Ich heisse Sarah und bin 15 Jahre alt. Mein Vater ist verschwunden als ich 6 war. Meine Mutter und ich wohnen mit noch einer Mutter und ihrem Sohn in einem Haus. Meine Mutter wurde vor ein paar Jahren zur Alkoholikerin, seitdem ist sie nicht mehr dieselbe.
Mir ging es mit jedem Tag besser, seitdem meine Mutter in der Klinik war.
Meine blauen Flecken verheilten, und ich hatte keine Beulen mehr am Kopf.
Meine Mutter musste ab jetzt auf Alkohol verzichten, was ihr schrecklich zusetzte.
Ich hatte mein Kleid in meinem Schrank aufgehängt, und betrachtete es jeden Tag. Es war sogar noch schöner als das vorige.
Es war niemand gekommen um mich zur Rede zu stellen, wegen dem Diebstahl. Entweder die überwachten die Umkleiden nicht, kontrollierten die Aufnahmen nicht, oder es war ihnen scheissegal. Denn teuer war das Kleid nicht gewesen. Was auch immer der Grund gewesen war, mir war es auch scheissegal. Ich hatte unsere zwei Zimmer der kleinen Wohnung für mich alleine, und hatte schon alle Alkoholflaschen weggeworfen und alles geputzt.
Ich musste lächeln, was ich schon lange nicht mehr getan hatte. Ob alles wieder in Ordunung sein würde? Ich dachte an meine Mutter, ich dachte an Max. Nein, dachte ich und seuftzte. Meine Mutter kann nicht mehr die Alte werden, sÃe hat sich verändert. Max, ich liebe ihn, oder? Er liebt mich, und ich liebe ihn. So ist es ganz einfach. Aber ist das Leben immer ganz einfach?
Nein. Es ist hart und unfair, würde meine Mutter sagen. Aber es muss nicht so sein. Nicht für mich. Nur weil ihre Liebe gestorben ist, stirbt meine nicht auch. Hoffte ich.
Max sah mein verträumtes Lächeln: "Woran denkst du?""
Ich sah ihn erstaunt an: "Was?"
Max wieder: "Woran hast du gedacht?"
"Wieso?"
"Du hast so in die Ferne gelächelt."
"Ich bin glücklich."
Er lächelte: "Ich auch."
Ich legte meinen Kopf wieder auf seinen Schoss, wo er vorher gelegen hatte, und sah ihm ins Gesicht. Er war braun gebrannt und hatte ein spitzes Kinn, was ihm aber gut stand. Er sah zu mir herunter und begegnete meinem Blick. Ich sah Sorge, aber auch Erleichterung in seinem Blick. Ich fragte: "Ist etwas?"
Er runzelte die Stirn: "Wieso?"
"Du siehst so sorgenvoll aus."
"Ich mache mir Sorgen um dich."
"Wieso?"
Von meinen Sorgen mochte ich nicht erzählen. Denn bei den letzten beiden Entzügen, tauchte das Jugendamt bei mir zu Hause auf und brachte mich in Heimen unter, da wir keinen Kontakt zu Verwandten hatten. So ein Leben wollte ich nicht noch einmal. Auch dort lernte ich Gewalt kennen. Musste mein weniges Habe immer verteidigen. Und hatte auch wieder Verantwortung zu tragen uNoch immer bin ich nicht volljährig und nd auf die Kleinen aufzupassen. Ich habe eine unendliche Angst davor. Sollte ich es doch lieber sagen? Vielleicht würde ja Maximilians Mutter die Verantwortung für mich übernehmen.
"Was machst du wenn sie wieder anfängt zu trinken?"
"Das habe ich dir schon gesagt."
"Und ich habe dir schon gesagt dass ich dich nicht gehen lasse."
"Wie willst du das anstellen."
"Notfalls wirst du gefesselt in meinem Schrank sitzen."
Ich lachte lauthals los, und einige Augenblicke später stimmte er in mein Lachen mit ein.
