Einleitung
Hier ist zu lesen, wie mein Bruder mich blamierte. Hätte das nie für möglich gehalten, das ich den Spruch," ich dachte, die Erde verschlingt mich," mal so ernst nehmen würde. Aber lest selber.
Mein Bruder Alex und ich beschlossen, uns einmal einen schönen Tag machen. An einem schönen Sommermorgen schlenderten wir langsam durch das Harzstädtchen Wernigerode. Schlenderten, war der richtige Ausdruck. Eigentlich hätte man auch sagen können, wir rollten durch Wernigerode, zumindestens meine Wenigkeit. Ich war im neunten Monat schwanger und ähnelte sehr einer "Tonne". Da mein Mann auf See fuhr, meinte mein Bruder, das mir eine Abwechslung nicht schaden würde. Wie gesagt, ich war so unförmig, das ich meinte, Jeder würde mich anschauen. Mein Bruder ist ein total lustiger
Mensch. Er kann im nu einen Raum voll Menschen zum lachen bringen. Wo mein Bruder Alex ist, ist Fröhlichkeit angesagt, Stimmung ohne Ende.
Nun gut, an diesem Morgen stellten wir fest, daß die meisten Passanten ziemlich ernst schauten und jeder so vor sich hin muffelte. Mein Bruder grinste und fragte, ob er die Leute mal zum lachen bringen sollte. Ich lächelte und fragte, wie er das machen wolle. Darauf hin, sah er mich spitzbübisch an und sagte:"Weißt Du, ich könnte Dich doch mal blamieren, was hältst du denn davon?" Ich lachte. "Wie willst Du denn das ansstellen," fragte ich und grinste zurück. Im Inneren dachte ich,
der hat doch einen Piep. Mich blamieren? "Laß mich mal machen," sagte Alex, "das schaff ich doch mit links". "Na dann versuch es mal," sagte ich und lachte laut.
Es waren schon ziemlich viele Menschen unterwegs. Wernigerode ist ja ein Urlaubsort und ganzjährig tummeln sich dort die Reiselustigen. Plötzlich, ohne eine Vorwarnung, fiel mein Bruder vor mir auf die Knie, umfaßte meine Beine mit beiden Armen und tat so, als ob er bitterlich weine. Ich war so geschockt, daß ich zu keiner Bewegung fähig war. Wenn ich mit Allem gerechnet hätte, aber mit so Etwas nicht ! Mit mächtiger Fülle um den Bauch und hoch rotem Kopf
stand ich inmitten der Leute, die neugierig stehen blieben. Jetzt war mein Bruder voll in seinem Element. "Liebste," rief er ganz laut "Du kannst mich doch jetzt nicht verlassen, was soll denn aus unserem Kind werden, sei doch vernünftig, ich liebe Dich doch!" Einige der Umstehenden lachten, andere sahen meinen Bruder mitleidig an. Der ließ sich nicht beirren und küßte nun auch noch zum Überfluß meine Beine ab. Das war der Moment, wo ich mir wünschte, die Erde würde sich auftun. Ich mußte Etwas tun, das war mir schon klar, aber was ? Nun gut, wenn er es nicht anders wollte. Ich beugte mich, so gut es mit meinem Bauch möglich war, zu ihm
hinunter und schrie nun meinerseits ihn an:" Da hast Du selber schuld, wärst Du nicht mit meiner Freundin in`s Bett gegangen, wären wir jetzt noch glücklich und unser Kind würde einen Vater haben, aber Du sagst ja immer, ich werde dir zu dick und dabei ist es doch dein Kind."
In diesem Ton brüllten wir uns noch eine Weile an. Patei ergriffen viele der Schaulustigen, einige für ihn, aber die meisten für mich. Einige ganz Mutige wollten dazwischen gehen, denn Alex kniete ja immer noch auf der Straße vor mir. Ich überlegte, wie wir aus dieser Nummer wieder raus kommen könnten, ohne unser Gesicht zu verlieren. Mir war
das Ganze so peinlich !!! Plötzlich eine Stimme : "Alex, was machst du denn da mit deiner Schwester, macht ihr Reklame für ein Theater?" Mir fiel ein Stein vom Herzen. Der Rufer war Thomas, ein Freund aus unserer Schulzeit. Endlich stand Alex auf und ich begann fürchterlich zu lachen. Dann begrüßten wir uns erst einmal. Als die Zuschauer begriffen, das das nur ein Spaß war, lachten die meisten auch. Einige begriffen aber gar nichts und gingen kopfschüttelnd weiter. Wir Drei gingen erst einmal in ein Kaffee. Diese Aufführung war doch dann ziemlich anstrengend gewesen, zumal man das im neunten Schwangerschaftsmonat nun
wiklich nicht mehr tun sollte.
Dieser Spaß von damals ist heute noch ein tolles Gesprächsthema bei Familienfeiern.
05.04.12 petjul007