In diesem Kapitel erfahren wir etwas über Cales dunkle Vergangenheit und Jane macht eine seltsame Entdeckung. Dies ist das 3. Kapitel von "In der Dunkelheit". Den Prolog & das 1. Kapitle findet ihr hier: http://www.buch-schreiben.net/kurzgeschichte/lesen2.php?story=82038
Mörder
Eine Jägerin jagte Vampire und manchmal auch andere Dämonen. Es gab auch Dämonenjäger, mir war allerdings bisher keiner begegnet. Jäger und Jägerinnen waren auserkoren und mit besonderen Kräften gesegnet: Sie waren stärker als normale Menschen und ihre Wunden heilten schneller. So erklärte Brey es mir zumindest.
Er als Vampir war natürlich nicht so scharf drauf einer Jägerin zu begegnen, aber ich für meinen Teil, musste sie unbedingt wiedersehen. Ich musste herausfinden, was es mit meiner Vision auf sich hatte. Außerdem atmete sie! Und ihr Herz schlug! Das war doch mal eine wundervolle Abwechslung.
„Was machst du eigentlich nachts alleine im Park?“, wollte Brey wissen und sah mich tadelnd an.„Suchst du Schwierigkeiten?“
„Eigentlich hab ich eher meine Ruhe gesucht!“, antwortete ich und bemerkte sofort seinen Blick.
„Nein, nicht meine Ruhe vor dir. Ich bin einfach nur ein wenig spazieren gegangen.“
Brey war wirklich empfindlich, doch genauso leicht, konnte man ihn auch wieder glücklich machen. Er strahlte mich an und gab mir einen Klaps auf den Arm:
„Also, Jane, pass auf dich auf! Wir sehen uns. Das wird mir hier zu heiß!“
Und damit war er verschwunden. Die Sonne war tatsächlich schon gefährlich weit aufgegangen und Brey musste sich beeilen, um nicht gegrillt zu werden.
Als ich bei Cale ankam, lag dieser auf seinem Bett und starte an die Decke.
„Na Kleines, was hast du gemacht?“, fragte er und schmiss einen Ball in die Höhe, den er kurz darauf wieder auffing. Tagsüber musste es wirklich öde sein, so eingesperrt.
„Ich war ein wenig spazieren.“, antwortete ich und setzte mich an das Bettende.
„Neue Erkenntnisse, was deine Vergangenheit betrifft?“
Ich seufzte und schüttelte den Kopf. Sorge lag in Cales Blick als er sich neben mir im Bett aufsetzte.
„Keine Sorge, Kleines, wir finden schon heraus, wer du bist und wo du herkommst.“
Er sah mich eindringlich an und ich konnte in diesem Moment nicht anders, als selbst fest daran zu glauben, dass ich irgendwann Antworten auf meine Fragen erhalten würde. Ich lächelte ihn traurig an.
„Als du mich vermöbelt hast und dann abgehauen bist, hatte ich gar kein Verlangen mehr danach, dich zu töten!“, lachte Cale plötzlich „Ich hab nur gesehen, wie du plötzlich umgekippt bist. Dann habe ich dich mit zu mir genommen. Ich hab es in deinem Blick gesehen, als du mich Leben gelassen hast: Du bist anders.“
„Was meinst du denn mit anders?“
„Du hattest keine Angst vor mir. Du hast in mir den Menschen gesehen, der ich einmal war.“
Ich nickte. Es waren seine Augen. In ihnen war so viel Leben und so viel Güte. Er war kein Monster, die Umstände machten ihn zu eine Mörder aber er jagte seine Beute wie jedes andere Raubtier auch. Zumindest wollte ich diese Erklärung glauben. Ich wusste nicht, ob Cale seine Opfer quälte oder was für schreckliche Dinge er vielleicht getan hatte.
Ich strich ihm mit meiner Hand über die Wange, vorbei an seinen traurigen Augen.
„Was ist dir geschehen?“, flüsterte ich.
Cale sah mich mit ausdruckslosem Gesicht an. Das Funkeln in seinen Augen schien zu verblassen, so traurig wurden sie plötzlich:
„Es war 1859 und ich war Anfang 30. Ich war gerade Vater einer Tochter geworden und wollte meine Frau bald heiraten. Wir hatten nicht viel, aber es reichte zum Leben.
Eines Abends ging es meiner Tochter furchtbar schlecht. Sie hatte hohes Fieber und zitterte am ganzen Körper. Ich rannte also los und wollte einen Arzt holen.
In einer Seitengasse stieß ich auf ein paar betrunkene Kerle. Sie versperrten mit den Weg. Ich bat sie einmal mich durchzulassen, doch sie reagierten nicht. Da schlug ich einen von ihnen nieder. Er blutete und wälzte sich am Boden. Seine beiden Freunde kamen auf mich zu, ich hatte keine Chance gegen beide, das wusste ich. Aber ich musste sie bezwingen: Das Leben meiner Tochter hing davon ab.
