Gut. Gehen wir." Er führt uns durch mehrere Seitenzimmer. Vermutlich will er den Wachen aus dem Weg gehen. Aber eine Treppe gibt es meines Wissens trotzdem nur im Foyer... "Wir sind fast da."
Aki steht vor einem großen Fenster und öffnet es. "Erwartest du allen Ernstes, dass wir aus dem Fenster springen?" "Willst du bei der Explosion umkommen?" Ich grummele und steige dann auf das Fensterbrett. Zehn Meter unter mir befindet sich ein großer Busch, der das Ganze einigermaßen federn sollte. Ich springe und lande lebend im Busch, lediglich ein paar Kratzer habe ich davongetragen. Gin und Aki folgen und wir folgen dem Elfen bis zu einem großen Felsen, hinter dem wir in Deckung gehen. "Warum zum Teufel habt ihr das
gemacht?" "Weil Niall aus dem Weg geräumt werden muss." "Im Ernst? Kann man das nicht anders lösen?" "Du verstehst die Psyche Nialls nicht ganz, scheint mir." "Kann sein. Wie habt ihr das überhaupt angestellt? Warum hat euch keiner bemerkt?" "Tunnel. Was meint ihr, warum ich weg war? Ich habe ein paar aus dem Widerstand geholt, um mir zu helfen. Dann haben wir das Dynamit...-" "Wo habt ihr bitte Dynamit her? Das ist dich was aus der Menschenwelt...?" "Von dort geholt." Aki lacht leise. "Ich war zwischendurch drüben. Diese Elfe...
Che... Sie kann Portale öffnen. Sehr talentiertes Mädchen."
"Wurden die Tunnel nicht entdeckt?"
"Wir haben sie zugeschüttet. Fernzünder."
Er hält ein kleines Gerät hoch. Er muss es einfach wirklich aus der Menschenwelt haben!
"Wie... Wie lang noch, Aki?", fragt Gin leise.
"Zwei Minuten noch."
Ich schlucke schwer. Er macht Ernst!
Nalani
Ich muss Meiyo finden! Wie besessen renne ich durch Seoms Straßen und mache mir gar keinen Kopf darum, dass die Elfen mich anstarren als sei ich wahnsinnig geworden. Gut, in ihren Augen bin ich noch viel schlimmer. Ich bin ein Mensch. Aber ich habe im Moment ganz anderes Sorgen. Youko hat nicht so ausgesehen, als würde sie ihren geliebten Niall einfach so sterben lassen. Sie wird ihm von Meiyo erzählen und dann ist er in Gefahr! Das kann ich, nachdem ich gerade erst Haruko für ihn sitzen gelassen habe,
nicht zulassen! Leider habe ich keine Ahnung wo sich Nialls Palast befindet und Hinweisschilder gibt es hier auch keine. Tse, da sind wir Menschen eindeutig besser organisiert! Ein wenig ratlos bleibe ich stehen und werde mir erst jetzt bewusst, dass ich gerade zwanzig Minuten sinnlos durch die Gegend gelaufen und eigentlich keinen Schritt weiter gekommen bin. Verdammt, verdammt, verdammt! Nach kurzem Überlegen beschließe ich, dass ich mich wohl an eine Elfe wenden muss. Die Bewohner Seoms werden ja wohl wissen, wo ihr Anführer lebt. Kurzerhand trete ich an eine rothaarige Elfe, die gerade ein paar Einkäufe
erledigt heran und spreche sie an: „Entschuldigung, wissen Sie wie Niall wohnt?“ Bleibt nur zu hoffen, dass sie Deutsch versteht und mich nicht sofort in den Brunnen wirft, weil ich ein Mensch bin. Die Elfe dreht sich zu mir um und sieht mich für den Bruchteil einer Sekunde bestürzt an (wahrscheinlich, weil ich ein Menschen-Dämonen-Affe bin…), hat sich aber erstaunlich schnell wieder unter Kontrolle. Ein freundliches Lächeln (das mir eher wie ein böses Grinsen vorkommt, aber Elfen sind einfach anders als Menschen) legt sich auf ihr Gesicht und sie nickt mich an. „Ja natürlich. Er ist unser großartiger Herrscher.“
