Beschreibung
Und weiter geht's im Lexikon der Begriffe des partnerschaftlichen Absurdistan. Wie immer gilt: Für das, was meine Finger tun, übernimmt der Rest von mir keine Haftung.
H bis N
H wie Hausbau
Der frühere Albtraum der Achtundsechziger, das Eigenheim. Hat eine Partnerschaft selbst solch gefährliches Fahrwasser wie die Vorstellung bei den Schwiegereltern, die Hochzeit und das Kinderkriegen überstanden, so wird es Zeit, dem Bossgegner gegenüberzutreten. Kaum ein Schritt im gemeinsamen Leben ist derart dazu geeignet, durch Meinungsverschiedenheiten in der Raumgestaltung und Finanzierungsprobleme eine Partnerschaft für immer zu ruinieren. Da nach der Trennung das blöde Haus, in dem keiner mehr wohnen will, aber immer noch bezahlt werden will und selbst der Dispo dank Trennungskrieg bereits aus dem letzten Loch pfeift, bleibt oftmals nur der Sprung von der Brücke oder eine Flucht in die Fremdenlegion. Und dabei wollte man doch bloß endlich im Garten grillen.
I wie Inzest
Hat zwar mit Paarung, jedoch mit klassischer Partnerschaft und deren Output ganz nach dem Sinn des Papstes absolut nichts zu tun und könnte allerhöchstens dem Zweck dienen, Physis und Verstand des Menschen nachhaltig auf das Niveau von Fleischtomaten zu senken. Wie schon bei der Tierzucht ließen sich eventuell Angoramenschen oder herrlich bunte Ziermenschen züchten, doch dem aufgeklärten Bürger des 21. Jahrhunderts mit ethischem Sachverstand schwillt bei solcherlei Überlegung verständlicherweise der Kamm. Als hätte jemals wer die aufgeklärte Katze gefragt. Partnerschaftlich relevant wird das Thema Inzucht erst dann, wenn die Liebenden nicht ahnen, dass sie Geschwister sind und sich beim besten Willen nicht erklären können, weshalb das mit der Fortpflanzung trotz bester Gesundheit nie so richtig klappen will. Wenn der Nachwuchs nur je einmal Großmutter und -vater hat, kann das nicht gesund sein. Mein Ratschlag an dieser Stelle: gemeinsam vor den Spiegel stellen. Sollten Mund, Nase und Augenpartie der oder des Liebsten den eigenen zu sehr gleichen, wird es dringend Zeit, die Eltern zum klärenden Gespräch zu bitten.
J wie Jugendliebe
Wer die ersten zwanzig Jahre seines Daseins nicht unter einem Stein lebend oder vor seinem Browser verbracht hat, der hat sie womöglich erleben dürfen: die Jugendliebe. Das passende Liedgut, gesungen von Ute Freudenberg, quält alternde Zuhörer seit nunmehr über dreißig Jahren wie ein akustisches Mahnmal, auf dass all die frühen Sünden niemals in Vergessenheit geraten mögen. Das Rangeln um Aufmerksamkeit, all die Arbeit für den ersten Kuss und monatelanges Warten auf den allerersten Sex, der am Ende so aufregend und gefühlsintensiv ist wie ein Stop an der Tankstelle, sind das Grauen eines jeden Erwachsenen, der daran denkt, mal wieder eine Beziehung einzugehen. Wenn es dagegen um Erinnerungen an die Jugendliebe geht, werden dieselben nervtötenden Wartezeiten und emotionalen Querelen zu seliger Nostalgie umgedeutet. Die DDR war ja auch ganz schön.