Ich lief ein Stück zurück und suchte nach einer Waffe. Nach einiger Zeit wurde mir bewusst, dass die beiden mir mehr folgten. Als ich nach dem Grund suchte, sah ich, dass sie mich aus leeren Augen anstarrten: Sie waren tot. Fielen vor mir auf die harten Gehwegplatten.
Hinter ihnen kam eine rothaarige Frau zum Vorschein. Neben ihr ein Mann mit grau-braunem Haar. Ihre Augen waren schwarz. Sie grinste mich frech an und meinte zu ihrem Gefährten:
„Den da will ich!“
Das ist das letzte, an dass ich mich in dieser verdammten Gasse erinnern kann! Sie nahmen mich mit sich und machten mich zu einem Vampir. Anschließend behielt Morgan, das ist der Name der Rothaarigen, mich als ihr persönliches Haustier. Sie hielt mich an Ketten und folterte mich gemeinsam mit ihrem Bruder und ihrem Gefährten, Bill.
Jeden Tag dachte ich an meine Freundin und meine Tochter. Ich fragte mich, ob sie noch am Leben war, ob sie es geschafft hatte. Obwohl ich großes Verlangen nach Blut hatte, konnte ich mich an jedes Detail meines menschlichen Daseins erinnern. Viele Vampire vergessen in ihrem Rausch, wer sie einmal waren.
Ich lebte Monate in Gefangenschaft, bis ich es eines Tages schaffte, zu fliehen: Ich tötete Morgans Bruder Neil. Er wollte mich zu ihr in den Schlafraum bringen und löste die Ketten aus der Ankerung. Ich nutze diese eine Sekunde in der er unaufmerksam war, und stach ihm einen Pflock, an dem ich seit Monaten heimlich gearbeitet hatte, mitten in sein Herz. Dann rannte ich aus dem Versteck. Ich hörte Morgans Schrei und ich wusste, sie schwor Rache. Auch heute wird sie auf der Suche nach mir sein und nicht eher ruhen, bis sie mich gefunden und getötet hat.
Ich rannte zu meinem alten Haus und fand es verlassen vor. Ich durchkämmte die ganze Stadt, auf der Suche nach meiner Frau und meiner Tochter. Aber ich konnte sie nicht finden. Irgendwann, als ich die Suche fast aufgegeben hatte, entdeckte ich meine Freundin in einer heruntergekommenen Kneipe. Sie lief herum wie eine Bettlerin, eingehüllt in einen Filzumhang.
Ich sprach sie an und fragte sie nach Leyla, unserer Tochter, aber sie war völlig weggetreten. „Sie haben sie!“, sagte sie immer wieder, aber wenn ich sie fragte, wen sie damit meinte, lachte sie nur und sagte „Ich habe keine Tochter, ich bin auf ewig allein.“
Ich ließ sie zurück, zurück in ihrem Wahn und begann jeden zu töten der mir in den Weg kam. Ich lebte wie in Ekstase, trank das Blut der Armen und der Reichen, nahm alles mit ,was ich bekommen konnte und das über 100 Jahre lang. Ich war das schlimmste Monster, was du dir vorstellen kannst, Jane. Glaube mir, sie hätten mich töten sollen. Aber niemand schaffte es. Ich räumte jeden aus dem Weg, der mir in die Quere kam, tötete drei Jäger und zwei Jägerinnen und löschte ein ganzes Dorf von Schamanen aus, die mich mit ihrem Zauber belegen wollten. „Die dunkle Bestie“ nannten sie mich und diese Bezeichnung ist noch harmlos.“
Cale machte eine Pause und seufzte tief. Es war schmerzhaft für ihn, sich an all dies zu erinnern. Ich schluckte, wusste nicht was ich sagen sollte. Ich würde eine Weile brauchen um die Bilder, die er gerade in meinen Kopf gebrannt hatte, verdauen zu können. Es fiel mir schwer, mir den gutaussehenden Mann mit den traurigen Augen, der gerade vor mir saß, als blutrünstigen Mörder vorzustellen. Ich wusste durchaus, wozu er in der Lage war, aber dass er so viel Böses getan hatte, war schwer nachzuvollziehen.
"Ich habe meine Tochter nie wieder gesehen.“, sagte er leise und sein Blick wurde leer.
Ich starrte auf den Boden.
Was war schlimmer? Gar keine Erinnerungen zu haben oder nur Schmerzhafte?
„Das tut mir sehr Leid!“, sagte ich schließlich.
„Es ist Vergangenheit.“, meinte Cale und zuckte mit den Schultern.
„Sie müsste inzwischen über 130 Jahre alt sein. Ich weiß, dass ich sie nie mehr wieder sehen werde. Aber ich wünsche mir, dass sie ein fröhliches Leben gehabt hat, obwohl sie ohne Eltern aufgewachsen ist. Ich frage mich bis heute, was meine Freundin in den Wahnsinn getrieben hat. Ich hätte sie nicht zurücklassen dürfen. Das war sicherlich auch ihr Tod.“
„Du hättest ihr nicht helfen können.“, sagte ich und er blickte mich fragend an. „Dir ging es selbst vermutlich noch schlechter als ihr. Diese Umstände…die Folter…die Erkenntnis, dass du deine Familie verloren hattest und dann vermutlich noch der ständige Drang nach frischem Blut. Wie hättest du ihr helfen sollen? Ich hoffe für sie, dass sich jemand ihrer angenommen hat.“
Der Blick in seinen Augen verriet mir, dass er mit dieser Antwort nicht gerechnet hatte. Unverständnis und Vorwürfe hatten seinen Weg bisher gekreuzt.
