Kurzgeschichte
Verhexte Werbetexte - Storybattle 20

Verhexte Werbetexte....

Mary Thallom wachte schweißgebadet aus ihrem Albtraum auf. Sie hatte schlecht geträumt und war mit Magendrücken aufgewacht.

Der Wecker zeigte.....erst halb fünf, deshalb drehte sie sich wieder um und warf einen Blick auf ihren schlafenden Gatten, der mit anständigen Schnarchtönen seinen Tiefschlaf beteuerte.

Sie dachte an die bevorstehende Aufgabe, die sie gestern von ihrem Chef erhalten hatte, einen guten Werbetext für etwas zu verfassen, wovon sie innerlich eigentlich so gar nicht überzeugt war – Versicherungen.

Ihr Karl war schon immer ein sparsamer Mensch gewesen, hatte jeden Cent dreimal umgedreht und war stolz, endlich ein kleines Vermögen sein eigen zu nennen. Dafür ging er

auch jeden Tag pünktlich zur Arbeit, machte Überstunden und ackerte samstags und sonntags als fleißiger treusorgender Familienmensch in seinem Garten. Aber auch er hielt von Versicherungen rein gar nichts. Karl pflegte immer zu sagen: „Die wirtschaften doch nur in die eigene Tasche! Die arbeiten mit unserem Geld und wenn es ans Zahlen geht, dann ver-drücken sie sich.“

Da sie nun doch nicht mehr einschlafen konnte, stand sie auf und schaute kurz nach den Zwillingen, die ebenfalls noch friedlich schliefen. Dann schlurfte sie in die Küche, machte sich einen Kaffee, schaltete den Weihnachtsstern an und setzte sich an ihre alte Adler – Schreibmaschine.

Jedoch die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen und so ging sie ihre Brille suchen, die sich boshafterweise wohl mal wieder aus

dem Staub gemacht hatte. Dabei musste sie an einen Spruch ihres ehemaligen Kollegen denken, der immer zu sagen pflegte: „Eine Brille gibt auch dem dümmsten Gesicht einen Schimmer von Intelligenz...“

"Vielleicht hätte ich lieber Vermögensberaterin oder Banker-in werden sollen," dachte sie, "die brauchen wenigstens keine dummen Werbetexte zu verfassen. Vermögensberater sollen dem braven und unwissenden Erdenbürger irgend ein Finanzprodukt wie fondsgebundene Lebens- oder Rentenversicherungen aufschwatzen und verdienen damit ein Vermögen. Also sind sie eigentlich nur für sich die besten Vermögensberater, denn Versprechungen, die sie vor zehn oder mehr Jahren dem braven Erdenbürger gemacht haben, kann man nach dieser Zeit schwerlich nachvollziehen. Und der Zahlemann zahlt und zahlt und schluckt wie eine Giraffe mit langem Hals die ständigen

Dynamisierungen, die mit noch höheren Versprechungen verbunden sind, ohne den eigentlichen Fuhrmann, der hinter der ganzen Szenerie steckt, zu kennen, der sich dann bei Halbmond mit Meteorentempo und vielen Millionen auf und davon macht. Möglicherweise nach Aserbaidschan ins Hotel Pluto, um dort das viele Geld auf den Kopf zu hauen. Mein lieber Schwan, ich hätte wahrlich nicht gedacht, dass Geld sooo glücklich machen kann." So spann sie ihren Faden weiter, während sie immer noch nach ihrer Brille suchte.

"Selbst Banker sind die einzigen, bei denen das liebe Geld wirklich arbeitet und sich vermehrt. Von allen Normalsterblichen macht es sich auf leisen Sohlen immer davon, Richtung Bank.....und legt sich auf den größten Haufen.

Auch als Wahrsagerin könnte man noch eine Stange Geld verdienen, indem man vielleicht 

Steinbock und Waage verkuppelt."

Nun hatte sie jedoch ihre Brille gefunden, die sich seltsamerweise auf ihrem Kopf aber dort befand, wo sie eigentlich keine Augen hatte und machte sich wieder an die Arbeit.

Normalerweise war es für sie kein Akt, einen anständigen Werbetext zu verfassen, jedoch dieses Mal schienen sie ihre guten Inspirationsgeister allesamt verlassen zu haben, denn nach zwei Stunden lag zwar der gesamte Fußboden voller Knüllpapier aber zu Papier hatte sie noch nichts gebracht.

Plötzlich stand ihr Mann gähnend hinter ihr und flüsterte ihr zu: „Ist Dir mal was nicht gut gelungen, wozu gibt’s blos Versicherungen...“