Romane & Erzählungen
Klassentreffen X

0
"Klassentreffen X"
Veröffentlicht am 30. Dezember 2012, 14 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Bin Mitte 40, habe in Bonn Theologie studiert, arbeite aber jetzt was ganz anderes :-) Verheiratet ohne Kinder, habe aber trotzdem weniger Zeit zum Schreiben, als ich möchte. Trotzdem habe ich es geschafft, ein ganzes Buch zu schreiben, DIN A4 doppelseitig bedruckt immerhin 240 Seiten. Und jetzt habe ich den Schritt gewagt und es als reines E-Book auf Amazon veröffentlicht ( ...
Klassentreffen X

Klassentreffen X

Beschreibung

Ein Klassentreffen, ein Wiedersehen mit dem Mann, der zufällig deine erste, unvergessene große Liebe war. An sich nichts Ungewöhnliches, doch was, wenn dieser Mann seitdem Karriere gemacht hat? Und noch dazu ein Geheimnis hat, wegen dem er eine ungewöhnliche Bitte an dich richtet? Eine Spirale in den Abgrund bahnt sich an....

 

Um es kurz zu machen, die Ärzte stellten eine massive Bindegewebsschwäche bei mir fest, wodurch sich der Muttermund beinahe zu weit geöffnet hätte. In diesem Stadium wäre das einer Fehlgeburt gleichgekommen. Der Arzt teilte mir mit, wir wären zum Glück … gerade noch rechtzeitig gekommen.

Es klingt nach mittelalterlicher Medizin, aber die einzige Möglichkeit war, den Gebärmutterhals mit einer sogenannten Zervixumschlingung zu zu nähen. Zack, Nadel und Faden abgeschnitten, alles nach Innen gesäumt, fertig!

Während ich auf den Eingriff vorbereitet wurde, durfte Kai als werdender Vater zu mir. Aufgeregt stürzte er an mein Bett.  Ohne Trauschein hatten sie auch ihm keine Auskunft geben wollen, doch ich konnte ihn beruhigen. Er hielt meine Hand und gemeinsam lauschten wir den wunderbar stabilen Herztönen des Babys. Unseres Babys, diesen Fakt konnte mir keiner nehmen.

Am liebsten wäre er bei mir geblieben, das ging aber nicht. So zog er meine Hand für einen Kuss an seine Lippen und als er zur Tür hinaus ging, warf er mir einen

 

so liebevollen Blick zu, dass ich beinahe noch eine Medizin für mein Herz hätte gebrauchen können. Da war es auch kein Problem, dass ich durch die zufallende Tür noch sah, wie sich Kai und Luca in die Arme fielen. Im Gegenteil, ich war in diesem Moment froh, weil er nicht alleine würden warten müssen.

Drei Tage musste ich dann noch in der Klinik bleiben und ruhig liegen, aber es wurde nicht langweilig. Fast den ganzen Tag lang hatte ich Besuch, Kai war fast die ganze Zeit da, dazu natürlich sein Freund und tatsächlich auch seine Bandkollegen, die sich in letzter Zeit rar gemacht hatten.

Leider verschlechterte sich mein Zustand kurz nach meiner Entlassung insgesamt doch wieder und ich bekam strenge Bettruhe verordnet, zumindest für zwei Monate. Glücklicherweise musste ich dazu nicht ins Krankenhaus zurück, wo die Wände so weiß und steril waren, sondern durfte unter der Auflage, nichts, aber auch gar nichts im Haus zu tun, zuhause bleiben.

 

Es war trotzdem furchtbar.

 

Die Männer waren allerdings großartig, sie kümmerten sich rührend um mich! Ich wurde nicht nur metaphorisch auf Händen getragen, sondern buchstäblich, denn die Männer wollten vermeiden, dass ich zuviel lief. Und es war immer jemand bei mir, an Tagen, an denen Kai für einen Auftritt oder ein Interview fort musste, nahm Luca sich frei und wir verbrachten ein paar nette Nachmittage auf der Terrasse. Ich saß je nach Wetterlage gut zugedeckt im Liegestuhl und Luca las aus seinem Lieblingsbuch vor, Dantes 'Divina Commedia'. Dabei verbesserten wir mein Italienisch immer mehr und man kann sagen, dass wir uns richtig anfreundeten.

Eines Nachmittags klapperte die Haustür früher als gedacht und Kai steckte den Kopf zur Terrassentür heraus. „Ãœberraschung! Ich hab jemanden mitgebracht!”, krähte er und trat zur Seite. Dann kam Kerstin auf mich zugeschossen, kniete neben meinem Stuhl und umarmte mich liebevoll, drückte mich und murmelte irgendwelche Trost- und Koseworte.
 

Wir waren immer in Kontakt gewesen, sie war eine der wenigen, die auch die Wahrheit kannten. Nur zuletzt hatten wir nicht mehr so viel miteinander telefoniert.