„Aber sie war meine Freundin.“, sagte er. „Ich hätte für sie da sein müssen.“
„Du warst nicht mehr der Selbe, als ihr euch wieder traft. Und sie war es auch nicht. Du hast sie nicht freiwillig verlassen, du wurdest ihr genommen. Es ist nur schade, dass sie das vermutlich nie erfahren und sich ein Leben lang nach dem Warum gefragt hat.“
Ich legte meine Hand auf seine.
„Ich glaube nicht, dass sie dich gehasst hat. Ich glaube sie hat bei eurer Begegnung gespürt, dass du sie nicht vergessen hast.“
Eine Weile saß er nachdenklich da und dachte vermutlich an jenen Moment zurück, an dem er sie das letzte Mal gesehen hatte. Dann nickte er.
„Ja, sie hat es gespürt. Sie war nicht mehr die Selbe aber sie hat mich mit dem gleichen Blick angesehen wie an dem Abend, als wir uns das letzte Mal gesehen hatten. ‚Hol schnell Hilfe, Cale‘, hat sie gesagt ‚Wir dürfen unsere kleine Familie nicht so früh verlieren!‘“
Eine ganze Weile schwiegen wir beide uns an. Ich hatte meine Hand immer noch in Cales und spürte, wie er sie leicht drückte.
Schließlich stand er auf und lächelte mich traurig an:
„Du solltest jetzt schlafen, Kleines. Du siehst sehr müde aus!“
Tatsächlich war ich ziemlich müde, doch ich wollte ihn nicht alleine lassen. Nicht nach all diesen schmerzlichen Erinnerungen, die er gerade durchlaufen war.
„Ich schaff das schon“, gab ich zurück, konnte mein Gähnen im nächsten Moment allerdings nicht unterdrücken.
Er lachte:
„Du brauchst nun mal deinen Schlaf, irgendeine Schwäche musst du ja schließlich auch haben.“
Er setzte sich aufs Bett und zog mich in seinen Arm.
„Schlaf jetzt“, befahl er sanft und ich konnte nicht anders, als ihm zu gehorchen.
In dieser Nacht träumte ich sehr unruhig. Ich sah Cale, wie er durch die Gegend zog und Unschuldige auf brutalste Art und Weise tötete. Und ich sah ein kleines Mädchen, ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen aber es hatte langes, goldgelocktes Haar. Es schrie immer wieder nach ihrem Papa und streckte die Hand aus. Ich wollte sie greifen, aber ich kam nicht an. Dann, als ich es beinahe geschafft hätte, verwandelte sich das verschwommene Gesicht plötzlich in eine grässliche Fratze und schnappte nach mir. Es versuchte mich zu beißen und griff mich an.
Als ich erwachte atmete ich schnell und aufgeregt. Das war also ein Alptraum.
Cale strich mir über den Rücken und sah mich besorgt an:
„Ist alles in Ordnung?“, fragte er.
„Ja.“, nickte ich benommen und ließ mich zurück in seinen Arm sinken.
Ich betrachtete meine Hände, so als würde ich erwarten, dass das kleine Mädchen aus meinem Traum mich tatsächlich verletzt hatte. Es war nichts zu sehen. Ich seufzte leicht und versuchte weiterzuschlafen. Während ich an Cales Brust lag stellte ich mir einen Herzschlag vor und wie es wäre, wenn seine Haut ganz warm wäre. Wie es wäre, wenn er ein Mensch wäre.
Ich erzählte ihm nichts von meinem Traum. Ich wollte ihn nicht beunruhigen und außerdem hatte ich keine Erklärung dafür, weshalb mir das Mädchen als Monster erschien. Aber man träumte manchmal verrückte Dinge, wenn man Gruselgeschichten erzählt bekommen hatte. Und auch wenn diese Geschichte real gewesen war, so hatte sie doch viel mit einer Gruselgeschichte gemein. Langsam döste ich wieder ein.
Das nächste Mal öffnete ich meine Augen in der Abenddämmerung. Cale betrachtete gerade etwas, das einem Dolch sehr ähnelte und das Licht der Kerzen, die um ihn herum brannten, spiegelte sich in der Klinge.
„Oh, Hallo!“, grinste er, als er mich in aufrechter Position auf seinem Bett sitzen sah.
„Hallo!“ gab ich lächelnd zurück „Was machst du da?“
Er hob auffordernd die Augenbrauen und hielt den Dolch in die Höhe:
„Das hier ist ein Familienerbstück. Es hat mir auf meinen nächtlichen Streifzügen schon den Einen oder Anderen Dienst erwiesen. Es sind nämlich, selbst für einen Vampir, manchmal ziemlich ungemütliche Gestalten da draußen unterwegs!“
Ich nickte grinsend. Er sah aus wie ein alter Professor, der einen Schatz gefunden hatte.
