Alles im Leben hat zwei Seiten. Außer es hat drei. Eine Geschichte, die noch erzählt werden muss. Von einem außergewöhnlichen jungen Mann, der Kunst und des Schicksals, das eine Welt für immer verändern sollte
Corinthis verbrachte den nächsten Tag damit, in der Werkstatt aufzuräumen. Zum ersten Mal seit drei Jahren wie es ihm schien hatte er dazu wirklich Zeit. Aufträge hatte er momentan keine…. Und um etwas Eigenes zu schaffen, dazu hing er zu vielen Wiederstrebenden Gedanken nach. Der gestrige Abend beschäftigte ihn noch immer.
Die Werkstatt hatte in den letzten Jahren immer als Lagerraum für alles gedient, was er sonst nirgendwo mehr hatte unterbringen kann. Neben den von ihm immer penibel freigehaltenen Arbeitsflächen, wie etwa am Leimbad für die Kohlezeichnungen, stapelten sich wiederum dutzende von Bilderrahmen, alte Skizzen, die er längst nicht mehr benötigte und jede Menge Müll. Zerbrochene Holzplanken, Metallscharnieren und Farbreste.
Keltor schaute einmal vorbei um nach ihm zu sehen, als er grade dabei war die gesammelten Holzreste mit einer Axt Kleinzuhacken um diese im Winter zu verbrennen.
,, Ihr seit gestern nicht wieder aufgetaucht. Ich hatte mir schon sorgen gemacht.“
,, Tut mir leid, aber ich habe es dort keinen Moment mehr ausgehalten.“ , erwiderte er gereizter als er sein sollte.
,, Tja, ich muss zumindest sagen, der Kaiser weiß, wie man einen Eindruck hinterlässt. Ich habe mit ein paar Adeligen gesprochen. Wenn ihr wollt, kann ich jederzeit neue Aufträge besorgen.“
Corinthis sah überrascht auf. ,, Früher habt Ihr euch nicht die Mühe gemacht meine Meinung einzuholen.“
,, Eben früher. Aber jetzt…“
,, Keltor, ich dachte das hätten wir geklärt. Es hat sich nichts verändert. Aber wenn ihr fragt… nehmt erst mal keine Anfragen an. Ich… versuche grade etwas Ordnung in alles zu bringen.“
,, Ich könnte euch helfen.“ , bot Keltor an. Offenbar war der Händler trotz Coritnhis Beteuerung verunsichert… als wüsste er nicht mehr, ob er den Maler noch kannte.
,, Ich meine nicht nur die Werkstatt. Ich denke ich muss einiges… klarstellen.“
, , Das habe ich mir gedacht.“ Er zögerte kurz, ,, Die Feierlichkeiten werden heute Abend fortgesetzt. Ich kann euch nicht überreden, dem Palast einen zweiten Besuch abzustatten?“
,, Nein.“ , erwiderte er nur.
,, Nun gut… ich gehe dann wieder.“ Er drehte sich um und wollte den Hof verlassen.
,, Wartet noch.“ Keltor blieb stehen und sah zu wie Coritnhsi im inneren der kleinen Baracke verschwand um wenige Sekunden später mit einem schweren Lederbeutel wiederzukommen. ,, Ihr könntet das allerdings für mich verwalten. Ich weiß eh nicht, was ich damit anfangen soll.“
Er warf den Beutel voll Gold dem Händler zu, als würde es sich dabei um Steine handeln.
,, Ich kann für euch darauf aufpassen aber…“
,, Keltor zum dritten Mal, nichts ändert sich, ich brauche nur mal ein wenig Zeit zum Nachdenken.“
,, Natürlich, wir sehen uns.“
,, Das auf jeden Fall.“ Er schüttelte dem Mann die Hand. ,, Vielleicht lasse ich mich tatsächlich auch überreden heute mitzukommen. Irgendwie muss ich das ganze Geld doch loswerden.“
,; Das glaubt ihr doch selbst nicht.“ Der Händler verabschiedete sich endgültig und verschwand.