Ich weiß nicht… Irgendetwas an ihr kommt mir bekannt vor, auch wenn ich mir absolut sicher bin, dass ich sie noch nie gesehen habe. Trotzdem reagiert mein Körper aus irgendeinem Grund trotzdem auf sie und ich muss mich die ganze Zeit anstrengen um einen recht heftigen Fluchtinstinkt zu unterdrücken. Ich darf nicht weglaufen! Das ist wahrscheinlich die einzige Elfe in ganz Seom, die bereit ist, mir zu helfen! „Könnten Sie mich vielleicht dorthin bringen?“, frage ich weiter. „Ich habe etwas ganz wichtiges mit einem seiner Angestellten zu besprechen.“ Bleibt
nur zu hoffen, dass ich vor Niall dort eintreffe. Die Elfe sieht mich an als wäre es zu komisch, dass ich das frage, dann nickt sie hastig. „Ja, selbstverständlich. Folge mir!“ „Danke!“, strahle ich und beeile mich ihr nachzukommen. Es ist gut zu wissen, dass es noch freundliche Elfen auf diesem Planeten gibt! Wie gelangen problemlos in Nialls Palast. Ein wenig wundere ich mich schon über die laschen Sicherheitsvorkehrungen – Alle Wachmänner nicken uns einfach nur freundlich zu, und das, obwohl ich ein Mensch bin – aber eigentlich bin ich erleichtert, dass alles so schnell geht.
Drinnen beschließe ich, dass es besser ist wenn ich Meiyo alleine aufspüre. Die Elfe die mich hergebracht hat scheint zwar nett zu sein, aber ich denke nicht, dass sie es allzu gut aufnehmen würde, wenn ich anfangen würde in ihrer Gegenwart von Hochverrat zu reden. Also drehe ich mich lächelnd zu ihr um. „Vielen Dank für deine Hilfe, ab hier finde ich allein weiter liebe…?“ „Yakii. Ich heiße Yakii.“ Oh. Scheiße. Aber immerhin habe ich sie vor Meiyo gefunden. Eine gute Leistung, dafür dass ich ein einfacher Mensch bin, denke ich.
Ganz langsam beginne ich vorsichtig zurückzugehen, von Yakii weg. Sie lässt mich lächelnd gewähren, wahrscheinlich weil sie sowieso weiß, dass ich nicht entkommen kann. Mist, mist, mist, warum muss ich von allen Elfen auf diesem Planeten ausgerechnet Yakii nach dem Weg fragen? Das gibt es doch nicht. „Betrachte es einfach als Schicksal“, beantwortet Yakii meine Gedanken. „Heute ist offenkundig mein Glückstag. Mit dir habe ich eine Waffe gegen Haruko, Aki und Meiyo in der Hand.“ Sie lächelt mich offen an. „Ich hoffe du verträgst ein bisschen Folter. Wenn du nicht sofort abkratzt kann ich Meiyo
vielleicht sogar überzeugen zu uns zurückzukommen. Sein Vater vermisst ihn schon sehr.“ Diese Elfe ist wahnsinnig! Was soll ich jetzt tun? Ich habe das Ende des Ganges erreicht und stehe mit dem Rücken zur Wand. Sosehr wie nie zuvor wünsche ich mir, dass Meiyo jetzt hier wäre. Verdammt, wo ist er nur? Sollte er als guter Gentleman nicht kommen um mich zu retten? Yakii lacht auf. „Du bist amüsant“, grinst sie und beginnt langsam auf mich zu zu schlendern. Wie ein Raubtier, das weiß, dass seine Beute schon in der Falle sitzt. „Hoffentlich verlierst du deinen Humor nicht