Stöhnend erhob ich mich vom Bett. Ich war noch gar nicht richtig wach, aber weiterschlafen wollte ich auch nicht mehr.
„Was hast du denn vor?“, fragte ich, während ich einen Lappen in einem alten Waschbecken nass machte, um mein Gesicht zu waschen.
„Mal sehen.“, meinte er und testete, ob die Spitze der Klinge noch spitz genug war „Menschen töte ich hiermit jedenfalls nicht.“ Er grinste mich an, ich hob eine Augenbraue hoch:
„Natürlich nicht, dafür hast du ja deine Zähnchen!“
„Schau in den Kühlschrank.“, meinte er und wies mir den Weg mit einer Handbewegung.
Ich tat was er wollte und sah hinein: Eine einzige Konserve lag noch darin, die anderen befanden sich leer im Mülleimer, der neben dem Kühlschrank stand.
„Ich bin kein Fan von Krankenhausfraß.“, bemerkte Cale beiläufig, immer noch mit seinem Dolch beschäftigt „Aber wenn wir hier zusammen leben wollen, müssen wir wohl beide Kompromisse eingehen.“
Mir stockte der Atem und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Hatte er gerade gemeint, dass ich bei ihm einziehen sollte?
Gut, wenn man ehrlich war, war ich das ja schon halbwegs, aber ich war nicht davon ausgegangen, dass er mich als ständigen Hausgast behalten wollte.
„Schau nicht so entgeistert!“, meinte er und sah zu mir auf „Bis du nicht weißt, wer du bist und wo du hingehörst, kannst du natürlich hier bleiben. Wo willst du denn sonst hingehen?“
Ich konnte immer noch nichts sagen. Noch nicht mal ein „Danke“ kam mir über die Lippen. Ich sah ihm dabei zu, wie er sich fasziniert mit seinem Familienerbstück beschäftigte und biss mir auf die Lippen.
Ich hatte keine Ahnung, wie es dazu gekommen war, aber augenscheinlich wohnte ich nun vorübergehend auf einem Friedhof, in der Gruft eines Vampirs.
Es donnerte durch die ganze Gruft, als Daruna mit ihren Meterhohen Absätzen durch den Gang trabte. Sie stützte sich lässig an die Wand als sie im Wohnraum angekommen war und blickte Cale auffordernd an:
„Kommst du?“, fragte sie in einem recht genervt klingenden Ton.
„Aber natürlich, meine Liebe!“, antwortete Cale zuckersüß. „Wir gehen jetzt in so eine Dämonenbar.“, sagte er an mich gerichtet „Der Besitzer hat da ein Problem mit irgendeinem Dämon und wir sollen ihm da ein wenig behilflich sein. Als Belohnung gibt es Whisky.“ Er grinste.
Daruna sah mich genervt an. „Die Kleine kommt jawohl nicht mit, oder?“
„Wenn sie will werde ich es ihr nicht verbieten aber ich glaube kaum, dass sie Interesse an deiner schlechten Laune hat.“, antwortete Cale trocken.
„Nein danke.“, winkte ich ab. „Ihr macht das schon!“
Ich hatte wirklich nicht das Bedürfnis, mich in die Schusslinie von Darunas schlechter Laune zu werfen und außerdem hoffte ich, diese Nacht mit Prea reden zu können.
Als die beiden ausgeflogen waren, machte ich mich auf den Weg in die Einkaufsviertel. Mein Teleport machte es mir ziemlich einfach, in die Läden meiner Wahl hineinzukommen. Ich brauchte dringend Kosmetikartikel wie Zahnpasta und Deo und außerdem wollte ich eine Jacke haben – denn die Nächte sollten kühl werden. Ich suchte mir ein paar Schicke Sachen raus und deponierte sie anschließend in einer von Cales Kommoden, in der ich vorher Platz geschaffen hatte.
Da ich hier erst mal bleiben durfte, konnte es ja nicht schaden, mich ein wenig einzurichten.
Die restliche Nacht verbrachte ich damit, im Park Ausschau nach Prea zu halten, aber ich konnte sie nicht entdecken. Auch Monstern und nach Blut lechzenden Vampiren begegnete ich in dieser Nacht nicht. Es war geradezu langweilig. Einen Moment bereute ich, nicht mit Cale und Daruna in die Dämonenbar gegangen zu sein. Aber sie hätte mich vermutlich sowieso durch ihre Blicke umgebracht oder wäre so unerträglich gewesen, dass ich es irgendwann bereut hätte.
Ja, Daruna und ich würden sicherlich nicht so schnell Freunde werden. Aber solange sie mich nicht mit einem freundlichen Biss in die Halsschlagader begrüßte, konnte ich dir durchaus aushalten.
