Kurzgeschichte
Angst

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"Angst"
Veröffentlicht am 09. November 2012, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.
Angst

Angst

Angst

 

 Jürgen hatte immer schon Angst. Bereits als kleines Kind fürchtete er sich in der Dunkelheit. Auf seinem Nachtkästchen musste immer eine Lampe brennen, und Mama durfte das Zimmer erst verlassen, wenn er eingeschlafen war. Vor Schularbeiten konnte er überhaupt nicht schlafen, er bekam Bauchweh, wälzte sich schweißgebadet im Bett und erschien am nächsten Tag mit zittrigen Knien in der Schule. Dabei fielen seine Arbeiten meistens gut bis mittelmäßig aus. Versagt hatte er nie. Während der Pausen hielt er sich gerne im Klassenzimmer auf anstatt auf dem Schulhof zu spielen. Er fürchtete sich vor den älteren, aber auch gleichaltrigen Buben  und ihrem Spott und Hänseleien. Doch je mehr er sich zurück zog, desto heftiger wurde er verspottet. "Angsthase" nannten sie ihn und lachten ihn aus. Auch gegen die diversen kleinen Streiche setzte er sich nicht zur Wehr, sondern nahm sie kommentarlos hin.

So wurde Jürgen immer stiller und trauriger. Er fühlte sich sehr allein und von allen ungeliebt. Nicht selten klammerte er sich nachts an seinen tränennassen Polster, um irgendwo Halt zu finden. Mama und Papa sagten: "Du musst dir doch nicht alles gefallen lassen. Bist doch schon so ein großer Bub!  Reiß dich zusammen! Warum hast du denn vor allen und allem Angst ... das ist echt kindisch!"   

Dann fuhr die Klasse auf "Landschulwoche" . Einfach furchtbar für Jürgen. Alle seine Tricks, daheim zu bleiben, fruchteten nicht, kein Bitten, kein Flehen half.

Im Schülerheim musste er sein Zimmer mit drei Klassenkameraden teilen. Mit drei frechen Lausbuben, die nur Streiche und Unsinn im Kopf hatten.

Eines Abends planten sie eine nächtliche, heimliche Badestunde.

Hell leuchtete der Mond vom Himmel und der See lag ruhig unter seinem funkelnden Glanz.

Die drei Buben, Walter, Georg und Markus, zwangen Jürgen mitzukommen. "Du Angsthase, du, wenn du nicht mitmachst, werden wir dir diese Woche wirklich schwer machen. Und wir sagen dem Lehrer, dass du dich mit der Anita  im Clo getroffen und sie geküsst  hast."

"Ist ja gar nicht wahr!"

"Wir sagen es trotzdem! Dann musst du vielleicht nach Hause fahren!"

Jürgen fügte sich. Verzweifelt trottete er hinter den Kameraden her. Sie zogen sich aus und wateten nackt ins Wasser. Jürgen aber setzte sich auf eine Luftmatratze und sah den anderen betrübt zu. Sie schwammen, spritzten sich gegenseitig an, kreischten und lachten.

Plötzlich wurde es still. Nur Georg rief gellend: "Hilfe!! Ich hab´ einen Krampf. Ich kann nicht mehr."

Jürgen sprang vor Schreck  auf. Was tun? Hilfe holen? Dann ist es vielleicht schon zu spät...? Oh Gott, oh Gott, was mach ich da bloß? 

In seinem Kopf rasten hundert Gedanken zugleich und er zitterte vor Angst und Aufregung. 
Im Wasser ... Markus und Walter wollten helfen. Aber Georg war zu schwer. Er sackte immmer wieder weg. Auch die beiden anderen hatten jetzt zu kämpfen. Sie schluckten Wasser. Die Kräfte erlahmten. Die Buben bekamen Angst, riesige Angst, Todesangst.

Aber da tauchte Jürgen neben ihnen auf. Vor sich herschiebend die rettende Luftmatratze.

Erschöpft klammerten sich alle daran fest  und strampelten mit letzter Kraft dem Ufer entgegen.

Sie schlüpften in ihre Kleider und ließen die Köpfe hängen, als sie hastig in ihre Zimmer eilten. Keiner sprach ein Wort, als sie zu Bett gingen.  