nachdem ich dir ein paar Gliedmaßen abgeschnitten habe.“ Eigentlich will ich ihr nicht zeigen, wie viel Angst ich vor ihr habe, aber ich kann die Panik die sich in meinen Körper ausbreitet einfach nicht beherrschen und drücke mich sinnlos mit jedem Schritt, den sie auf mich zukommt, ein bisschen mehr gegen die Wand. Okay, eigentlich muss es gar nicht Meiyo sein, der mich rettet. Haruko wäre auch okay. Ich würde mich sogar mit Aki zufriedengeben, obwohl dieser mich wohl danach bedrängen würde, aber Hauptsache irgendwer hilft mir gegen Yakii. „Tsss… so leicht würdest du mich
wieder aufgeben. Ich muss sagen, ich bin ganzschön enttäuscht. An Haruko hast du länger festgehalten.“ Wie aus dem Nichts ist Meiyo neben mir erschienen und ich starre ihn fassungslos an, nicht sicher ob ich ihm vor Erleichterung um den Hals fallen oder eine klatschen soll. „Ich bin für ersteres“, grinst Meiyo, behält aber den Überblick über die Situation und schiebt sich in Sekundeschnelle zwischen mich und Yakii. Wenn ich ehrlich bin, verstehe ich noch nicht einmal, wie er hier reingekommen ist. „Niall hat ein paar Geheimgänge…“, murmelt er mir leise zu. „Oh“, Yakii macht ein enttäuschtes
Gesicht. „Du stiehlst mir meinen Fang, Meiyo. Ach komm schon, sieh mich nicht so böse an. Ich hätte sie sogar ganz gelassen, wenn du dich Verhandlungsbereit gezeigt hättest.“ Hm… welche Erleichterung… oder so ähnlich… „Du wirst ihr kein Haar krümmen, Yakii“, stellt Meiyo gelassen klar. „Weil nämlich nicht vorhabe dich vorbei zu lassen.“ Er scheint sich überhaupt nicht unsicher zu sein. Ist er so sicher, dass er stärker als Yakii ist? Soweit ich weiß hat sie fast den gesamten Rat umgebracht, und die waren auch nicht gerade schwach. „Hör lieber auf dein kleines Menschlein“, rät Yakii belustigt. „Du
hast bessere Chancen als die anderen, dich lassen wir zurückkommen, schon allein wegen deinem Vater und deinem Bruder. Ich würde sogar das Menschenmädchen verschonen, sie lebt sowieso nicht lange genug um von Bedeutung zu sein.“ „Du würdest mir nicht einmal Angst machen wenn du dich in ein riesiges Ungeheuer verwandelstest, Yakii. Ich kenne dich schon so lange. Deine Taktik besteht doch daraus anzugreifen und dann davon zu laufen bis dein Opfer zermürbt ist. Das zieht bei mir nicht.“ Yakii lacht gekünstelt auf und dann, so schnell, dass ich meinen Augen kaum getraut hätte läuft sie plötzlich auf
Meiyo zu und greift ihn mit zwei Dolchen an. Dieser scheint nicht im geringsten überrascht zu sein denn er weicht ihrem Angriff elegant aus und zieht dann selbst einen Dolch den er Yakii in den Arm rammt. Das alles geschieht so schnell, dass ich die Bewegungen nur erahnen kann. Aber Meiyo, das sehe ich eindeutig, behält die ganze Zeit die Oberhand, selbst als Yakii ihn trotz ihrer Wunde mit rasender Geschwindigkeit erneut angreift. Nach einer Weile scheint das die Elfe ebenfalls einzusehen, dann bevor Meiyo sie aufhalten kann, verschwindet sie plötzlich mit einem „Wir sehen uns wieder“, zur Tür hinaus.
