Romane & Erzählungen
Briefe

Da lag er. Das weiße Kuvert auf dem alten dunkelbraunen Holztisch.
Tim saß aufrecht auf dem Küchenstuhl. Jeder einzelne Muskel in seinem Körper war angespannt. 
Langsam löste er sich aus seiner Erstarrung und streckte noch langsamer seine Hand nach dem Brief aus. Dann griff er ihn ganz schnell und riss ihn an seine Brust, als hätte er Angst, jemand wolle ihn dafür bestrafen, dass er den Brief genommen hatte. 
Jetzt öffnete Tim das Kuvert. Es roch nach Blumen. Tim drehte das Kuvert um und schüttelete es. Ein ebenso weißes Papier fiel aus dem Umschlag. MIt zitternden Händen faltete er es auf. 
Ein Seufzer der Erleichterung entfuhr ihm. 
Jetzt begann er zu lesen. 
      "Lieber Timotheus!
       Ich habe deine Adresse nach Jahren voller Trauer in meinem Schreibtisch gefunden. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen. Ich konnte dir
       nicht schreiben, weil mein Vater es mir verboten hat. Er hat mir zusätzlich eine schlimme Lüge über dich erzählt. Heute weiß ich, dass
       er gelogen hat. 
       Weißt du noch, wie es damals war? Auf dem Sommercamp, als 17-jährige halbstarke? Wir haben uns erwachsen gefühlt, als wir 
       abends am See saßen und es romantisch fanden. Ich warte auf deine Antwort, in Liebe, deine
       Johanna"