Mein riesen Geheimnis behielt ich lieber für mich. Ich hatte es nämlich schon einmal versucht. Ich war gerade 12, da wagte ich die Flucht. Ich war monatelang mit Straßenkindern unterwegs. In Abbruchhäusern fanden wir Unterschlupf. Auf Pappe und in Schlafsäcken verbrachten wir die Nacht. Rückten die Bautrupps an zogen wir weiter. Aufgefallen sind wir nicht, denn ich lebe ja schließlich in einer Touristenstadt. So wie wir in den Menschenmassen auftauchten, so verschwanden wir auch wieder. Wir stahlen, ganz einfach um zu überleben. Irgendwann wurde ich erwischt. Beim Verhör gab ich meine Adresse an. Als wir vor der Wohnung ankamen, war meine Mutter schon lange untergetaucht. Wie vom Erdboden verschluckt und niergends zu finden. So drohte mir auch noch der Jugendarrest. Bei einem Freigang, irgendwo auf einem Platz, sah ich sie mit ihren Saufkumpanen sitzen. In mir stieg wieder eine Wut auf. Wie kann eine Mutter so etwas tun? Sie hat mich nicht vermisst gemeldet, stattdessen hat sie sich unauffällig verdrückt. So hatte sie ja schließlich ein Maul weniger zu stopfen. Ich machte einen Betreuer darauf aufmerksam und die Suche begann. Die Behörden machten sie ausfindig und ich konnte wieder zu ihr ziehen. In dieses Haus wo ich meinen besten Freund vor genau einem Jahr kennenlernte. Warum also sollte es mir nicht ein zweites mal gelingen? Obwohl ich mir so ein Leben nicht wieder wünschen würde, ist es doch noch besser als jenes mit meiner Mutter.
Ein Pärchen dass an uns vorbeilief, muss uns für verrückt gehalten haben.
Als wir uns wieder einigermassen beruhigt hatten, fragte mich Max plötzlich: "Magst du mit mir zum Abschlussfest gehen?"
Ich grinste: "Sehr gerne."
Er besah mich nickend: "Schön."
Ich nickte übertrieben: "Ja."
Jetzt fing er an zu lachen. Und es war so ansteckend dass ich auch lachen musste.
Am Tag des Abschlusses sah ich Max nicht. Er war nicht daheim. Seine Mutter wollte mir einfach nicht sagen wo er war.
Zwei Stunden vor der Party ging ich duschen, föhnte und glättete meine Haare und zog mein Kleid an. Dann trug ich mir Mascara und einen Hauch Lipgloss auf.
Schon klopfte es an meiner Zimmertüre. Ich machte auf, und vor mir stand ein etwas rötlicher Maximilian, mit einem schicken Anzug der ihm wundervoll stand. Seine kurzen Haare waren etwas verwuschelt, sodass er unwiderstehlich aussah.
Er lächelte mich an: "Du siehst toll aus."
Ich grinste ihn an: "Das Kompliment gebe ich gern zurück."
Er hielt mir seinen Arm hin und hakte mich bei ihm ein. Dann gingen wir zur Schule, die ein paar Strassen weiter, bei der Kirche war. Dort kamen wir zu einem geschmückten Schulhaus. Der Ballsaal war voller Ballons und Schleifen. Es gab eine Schulband die schon die ersten Songs spielte. Als der Saal voll war kam der Direktor und hielt eine kurze Rede. Dann spielte die Band als Einstieg irgendeinen schnellen Song, der total abgenutzt klang. Maximilian und ich amüsierten uns köstlich. Ein paar Mädchen sahen ehrfürchtig zu mir und Maximilian hin, wahrscheinlich dachten sich die: "Die hat den doch gar nicht verdient!"
Wie kommen sie nur darauf? Keiner kennt mich so wie Max. Er kennt mich bis in mein tiefstes Inneres. Er kennt meine guten Seiten und hat mich lieben gelernt. Ist es nur der Neid?