„Willst du sie nicht verfolgen?“, frage ich verwirrt als Meiyo sich stattdessen wieder zu mir umdreht und sich hektisch umsieht. Ich bin eigentlich nicht besonders blutrünstig, aber von ihm hätte ich schon erwartet dass er sie erledigen will. „Dafür ist keine Zeit, das Problem löst sich demnächst von selbst.“ Er scheint gefunden zu haben was er sucht, packt mich am Arm und zieht mich zielstrebig zu einem Fenster hin. „Wo hast du eigentlich so gut kämpfen gelernt?“, frage ich weiter. Ich verstehe nicht viel davon, aber anscheinend ist er wirklich außergewöhnlich gut. „Hat mit meiner Vergangenheit zu tun“,
gibt Meiyo zögerlich zu, während er das Fenster aufreißt. „Ich will nicht so gern darüber reden.“ Achso. Dann verheimlicht er mir also immer noch ein paar Dinge. Naja, so wie ich mich kenne, werde ich sie bestimmt noch rauskriegen. Ich bin so in diesen Gedanken vertieft dass ich überrascht aufjapse als Meiyo mich plötzlich hochhebt und in seinen Armen hält. „Was soll das?!“, beschwere ich mich prompt. „Du würdest den Sprung wohl kaum überleben, Menschen halten nämlich gar nichts aus. Und jetzt haben wir keine Zeit für so etwas.“ Meiyo springt aus dem Fenster und landet so geschickt, dass ich kaum den Aufprall
spüre. Dann lässt er mich aber trotzdem noch nicht los, sondern beginnt einfach zu rennen wie ein wahnsinniger. Allmählich bekomme ich das Gefühl, dass ich nicht ganz durchblicke. Aber genau in dem Moment, in dem ich den Mund aufmache um Meiyo zu fragen (jetzt antwortet er natürlich nicht einfach auf meine Gedanke, ist ja klar) ertönt hinter uns ein gewaltiger Knall und im nächsten Moment werden wir auch schon von einer Druckwelle erfasst und nach vorne geschleudert.
>
Apollo
Nach einer Weile, wage ich es, hinter unserem Stein hervor zu sehen. Dort wo mal Nialls Villa stand, befindet sich nun nichts mehr außer Schutt und Asche, die vor sich hin rauchen.
Keine Spur weit und breit, von irgendwelchen bösartigen Elfen, die uns umbringen möchten. Keine Spur eines Elfenbosses und keine Spur des Herrschers von Seom.
War es das jetzt?
"Youko!", ruft Gin plötzlich und stürmt an Aki und mir vorbei auf einen Elfen zu, der Youko aus der Ruine trägt,
obwohl er selbst übel zugerichtet aussieht und ihm Blut die Schläfe hinunter läuft.
Sie bringen die bewusstlose Youko zu uns und der Elf legt sie vorsichtig auf den Boden.
"Lyret", beginne ich, "Ihr lebt noch. Du und Youko. Ihr lebt noch!"
"Er war gewarnt."
Ich sehe Aki an. Hat er das wirklich gerade gesagt? Aber lyret ist... war... doch Nialls Leibwächter!
Aki bricht in schallendes Gelächter aus, dass die Ebene beschallt, auf der sich die Villa einst befand. Als Youko sich ein wenig bewegt, bricht Aki abrupt ab.
"Was macht ihr nun mit ihr?", fragt Gin.
Ihre Hände sind vor ihrem Gesicht zusammengefaltet, sodass sie wirkt wie eine Frau, die in der Kirche betet. Ein Bild, dass mich an meine Schwester erinnert, wie sie jeden Sonntag in der Kirche betete.
"Eine gute Frage. Meine Gutmütigkeit habe ich durch Daiki und Yakii verloren. Also gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder ihr bringt sie zu Haruko, damit er sie versorgt, oder lasst sie hier bei mir", sprach Aki kalt.
Gin und ich wechseln einen flüchtigen Blick, bevor sie auf mich zu kommt und flüstert: "Bitte. Beschütz Youko. Für mich. Sie hat es nicht verdient. Sie war blind."
Mein Zögern schien sie zu verunsichern. Ich strich Gin über die Wange. "Okay. Gin, lass dich von Lyret zu den anderen bringen und sag Haruko Bescheid."
"Okay."
Dann wende ich mich wieder dem dunkelhaarigen Elf zu, der vor Youko auf dem Boden kniet und sie einfach nur anstarrt. "Verräterin."
Gerade noch sehe ich im Sonnenlicht etwas aufblitzen, um sein Handgelenk festzuhalten. Doch statt sich zu wehren, lässt er einfach den Dolch fallen. Ich lasse Aki los, nehme seinen Dolch an mich und lege ihn außerhalb seiner Reichweite ab.
"Ich... kann das nicht." Er kippt vornüber
und hält sich die Hände vors Gesicht. "Ich weiß, dass ich es tun müsste. Ich weiß es doch, VERDAMMT!"
