Kinderbücher
Weihnachten im "Dreimäderlhaus"

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"Hab mal wieder in der Mottenkiste gekramt...."
Veröffentlicht am 05. Dezember 2012, 16 Seiten
Kategorie Kinderbücher
© Umschlag Bildmaterial: Elena Schweitzer - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Da sich bei Mystorys vieles verändert hat, ist es wohl an der Zeit, auch in meinem Outfit etwas zu verändern. Nun, was gibt es über mich zu sagen. Nein, ich bin kein Katzentier, das schreiben kann, nur mein Kater ist der Schönere von uns beiden und ein wenig eitel darf man doch noch sein, oder? Ich habe nicht den Ehrgeiz von allen verehrt und geliebt werden zu wollen, das klappt sowieso nie. Mir genügt es, wenn man mich nimmt so wie ich bin, ...
Hab mal wieder in der Mottenkiste gekramt....

Weihnachten im "Dreimäderlhaus"

Einleitung

Es sind halt so Erinnerungen, die einen im Alter überfallen......

Vorweihnachtszeit

Wenn ich zurückblicke auf meine Kinderzeit und besonders zur Weihnachtszeit, muss ich letztendlich gestehen: Auch wenn es nicht viel gab, es war doch eine schöne Zeit, wohl die schönste Zeit des Jahes.

  Wir wohnten zusammen mit meiner Großmutter in einer vier-Zimmer-Wohnung in der zweiten Etage eines Geschäftshauses, die wir nun nach langem Kampf mit den örtlichen Behörden allein bewohnten. Vom Hauswirt (jetzt Vermieter) wurden wir nur das Dreimäderlhaus genannt.

Wir hatten zwei Schlafzimmer (eines für Oma und eines für meine Mutti und mich), ein Wohnzimmer und eine große Küche. Bad und

Innentoilette gab es damals nicht.

Das Plumpsklo befand sich im Hinterhof, eine halbe Weltreise von unserer Wohnung im zweiten Stock entfernt und nichts für Leute mit einem dringenden Bedürfnis. Aber ich will den werten Leser nicht mit Berichten über unsere damalige Wohnsituation langweilen.

 

In der Vorweihnachtszeit gab es auch damals schon "Einkaufsstress". Da es das ganze Jahr über in den Lebensmittelgeschäften meist nur Äpfel, Weißkraut und Rotkraut gab und nur manchmal vor den Feiertagen auch Südfrüchte, wie Apfelsinen, Mandarinen und Bananen, stellte man sich überall, wo Schlangen standen halt mit an, um die begehrten Südfrüchte zu ergattern.

Die wurden dann auch meist noch zugeteilt. Süßigkeiten, wie Schokolade, gab es zur damaligen Zeit auch nur wenig, war aber wahrscheinlich gut für die Zähne, so kam es, dass ich als Kind mit dem Zahnarzt keine schlechten Erfahrungen machen musste.

Ich habe meine erste Schokolade im Alter von drei Jahren bekommen und wusste damit gar nichts anzufangen. Dass man die essen konnte, musste mir erst beigebracht werden und sie schmeckte mir anfangs gar nicht (was sich viel später allerdings leider änderte).

 

Meine Großmutter war das ganze Jahr über schon rege gewesen und hatte Geschenke für Weihnachten „gesammelt“, die sie dann in ihrem großen Schlafzimmerschrank oder in

ihrer Kommode versteckte und meist zu Weihnachten vergessen hatte, wo sie die hingelegt hatte. Manchmal fand sie diese erst zu Ostern wieder, ebenso wie den Rest des obligaten Stollens, den sie stets selber buk.


Die Stollenbäckerei war immer ein Fest für mich, denn ich durfte mithelfen.


Da wurden Mandeln gebrüht, abgezogen und gerieben, Rosinen verlesen und in Rum eingeweicht. Eine Menge davon wanderte meist heimlich in meinen Mund. Die anderen Zutaten, wie Zitronat bekam Oma meist von ihrem Sohn, meinem Onkel aus dem Westen geschickt, denn bei uns gab es so was doch nicht.

Dann wurden die ganzen Zutaten in die Großbäckerei geschafft, wo sich Großmama dann die ganze Zeit über am Backtrog mit dem Kneten des Teiges beschäftigte. Daraus wurden immer zwölf Stollen angefertigt, die meist bis auf einen kleinen Rest wieder den Weg gen Westen antraten.....

Der Rest des Teiges wurde mit  gekochten geriebenen Kartoffeln vermengt und daraus ein riesengroßer runder Stollenteigkuchen gebacken, der immer am leckersten schmeckte, besonders wenn er gerade eben aus dem Backofen kam und noch warm war.

