4.Kapitel
Sky flog. Um ihr Leben, so schien es. Denn der Drache hinter ihr war keinesfalls klein; ganz im Gegenteil, er war groß. Größer als alles anderen Drachen, die sie je gesehen hatte, das wusste Sky, noch während sie flog, keuchte und den riesigen Feuerbällen auswich, die der Drache brüllend aus spie und auf sie abfeuerte. Sie schlug Saltos in der Luft, hob gelegentlich ihren Eisenschild hoch, wenn sie zu spät auswich und der Feuerball prallte gegen das harte Eisen und schmolz. Die Bewohner dieser Welt waren für die Qualität ihrer Waffen bekannt; kein Wunder, sie lebten auf Columbata, der Welt des Kampfes und des Krieges. Sie liebten das Abenteuer, suchten die Herausforderung, wo auch immer sie war und waren hitzige, unruhige Menschen. Prinzessin Sky war eine dieser. Während ihr Vater, der König von Columbata, sich um die Geschäfte und die Politik kümmerte, jagte sie Drachen ... oder wurde von ihnen gejagt. Doch so schwer wie heute war es ihr noch nie gewesen. Denn obwohl Sky fliegen konnte, eine selten verliehene Fähigkeit, war der Drache pfeilschnell. Und wunerschön. Er war von gewaltigem Maße, sein Schädel war rund und sein Schwanz peitschte immerzu durch die Luft. Er war gleißend hell, weiß wie die Sonne.
"Wie geht's denn, Prinzessin?", rief der Livoniter, der auf ihm ritt. Sky liebte ihn sogar noch mehr als den Drachen. Er war von anmutiger Gestalt, wenn auch dunkel, wie es bei den Livonitern oft der Fall war, und wurde von derselben Abenteuerlust wie Sky gepackt.
Sie lächelte still, zeigte es ihm aber nicht. Sie mochte Loren, doch war sie zu scheu, um es ihm zu sagen.
"Nicht schlecht", keuchte sie und wich nur knapp einem riesigen Feuerball aus, der eine Strähne ihres hell-blondem Haars verbrannte. Dann stieß sie sich kräftig von einer anderen Hitzewelle ab und stieg weiter hinauf in die Höhe, machte einen scharfen Knick nach rechts. Gerade noch rechtzeitig kriegte Loren die Kurve und zog die Zügel nach rechts, steig mühelos in die Höhe.
"Und Euch, Drachenreiter?" Ihre Stimme keuchte.
Übertrieben lässig saß er da, mit überschlagenden Beinen und einem Grinsen, das ihr Herz munter schlagen ließ.
"Nicht schlecht", antwortete er und lachte. Sie erwiderte sein Lachen und passte nicht mehr auf, wohin sie flog. Das Letzte, was sie sah, war ein schwarzer Wolf, ein FLIEGENDER schwarzer Wolf. Dann fiel sie. Sky wusste nicht mehr, wie lang sie gefallen war, als sie plötzlich wieder etwas Festes unter sich spürte und ein besorgtes Gesicht über sich sah. Loren, der sich über sie beugte.
"Alles in Ordnung, Prinzessin?", fragte er beinahe argwöhnisch. Es kam so gut wie nie vor, dass sie fiel. Sky sprang auf, als sie den Grund dafür sah. Lordale, der König von Imperimor, die Welt der Macht und des Reichtums, schritt in zielstrebigen, großen Schritten in die Eingangshalle des Königspalasts und zerrte den schwarzen, jaulenden Wolf hinter sich her, der Sky vom Himmel gestoßen hatte. ER, so nannten ihn alle, war der berühmteste Drachenwandler der Neun Welten. Ohne sich um Loren weiter zu kümmern, sprang sie auf und folgte ihnen. Sie wollte nur zu gern den Grund dafür wissen, weshalb der bösartige König Lordale den Rat ihres Vaters aufsuchte.
Ihr Vater, der König von Columbata, saß da und hörte gelangweilt seinem Berichterstatter zu. Er tat nicht einmal so, als würde ihn das interessieren, was ihm der Mann berichtete, übte nur mit starrer Miene das Messerwerfen, indem er Messer an eine Dartscheibe warf, die am Ende der Halle an der steinernen Wand hing. Als Lordale die Halle betrat, setzte er sich gespannt auf und hielt inne. Wenn Lordale irgendwo aufkreuzte, herschte immer irgendwo Krieg oder Kampf. Wie lange hatte Columbata schon keine schöne, blutige Schlacht mehr gehabt? Lordale, war der Herrscher des Todes und der Macht, und das war der Grund, weshalb Skys Vater lächelte, als er ihn sah. Kampf und Krieg führten zu Tod.