"Aki...", versuche ich, aber er stößt mich so stark weg, sodass ich ein Stück wegrolle und hechtet zu seinem Dolch.
"Apollo! Aki!"
Es ist Haruko, der Nalani folgt. Als er Aki erblickt, beginnt er zu rennen und stürmt auf ihn zu.
"Mach nichts Dummes!", brüllt Haruko ihn an, aber zwischen den beiden fehlt noch einiges an Entfernung.
Aki springt auf und hat einen ausdruckslosen Blick in den Augen, jegliches Gefühl ist aus ihnen gewichen. "Du weißt genauso gut, wie ich, dass es
meine Pflicht ist, Haruko."
"Von was sprichst du?! Ich schwöre dir, wenn du gegen die Ratsregeln verstößt und Youko tötest, bist du als nächstes dran!"
Aki wirft einen Blick auf Youko. "Sie ist eine Verräterin, weißt du."
"Die Strafe lautet Verbannung!"
"Ja. Außer in Ausnahmefällen. Weißt du, es gibt ein Ratsmitglied, das Sechste, welches ein paar Privilegien hat. Es gab früher nur fünf, weißt du? Mein Meister hat den Rat gerettet und wurde in den Rat aufgenommen und war damit das sechste Mitglied des Rats. Und es war mein Meister Tadashi, der Gerechte, der gegen die Regeln verstieß, um den Rat zu
schützen. Und ich als sein Schüler habe diese Aufgabe übernommen."
"Aki..." Haruko hält inne und hält den kleinen, noch vorhandenen Abstand.
"Das sechste Ratsmitglied muss im Zweifel entscheiden. Youko war dem Rat einst so treu. Und dann hat sie uns verraten, für... Niall." Er spuckt das Wort fast aus. "Und deshalb... Ist sie gefährlich. Es ist meine Aufgabe. Es ist meine Pflicht, hörst du Haruko?! Ich will das nicht, aber ich muss!"
"Leg den verdammten Dolch weg, Aki! LEG IHN WEG!" Er stürmt auf Aki zu, als dieser sich gerade wieder zu Youko hinknien will. Wohl um seine Pflicht zu erfüllen.
Haruko springt Aki in dem Moment, als er Zustechen wollte. "Lass das, Aki! Lass den Dolch fallen!" Er hält Aki mit den Armen auf den Boden gedrückt.
Bevor er es realisieren kann, löst sich Aki von ihm, indem er ihn mit einem Tritt von sich wegstößt.
Haruko liegt auf dem Rücken Im Boden, als Aki plötzlich vor ihm steht und ihm einen Fuß auf die Brust setzt, damit er nicht aufstehen kann.
"Du verstehst es immer noch nicht, Haruko." Seine Augen verengen sich, als er einen Schritt zurück geht. Allerdings nur, um Haruko einen gezielten Tritt gegen dessen linke Schulter zu verpassen.
Der Elf schreit auf und presst sein Rechte auf seine verletzte Schulter. Er kann sie nicht bewegen! Hat Aki sie ihm gebrochen?! Oder sie ausgekugelt?!
Nalani, die in der Zwischenzeit zu mir gestürmt ist zieht scharf die Luft ein. "So kann er nicht kämpfen, er ist Linkshänder!", keucht sie.
"Will noch jemand meine Pflicht infrage stellen?!", blafft er uns alle an, seinen Dolch fest umklammert.
Ich spüre, wie unruhig Nalani ist. Ich selbst möchte Youko helfen, aber nicht nach dem, was gerade passiert ist.
"Irgendjemand?!", brüllt Aki noch einmal über die ganze Ebene. "Sehr gut."
Er wendet sich vom sich windenden
Haruko ab und geht langsamen Schrittes auf Youko zu. "Verzeih mir. Weißt du, ich wollte dir eigentlich noch etwas sagen. Aber dabei stand mir dein ach so toller Niall leider etwas im Weg. Jetzt ist es sowieso egal. Und daran bist du ganz allein Schuld. Du ganz allein!"
Einen Moment sieht er sie schweigend an, dann kniet er sich wieder hin.
"Mach´s gut, Youko..."