 

Kurz vor dem Fest wurde dann bei einem Holzhändler ein Weihnachtsbaum gekauft, der zwar noch ein paar Verschönerungen über

sich ergehen lassen musste, da die Bäume meist ausgesonderte Fichten und nicht immer gerade und schön gewachsen waren. Also wurden an einigen Stellen mittels intensiver Bohrtätigkeit neue Äste eingesetzt.


Beim Schmücken des Baumes durfte ich dann immer mithelfen. Da wurden aus der hintersten Ecke der Bodenkammer die Weihnachtsbaumkugeln und die sorgfältig sortierten Lamettafäden, die jedes Jahr wieder abgenommen und immer wieder verwendet wurden, hervorgekramt.

Später gab es schon eine elektrische Baumbeleuchtung, die natürlich sicherer war, als die Stearinkerzen, die oft genug schon Wohnungsbrände verursacht hatten.

Freitags vor Weihnachten wurde dann in Ermangelung eines Badezimmers die Küche zur Badestube umfunktioniert. Dazu wurde unsere große Zinkwanne vom Boden geholt, der Küchenherd angeheizt und sämtliche Töpfe, die es im Haushalt  gab mit Wasser gefüllt daraufgestellt. Die Küche ähnelte dann eher einer Dampfsauna, denn einer Küche.

 Baden durfte ich, als die Jüngste zuerst, danach kam meine Mutter an die Reihe und zuletzt war Oma dran. Ob diese hinterher auch noch das Gefühl hatte sauber zu sein, kann ich nicht mehr mit Bestimmtheit behaupten.

Es war auch immer wieder eine Prozedur, die Wanne zu leeren, da diese keinen Abfluss hatte. So wurde sie halt mit einem Topf wieder

leer geschöpft und nur den letzten Rest konnten wir drei „Weiber“ unter mühsamen Anheben der Wanne in das Waschbecken entleeren.

Ja nun waren wir alle sauber (bis auf Oma?) und für das Weihnachtsfest gerüstet.

 

Heiligabend

Ob es einen Weihnachtsmann gab, konnte ich damals nicht mit Bestimmtheit sagen…. Hätte aber durchaus sein können.

Zu sehen bekam ich ihn aber nie. Dafür durfte ich manchmal tagelang nicht in die „gute Stube“, da passte Oma auf, wie ein Wach- und Schießhund.

 

Aber zum heiligen Abend erstrahlte dann die Stube in hellem Lichterglanz und Punkt siebzehn Uhr gab es die obligatorische Linsensuppe mit Bratwurst und dazu Heringssalat, (natürlich alles selber gemacht), Sellerie-und Rote Rübensalat, hausgemachte Sülze viele andere „Leckereien“. Die Linsen

kochte Oma zwar immer süßsauer, aber da hatte sie nicht mit mir gerechnet. Süßsaure Linsen mochte ich nicht, nie. Damit war geregelt, dass diese nur wie „normaler“ Eintopf gekocht wurden und jeder machte sich Essig und Zucker nach Belieben dazu.

 

    Danach kam die Bescherung. Am Meisten bekam wahrscheinlich ich. Oma hatte wieder an meiner Puppenstube gebastelt, neue Lämpchen verlegt oder neues Inventar gekauft. Manchmal saß auch ein Teddy darin oder eine neue Puppe. Da war die Freude natürlich groß. Oft war ich aber auch traurig, weil ich kein Geld hatte, um für Oma und Mutti Geschenke zu kaufen, denn Taschengeld gab es damals keines.

Trotzdem war es die schönste Zeit, wenn ich bei Dunkelheit vor meiner beleuchteten Puppenstube sitzen und mit den Püppchen spielen konnte.

 

 

©Baesta

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Hörbuch

Über den Autor

baesta
Da sich bei Mystorys vieles verändert hat, ist es wohl an der Zeit, auch in meinem Outfit etwas zu verändern. Nun, was gibt es über mich zu sagen. Nein, ich bin kein Katzentier, das schreiben kann, nur mein Kater ist der Schönere von uns beiden und ein wenig eitel darf man doch noch sein, oder? Ich habe nicht den Ehrgeiz von allen verehrt und geliebt werden zu wollen, das klappt sowieso nie. Mir genügt es, wenn man mich nimmt so wie ich bin, manchmal etwas bissig, manchmal ernsthaft, machmal übermütig, aber niemals bösartig.
Diesen Aphorismus kann ich nur ans Herz eines jeden Menschen legen: Sich selbst bekriegen - der schwerste Krieg.Sich selbst besiegen - der allerschönste Sieg! - Friedrich Freiherr von Logau
(1604 - 1655), deutscher Jurist, Satiriker, Epigramm- und Barockdichter, Pseudonym: Solomon von Golaw)