Corinthis selbst sah ihm noch kurz einen Moment nach, dann machte er sich wieder an die Arbeit.
Mittlerweile war es früher Nachmittag geworden und die Werkstatt konnte sich mittlerweile auch wieder als solche bezeichnen lassen. In einer Ecke des Hofs türmten sich nun zerbrochene Holzrahmen auf. Nur in Corinthis Kopf herrschte nach wie vor Chaos. Er hatte sich nie viel Gedanken um das Kaiserreich Ert gemacht. Zumindest nie als gesamtes. Was ihn interessiert hatte, war den Inquisitoren auszuweichen und darauf zu hoffen, dass es nicht zu einem größeren Konflikt mit Niob kam. Doch nun, wo er einmal im Zentrum des Kaiserreichs gestanden hatte, ließen ihn die Gedanken keine Ruhe mehr. Kein Gott, sondern ein Mensch. Diese simple Erkenntnis drang immer wieder an die Oberfläche seiner Gedanken, ohne das er etwas dagegen tun konnte.
Schließlich zwang er sich , damit aufzuhören. Er dachte nach… aber es führte zu nichts. Nur zu der Tatsache, dass die meisten Bürger Erst nichts von den Vorgängen im Herzen ihres Reichs wussten. Er selbst hatte nur einen kleinen Blick hineingeworfen… und was er gesehen hatte waren lediglich Symbole und Schein, wie der Kaiser es selbst bestätigt hatte. Doch… irgendwoher musste dieser Respekt kommen, die auch der Adel dem Kaiser entgegenbrachte. Aus etwas anderem als dem des eigenen Vorteils. Die einzig wirksame Kontrolle war Angst… aber Angst wovor? Den Magiern ?
Seine Gedanken bewegten sich abermals in einem Kreis und kehrten schließlich zum letzten Abend zurück. Die seltsame und kurze Begegnung auf der Straße ließ ihm genau so wenig Ruhe. Nehalenie… er war sich mittlerweile sicher, dass er nicht nur ihr Gesicht kannte, sondern auch den Namen schon einmal gehört hatte. Und zwar im Palast von Inglarion.
Er gab das Nachdenken auf… es nütze nichts, sich über Dinge den Kopf zu zerbrechen, die er nicht ändern oder erklären konnte.
Ziellos lief er durch die Werkstatt, ließ hier einen Pinsel durch die Händen wandern, nur um diesen dann wieder wegzulegen und fing dort eine Skizze an, die er nach wenigen Strichen bereits wieder verwarf. Sein Blick verharrte auf dem in Rot getränkten Bild des Rabens, das er angefertigt hatte, kurz bevor ihm der Auftrag des Kaisers überbracht worden war. Noch immer ließ ihn die Zeichnung aus einem undefinierbaren Grund unruhig werden. Und es war definitiv nicht die Tatsache, das die getrockneten Farben immer mehr an Blut erinnerten…
Es gab Menschen, die beim Anblick von Blut tatsächlich Angst bekamen, er jedoch gehörte nicht dazu. Das herauszufinden, hatte er genug Gelegenheiten gehabt, angefangen von kleineren Verletzungen während der Arbeit bis hin zu der Schnittwunde , die ihm jener Tag eingebracht hatte, als er einen Schuldner für Keltor gejagt hatte. Mittlerweile erinnerte ihn nur noch die verbliebene Narbe an jenen Tag, doch dem war nicht immer so gewesen. Zwei Tage nach der Jagd durch die Straßen Inglarions, hätte ihn die Wund beinahe getötet…
Er hatte grade erst damit begonnen, die heutige Werkstatt einzurichten und das Chaos zu beseitigen, welches den Hof bis dahin geprägt hatte. Keltor unterstützte ihn dabei, aber das meiste machte er alleine. Während dieser ersten zwei Tage hatte er der Verletzung, die er als Kratzer abtat kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Vielleicht hätte er das besser. Den bereits am darauf folgenden Abend hatte er Fieber bekommen. Corinthis war früher schon krank geworden und natürlich kannte er die heimtückischen Auswirkungen, die Fieber zuweilen auf den Geist nahm. Doch diesmal war es schlimmer. Fast eine Woche lang war er im Delirium, nicht ansprechbar und selbst als er sich endlich erholte, obwohl sowohl Keltor, als der behandelnde Heiler, ein älterer Mann, der auf dem Markt seine Dienste anbot, ihn bereits für so gut wie Tod hielten, steckte ihm die Erinnerung noch in den Knochen. Das seltsame Gefühl, seine Gedanken würden sich selbstständig machen… eine Erfahrung, die er fürchten gelehrt hatte. Seitdem ging er äußerst Vorsichtig mit kleineren Verletzungen um.