Da ich nichts Besseres zu tun hatte, setzte ich mich in das Licht einer Straßenlaterne und betrachtete den Anhänger, den ich an einer Kette um meinen Hals trug. Auf ihm waren seltsame Symbole, die ich nicht deuten konnte, aber er hatte eine sehr schöne, geschwungene Form und von ihm ging etwas Magisches aus.
Ich fragte mich, welche Bedeutung er genau hatte. Aber egal von welcher Seite ich ihn betrachtete, ich konnte nichts erkennen, das mich an etwas erinnerte, oder mir auch nur in irgendeiner Form bekannt vorkam.
Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf den Anhänger in meiner Hand. Ich spürte die Kraft, die von ihm ausging und versuchte, meine eigene Energie mit ihm zu verbinden.
Auf einmal schien es, als würde ich schweben. In einer unendlichen Dunkelheit, frei von Emotionen, frei von Gut und Böse. Ich hatte keinen Körper, ich war reine Energie.
Erschrocken riss ich meine Augen auf und blickte mich im Park um: Ich war immer noch alleine.
Warum war dieses Gefühl mir so vertraut gewesen? Ich war schon mal an diesem Ort gewesen, dessen war ich mir nun sicher. Aber wie?
Ich stand auf und verließ den Park in Richtung Gruft. Ich fühlte mich unbehaglich und konnte mir diese plötzlichen Emotionen nicht erklären.
Den gesamten Heimweg über fragte ich mich, was gerade geschehen war. Ich traute mich nicht, den Anhänger erneut mit meiner Energie zu verbinden, ich hatte das Gefühl, er wollte mich in eine andere Welt ziehen. Andererseits würde ich durch ihn vielleicht endlich ein paar Antworten auf meine Fragen bekommen können. Es herrschte ein Chaos in meinem Kopf. Da war die Angst vor dieser Kraft und der Ungewissheit aber da war auch die Neugierde und das unendliche Verlangen, zu wissen, wer ich war.
Schließlich traf ich eine Entscheidung. Ich blieb mitten auf dem Friedhof stehen, setzte mich auf den gefliesten Weg und schloss die Augen, dann umschloss ich den Anhänger wieder mit meiner Hand – ich tat genau dasselbe, was ich Momente zuvor getan hatte. Doch nichts geschah. Ich öffnete die Augen und starrte auf den Anhänger in meinen Händen. Er hatte sich nicht verändert, er sah noch genauso aus wie vorher.
Warum klappte es nicht?
Ich versuchte es noch einmal und ein drittes Mal, aber es blieb alles ruhig und es passierte rein gar nichts. Stimmte mit mir etwas nicht?
Ich entflammte ein Licht, teleportierte mich ein Stück den Weg hinauf, formte einen Energieball: Das klappte alles. Ich hatte meine Kräfte also nicht verloren – es musste an dem Anhänger liegen.
Nach einer Weile gab ich auf und ging zurück zur Gruft. Cale und Daruna waren noch nicht zurück und da ich nichts Besseres zu tun hatte und mich irgendwie von meinen verwirrten Gedanken ablenken musste, fing ich an, die Gruft ein wenig aufzuräumen.
Ich stopfte den ganzen Müll, den ich fand, in eine Plastiktüte, die hier ebenfalls rumlag, sammelte die Hundertschaften an leeren Whisky-Flaschen zusammen und fegte dann den Boden.
Als ich fertig war, sah es schon ein ganzes Stück annehmbarer aus. Meiner Meinung nach, merkte man gar nicht wirklich, dass man sich hier in einer Gruft befand: Es war eingerichtet wie eine Wohnung, wenn auch bislang nicht sonderlich liebevoll. Das Einzige, was fehlte, was ein Fenster. Aber Cale mochte nun mal kein Sonnenlicht.
Ich stützte die Arme in die Hüften und atmete einmal tief durch. „So!“, sagte ich und ließ mich aufs Bett sinken.
Ich blickte in Richtung Eingang: Die Sonne würde sicherlich bald aufgehen und Cale und Daruna waren noch nicht zurück.
Ich ließ mich zurückfallen und bereitete die Arme aus. Ich war müde. Der kleine Ausflug mit meinem Anhänger hatte mich Kraft gekostet, mehr, als ich gedacht hatte, das spürte ich nun.
Irgendwann schlief ich ein. Ich merkte nicht wann und als ich wieder aufwachte, wusste ich auch nicht, wie lange ich geschlafen hatte, aber als ich mich umsah, war Cale immer noch nicht wieder da.
Langsam stand ich auf und schlurfte in Richtung Eingang. Ich blickte durch das kleine Fenster im Eingangsbereich nach draußen: Es war helllichter Tag.
Vermutlich war Cale einfach nur mit zu Daruna gegangen um sich zu vergnügen, dachte ich, doch gleichzeitig beschlich mich ein unbehagliches Gefühl. Was, wenn es nicht so war? Wenn die beiden irgendwo festsaßen und die Sonne immer näher kam?