K wie Kinder
Nachwuchs, ach ja, da war ja was. Da kann die Presse noch so oft unken, das Kinderkriegen im Land des Teutonen sei so unattraktiv wie nie – Kinder waren, sind und bleiben der Kitt in den Fugen einer jeden kaputten Partnerschaft. Wer sich wegen Tierhaarallergie keine Katze oder ähnlich stille Zeitgenossen ins Haus holen kann, der greift auf ein Kind zurück, um etwas Pfeffer ins fade Beziehungsleben zu bringen. Auch auf zwei und wenn alles schief geht, auf drei und mehr. Dass nicht nur in Sachen Pfeffer viel nicht viel helfen muss, merken entnervte Eltern, wenn sie dank Dauerplärrerens an Schlafstörungen und Hörstürzen leiden und sich fragen, wer der alte Sack im Spiegel ist, dessen Teint plötzlich einer durchnässten Scheibe Toast gleicht. Allerspätestens aber, wenn sie beim besten Willen nicht wissen, wo die letzten zwanzig Jahre geblieben sind. Und sollten selbst Kinder das Zusammenleben nicht mehr retten, wird es Zeit, das Bad des Lebens neu zu fliesen. Dass die Kinder dann schon da sind, wird gern als Kollateralschaden abgetan.
L wie Leidenschaft
Dass der Begriff für einen der vermutlich schönsten Bestandteile jedes gesunden Partnerschaftsgefüges das Wort Leiden enthält, kann kaum ein Zufall sein. Leidenschaft zieht sich wie ein roter Faden durch die komplette Beziehung, um in einem durchgesifften Stück Wolle zu münden. Was mit leidenschaftlichen Küssen und ebenso leidenschaftlichem Sex beginnt, wird fortgeführt mit leidenschaftlicher Streiterei, der mitunter auch mal Omas unschätzbares Porzellanservice aus dem Hause Meissen und diverse Türschlösser und -rahmen zum Opfer fallen. Am Ende des Zusammenraufens bleiben leidenschaftliches Schnarchen, sogar leidenschaftliches wie nervtötendes Schlürfen von Suppen und Kaffee, und es soll ja (vornehmlich) Männer geben, die leidenschaftlich an der Optimierung der Geräuschkulisse ihrer Sofafürze arbeiten. Na, wenn die Modelleisenbahn im Keller langweilig geworden ist ... So wird Leidenschaft zum Dauerbegleiter, der Leiden schafft.
M wie Missverständnisse
»Wir haben uns ja auf Anhieb verstanden.« Was der frisch Verliebte noch stolz und mit Freudentränen in den Augen seinen Freunden und Verwandten berichtet, löst Jahre später nur noch verstörtes Kopfschütteln aus. Wenn die Freude geht, wenigstens die Tränen bleiben. Kaum ist die Braut über die Schwelle getragen, gerät die gemeinsame Wellenlänge zusehends aus dem Takt. Kein Wunder: Wenn man sich dauernd in den Ohren liegt, muss es früher oder später zu Interferenzen im gemeinsamen Frequenzband kommen. Wo es dann nicht mehr richtig funkt, weiß der eine oder andere die Situation durchaus zu seinem Vorteil zu nutzen: »Ich sollte Milch mitbringen? Von welchem Geld denn? Und nein, das Bier habe ich nicht heute gekauft. Das stand schon länger im Kofferraum.« Kein Wunder, wenn man am Ende gar nicht mehr miteinander redet.
N wie Nachtruhe
Nach Jahren des Nebeneinanderherlebens sind neben herumliegenden Socken, die einem nicht gehören und dem schiefen Turm von Abwasch, das eindeutigste Indiz dafür, dass man nicht allein in seinen vier Wänden wandelt, die Augenringe, gegen die man jeden Morgen vergeblich ankämpft. Wenn ein Partner mit nervenbedingt zuckendem Augenlid an die Decke starrend im Bett liegt, weil er sich nicht mehr sicher ist, ob sein neben ihm liegender Konterpart angesichts des Wandputz vernichtenden Grunzgeräuschs einfach nur besonders genüsslich schlummert oder dabei ist, an seiner eigenen Zunge zu ersticken, kann das dem erholsamen Schlaf nicht zuträglich sein. Gleiches gilt für jene, die mit Dauererkältung und blaugefrorenen Gliedmaßen zu kämpfen haben, weil ihr Nebenlieger sich selbstsüchtig in sämtliche Bettdecken gerollt hat wie ein menschlicher Burrito. Das ehemals für gemeinsames Kuscheln gekaufte Sofa, das längst seinen Stellenwert eingebüßt hat, gewinnt hier neue Bedeutung als durchgesessene Folterliege für denjenigen, der sich im verbalen Zweikampf nicht durchsetzen kann und über Nacht umziehen muss: für den Mann.
... Fortsetzung folgt ...