Corinthis schüttelte die Erinnerung ab und wendete sich wieder dem Bild zu. Einen kurzen Augenblick lang betrachtete er es noch…
Ein lautes Geräuschdraußen auf dem Hof ließ ihn aufschrecken. Flügelschläge und Schritte…
Ein schwarzer Vogel stieg vom Hof aus, wo er in der Sonne gesessen hatte in den Himmel auf und verschwand. Schon wieder ein Rabe, da war er sich sicher. Fast schienen die Tiere ihn zu Verfolgen.
Allerdings konnte das auch nur Einbildung sein. Die Vögle waren klug und konnten sich auch in der Stadt problemlos von Abfällen ernähren. Besonders auf dem Marktplatz stellten die Schwarzgefiederten Ratten, wie manche sie auch bezeichneten neben den Tauben die reinste Plage dar. Corinthis jedoch mochte sie normalerweise. Wenn es ein Tier gab, das seiner Meinung nach den Menschen am nächsten kam, so war es wohl Krähen und Raben.
Aber etwas hatte das Tier aufgeschreckt. Weitere Stiefelschritte und wenige Augenblicke später betrat ein Mann den Platz, dessen aussehen den Maler sofort skeptisch machten.
Er trug eine leichte Rüstung, die wohl nur zur Zier diente, als das sie wirklich Schutz geboten hätte, schien aber nicht bewaffnet zu sein. Aber es war nicht dieser Umstand, der Corinthis merkwürdig erschien. Auf der nutzlosen Panzerung war das Sonnensiegel des Kaisers eingekerbt. Ein Inquisitor war der Mann nicht… aber was dann?
Offenbar hatte er Corinthis in der Werkstatt noch nicht entdeckt, denn er sah sich suchend um.
Er würde nicht herausfinden, was der Mann wollte, wenn er sich versteckte. Einen Augenblick lang zögerte er noch, dann trat er nach draußen.
,, Corinthis der Maler ?“ , fragte er, nachdem Corinthis aus der Werkstatt auf den Hof getreten war.
,, Der bin ich.“
Der Mann griff nach einer kleinen Tasche an seinem Gürtel und zog ein viereckiges Stück Pergament hervor. ,, Ich wurde gebeten, euch das hier auszuhändigen.“ Er reichte Corinthis das Papierstück, der es Stirnrunzelnd entgegennahm.
,, Was will der Kaiser denn, das so wichtig ist, das er einen Boten aus dem Palast herschickt ?“ , fragte er, ohne sich das Blatt anzusehen.
,, Ich glaube ihr irrt euch Herr, die Nachricht ist nicht vom Kaiser, auch wenn ich Bote des Palasts bin.“
,, Von wem dann ?“ Er faltete das Blatt auf, als der Bote sich wieder in Bewegung setzte und verschwand, bevor Corinthis ihn anhalten konnte. ,, Hey.“ Der Bote war verschwunden. ,, Toll…“
Er wendete sich wieder dem Stück Papier zu, das sich ziemlich schnell als Brief herausstellte.
,, Ich sagte euch, das ich eure Frage vielleicht bei unserem nächsten treffen beantworten würde.
Ich hoffe der Bote hat euch finden können. Es war recht einfach zu erraten wer ihr seid, wie ich zugeben muss. Corinthis.