Ich lief aus der Gruft hinaus in die Sonne und sah mich auf dem Friedhof um. Mir war klar, dass ich die beiden hier nicht finden würde – höchstens verbrannt. Ein paar Menschen waren unterwegs und legten Blumen auf die Gräber ihrer Lieben. Keiner von ihnen nahm mich wahr.
Meine anfängliche Motivation sank im Sekundentakt, als mir schlagartig bewusst wurde, dass ich nicht wusste, wo ich nach den beiden suchen sollte. Wenn sie sich irgendwo untergestellt hatten, würden sie den Tag schon durchhalten. Wenn sie es nicht geschafft hatten, könnte ich ihnen vermutlich nicht mehr helfen. Es blieben nur die Dämonenbar, wo etwas passiert sein könnte oder eben Darunas Bleibe, wo ich die beiden ganz bestimmt nicht suchen wollte.
Plötzlich fiel mir eine Karte ein, die ich beim Aufräumen zur Seite gelegt hatte. Es war die Visitenkarte von „Ponk’s gute Stube“. Auf dem Bild waren alkoholische Getränke, aber auch Blut und irgendwelches schleimiges Zeug abgebildet gewesen – das könnte die Bar sein, zu der die beiden wollten, nahm ich an.
Ich zuckte die Schultern: Einen Versuch war es wert. Nachdem ich die Karte geholt hatte, machte ich mich auf den Weg.
Nach einer Weile kam ich schließlich endlich zu der Adresse, die auf der Karte stand. Meine Orientierung in diesem Ort ließ noch ein wenig zu Wünschen übrig und die meisten Leute, die ich nach dem Weg fragte, sahen mich nur kopfschüttelnd an.
Ich befand mich in einer Seitengasse und sah schon von weitem das große Schild, welches auf „Ponk’s gute Stube“ hinwies.
Es brannte kein Licht, die Fenster waren verklebt mit lichtundurchlässigen Klebebildern. Die Straße war menschenleer. Und es war ruhig. Diese Stille wirkte bedrohlich.
Ich stellte mich ganz dicht an das Fenster und hielt meine Hände neben meine Augen um hindurchschauen zu können. Ich konnte durch die Klebebilder kaum etwas erkennen, aber ich sah, dass Gäste in der Bar waren. Doch sie saßen nicht, sie lagen auf dem Boden. Ich erschrak und rannte sofort zur Tür. Sie war nicht verschlossen, ich riss sie auf und blieb abrupt am Eingang stehen:
Es war ein Blutbad. Überall lagen die leblosen Körper der unterschiedlichsten Dämonen, Flaschen, Gläser, umgestürzte Tische.
Ich schluckte. „Cale…“, flüsterte ich.
Langsam stieg ich die Stufen hinab. Die eigentliche Bar lag tiefer als der Gehweg draußen. Ich atmete ruhig, mein Blick streifte durch den Raum. Ich war angespannt, wusste nicht, was mich erwartete. Es schien niemand mehr in der Bar zu sein, der lebte. Ich bückte mich an einigen Dämonen hinunter und fühlte bei ihnen nach dem Puls. Ich war mir nicht sicher, ob sie jemals einen besessen hatten, aber ich wusste nicht, wie ich sonst einen Hinweis darauf erhalten würde, dass sie noch lebten. Mit jedem Schritt stieg meine Anspannung. Ich hatte Angst, Cale zu entdecken.
In einer Ecke lag ein Dämon mit einem blutroten Kopf. Aus seiner Schulter tropfte blaues Blut. Ich sah, wie er langsam seine Augen öffnete und blieb einen Moment stehen, um ihn zu beobachten. Er schien zu leben. Langsam schritt ich auf ihn zu und setzte mich gegenüber von ihm auf einen Hocker.
„Hey…“, sagte ich leise „Kannst du mich hören?“
Er blickte mich an. Seine Augen waren katzenartig und Gelb.
„Mensch. Weg. Keine Chance.“, sagte er.
„Ich bin kein Mensch.“, antwortete ich und legte ihm eine Hand auf seinen muskulösen, roten Arm.
„Hast du Schmerzen?“, wollte ich wissen und er nickte langsam.
Ich betrachtete die Wunde an seiner Schulter. Es war ein tiefer Schnitt, ich vermutete, dass der Angreifer auf die Kehle gezielt hatte. Außerdem hatte er noch eine tiefe Wunde am Bauch.
Ein Mensch hätte diese Wunden nicht überlebt.
Ich biss mir auf die Lippe. Was sollte ich jetzt tun?
Und plötzlich kam es zurück: Ein Stück Erinnerung. Er schien etwas in meinem Blick gesehen zu haben, jedenfalls sah er mich nun aufmerksam an.
„Vertrau mir.“, sagte ich entschlossen und legte meine Hand über die Wunde auf seinem Arm, die andere hielt ich vor seinen Bauch. Er vertraute mir vermutlich nicht, aber er konnte sich auch nicht mehr bewegen. Es war mir egal. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich. Ich konnte es. Ich weiß nicht woher diese Erinnerung kam, aber ich wusste, dass ich es schon einmal getan hatte.
Ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Körper aus. Ich spürte, wie meine Energie meinen Körper verließ und den Dämon erreichte. Dann war es vorbei.
Ich öffnete die Augen und sah, dass es aufgehört hatte zu bluten. Ich war nicht in der Lage ihn komplett zu heilen, dafür waren seine Wunden viel zu extrem, aber ich war in der Lage seine Schmerzen zu lindern und den Heilungsprozess anzuregen.
Warum konnte ich das?
Er sah mich an und nickte.
„Danke!“, murmelte er und schloss die Augen. Er spürte, dass es ihm besser ging.
„Du musst verschwinden. Er ist noch hier.“, sagte er und blickte mich an. In seinem Blick lag große Sorge, ich wusste nicht ob um mich oder ihn selbst.
„Ich suche einen Freund. Cale.“, antwortete ich und blickte ihn hoffnungsvoll an.
Er schüttelte den Kopf.
„Cale war hier. Er war gerade mitten in einer Schlägerei als er kam. Seinen Namen weiß ich. Er hat eine Axt. Er hat alle hier getötet. Ohne Ausnahme.“
Meine Hoffnung schwand langsam dahin. Wenn eine ganze Bar voller Dämonen keine Chance gegen den Täter gehabt hatte, was wollte ich dann anrichten können?
„Wer hat das getan?“, fragte ich ihn.
„Er ist nur ein Schatten.“, flüsterte der rote Dämon.
„Nur ein…?“, ich wollte noch weiter fragen, plötzlich hörte ich ein Geräusch.
Ich wirbelte herum und blickte in Richtung der Bar. Es gab dort noch eine Tür, die in einen Hinterraum führte.
Langsam erhob ich mich von meinem Stuhl, gefolgt von den Blicken des Dämons, und ging in Richtung Tür. Hinter der Bar lag kein Wirt. Ich hatte auch niemanden auf dem Boden gesehen, der so aussah, wie der „Ponk“ auf der Visitenkarte. Vielleicht hatte er sich im Hinterraum versteckt? Und wo waren Cale und Daruna? Hatten sie noch Zeit gehabt zu fliehen, bevor die Sonne aufgegangen war?
Ich griff nach einer Flasche und öffnete leise die Tür. Es ging ein paar Treppen hinab in eine Art Kellerraum. Hier standen Regale und Fässer und die Luft war kühl. Langsam stieg ich die Treppen hinab. Als ich unten angekommen war blickte ich mich im Raum um: Ich konnte niemanden sehen. Ich kniff meine Augen zusammen. Was ging hier vor?
Bei jedem Schritt knackste es leicht unter meinen Füßen. Der Boden war überseht von Scherben, da Flaschen aus den Regalen gefallen waren. Auch hier hatte wohl ein Kampf stattgefunden.
Als ich an den Regalen vorbeiging rechnete ich bei jedem Schritt mir einem Angriff aus dem Hinterhalt, aber er kam nicht. Auf einmal hörte ich ein leises Wimmern. Ich blickte um die Ecke und entdeckte eine schwarzhaarige Frau, die zusammengekauert in der hintersten Ecke zwischen den Regalen hockte und ihre Arme um die Beine geschlungen hatte.
„Daruna?“, fragte ich und ging langsam auf sie zu. Sie blickte erschrocken auf.
„Jane?“, schluchzte sie und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
Ich hockte mich zu ihr hin und sah sie an. Sie hatte eine Schnittwunde unter dem Auge und ihr Arm war voller Blut.
„Was ist passiert?“, fragte ich und wickelte meinen Schal, den ich in letzter Zeit gerne trug, ab um ihre Wunde zu verbinden. Ich wusste nicht, ob ich auch Vampire heilen konnte, da sie sich in so vielen Hinsichten von Dämonen unterschieden. Ich dachte darüber nach, aber bekam keine Erkenntnis. Ich hasste es, meine Erinnerungen nicht kontrollieren zu können und biss mir angespannt auf die Lippe.
Daruna würde an ihren Verletzungen nicht sterben. Vampire konnten nicht verbluten. Sie trockneten höchstens aus und „versteinerten“ langsam, aber mit ein wenig Blut konnte man ihnen wieder Kraft geben. Außerdem hatte mich die Heilung des Dämons einige Kraft gekostet und ich wusste nicht, was mich hier unten noch erwarten würde. Ich versuchte es also erst mal ohne Magie.
Daruna sah mir zu, wie ich ihre Wunde verband. Ihr Blick war leer.
„Wir wollten den Bernoslo-Brüdern etwas Angst machen, weil sie Ponk betrügen. Sie schulden ihm eine Menge Geld und andere Dinge. Plötzlich kam dieser Schatten. Er griff einen der Gäste an und tötete ihn ohne ein Wort zu sagen. Dann ging er auf die anderen los. Niemand hatte eine Chance. Er ist wahnsinnig schnell und geschickt. Cale hat mich hier heruntergestoßen. Er selbst war aber verletzt von der Prügelei mit den Bernoslo-Brüdern. Ich war halb ohnmächtig durch den Sturz und hab mich in diese Ecke hier geschleppt. Ich hab gehört wie Cale und der Schatten gekämpft haben aber ich konnte ihm nicht helfen.“, sie schluckte, dann schob sie ihre Beine von ihrem Körper weg „Ich konnte ihm nicht helfen.“ , wiederholte sie.