Es sahen aber auch viele stirnrunzelnde Jungs zu uns hin. Ich dachte bei mir: "Sind die wohl schwul?" Ich fragte Max danach, aber er sah nur kurz die Jungs an, und fing an mich herumzuwirbeln. Ich wusste nicht so genau was ich davon halten sollte, aber dann konzentrierte ich mich darauf mit Max Schritt zu halten und ihm nicht auf die Füsse zu treten. Ich sah dann immer auf den Boden, und immer wieder hob er mein Kinn an und fragte: "Ist etwas?"
Ich schüttelte dann den Kopf und antwortete: "Ich bin keine so gute Tänzerin, und will dir deine Füsse nicht ruinieren."
Er lachte los: "Von mir aus ruinier sie nur, sie heilen schon wieder."
Ich grinste ihn an und bemühte mich in sein Gesicht zu schauen. Irgendwann kam ein Mädchen zu uns und schubste mich mit ihrer Hüfte zur Seite: "Darf ich?" Ich bin zwar keine gute Tänzerin, aber ich weiß das man in diesem Falle zart in seine Hände klatscht. Das kenne ich aus Filmen. Sie verzog ihr Gesicht zu einem fiesen Grinsen und wandte sich dem stirnrunzelnden Maximilian zu: "Darf ich bitten?" Sie wartete seine Antwort gar nicht erst ab, sondern fing gleich an mit ihm zu tanzen, und auf ihn einzureden. Er schüttelte immer wieder den Kopf und zog die Augenbrauen hoch. Jemand tippte mir von hinten auf die Schulter: "Willst du tanzen?"
Ich wirbelte herum und stand vor Jay, dem Captain der Football Mannschaft der Schule. Ich sah kurz zu Max und nickte dann. Er packte mich an den Armen und fragte mich: "Was woltle Clara?"
Ich sah ihn fragend an. Er erklärte: "Das Mädchen was Maximilian zuerst beäugt hat und dich dann weggeschubst hat."
Ich grinste: "Ich habe keine Ahnung. Sie schubste mich zur Seite und fing gleich an, ihn in die andere Richtung der Tanzfläche zu bewegen."
Er nickte: "Achso."
Ich beäugte ihn misstrauisch: "Was ist denn?"
"Wieso?"
"Das Achso klang irgendwie als fändest du irgendetwas jammerschade."
"Achso."
"Genauso sollte es klingen."
"Okay. Werde mich nächstes Mal darum bemühen."
"Nächstes Mal?"
"Oh, äh, nur wenn es denn eines gäbe", er grinste mich an. Ich grinste zurück, er war schon ein komischer Kauz.
Aus dem Augenwinkel sah ich Maximilian. Er machte sich gerade von Clara los und hatte einen hochroten Kopf. Clara hatte ein tränenüberströmtes Gesicht und wandte sich ab. Ich und Jay runzelten die Stirn. Maximilian wandte sich ebenfalls ab. Er liess den Blick schweifen, ich musste mich aufs Tanzen konzetrieren. Jay grinste: "Er sieht dich an."
Ich sah auf: "Was?"
"Er sieht dich an."
"Wo?"
"Dort, zwischen Bühne und Türe."
Ich entdeckte ihn, um ihn schon bald aus den Augen zu verlieren. Denn Jay drängte mich beim tanzen langsam zur Tür hinaus. Ich fragte ihn etwas ängstlich: "Was machst du da?" Ich war nämlich immer noch nicht über den Vorfall mit Chad hinweg.
Er antwortete: "Ich dachte mir du brauchst etwas frische Luft. Du siehst ziemlich verwirrt aus."
"Das kann man wohl so sagen", murmelte ich vor mich hin. Draussen setzten wir uns auf eine der Bänke. Ich sagte ihm: "Du kannst ruhig wieder reingehen. Dein Date für den Abend wartet sicher schon."
Er schüttelte den Kopf: "Mir wird das zu eng da drinnen. Ausserdem habe ich gar kein Date."
Ich bekam grosse Augen, und er grinste mich an: "Du dachstest wohl ich wäre irgendein verrückter Football spieler, der nur mit dem heissesten Mädchen zum Abschlussball geht."
Ich nickte.
Er lachte: "Nein. Ich habe eh genug Zeit, und genug auswahl zum Tanzen." Er zwinkerte mir zu: "Nicht dass ich damit angeben wollte, aber die Mädchen fallen mir einfach in die Arme."
Ich lächelte: "Na, dann fang mal weiter Mädchen auf."
Sein lächeln wurde trübe: "Kanntest du Jana?"
Ich nickte: "Sie war sehr nett."
Er nickte auch: "Ja. Sie ist von einem Auto überfahren worden. Zuvor waren wir zusammen."
Ich schluckte: "Das... das tut mir leid."
"Schon gut."
Maximilian kam durch die Türe und sah sich kurz um. Dann kam er auf mich zugeschlendert: "Was macht ihr denn hier?"
Ich lächelte: "Ich brauchte mal eben frische Luft."
Er nickte. Jay stand auf und sagte: "Ich lass euch dann mal alleine." Er ging und Max setzte sich neben mich: "Alles okay?"
Ich nickte: "Natürlich. Wieso?"
Er stotterte ein bisschen, was er immer tat wenn ihm etwas unangenehm war: "Nun ja, du warst so bleich als er dich rausgetanzt hat."
Ich lächelte: "Ich hatte am Anfang auch etwas Schiss."
Er packte meine Hand: "Zeit für die Fotos."
Mit diesen Worten zog er mich wieder in das Getümmel.
Alle standen aufgereit dort und es wurden die schönsten Fotos geschossen. Ich war schon darauf gespannt, wie ich in meinem roten Kleid wirken würde.
Auf jeden Fall muss es eine ungeheure Wirkung auf Jay ausgestrahlt haben, denn nach dem Fototermin holte er mich abermals zum Tanz.
Nur sein Blick war so ganz anders als vorhin.
Er drängte mich wieder zur Tür hinaus.
Doch diesesmal kam es so ganz anders.
Er schob mich unsanft über den Flur, bis hin zum Damenklo. Was hatte er nur vor? Drei der stirnrunzelnden Typen warteten schon dort. In mir stieg die Pure Angst auf. Wo war nur mein Max? Mein Retter in der Not! Die Typen umzingelten mich. Jay stand neben mir und flüsterte mir zu: "Was hast du denn mein Herzblatt?"Ich krallte mich in seinen Arm: "Was machen wir hier?" Na rat doch mal Kindchen, und ich hoffe, dass du deinem Namen alle Ehre machst. So eine kleine Hure wollte ich schon immer mal ausprobieren. Er drückte mein Kinn hoch, so dass ich ihm direkt in die Augen schauen musste. Er drückte mich gegen die Wand. Noch immer die Augen auf sein Gesicht richtend, musste ich mitansehen wie seine Zungemir kleine Spielchen zeigte. Immer und immer näher kam sein Gesicht, bis seine Zungespitz, hart und fordernt in meinen Mund eindrang. Seine freie Hand befummelte meine Brüste und glitt weiter nach unten. Ich presste meine Beine zusammen und fühlte mich einfach nur beschmutzt. Die anderen Typen standen um uns gereiht und filmten das ganze Zenario mit ihren Handys.
Warum nur immer ich? Sah ich wirklich aus wie eine Hure? Habe ich die Aussagen meiner Mutter schon längst in mir aufgenommen und lebte sie?
Tränen kullerten mir übers Gesicht, was meinen Peiniger nochmehr anstachelte. Noch mehr Angst stieg in mir auf, als ich etwas hartes in seiner Hose spürte. Doch dann passierte es!