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vagabundinchen Eine schöne Geschichte. Du hast ja noch etwas "hinterwäldlerischer" gelebt. :-) ... wenn ich so an meine Kindheit denke. Wir hatten wenigstens ein Badezimmer im Keller, hinter dem Heizungskeller und der Kohleecke.
Aber die Spannung vor der Bescherung und die Freuden zu Weihnachten sind wohl bei allen Kindern gleich...
Lieben Gruß und danke für die schöne Geschichte
Ines

Vor langer Zeit - Antworten
baesta Ja wir haben damals recht hinterwäldlerisch gelebt, bin auch schon mal mit meiner Großmutter die steile Holzteppe mit den ausgetretenen Stufen, die zu unserer Wohnung führten, hinuntergepurzelt. Wir hatten aber beide Glück und haben uns ausser ein paar Schrammen nichts Schlimmes davon getragen.

Werde mal meine anderen Erinnerunge rauskramen, aber ob ich jetzt dazu komme, alle anderen nieder zu schreiben, das steht in den Sternen.
Danke für Deine Lesezeit und den netten Kommi.
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Liebe Bärbel, vieles aus deiner Geschichte könnte ich in meiner übernehmen., die Armut, die Heimlichkeiten und das Verstecken.. Vielleicht versuche ich auch, ein Bild aus jenen fernen Weihnachtstagen zu Papier zu bringen, hast mich angesteckt.
Liebe Grüße ein herzliches Lächeln
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Liebe Ingrid, freu mich sehr, dass Du bei mir reingeschaut hast. Ja Armut war früher Alltag, aber wir haben uns trotzdem, zumals als Kind, nicht so verbissen gesehen, wie man es jetzt tut. Haben halt das Beste fraus gemacht und nicht immer nach denen "geschielt", die mehr hatten.

Werde mich gleich mal bei Deiner Geschichte ans Lesen machen.
Vielen lieben Dank für den netten Kommi und
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Enya2853 Liebe Bärbel,
eine so schöne Geschichte, voll bepackt mit Erinnerungen. Und die sind gar nicht so verschieden von denen, die ich habe.
All das, was Weihnachten ausmacht, war wohl damals sehr präsent und hat sich eingebrannt (vielleicht, weil auch vieles verloren gegangen ist).
Ich bekam auch oft Erweiterungen meiner Puppenstube oder selbst genähte Puppenkleider.
Schokolade oder Apfelsinen gab es fast nur in der Weihnachtszeit (obwohl ich im Westen gro geworden bin, Mama hatte einfach kein Geld). Diese Dinge kamen dann aber in die sog. Schulpakete, die wir im 5. und 6. Schuljahr an Familien in der DDR verschickten.
Ich fand das damals ungerecht ...

Deine Erinnerungen sind lebendig, authentisch und richtig schön.
Ein tolles Weihnachten im Dreimädelhaus. Danke dafür.
Liebe Grüße
Enya
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Liebe Enya, danke für den netten Kommi. Dass Du das Verschicken ungerecht fandest, kann ich gut nachvollziehen. Wir haben von Onkel und Tante höchstens mal Kaffe und Schokolade bekommen. Dafür schickte meine Oma aber 11 Weihnachtsstollen rüber. Der 12-te war für uns.
Bananen un Orangen gab es fast auch nur zu Feiertagen und dazu musste man sich lange anstellen.
Danke für die Weihnachts"geschenke" und einen schönen dritten Advent wünsche ich Dir.
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Das habe ich auch wieder sehr gern gelesen. Kann dir nur Lebkuchenherzen ♥♥♥ schenken.
Lieben Gruß
fleur
Vor langer Zeit - Antworten
baesta  Danke fürs nochmalige lesen und die Lebkuchen herzchen. Die lass ich mir heut nachmittag schmecken.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Hier war ich gern noch einmal, liebe Bärbel.
Die Erinnerungen bleiben und ich würde gern wissen, was unsere Enkel in 30 Jahren über das denkwürdige Jahr 2020 erzählen.
Lieben Nachtgruß
Sabine
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Fast hätte ich Deinen Kommi übersehen. Entschuldige bitte. Tja, und was unsere Enkel (ich habe leider keine) über das Jahr 2020 erzählen, das werden wir wohl nicht erfahren, weil niemand in die berühmte Glaskuge schauen kann.
Danke für Deinen nochmaligen Besuch.

Liebe Adventsgrüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
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