Mein Mund öffnete sich leicht vor Entsetzen, als ich auf ihren Bauch blickte. Sie war scheinbar über die Scherben gerobbt, die auf dem Boden lagen und die kleinen Splitter hatten sich in ihre Haut reingebohrt. Nun hatten sich über ihren gesamten, flachen Bauch etliche kleine Blutstellen gebildet.
Ich schüttelte schockiert den Kopf. Ich konnte ihr nicht helfen. Ich hatte hier nichts wie eine Pinzette um die Scherben herauszuziehen.
„Du musst dich ruhig verhalten!“, sagte ich zu ihr und legte ihr meine Hand auf den Arm. Ich schluckte. Wäre sie ein Mensch, hätte sie nicht mehr lange zu leben. Aber sie war kein Mensch und deshalb brauchte ich mich nicht um ihr Überleben zu Sorgen. Ich tat es trotzdem.
Nur weil sie nicht sterben konnte, hieß das nicht, dass sie keine Schmerzen erleiden konnte. Sie würde fürchterlich leiden, sobald nicht mehr genug Blut durch ihren Blutkreislauf lief.
Aber ich konnte sie nicht wegbringen. Meine Teleportmagie konnte ich nur bei mir selbst anwenden und draußen schien die Sonne.
„Finde Cale!“, flüsterte Daruna und Sorge lag in ihrer Stimme.
Ich sah sie ernst an und nickte:
„Ich finde Cale und dann bringen wir dich hier raus und ich helfe dir.“
Sie sah mich hoffnungslos an. Sie dachte, sie würde sterben. Sie wirkte in diesem Moment so menschlich und zerbrechlich, so hätte ich sie mir niemals vorstellen können: Die toughe Frau, die Einzelgängerin. Schon immer hatte ich deutlich gemerkt, dass sie mehr für Cale übrig hatte, als sie zugeben wollte, aber dennoch war sie immer kühl und undurchschaubar gewesen, wenn wir uns gesehen hatte. Nun saß sie vor mir. So verletzlich, so resigniert.
Ich stand auf und ballte die Hände zu Fäusten, dann ging ich zurück zum Flur und blickte ihn hinab. Wo bist du nur Cale, dachte ich.
Ich ließ die Flasche neben Daruna stehen. Es war Gin, glaube ich. Ich hatte nicht genau darauf geachtet.
Ich suchte die Regale nach Blut ab – auf der Visitenkarte war das doch angepriesen worden. Aber ich konnte keins finden. Es gab alle möglichen seltsamen Getränke mit den widerlichsten Namen – nur Menschenblut - oder wenigstens Tierblut - fand ich nicht.
„Halte durch, Darun!“, flüsterte ich. Sie durfte nicht in Ohnmacht fallen, dann würde sie bald anfangen, starr zu werden. Das durfte nicht geschehen. Es würde lange dauern, bis sie sich erholt hätte. Wenn meine Theorie überhaupt richtig war. Ich wusste ja nicht mal, woher ich dieses Wissen nahm.
Ich blickte noch einmal zu Daruna zurück und ging dann den Flur weiter hinunter. Die restlichen Gänge zwischen den Regalen waren leer. Scheinbar war Daruna alleine hier unten im Keller gewesen. Cale hatte ihr das Leben gerettet indem er sie die Treppen hinuntergeschubst hatte.
Als ich am Ende des Kellers angekommen war atmete ich aus. Ich hatte meinen Atem scheinbar die gesamte Zeit angehalten. Ich entdeckte eine weitere Tür, die im Schatten verborgen lag und ging davon aus, dass sich dahinter eine Abstellkammer oder ähnliches befand. Aber als ich die Tür öffnete gelangte ich in einen langen, engen Gang, der scheinbar unter der Bar verlief. Ich seufzte und lief den Gang entlang. Ich hatte kein gutes Gefühl dabei, Daruna solange alleine zu lassen aber mir blieb ja nichts anderes übrig.
Zwei Mal hätte ich in einen anderen Gang abbiegen können, aber ich ging weiter gerade aus. An der Wand entdeckte ich in unregelmäßigen Abständen Handabdrücke. Es war Blut. Und die verliefen weiter gerade aus. Als ich ans Ende des Flures gekommen war legte ich meine Hand auf die Türklinge der Stahltür, die ich vor mir hatte und atmete einmal tief durch. Dann riss ich die Tür auf und starrte in den Raum:
Es schien eine Halle zu sein. Dort waren Kisten und viele sichtbare Rohre. Auch ein Staplerfahrer stand in einer der Ecken und die Decke war sehr hoch. Ich blickte mich im Raum um und dann sah ich ihn:
Er lag leblos an eine der Kisten gelehnt und Blut floss über sein Gesicht: Cale.