Beschreibung
Scheiße noch mal, warum sagt mir denn keiner, dass das blöde Alphabet mindestens 26 Buchstaben hat? Hier also Teil 3 meines kleinen Lexikons zum Thema Partnerschaft.
O bis T
O wie Offenheit
Natürlich ist es erbaulich, mit seinem Gegenüber offen reden zu können. Wenn es aber etwa um die Besorgnis über die Konsistenz des eigenen Stuhls nach dem vom Partner zubereiteten Mittagessen geht, dann beinhaltet Offenheit doch ein Mu an Details zu viel. Ehe man sich versieht, ist man wieder bei M wie Missverständnis angelangt. Ähnlich nachteilig verhält es sich mit offenen Beziehungen in Hinblick auf Sex: Gerade bei jüngeren Pärchen kann zu freies Herumschwimmen im Pfuhl der sexuellen Entfaltung dazu führen, dass der Partner gänzlich zum Freischwimmer wird und am Horizont entschwindet. Oftmals entdecken jedoch erst ältere Paare ein zusätzliches Maß an Offenheit innerhalb ihrer sexuellen Beziehung. Gezeichnet durch die Prüderie der frühen Jahre in einer Zeit, in der es mangels Internet kein YouPorn und Co. gab, entdecken alternde Probanden in einer zunehmend enttabuisierten Gesellschaft ihre neue Offenheit und leben diese in Swingerclubs und Konsorten zusammen mit anderen Nachholbedürftigen zügellos aus. Mitunter so offen, dass man sich dort nicht einmal daran stört, wenn drittklassige Privatsender mit ihrer Kamera Einzug halten, um dem Treiben, bei dem nicht mehr ganz dem ästhetischen Standard entsprechende Nackedeis an anderer Leute Körperstellen nuckeln, von denen man gar nicht wissen möchte, wo sie damit vorher waren, filmend beizuwohnen. Dass sie nachher im Fernsehen beim schwitzigen Tummeln auf ihrer Liegewiese anmuten wie eine Horde gestrandeter Wasserschildkröten, kann als zusätzlicher Beleg dafür gedeutet werden, dass Offenheit immer ein wenig der Abwägung unterliegen sollte.
P wie Poppen
Sex gehört zur Beziehung dazu wie der Käse zur Marmelade. Die Jüngeren werden das wissen, die Älteren werden sich erinnern. Dass im Alter zunehmend Zeit für teure Hobbys bleibt, wie für den Ausbau der Modelleisenbahn zur Größe von Hamburg, das Sammeln von geschmackfreien Wandtellern oder das Stricken von mehr Schals und Socken, als die Verwandtschaft ertragen kann, hängt nicht nur damit zusammen, dass nicht mehr gearbeitet werden muss. Sex ist, so die Reizschwelle will, eine zeitintensive Angelegenheit, die mit zunehmendem Einzug der Pornographie auf die Festplatten der Jugendzimmer immer mehr zur Performance mit Anspruch auf Ästhetik gedeiht. Die Leistungsgesellschaft hält Einzug ins Schlafzimmer und selbst, wenn der unten liegende Partner seit nunmehr zwanzig Minuten die Muster an der Decke zählt und der sportlichere der beiden, der für Reibung sorgt, bis die Lunte glüht, hier und da einen Blick auf die Uhr riskiert und abwägt, ob er es noch rechtzeitig zum Anpfiff des FC Dornbreite Lübeck gegen den SV Henstedt-Ulzburg zurück auf die Couch schafft, dann muss er da durch, der Lurch, wenn er ein Frosch werden will. Das Leben ist hart. Make love, not war.
Q wie Qualitäten
Vor langer Zeit, in einer Welt wie dieser, da waren in der Elterngeneration Qualitäten wie handwerkliches Geschick oder das Können am Herd ein Kriterium bei der Partnerwahl. Da das Wort Lohndumping noch nicht erfunden war, wurden häusliche Arbeiten lieber selbst erledigt, statt den Handwerker zu rufen. Und Lieferdienste brachten allenfalls den Sarg mit, jedoch keine Pizza, da war etwas Kochkunst durchaus praktikabel, sofern man nicht die Kohlen aus dem Keller fressen wollte. Heute sieht das freilich anders aus: Innerhalb der hiesigen Informationsgesellschaft zählen Wissen und Intellekt. Dass sich mittels Wissen über kinetische Energie nur indirekt eine Glühbirne in die Fassung bewegt, kann schon mal zum Problem werden. Aber man richtet sich ein, und so stört der in Großstädten herumlungernde Hipster sich nicht an den Nägeln, die aus der Wand ragen, weil der gerufene Handwerker seine Qualitäten am gezahlten Preis bemessen hat. Und wer nicht kochen kann, bestellt eben Sushi, wenn Indisch langweilig geworden ist. Wer mangels Verstand nicht Anteil an der Informationsgesellschaft nehmen kann, der setzt anstelle von Qualität auf Quantität: aufgeblasene Lippen, aufgeblasene Titten, aufgeblasenes Ego, nichts, was sich nicht durch Silikon und Spachtelmasse vermehren ließe, bis Quantität doch noch eine völlig neue Qualität erreicht.