 

 

Kai versorgte uns mit Getränken, dann legte er den Arm um Lucas Schultern. „So, dann lassen wir euch Zwei mal alleine”, meinte er augenzwinkernd und die Beiden gingen ins Haus.

Während Kerstin ihnen noch nachsah, plapperte ich aufgeregt drauf los. „Mensch Kerstin, das ist ja 'ne Wucht, dass du hier bist, ick freu mir so! Wie bist du denn darauf gekommen?!”

„Kai hat mich angerufen”, meinte sie und drehte ihren Kopf wieder zu mir. „Aber kannst du mir mal sagen, was das hier zwischen euch ist? Euch dreien?!”

„Oh, sag's wie alles nicht weiter, aber die Gerüchte über den großen Kai Zöller sind zum Teil wahr. Kai ist bisexuell und Luca ist, nun ja, sein Freund, der jetzt auch hier wohnt.”

„Ich glaub, ich spinne!”, war ihre Reaktion, doch ich versuchte, sie zu beschwichtigen.

„Nee lass mal, das ist schon in Ordnung.”

 

„Wie bitte? In Ordnung? Ihr Zwei bekommt ein Kind zusammen und er vögelt nebenbei fröhlich mit dem kleinen Itaker rum?”

„Nicht nebenbei”, entfuhr es mir. „Nanana, was höre ich da für Worte! Luca ist einer der nettesten Kerle, die ich kenne.”

„Schätzchen, das sind Schwule für uns Heterofrauen doch immer.”

„Na, so lange bekennt er sich noch gar nicht dazu, auch wenn er wohl schon länger in Kai verliebt ist. Deswegen freut er sich auch so mit uns auf das Kind, weil seine Eltern dann nicht mehr so einen Stress wegen Enkelkindern machen können.”

„Aber es ist doch gar nicht sein Kind”, merkte Kerstin verwirrt an und betrachtete mich, als würde sie mir das auch noch zutrauen.

Leicht genervt verdrehte ich die Augen. „Nein, aber Kais, und wenn sie sein Kind wie ihr eigenes Enkelkind verwöhnen können, sind sie erst mal ruhig gestellt.”

 

„Und du übernimmst es dann wieder, wenn’s ums Wickeln und Füttern geht, was? Wie überaus praktisch für Kai, eine Pflegerin für SEIN Kind im Haus und den Liebhaber obendrein...”

Ihr ätzender Tonfall ging mir auf die Nerven. Sie hatte ja keine Ahnung, dachte ich, wir waren doch hier glücklich in unserer kleinen Dreiecksbeziehung. Und das sagte ich ihr auch.

„Denk dir mal nix, ich bin mehr als nur die Mutter seines Kindes für Kai. Er liebt mich fast  genau so wie Luca. Noch als ich schon schwanger war”, ich senkte verschwörerisch meine Stimme, „haben wir richtig schönen Sex zusammen gehabt. Das würde er doch nicht machen, wenn er mich nicht liebte.”

Heute weiß ich, dass ich mehr mich als sie überzeugen wollte. Kerstin jedenfalls zuckte mit den Achseln. „Na gut, wenn es für dich wirklich passt...”

Ich nickte und wir wandten uns anderen Themen zu.

 

Zum Abendessen konnte sie dann selber erleben, wie toll die Männer mich behandelten. Kai nannte mich liebevoll sein kleines Tönnchen und hob mich in seine Arme, um mich an den Esstisch zu tragen. Stolz lehnte ich mich an ihn, thronte dann auf meinem Ehrenplatz an der Stirnseite, während Luca und er sich um alles kümmerten.

Kerstin zeigte sich angemessen beeindruckt und fuhr am nächsten Tag beruhigt wieder nach Berlin. Es war Ende Juli und mir standen noch immer zwei quälend lange Monate bevor. Zwar durfte ich mich nun wieder etwas mehr bewegen, aber nur in einem sehr eingeschränkten Rahmen. Und obwohl 'meine Männer' auch weiterhin für mich da waren, war es doch eine unglaublich harte Zeit.

Außerdem hatte ich von Zeit zu Zeit schlimme Schmerzen, von denen ich aber nur dem Arzt erzählte. Sie wirkten sich vorerst nicht auf die Schwangerschaft oder das Kind aus, nur auf mein Gemüt. Ab Ende August musste ich endgültig das Bett hüten, durfte nicht einmal mehr das Haus verlassen.

 

Blass und ausgezehrt lag ich in meinem Bett, beileibe kein Tönnchen mehr, und litt stumm vor mich hin. Tagsüber, wenn jemand bei mir war, gab ich mich gut gelaunt, überspielte die Depression, die mich erfasst hatte, gekonnt. Was hätte es auch genutzt? Entsprechende Medikamente hätte ich eh nicht nehmen dürfen...

