Einleitung
Der Prolog zu meinem neuen Buch. Es geht um die Vereinigung von neun Welten, die alle ihre anderen Geschöpfe und Wesen haben. Auch die Erde mit den Menschen ist eine dieser neun Welten. Doch der Frieden verblasst und lässt langsam nach, als Königin Luxas, Königin von Starsun, ermordet wird. Die Tochter, neue Königin von Starsun, schickt einen Auftragskiller, einen Livoniter, einen tollkühnen, finsteren Drachenbesteiger, los, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Bild: © ElisabethBlack
Prolog
Licht umfing sie, erhob sie in die Luft, legte sich wie ein warmer, goldener Umhang um ihren Körper, um sie, die Königin der Sterne. Sie war jung, von strahlender und schöner Gestalt, ein sagenumwobener Stern, den noch kein Sterblicher zu Gesicht bekommen hatte. FAST kein Sterblicher. Ihre Schultern waren gestrafft, ihr Körper kerzengerade aufgerichtet, aufrecht und steif, mit neutralem Gesichtsausdruck, saß sie da und lauschte ihrem Berichterstatter. Nun ja, vom Sitzen konnte man kaum sprechen. Zwar besaß sie einen Thron, doch schien sie normalerweise 30 Zentimeter über den Thron zu schweben; eine lästige Angewohnheit, die sie einfach nicht ablegen konnte. Zum Einen deshalb, da sie erst seit wenigen Tagen und Nächten die Königin war und somit noch vor nicht allzu langer Zeit den Thron geerbt hatte, zum anderen war es schwierig, königlich und aufrecht da zu sitzen (oder vielmehr zu schweben) und dabei dem öden Bericht über Steuereinzahlungen zuzuhören, den der Berichterstatter ihr gab. Obwohl sie eigentlich an dieses Licht, dieses grelle Weiß von allen Seiten, gewöhnt sein musste, da sie hier aufgewachsen war, stach es ihr unangenehm in den Augen.
"Prinzess - . . . Entschuldigt, meine Majestät! Eure Gedanken scheinen heute weit woanders zu sein, wenn ich das so sagen darf!", stotterte der vor dem Thron kniende Berichterstatter. Wie auch der Rest der riesigen Halle, war auch er in strahlendes Weiß gekleidet und wie bei allen Lichtwesen gingen Strahlen von ihm ab. Sogar die großen, furchteinflößenden Wachen am Ende des Raums trugen Weiß; mit ihrer zottigen Gestalt, den weißen Pupillen und den geschwungenen Hörnern wirkten sie ein wenig fehl am Platz, doch auch sie waren Wesen von Starsun, dem Planet des Lichts.
Sie vernahm ein amüsiertes, leises Lachen vom anderen Ende der Halle. Sie musste sich nicht einmal umschauen, um zu wissen, dass ER es war. Im Kontrast zu der strahlendumwobenen Gegend trug er Schwarz und von ihm schienen keine Strahlen abzugehen. Wie ein schmutziger Fleck in all der Schönheit, kam es der Königin in den Sinn und beinahe entwich auch ihr ein Lächeln. Sie mochte den jungen Deagan; er schien wenigstens der einzige zu sein, der ihr in diesem öden, trostlosen Ort ein Lächeln entlocken konnte. Doch diesmal gelang es auch ihm nicht. Die Röte des Schams stieg ihr ins Gesicht; sie war offensichtlich nicht die Einzige gewesen, der der stotternde Ausrutscher des Berichterstatters aufgefallen war. Obwohl sie nun schon seit 16 langen Tagen und 15 ermüdenden Nächten den Thron bestieg, kam es nicht selten dazu, dass die Bewohner sie versehentlich noch "Prinzessin" nannten.
"Nun gut, wie ich bereits erwäht hatte", fuhr der Berichterstatter fort. "Die schlechte Ernte in diesem Jahr . . ."
Sie betrachtete Deagan aufmerksam, während der kniende Mann ihr von diesem und jenem berichtete. Lässig lehnte er an der weißen Wand, während er in einen Apfel biss (vermutlich wieder einmal gestohlen) und ab und zu Grimassen schnitt hinter dem Rücken des Berichterstatters. Auf seiner schwarzen Rüstung prangte das Abbild eines Drachen, das Wahrzeichen der Livoniter, den Bewohnern von Livon. Dies war auch die Heimat der Drachen und die Bewohner, die Livoniter, die tollkühnen finsteren Reiter dieser Ungeheuer, waren eigensinnig und hatten ihre eigenen Pläne, verbündeten sich nur selten mit anderen Welten, doch arbeiteten sie oft für Geld als Auftragskiller. Wie auch Deagan. Ihr Vater hatte sie oft vor ihnen gewarnt, aber sie kannte ihn schon seit sie klein war. Er war schon als Kind hierher gekommen. Niemand wusste so genau, was er hier tat, doch nicht selten arbeitete er im Auftrag von Starsun. Sie hatte schon lange entschieden, ihm zu vertrauen, obwohl man von vertrauenserregenden Livonitern kaum sprechen konnte.
Endlich war der lästige Berichterstatter fertig und sie schickte ihn höflich, aber bestimmt, weg. Sie konnte beleidigte Züge um seinen Mund erkennen, doch sagte er nichts. Als er fort war, sank sie endlich erschöpft zusammen, gab es auf so zu tun, als wäre sie eine Königin.
"Das Übliche, Prinzessin? Hoppla, ich meinte natürlich Königin." Er grinste. Es machte ihm immer wieder aufs Neue Spaß, sie zu necken. Während er lässig durch den Raum schlenderte mit dem angebissenen Apfel in der Hand, erkannte sie das Wahrzeichen von Starsun auf der Frucht.
"Ich dachte, ich hätte Euch befohlen, das Stehlen von Äpfeln auf meinem Planeten endlich abzustellen."
"Für euch grelle Lichtwesen und eurem überaus schwachen Sinn für Humor sind die Äpfel geradezu köstlich. Dieser alberne Bauer hat mir die Apfel freudig entgegen gereicht, als er mich und Tom sah." Seine Zähne blitzen weiß auf, als er grinste.
Die Königin seufzte. " Ich hoffe, ihr habt nicht schon wieder einen Eurer großen Auftritte mit diesem Drachen hingelegt."
"Tom. Sein Name ist Tom. Ihr habt ein wirklich löchriges Gedächtnis für eine Königin."
"Wie dem auch sei. Ich habe einen neuen Auftrag für Euch, Deagan ", sagte sie königlich, versuchte es wenigstens. "Und Euren Drachen", fügte sie höflich hinzu.
"Ach ja?" Er klang gelangweilt. "Und der wäre?"
"Die Menschen haben sich schon viel zu lange von unseren Welten ferngehalten. Sucht einen, den Ihr für fähig haltet, für tapfer genug, um dem Rat der Neun Welten beizutreten. Bringt ihn zu mir. Hetzt meinetwegen Euren Drachen auf ihn, jagt ihn, was immer Euch einfällt, um den Richtigen zu finden."
"Okeydokey", sagte Deagan leicht hin und wandte sich endlich von ihr ab.Wie sie seine menschliche Umgangssprache hasste.
"Und, Deagan", fügte sie hinzu. "Ich zähle auf Euch."
"Ja, Prinzessin", sagte er verächtlich, warf ihr den abgebissenen Apfel zu, stieß die Pforten der Halle auf und schritt hinaus. Sie hörte, wie eine der Wachen leise knurrte. Die Königin von Starsun biss herzhaft in Deagans Apfel.