Jemand riss Jay unsanft von mir. Ich brach zusammen und hockte zitternt und weinend in einer Ecke. Verschwommen nahm ich wahr. wie sich zwei Gestalten schlugen. Und wieder waren sie da, die Typen mit ihren Handys. Sie filmten und jolten. Eine starke fordernde Stimme erklingt. Ausgerechnet der Lehrer, den ich, weder all die anderen so richtig leiden können wird zu meinem und Max Retter.
Max mein Märchenprinz, kam mit einem blauen Auge davon. Da der Lehrer die Polizei gerufen hat, bekam der Rest es mit dieser zu tun.
Eng umschlungen, kam die Kraft in uns zurück.
Ich glaube, dass so die Liebe wächst.
Ich sah uns als Traumpaar.
Lass die anderen denken was sie wollen.
Wir begaben uns nach Hause, aber dieses Fest werde ich wohl nie vergessen.
Jetzt gerade, wo wir auf Wolke 7 schweben, scheint es ganz einfach zu sein für jeden von uns die Sterne vom Himmel zu holen.
Als ich erwachte, lag ich nicht allein in meinem Bett. Max hat die Nacht bei mir verbracht. Zusammengekuschelt lagen wir so da und genossen unsere Nähe. Die halbe Nacht haben wir geredet, bis uns der Schlaf übermannte.
 Wir waren uns einig, ich brauchte professionelle Hilfe.
Gleich am Montag wollten wir uns auf die Suche nach einem Psychologen machen.
Soviel Leid können 15 jährige Mädchenschultern einfach nicht tragen.
Bei diesem Gespräch stand uns auch Max seine Mutter zur Seite.
Die einfach nur mit dem Kopf schüttelte als ich beiden mein ganzes Leid offenbarte, darunter auch die Geheimnisse die ich vorher für mich behalten wollte. Aber es brach einfach alles so aus mir heraus.
Für das Problem mit meiner Mutter, schlug sie ein Treffen bei den Anonymen Alkoholikern vor, wo auch Angehörigen geholfen wird und die Mitarbeiter einem mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Auf unserem Plan stand auch ein Treffen beim Jugendamt. Max Mutter bot mir die Betreuung an, in der Zeit wo meine Mutter zur Entziehungskur musste. Dort wollte sie alles zu meinen Gunsten regeln. Wenn die Mitarbeiter dort mitspielten. Aber für sie kam ein Heim in meiner Situation nicht infrage.
Für mich suchte sie Telefonnummern von Psychologen aus dem Telefonbuch. Wo wir dann am Montag anrufen wollten, in der Hoffnung einen schnellen Termin zu erhalten.
Das war unser Plan für die nächste Woche, den wir zwei allein nie so hinbekommen hätten.
Ich hatte ein so ganz anderes Bild von Max seiner Mutter.
Erst jetzt erkannte ich ihre guten Seiten.
Insgeheim mochte sie mich sehr, nur die Angst vor meiner Mutter hat sie immer gelähmt.
Ich sehe endlich ein Licht am Ende des Tunnels.
In letzter Zeit ist soviel über mich hereingebrochen, dass ich auch in dieser Nacht nicht in den Schlaf kam. Zusammengekauert lag ich unter meiner Bettdecke und kämpfte gegen meine Tränen an. Was würde noch alles auf mich zukommen? Irgendwann ging ich Gedankenverloren ins Bad. Ich schaute in den Spiegel und sah ein verquollenes, verweintes Gesicht. Ich weiß nicht was ich suchte, als ich so in den Schränken rumwühlte, aber was ich fand konnte mir helfen meine Seele zu beruhigen.
Es waren - Rasierklingen.
Ich tat was so viele taten, die nicht mit sich im Reinen waren, die versuchten sich selbst zu finden und sich immer wieder im Wege standen. Die sich in ihren Gedanken verliefen und nie so recht vom Fleck kamen. Ich ritzte mir wie von Wunderhand, die schönsten Muster in die Haut.