R wie Rollenmodelle
In einer Welt, in der das deutsche Wirtschaftswunder noch nicht durch eine freundliche Übernahme der DDR plattgeklopft wurde, waren die häuslichen Rollen fest und fair verteilt: Der Mann hatte absolut keine Ahnung, wie die verdammte Kaffeemaschine bedient wurde, musste dafür aber auch nicht bügeln und spülen. Seit Satan Alice Schwarzer auf die Erde entsandt hat, sieht die Sache etwas anders aus: Frauen wollen gleichberechtigt sein, ach was, am besten sogar mehr Rechte genießen als der Mann, als der Partner, als der Herr im Haus, eine verwässerte Bezeichnung aus in Mannes Augen seligeren Zeiten. Seit das so ist, werden Straßen reihenweise nur noch nach Frauen benannt, es gibt Frauenquoten, Frauenparkplätze, Frauenkneipen und sogar Frauenreisen. In den schummrigen Bürogängen deutscher Firmen kommt man sich vor wie in einer Zwergenmine: Frauen sind von Männern selbst optisch kaum mehr zu unterscheiden, allenfalls durch den Weichheitsgrad ihrer Haut. Aber anfassen gilt inzwischen als sexuelle Belästigung, und das, wo doch für Sex dank zweier arbeitender Partner ohnehin schon keine Zeit mehr bleibt. Resultat: Die Menschheit stirbt aus. Vielen Dank, Frau Schwarzer!
S wie Spaziergänge
Spaziergänge und das obligatorische Entenfüttern ... was gibt es Geileres unter der Sonne? Es wird keinen Mann geben, der dem nicht zustimmt, zumindest, solange Frau ihn argwöhnisch beäugt und sämtliche Regungen seiner Gesichtsmuskulatur nach möglichen Anzeichen auf Unwahrheiten absucht. Um die Häuser ziehen und mit den besten Kumpels Bier im Akkord zischen, bis der erste von der Eisenbahnbrücke auf den vorbeibrausenden Regionalzug kotzt, ist ja so was von gestern, wenn man erst in trauter Zweisamkeit zwischen Eiche und Schilf auf einer modrigen Parkbank hocken und, ohne einen Ton zu sagen, dem Sonnenuntergang zuschauen kann, während irgendwo ungesehen eine empörte Ente quakt. Spaziergänge sind ein stillschweigend durch gemeinsam konkludentes Handeln vereinbarter Kontrakt innerhalb einer Partnerschaft, von dem sich anschließend keiner mehr erklären kann, wie er zustande gekommen sein könnte. Wer vor Leben sprüht, würde doch niemals auf die Idee kommen, sich allein im Schneckentempo um einen See herum zu bewegen, indem er wortlos ein Bein vor das andere schwingt, und das auch noch gut zu finden.
T wie Trennung
Wundert man sich darüber, bei Nacht nicht mehr durch eine schnarchende Zwiebacksäge oder hinterlistigen Bettdeckenklau geweckt zu werden, so ist man entweder wieder einmal aufs Sofa umgezogen, oder tot oder frisch getrennt. Auch wer noch so glücklich verliebt ist, sollte immer bedenken: Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Schön also, dass es sich bei Partnerschaften nicht etwa um Wurst handelt. Dennoch, wenn nicht der Tod euch scheidet, so ist es die Trennung. Fängt ja auch mit T an. Frisch getrennte Menschen verhalten sich wie Fliegen, denen irgendeine Rotznase die Flügel und ein paar Beinchen ausgerissen hat und die nun nicht wissen, wie sie von dem blöden Küchentisch wieder runterkommen sollen. Eine ISO-zertifizierte Trennung läuft im Prinzip immer gleich ab: Einer von beiden hat keinen Bock mehr, bevor der andere zur selben Einsicht kommen kann, cancelt den Deal und tippelt anschließend leichtfüßig durchs Sein wie Dorothy durch Oz, bis er irgendwo am Wegesrand auf die nächste bedauerliche Gestalt trifft, mit der alles dufte läuft, bis das Russisch Roulette vielleicht von vorn beginnt. Verlassene Frauen durchleben einen kurzen Schmerz, entdecken sich anschließend neu und probieren scheußliche Frisuren aus. Verlassene Männer dagegen haben einen langen Leidensweg vor sich. Da ihr bisheriges Dasein stilistisch meist durch die geschmacklich versiertere Frau bestimmt wurde, beginnen sie als Einzeller im Sumpf des Lebens eine neue Evolution. Der einst von der Frau verhasste Freundeskreis muss neu erarbeitet, das Individuum in sich selbst neu entdeckt werden. Wem das gelingt, Hut ab!
... Fortsetzung folgt ...