Er hebt den Dolch weit in die Luft und Nalani schließt ihre Augen. Um ihr zu helfen, nehme ich sie freundschaftlich in den Arm, als plötzlich jemand aufschreit.
Nalani und ich zucken zusammen und starren Meiyo an, der urplötzlich neben Aki aufgetaucht ist. Aki, in dessen Brust
plötzlich ein Dolch steckt, der so lang ist, dass er auf der anderen Seite wieder ausgetreten ist. Blut fließt aus der Wunde, tropft von der Klinge und Akis Kleider färben sich blutrot.
Mit weit aufgerissenen Augen blickt Aki Meiyo in die Augen, die wie Eis wirken und ihn gefühlskalt ansehen, wie ich es nie von jemandem erwartet hätte, weder von einem Menschen, noch von einem Elfen.
Meiyo packt Aki urplötzlich am Kinn und fixiert ihn nochmals, mit zusammengekniffenen Mund. "Du bist jämmerlich, Aki", presst er hervor. Dann rammt er ihm ein kurzes Messer in die Kehle und stößt ihn grob von sich weg.
Meiyo starrt den toten Elf für einen Moment voller Verachtung an, bevor er zu uns kommt und Nalani und mir auf die Beine hilft.
So hatte ich meinen Bruder noch nie erlebt! Ich weiß um seine Vergangenheit. Aber das sein Charakter eine so dunkle Seite hat...?
Er nimmt Nalani fest in den Arm und küsst sie. "Ich verspreche dir", sagte er zu Nalani, "Nie wieder Schwierigkeiten mit anderen Elfen."
Ich gehe zu Haruko, der mittlerweile von Shepsi und Che aufgegabelt wird. Youko ist bereits weggeschafft worden.
"Er wird in Nullkommanichts wieder in Ordnung sein, Youko auch. Keine Sorge."
Shepsi lächelt mir zu. "Und eine großartige Zeit ohne Niall wird anbrechen. Wir werden Seom wieder zu alter Stärke verhelfen, unabhängig vom Rat und nach unserem Jahrtausendealten System."
"Viel Glück", murmelte ich.
"Polly?"
Ich drehe mich herum und erblicke Gin.
"Alles okay? Was ist passiert? Wer wurde verletzt?!" Gin atmete unruhig und in ihren Augen sammelten sich Tränen. "Wie... Wie geht es..."
"Youko gehts gut..."
Gin atmete auf.
Ich nahm sie in den Arm. "Im Moment will ich einfach nur nach Hause, zurück
nach Madrid."
"Dann komme ich mit."
Als wir ein paar Tage später das Portal zurück in die Menschenwelt durchschreiten, sind Youko und Haruko nicht dabei, dafür Gin und Meiyo.
Wir drehen und alle noch einmal zu Lyret um, der uns begleitet hat.
"Und ihr seid sicher, dass ihr uns nicht mal besuchen kommen wollt?"
"Nein, Lyret", antworte ich, "Wir wollen nicht mehr mit Elfen-Konflikten konfrontiert werden."
"Wie ihr wünscht. Soll ich den anderen noch etwas ausrichten?"
Wir sehen uns an und sagen dann:
"Vielleicht könntet ihr ja mal die Menschenwelt besuchen."
Und Meiyo fügt hinzu: "Diese Welt ist fantastisch, ihr wärt überrascht, wie interessant sie ist."
Lyret nickt uns zu, bevor er sich umdreht und das Tor in die Elfenwelt durchschreitet, das Haruko für uns geöffnet hat.
Und als sich das Tor schließt, sind wir uns sicher, dass es die richtige Entscheidung war.
maunzel Re: Erste ^^ - Zitat: (Original von Chaoss am 03.01.2013 - 12:56 Uhr) Hm... anscheinend müssen Nalani und Apollo doch zurück in die Elfenwelt... O.o was ihnen wohl dort passieren wird? Ich freu mich riesig das es doch noch so schnell weitergeht :D Ist (wie immer) total gut geschrieben. lg Chaoss Dankeschön ^^ Nun, wir wollten ursprünglich erst viel später weitermachen, aber es hat uns dann doch in den Fingern gejuckt :) LG Maunzel |