Als ich dann ganz verschwommen nur noch rotes Blut sah, sackte ich zusammen. Das war es nun für mich,dachte ich. Ich hatte endgültig genug von mir und meinem Leben!Â
Aber auch diesesmal sollte es anders kommen als gedacht. Als ich wieder zu mir kam, lag ich in meinem Bett. Meine Arme waren mit Handtüchern umwickelt und Max schaute mich verständnislos an. Immer wieder streichelte er mein Gesicht, unfähig ein paar Worte mit mir zu wechseln. Aber ich genoss es in vollen Zügen. Ich verzog mein Gesicht zu einem Lächeln, was mir ziemlich schwer fiel. Alles fiel mir im Moment schwer.
War es die Last, die auf mir lag, die mich so drückte?
Wie sollte es nur weitergehen?
Über das Grübeln schlief ich bald wieder ein. Der Schlaf brachte mir etwas Erholung und ließ mich vergessen was in letzter Zeit alles auf mich eingeprasselt ist. Jedenfalls für einen kleinen Moment.
Zum Mittagessen, überraschte mich Max seine Mutter mit einem leckeren Hühnersüppchen an meinem Bett.
Soviel Liebe von einer Frau, die sich vorher nicht wagte sich für mich einzusetzen.
Von meiner Mutter kannte ich solch eine Fürsorge garnicht.
Oh, wie ich Max beneidete.
Beim Löffeln der Suppe spürte ich förmlich wie all meine kämpferische Kraft in meinen Körper zurück kam und, meine Seele von einer Wärme ummantelt wurde, die auch meinem Gesicht wieder Farbe gab. Lächelnd streichelte mir diese Frau über meine heiß glühenden Wangen und entfernte sich ganz still aus meinem Zimmer. So konnte ich wieder schlafen und mich von all dem Erlebten erholen.
Montag früh fühlte ich mich noch immer etwas schlapp und schleppte mich ins Bad. Nichts erinnerte mehr an das Schlachtfeld was ich dort hinterlassen hatte. Als ich in den Spiegel schaute, starrte mich das pure Entsetzen an. Ich wusste, was mein Gegenüber mir sagen wollte: "Geh nicht zur Schule, dort wartet das Grauen auf dich!"
Seit langem hatte ich nicht mehr soviel Angst vor dem Gang zur Schule gehabt.
Wie würden sich meine Peiniger benehmen?
Was würde man mir noch antun?
Zitternt stützte ich mich auf dem Waschbeckenrand ab und Tränen flossen mir über die Wangen. Wenn ich nur wüsste, wie ich dieses verdammte Kopfkino abstellen kann, das meine Situation in immer wilderen Varianten vor mir abspielte. Die Angst wurde immer größer und mein Herz begann zu rasen.
Wo war er nur, mein heißgeliebter Maximilian.
Er würde mir bestimmt aus diesem tiefen Loch helfen in das ich immer mehr zu rutschen drohte.
Aber alles blieb still.
Am Frühstückstisch warteten Max und seine Mutter auf ihr erscheinen. Ängstlich schauten sie sich an, wohlahnend was auf sie zukäme.
"Was hälst du von einer totalen Veränderung", fragte mich die Mutter von Max.
"Was meinst du damit?", gab ich als Antwort zurück.
"Du willst doch nicht wirklich jetzt zur Schule?", kam als Gegenfrage.
"Was soll das? Max sag' auch mal was!", forderte ich Max auf
"Es ist so", begann Max Mutter zu erklären, "wir können gemeinsam zum Jugendamt gehen und dort schildern, dass es für dich unmöglich ist hier wieder zur Schule zu gehen. Du benötigst einen neuen Wohnort, eine neue Schule, neue Freunde."
"Und Max? Ich soll ins Heim?", schrie ich halblaut, "was soll das ganze?"
"Bist du stark genug dich mit den Schülern auseinander zu setzen, die dich auf der Abschlussparty bedrängt haben?", kam wieder eine Frage von Max Mutter.
"Eine gute Frage", dachte ich.
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