Lordales schwarze Motorradstiefel hallten an den hohen Wänden wider, bis er lächelnd, eine Vorbeugung andeutend, vor ihrem Vater stehen blieb."Lyro."
"Lordale."
Sie musterten sich eine Weile schweigend, versuchten herauszufinden, was jeweils der Andere vorhatte.
"Wie lange ist es her?" Lordales Stimme hatte etwas von dem Zischen einer Schlange. Wenn er sprach, konnte man sich sicher sein, dass er etwas Böses und Niederträchtiges vorhatte ... was dem König des Kampfes und Krieges gefiel.
"Lange genug. Zu lange für meinen Geschmack." Lyro, Skys Vater, schnalzte mit der Zunge.
"Die Königin des Lichts hat sich ... nun ja, verabschiedet." Lordale lächelte kurz und spitz.
"Euer Verdienst, nehme ich an?"
"Nein." Und in diesem Moment wirkte der König von Imperimor, der Herrscher des Todes und der Macht, fast reumütig. "Leider nicht.. Aber nun regiert die Prinzessin über Starsun und versucht, den Herrscherstuhl ihrer Mutter im Rat einzunehmen. Und um den Frieden zu sichern, will sie einen Menschen in den Rat einberufen." Das Wort "Mensch" zischte er wie eine Schlange.
Lyro sprang auf. Jeder wusste, was ein Mensch im Rat der Neun Welten bedeutete. "Aber das kann sie nicht! Das bedeutet, die Neun Welten wären vereint, in einem Rat, vereint im ..."
"... Frieden, ganz genau", bestätigte Lordale. "Darum, o weiser König, benötige ich Eure Hilfe. Verbündet Euch mit mir, kämpft um die Freiheit der Neun Welten, dem Kampf und den Krieg. Verhindert an der Seite von Imperimor, dass dieser ... Mensch Zutritt in unsere Welten bekommt und den sssscheußlichen Frieden sichert! Und greift mit mir die Prinzessin des Lichts an, um zu verhindern, dass sie weiterhin solch einfältige Beschlüsse zieht!"
Lyro zog sein Schwert. "Ja!" Seine Augen glühten vor Kampfeslust.
"Vater, seid Ihr Euch sicher, dass es ratsam ist, mit dem Herrscher von Imperimor ein Bündnis einzugehen?", meldete sich Sky zu Wort.
"Ob ich mir sicher bin?" Ihr Vater lachte. "Bei König Lordale ist immer auf einen guten Kampf Verlass."
"Wasss ist mit diesem Livoniter?", zischte Lordale. "Der Livoniter, der im Auftrag der Prinzessin den Auserwählten sucht? Dieser ... Deagan? Was ist mit ihm?"
Lyro bedachte dies mit einer wegwerfenden Handbewegung. Er wollte lieber bei dem Krieg gegen die Lichtwesen dabei sein. "Darum kümmert sich mein Sohn."
Der Herrscher des Todes lächelte listig. "Dann sehen wir uns. Mein Drachenwandler wird weiterhin die Ohren aufsperren, auch wenn er ...", Lordale starrte verächtlich auf den zitternden Wolf, "Angst davor hat, Deagan und seinem Drachen noch einmal zu begegnen. Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr Euren Sohn auf diesen Deagan hetzen wollt?"
Lyro lachte und fuchtelte mit dem Schwert in Richtung Eingang der Halle. Dort stand sein Sohn, groß und muskulös, mit einem entschlossenem, finsteren Gesichtsausdruck, der einem Columbata würdig war. Seine große Statur wurde von einem Sonnenstrahl erhellt, der einen Weg durch die Pforten der Halle gefunden hatte, seine Haut glänzte schweißnass, vermutlich hatte er wieder Liegestützen und Sit-Ups gemacht, um seinen gut trainierten Body in Geltung zu bringen, dachte Sky und verdrehte die Augen über ihren Bruder.
"Mein Sohn ist schon mit weitaus Besserem als arroganten Livonitern fertig geworden. Stimmt's, Sohn?"
Mit angespanntem Kiefer nickte Skys Bruder und sagte mit erhobener Stimme: "Ich gelobe, den Kopf des Livoniters wie den des ... Menschen vor dem Thron des Herrschers von Imperimor auszuliefern. Ihr habt mein Wort."
Beide Herrscher lächelten listig. Dann gaben Sie sich ein High-Five, wie in alten Zeiten, so kam es Sky vor, und der Imperimor legte einen eleganten Abgang hin.
Als Letztes wandte sich der Sohn zum Vater. "Ich werde Euch nicht enttäuschen, Vater." Seine Stimme klang siegesgewiss. ZU siegesgewiss, das wusste Sky.