„Angst ist ein ständiger Begleiter-oder in 6 Wochen einmal zur Hölle und wieder zurück“
Bei unserer ersten Begegnung im Mai dieses Jahres war alles noch völlig unscheinbar. Ich nahm dich eigentlich nur wahr als Teilnehmerin eines Kurses, welchen ich auch besuchen durfte.
Ganz langsam näherten wir uns an, erst waren es längere Gespräche in den Pausen, dann ein gemeinsames Ab lästern übern die Maßnahme. Welche für uns nicht mehr war, als ein sinnloser Zeitvertreib. Was man uns dort erzählte war ja für nichts Neues für uns.
Von Anfang an hast du offen erzählt, dass du sehr schwer erkrankt bist. Du hast dies in einer Art und Weise erzählt, so richtig schnodderig „Ja ich bin krank, aber können wir nun endlich mal zu den wirklich wichtigen Sachen kommen.“ Dafür hab ich dich ja schon bewundert. Und für deine ehrliche, direkt Art sowieso.
Es vergingen die Wochen und ein entscheidender Satz hat dazu beigetragen das ich wusste, da steht ein Mensch der ist dir irgendwie ähnlich. Wir unterhielten uns so über unsere Hobbys, und stellten fest dass wir beide sehr gern lesen und natürlich kam auch zur Sprache, welche Art von Büchern wir
bevorzugten. So sprachen wir dann auch über „SM“ und der Satz „Jeder Mensch hat irgendwie einen Fetisch“ zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht.
So wurde unser Kontakt enger, und ich wagte es trotz aller schlechter Erfahrungen mich näher auf dich einzulassen. Wir trafen uns zum Kaffee. Wir sprachen nicht mehr nur über „Gott und die Welt“ und das „Wetter“. Nein, wir teilten andere Gedanken miteinander, wir lachten über denselben Kram, aber wir stellten aneinander keinerlei Besitzansprüche. Wenn wir mal nix von einander hörten, war es ok, weil ich wusste ja dass es dir gutgeht.
Doch alles sollte sich ändern….es kam
der August unsere Maßnahme war endlich zu Ende, und schon dort merkte ich, dass es dir nicht mehr so gut ging wie im Mai.
Zwischenzeitlich hatte es sich so eingerichtet, dass wir uns jeden Mittwoch zum Kaffee trafen.
Dann die erste niederschmetternde Nachricht von dir. Nur mit dem Text „ Mir geht’s nicht gut, bin im KH“. Ich war geschockt, ich wusste ja dass ein Schub jederzeit kommen konnte. Tagelang waren es nur immer kurze Sätze, die mich aber beruhigten, ich nahm sie wie ein Lebenszeichen von dir auf. Dann besuchte ich dich im Krankenhaus. Und ich war
geschockt-weil du sahst so fertig aus. Wir unterhielten uns, und schnell merkte ich wie sehr dich das anstrengte. Im Klinikpark hab ich versucht dir Mut zu machen und hab dir unter anderem gesagt „das Sterben nicht erlaubt sein würde. Ich ging in dem Gefühl und mit der Hoffnung, dass wir uns zu meinem Geburtstag sehen würden. Aber ich sollte mich täuschen. Für mich fingen Tage voller Angst an. Tage an denen meine Gedanken nur bei dir waren. Du konntest dich nicht melden, wie auch wenn man mehr mit dem „bösen Feind“ zu kämpfen hat. Ich spürte die Angst so wahnsinnig, weil du mir so sehr ans Herz gewachsen warst. ich hatte Panik davor
dass unsere Wege sich trennen würden, bevor wir all unsere Pläne erlebt hatten.
Nach einer langen harten Woche endlich wieder eine Nachricht von dir „Bin in Emden. Mehr wenn es mir besser geht“. Damit konnte ich leben und haarte der Dinge die da nun kommen würden. 1 Tag vor meinen Geburtstag der lang ersehnte Anruf. Du hast mir alles erzählt. Und wieder war es die Art und Weise die mich so mächtig beeindruckt hat. Wie kann ein Mensch wenn er mit dem Tode ringt, hinterher so zynisch davon berichten. Da war sie wieder die Panik –ich wollte einfach nicht wahrhaben, das deine beschissene Krankheit uns schneller trennen könnte, als es mir lieb
war. Und ich fühlte mich so wahnsinnig machtlos. Du sagtest mir dass wir uns unbedingt noch treffen müssen, da du in der nächsten Woche für ca. 3 Wochen nach Oldenburg solltest, zur Weiterbehandlung. Wir vereinbarten dafür den Mittwoch, den Tag der zwischen unseren Geburtstagen lag.
Zu meinem Geburtstag bekam ich eine Nachricht von dir, die so viel mehr Wert war als all die Einträge in einem sozialen Netzwerk.
Am Mittwoch hielten wir dann unseren geliebten „Kaffeeklatsch“. Aber wieder merkte ich, dass es dir noch wahnsinnig schlecht ging. In meiner sehr direkten Art habe ich das auch gesagt, und du hast
zum ersten Mal zugegeben, dass es auch sehr viel schlimmer ist, als die Ärzte vermutet haben. Nach 2 Stunden ging ich dann, weil es für dich einfach zu anstrengend wurde.
Und zu Hause weinte ich dann stille Tränen. Tränen der Wut, der Verzweiflung. Endlich hatte ich wieder eine beste Freundin. Sollte ich diese wirklich wieder verlieren. Verlieren durch etwas was so beschissen endgültig war? Wo man nicht nach einem halben Jahr hingehen konnte um zu sagen „ Du hör mal ist Scheisse gelaufen, wollen wir nochmal von vorne anfangen??“. Natürlich behielt ich das für mich, damit konnte und wollte ich dich nicht
belasten.
Und dann war er da dieser Sonntag. Du schriebst mir du bist fürs WE zu Hause und würdest zum Kaffe vorbeikommen. Und du hast alles so schonungslos offen dargelegt. Deine schlimmen Halluz, deine Gespräche mit dem „Tod“ wie du so schön gesagt hast. Und da es für dich ok war, weil du da keine Schmerzen mehr hattest. Es war schön und entspannend für dich da. Aber du hast dem „Tod“ auch ganz klar mitgeteilt, dass du noch keine Zeit für ihn hast, dass du zurück musst. Zum Glück!! Ich genoss diese Stunden sehr, weil ich das Gefühl hatte, es geht dir besser. Klar, vieles fällt dir
noch schwer. Aber deine unsersgleichen Art, die Dinge hinzunehmen, zynisch zu betrachten die war wieder da.
Es waren 3 wunderschöne Stunden, und wir verabschiedeten uns mit einem lachenden und einen weinenden Auge.
Das lachende Auge entlässt dich, damit du weiter gesund werden kannst, und um dich zu erholen.
Das weinende Auge, weil die Zeit der Trennung wieder so lang sein wird.
Aber es bleibt die Hoffnung bei mir. Die Hoffnung darauf, dass wir noch viele gemeinsame Stunden haben werden.