In der Nacht quälten die Geräusche von nebenan mich mehr und mehr. Vor meinem geistigen Auge sah ich Kai und Luca, wie sie sich wild auf den Laken wälzten und sich liebten wie einst ich und Kai, dabei vergoss ich heiße Tränen. Allein die Hoffnung, nach der Geburt einmal wieder seinen Körper, seine Küsse spüren zu können, ließ mich durchhalten.

Mitte September wurde ich sogar wieder stationär aufgenommen, dem Arzt war sonst das Risiko zu hoch. Doch es sollte noch immer zwei Wochen dauern, bis die Wehen einsetzten. Und dann, typisch für eine Spätgebärende, dauerte es sage und schreibe 32 Stunden, bis sich endlich wirklich etwas tat.

Diese Schmerzen... Wegen meiner Vorgeschichte wagte man keine PDA und mehr als einmal flehte ich

 

um einen Kaiserschnitt. Für den war es zu spät, aber endlich, endlich, unter wildem Schreien und entsetzlichen Schmerzen presste ich das Kind auf natürlichem Weg aus mir heraus.

Und dann … war es ein unglaublicher Moment der Ruhe. Die Schmerzen, sie waren nicht vergessen, aber sie waren … einfach weg. Die Ursache war weg und mit ihr der Schmerz, zurück blieben die Endorphine, durch deren Wirkung hindurch ich mein Kind schreien hörte.

Die Hebamme trat mit einem strahlenden Lächeln auf mich zu und legte mir ein Bündel in den Arm. „Gratuliere, Frau Klogg, hier ist ihre kleine Tochter!”

Es war der 27.09.1997 und es war Liebe auf den ersten Blick. Sie war wundervoll, nicht zu klein und nicht zu groß, mit einem blonden Flaum auf dem Kopf und anscheinend völlig unbeeindruckt von all dem, was wir in den letzten Wochen und Monaten durchgemacht hatten.

„Hallo Monique”, wisperte ich den Namen, den wir für ein Mädchen ausgesucht hatten und sie griff nach

 

meinem Finger, um ihn fest zu umklammern. Ich nahm das als Zeichen, dass sie mit diesem Namen einverstanden war.

Kurz darauf klopfte es und Kai kam herein. In den Armen hielt er den obligatorischen Blumenstrauß und ein gigantisches Stofftier, dem Monique sicher erst in fünf Jahren über den Kopf wachsen würde. Mit einem idiotisch glücklichen Gesichtsausdruck kam er an mein Bett und kniete sich ans Kopfende.

„Alles in Ordnung? Geht es dir gut? Und dem Baby?”, fragte er flüsternd und strich mir über den Kopf.

„Mir geht es prima”, antwortete ich und hob das Bündel in meinem Arm ein Stück höher. „Monique, darf ich vorstellen? Das ist dein Vater!”

Ein kleiner Schluchzer entrang sich ihm. „Oh Gott, sie ist wunderschön! So schön wie ihre Mutter!” Gerührt schniefte auch ich ein wenig.

„Willst du sie mal halten?”, fragte ich und er nickte.

 

Vorsichtig legte ich ihm das Baby in den Arm und das ist der Moment, der sich auf ewig in meinem Gehirn eingebrannt hat.

Dieser Augenblick, in dem Kai seine Tochter das erste Mal in seinem Armen hielt und mit einem verklärten Gesichtsausdruck zwischen ihr und mir hin und her schaute. Mein Herz floss über vor lauter Liebe und schloss auch den Mann mit ein, der nun schüchtern den Kopf zur Tür herein steckte.

Kai und Luca steckten ihre Köpfe über Monique zusammen und Luca gab mir ebenfalls ein Küsschen auf die Wange. Waren wir nicht die perfekte kleine Patchwork-Familie?

 

 

http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_81999-0.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_81999-1.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917424.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917425.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917426.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917427.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917428.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917429.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917430.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917431.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917432.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917433.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_917434.png
0

Hörbuch

Über den Autor

QueenMaud
Bin Mitte 40, habe in Bonn Theologie studiert, arbeite aber jetzt was ganz anderes :-) Verheiratet ohne Kinder, habe aber trotzdem weniger Zeit zum Schreiben, als ich möchte.

Trotzdem habe ich es geschafft, ein ganzes Buch zu schreiben, DIN A4 doppelseitig bedruckt immerhin 240 Seiten. Und jetzt habe ich den Schritt gewagt und es als reines E-Book auf Amazon veröffentlicht ( http://www.amazon.de/Verrat-und-Vertrauen-ebook/dp/B007OH3DXI/ref=sr_1_1?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1332863393&sr=1-1 ), vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen ... Eine Leseprobe von "Verrat und Vertrauen" findet ihr auch in meiner Bücherliste.

Ansonsten gebe ich zu, eher einen Hang zum Happy-Ending zu haben, aber auch nicht immer, wie die Leser meines "Klassentreffen" sicher bestätigen können :-)

Leser-Statistik
26

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Zeitenwind Monique - Nett, aber was man sich doch alles so einreden kann ...
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
1
0
Senden

81999
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung