So ein Mist, ist die Nacht schon wieder vorbei? Ich gähnte, kuschelte mich noch einmal richtig in meine Decke, in der Hoffnung, noch ein wenig zu drusseln. Aber weit gefehlt, erst war es nur ein kleiner Gedanke, dann wurden es mehr und schon wälzte ich wieder größere Probleme, die genau betrachtet, auch noch Zeit hatten, in Angriff genommen zu werden.
Ich lebe doch in Deutschland, wo für alle Menschen gut vom Staat gesorgt wird. Ich habe dem Land vier Kinder geschenkt, die jetzt fleißig arbeiten, damit ich als Rentner gut leben kann. Was will ich eigentlich mehr? Zweiundvierzig Jahre habe ich gearbeitet
und bekomme eine stattliche Rente von insgesamt neunhundertdreizig Euro. Mein lieber S c h w a n , da muß man ja aufpassen, daß man nicht übermütig wird, bei so viel Kohle. Noch schöner wäre es, würde man die Rente noch in guter DM zahlen ! Das wären dann tausendachthundertsechzig DM, die Rente meines Mannes noch, oh Gott, hätten wir ein Leben, aber so ist man ja auch zufrieden.
Jetzt war ich hellwach und schwang mich aus dem Bett. Statt dankbar zu sein, in einem solchen Wohlstandsland leben zu dürfen, hatte ich am frühen Morgen schon negative Gedankengänge. Nein, da werden wir doch lieber
gemütlich frühstücken, dachte ich bei mir. Schnell ins Bad, wie sich das gehört. Ich greife zur Haarbürste, betrachte mich im Spiegel und muß lachen. Mein Mann sagt immer, meine Haare sind so dünn, das ein A d   l e r mit gespreizten Flügeln durchfliegen kann, ohne die Frisur zu zerstören. Fiesling! Bei meinem Morgenritual fehlte doch noch etwas? Ach ja, die blöde W a a g e  hätte ich bald vergessen. Mein Zuckerdoktor liegt mir ja immer in den Ohren mit abnehmen. Auch so etwas, was es nur in einem Wohlstandsstaat gibt. Wir essen zu viel und zu gut !!!
Dann mache ich mich auf den Weg zum
Bäcker. Da tut sich wieder die Frage auf, zu Fuß mit Hund oder Auto? Entscheide mich natürlich für ersteres. Laufen ist gesund. Als die Spritpreise so festgelegt wurden, hat man das bestimmt im Auge gehabt, denn Jeder muß ja immer mal etwas in die richtige Richtung geschoben werden. Mein Weg führt an der Tankstelle vorbei und ich beglückwünsche mich im stillen zu meiner Laufentscheidung. Wenn die Mineralölsteuer etwas gesenkt werden würde, da....Ach was solls, dafür lebe ich warm und geborgen in einem Staat, der für uns sorgt. Also kein jammern, schnell die Brötchen (das Stück 25 Ct) gekauft und nach Haus. Mein Mann fragt,
warum ich nur vier Brötchen geholt habe. Ich murmele was von einem Euro, Spritpreisen und abnehmen, winke dann aber ab. Als S t e i n  b o c k  hat man immer optimistisch zu sein, jawohl.
Nach dem Frühstück wusele ich ein wenig durch alle Räume, Staub wischen war noch nicht wieder dran und ich war schnell fertig. Danach gönnte ich mir eine halbe Stunde MyStorys. Als Rentner kann man sich das ja erlauben. Im Sommer wird das schwieriger, denn dann haben wir wieder ein paar kleine Nebenjobs. Auf keinen Fall darf man als Rentner dem Staat zur Last fallen. Der hat schon genug auf dem Buckel mit den Arbeitslosen. Wir haben ja schließlichÂ
noch Renten, die höher als die Grundsicherung sind Muß man ja mal sagen. Unser Staat würde uns nie im Stich lassen, jetzt, wo wir Rentner sind.
Kontoführung ist in unserer Familie online. Unsere Konten sind straff organisiert. Schnell den PC angeschmissen. Natürlich hat mein Konto wieder die ersten Anzeichen einer beginnenden Schwindsucht. Schnell von meinem Mann etwas überwiesen und schon stimmt es wieder. Da bin ich ganz leidenschaftslos. Von dem hin und her brennen meine Augen. Das ist immer so, wenn ich mich mit unseren Konten beschäftige. Ein Blick in den Spiegel bestätigt meine schlimmsten
Befürchtungen. Meine Augen sind rot wie bei  P  l u t o , einem Boxer in der Familie.
Danach wird es Zeit für mich, einkaufen zu gehen, die Vorräte sind fast aufgebraucht. Trotz Frau Aigners guter Vorschläge, wie man aus Lebensmittelresten eine vollwertige Mahlzeit zaubern kann, fällt mir gerade nichts ein. Mein Hals hat die Ähnlichkeit und Länge einer G i r a f f e, als ich den Kühlschrank inspiziere, aber Ergebnis gleich Null. Aber das sich da eine Ministerin mit beschäftigt, toller Staat, muß man so sagen. Da kann sogar ein Rentner von profitieren.
Hätte doch bald etwas vergessen, einen Telefonanruf nach Mecklenburg. Wir fahren dort öfter hin. Ein Bekannter von uns hat dort ein Haus mit einem großen Grundstück. Da er beruflich oft außer Landes ist, hüten wir dort ein. Macht immer viel Spaß. Er hat einige Katzen, welche sich immer freuen, wenn wir kommen. Ansonsten ist auf dem Kaff nicht viel los. Noch nicht einmal eine Kneipe gibt es mehr, aber man glaubt es kaum, dort werden bestellte Getränke noch mit einem Pferdefuhrwerk gebracht. Und was das Tollste ist, der Wagen wird von einem richtigen F u h r m a n n  kutschiert. Jeder dem ich das erzähle, staunt nicht schlecht.
Es gibt dort noch etwas, was mir gut gefällt. Es gibt zwei Frauen die eineiige Z w i l l i n g e  sind. Die eine der Frauen ist die Bürgermeisterin des Dorfes. Die Leute erzählen sich, daß die beiden immer tauschen. Sie teilen sich alle Amtsgeschäfte und so ist keine überlastet. Bleibt nur die Frage, wie sie es später mit der Rente machen. Wenn die Renten noch weiter sinken, wird es wohl für zwei nicht reichen. Aber auch bei diesem Problem wird sie Vater Staat nicht im Stich lassen. Wie gut, daß wir schon Rentner sind, diese Frage stellt sich für uns nicht.
Ich überlege, was noch zu erledigen ist. Vielleicht eine Stunde im Garten
arbeiten? Ich stell schon mal die Gartenstühle weg. Dieses Jahr werden sie ja nicht mehr gebraucht. Dabei fällt mir auf, das sie auch nicht mehr so schön sind. Eigentlich müßten da noch einmal ein paar neue her. Aber klar, warum bin ich da nicht gleich drauf gekommen? Im nächsten Jar gibt es ja drei Prozent Rente mehr, da könnte man doch....Schön in diesem Staat, bei so viel Führsorge muß es uns Rentnern ja gut gehen.
Nach unserer Gartenarbeit gibt es Abendessen, danach wird noch etwas fern gesehen. Natürlich erst mal schauen, wie es nun mit Israel und dem Gazastreifen läuft. Kann einem ja Angst
und Bange werden, wenn man die Raketeneinschläge sieht.
Dann will ich noch einmal bei myStorys vorbei schauen ob es etwas Neues gibt, danach ruft mein Bett. Ich liege noch eine Weile wach und schaue zum Himmel. Von meinem Bett aus habe ich eine gute Sicht. Ich sehe einen schönen H a  l b m o n d und viele, viele Sterne. Sie funkeln und leuchten, es sieht herrlich aus. Hauptsache, es fällt nicht einmal ein M e t e o r auf unsere Erde
Noch einmal muß ich daran denken, was ich meinem Staat zu verdanken habe, aber dann denke ich, das ja bald Weihnachten ist und stelle mir einen
großen, wunderschönen W e i h n a c h t s s t e r n  vor . Dann kommt der wohlverdiente Schlaf.
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