Doch andern Tags machte die Geschichte dieses nächtlichen Abenteuers die Runde. Jürgen wurde gefeiert, wurde plötzlich mit anderen Augen gesehen.

Und eigenartig. Seit diesem Erlebnis sah sich Jürgen selbst auch mit anderen Augen. Er wurde selbstsicherer und verlor zunehmend seine Angst. 













 



 



 

 




 

 

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Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.

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NORIS Re: Re: -
Zitat: (Original von mukk am 15.11.2012 - 17:02 Uhr)
Zitat: (Original von NORIS am 12.11.2012 - 12:47 Uhr) Eine Geschichte, die nachdenklich macht, Angst, Mut und Selbstvertrauen in einer Geschichte besser verständlich macht als jede elterliche Ermahnung es kann ...

Liebe Grüße
Heidemarie



Liebste Heidemarie,
Vielen, vielen herzlichen Dank für deinen schönen Kommi, der mich sehr gefreut hat..
Wünsche dir einen erholsamen, ruhigen Abend und grüße dich ganz, ganz lieb!
Herzlichst Ingrid


-:)))
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Das ist eine absolut tolle Geschichte..... -
Zitat: (Original von KarinB am 14.11.2012 - 20:45 Uhr) Und es ist wirklich oft so dass es ein bestimmtes Ereignis braucht und schon hat ein Kind in der Schule einen ganz anderen Stellenwert. Das kommt mir nicht unbekannt vor.

Toll geschrieben meine Liebe

GLG Karin



Hallo, liebe Karin, dein lieber Kommi hat mich sehr gefreut .... herzlichen Dank!! Oft braucht es ein Schlüsselerlebnis, um das Selbstbewusstsein zu stärken, sich zu behaupten und an sich selbst zu glauben, sich selbst und seinen Fähigkeiten zu vertrauen.
Ich hoffe dir und deinen Lieben geht es gut.
Mit den allerliebsten Grüßen
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: -
Zitat: (Original von NORIS am 12.11.2012 - 12:47 Uhr) Eine Geschichte, die nachdenklich macht, Angst, Mut und Selbstvertrauen in einer Geschichte besser verständlich macht als jede elterliche Ermahnung es kann ...

Liebe Grüße
Heidemarie



Liebste Heidemarie,
Vielen, vielen herzlichen Dank für deinen schönen Kommi, der mich sehr gefreut hat..
Wünsche dir einen erholsamen, ruhigen Abend und grüße dich ganz, ganz lieb!
Herzlichst Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
KarinB Das ist eine absolut tolle Geschichte..... - Und es ist wirklich oft so dass es ein bestimmtes Ereignis braucht und schon hat ein Kind in der Schule einen ganz anderen Stellenwert. Das kommt mir nicht unbekannt vor.

Toll geschrieben meine Liebe

GLG Karin
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: -
Zitat: (Original von petjula007 am 12.11.2012 - 17:35 Uhr) Hallo Mukk,

eine tolle Geschichte, sehr einfühlsam und verständlich. Angst ist ja auch ein gewisser Schutzmechanismus und bei Kindern im Besonderen, denn da passieren viele Dinge, die sie sich noch nicht erklären können und da kommt dann manchmal die Angst in`s Spiel. Mein ältester Sohn hatte wahnsinnige Angst vor Gewitter. Nachdem er mal bald erstickt war, weil er sich so fest in eine Bettdecke gewickelt hatte, habe ich mir was überlegt, um ihm vielleicht die Angst zu nehmen. Ich schlug ihm vor, mich mit ihm wärend eines Gewitters auf den Balkon zu setzen. Wie ich ihn überredet habe, weiß ich heute auch nicht meh so genau, aber er vertraute mir. Ich erklärte ihm wärend der Knallerei die Ursachen und was dabei abgeht. Er klammerte sich ganz fest an mich und ich weiß heute noch, das mir auch garnicht wohl dabei war. Aber das sagte ich ihm nie. Aber ab da hatte er keine Angst mehr vor Gewitter.

LG
Petjula007



Hallo, meine Liebe, ich freue mich sehr über deinen Besuch und vor allem über den netten und sehr liebevollen Kommi. Es ist toll, wie du deinem Sohn die Angst vor den Gewittern genommen hast. Wirklich großartig!
Mit herzl. Dank und liebsten Grüßen
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
petjula007 Hallo Mukk,

eine tolle Geschichte, sehr einfühlsam und verständlich. Angst ist ja auch ein gewisser Schutzmechanismus und bei Kindern im Besonderen, denn da passieren viele Dinge, die sie sich noch nicht erklären können und da kommt dann manchmal die Angst in`s Spiel. Mein ältester Sohn hatte wahnsinnige Angst vor Gewitter. Nachdem er mal bald erstickt war, weil er sich so fest in eine Bettdecke gewickelt hatte, habe ich mir was überlegt, um ihm vielleicht die Angst zu nehmen. Ich schlug ihm vor, mich mit ihm wärend eines Gewitters auf den Balkon zu setzen. Wie ich ihn überredet habe, weiß ich heute auch nicht meh so genau, aber er vertraute mir. Ich erklärte ihm wärend der Knallerei die Ursachen und was dabei abgeht. Er klammerte sich ganz fest an mich und ich weiß heute noch, das mir auch garnicht wohl dabei war. Aber das sagte ich ihm nie. Aber ab da hatte er keine Angst mehr vor Gewitter.

LG
Petjula007
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Eine Geschichte, die nachdenklich macht, Angst, Mut und Selbstvertrauen in einer Geschichte besser verständlich macht als jede elterliche Ermahnung es kann ...

Liebe Grüße
Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
kullerchen Re: Re: Vertrauen zu sich selbst, -
Zitat: (Original von mukk am 11.11.2012 - 23:59 Uhr)
Zitat: (Original von kullerchen am 10.11.2012 - 12:55 Uhr) das entwickelt ein Kind erst, mit Hilfe seiner Umwelt und vor allem der Eltern.

Oft wird vergessen das Kind zu loben, doch genau das ist das Verhalten, wodurch wir unseren Kindern vermitteln, sie sind toll, wir vertrauen ihnen, wir vertrauen auf sie!

"Angsthasenbeschimpfungen" sind kontraproduktiv! Nun der kleine Held, hat gezeigt, was ihm steckt und ab da, wird er weniger leiden unter sich und unter den manchmal so grausamen Spielgefährten.

Angst ist zunächst ein Schutzmechanismus, doch auf Entdeckungsreise in die große weite Welt, da verliert sie sich, wenn man das Kind nicht überall beschützen will. Es ist gut ein Auge darauf zu haben, aber auch loslassen zu können, liebe Eltern!

Toll geschrieben Mukk. Ja der Kleine war ganz groß! Sowas passiert im wahren Leben auch! Naja, vielleicht war es eine Erinnerung aus deiner Kindheit, deinem Leben?

Egal, zauberhaft geschrieben und so gut nachvollziehbar, denn jeder kennt die Angst vorm Versagen!

Ich drück dich, ganz lieb, dein Kullerchen!



Danke dir herzlich fü deinen ausführlichen und fachlich fundierten Kommentar ... spricht da die Pädagogin aus dir?
Wünsche dir eine erholsame Nacht und eine schöne nächste Woche mit viel Sonnenschein im Herzen!
Liebe Grüße
Ingrid

Die wollt ich eigentlich nicht raushängen lassen, die Pädagogin, aber ja, das steckt ein wenig Wissen hinter natürlich auch Erfahrung, hab ja selbst 2 Kids plus Enkelchen. Naja und auch der ist von der Mama erzogen, sehr vorsichtig. Mamas behüten oft ein wenig zuviel, doch das sagte ich bereits.

Was ich nicht genug sagen kann ist, "Eine wunderbare Geschichte", liebe Ingrid.

LG vom Kullerchen!
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: sehr schön geschrieben -
Zitat: (Original von Boris am 12.11.2012 - 07:25 Uhr) gerne gelesen
und
außerdem heiße ich auch Jürgen (nicht naz so ängstlich) LG Jürgen


Danke dir herzlich, freue mich seeehr über deinen Besuch und den netten Kommi. Ein bisschen Angst muss ja sein, ist ein Urinstinkt. Nur nicht die Angst vor dem Zahnarzt... da fürcht´ich mich schon Tage vorher.
Sei lieb gegrüßt!
Ingrid
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Boris sehr schön geschrieben - gerne gelesen
und
außerdem heiße ich auch Jürgen (nicht naz so ängstlich)

LG Jürgen
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