Ich warte dort, wo wir uns gestern begegnet sind.
Solltet ihr nicht auftauchen, so werde ich das als Zeichen deuten, das ihr mich nicht wiedersehen wollt. Ich hoffe aber euch heute Abend zu sehen
N“
Er legte den Brief mit einem Schmunzeln bei Seite. Für ihn Stand die Antwort schon fest. Nur ergab sich nun ein noch größeres Rätsel. Wer war Nehalenie… natürlich einiges konnte er sich zusammenreinem, irgendwie stand sie mit dem Kaiser in Verbindung… Es war nicht nur der Wunsch sie wiederzusehen, der ihn beinahe Zwang die Einladung anzunehmen, sondern auch Neugier, mit wem er es eigentlich zu tun hatte. Soweit ihm bekannt war, hatte der Kaiser einige Adelige während der Dauer der Feierlichkeiten im Palast untergebracht, während andere wieder am gestrigen Abend abgereist waren. Vielleicht gehörte sie dazu.
Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
Bis zum Abend jedoch bliebe ihm noch viel Zeit. Corinthis holte sich einen Stuhl aus der Werkstatt, den er normalerweise als zweite Staffelei verwendete und setzte sich, in Stück Zeichenkohle und Pergament in der Hand in die Sonne.
Er dachte an Nehalenie.
Diesmal musste er nicht nach den ersten paar Strichen aufhören, sondern zeichnete weiter. Langsam aber sicher nahm die Skizze Formen an. Und mehr war es tatsächlich nicht, eine Grobe Skizze, doch konnte er sämtliche Details, die er ausgelassen hatte jederzeit aus seinem Gedächtnis abrufen. Trotzdem war er mit der Zeichnung nicht zufrieden. Er faltete das Blatt zusammen und ließ es in seiner Tasche verschwinden. Vielleicht würde er später daran weiterarbeiten. Bis zu dem Tag, an dem ihm das Bild jedoch wieder einfiel, sollte er längst andere Probleme haben. Für den Augenblick reichte es ihm eine Weile in der Sonne zu sitzen und den ab und zu vorliegenden Vögeln zuzusehen, Meist Raben oder Tauben. Nur eines der Tiere flog nicht. Es ließ sich auf dem Dach der Werkstatt nieder und rührte sich nicht mehr. Vielleicht der Vogel, den der Bote vorhin verscheuch hatte, überlegte er.
Corinthis stand auf und lief auf die Werkstatt zu. Normalerweise erwartete er, dass der Rabe nun davonfliegen würde. Jedoch blieb dieser ganz ruhig sitzen und schien lediglich jeden seiner Schritte zu verfolgen.
Langsam wurde ihm das Tier unheimlich. Er versuchte es diesmal wirklich zu verscheuchen.
,, Verschwinde.“ , rief er laut. Der Rabe sah ihn noch einen kurzen Augenblick an, dann erhob er sich Flügelschlagend wieder in die Luft.
Corinthis sah dem schwarzen Vogel nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Die Sonne stand mittlerweile schon tiefer und kurz überlegte er, ob er noch zum Markt gehen und Keltor von dem Brief erzählen sollte. Etwas jedoch riet ihm davon ab. Das ging den Händler eigentlich überhaupt nichts an, auch wenn er gerne den Rat des Mannes gehabt hätte.
EagleWriter Re: - Zitat: (Original von EwSchrecklich am 15.11.2012 - 11:54 Uhr) Schreib nicht so schnell weiter! Ich komm gar nicht mit dem lesen nach :o Naja, wenigstens bleibt mir noch eine Weile guter Stoff zum lesen ^^ Und hab ich schon erwähnt dass wieder alles super beschrieben war? ^^ lg jetzt schon lg E:W |
EwSchrecklich Schreib nicht so schnell weiter! Ich komm gar nicht mit dem lesen nach :o Naja, wenigstens bleibt mir noch eine Weile guter Stoff zum lesen ^^ Und hab ich schon erwähnt dass wieder alles super beschrieben war? ^^ lg |