Kurzgeschichte
Übergekocht - Küchendialog

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"Übergekocht - Küchendialog"
Veröffentlicht am 22. Mai 2008, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich bin ein 37-jähriger Hobbyschreiberling, der sich in Gedichten und Geschichten versucht. 2007 habe ich bei NaNoWriMo mitgemacht und in den dreißig Tagen über 50.000 Wörter geschrieben. Seit Dezember 2007 mache ich die Schule des Schreibens und hoffe, dadurch meinen Schreibstil, aber auch meinen Ausdrucksstil zu verbessern. Auf das Genre habe ich mich noch nicht wirklich festgelegt. Am meisten liegt mir aber der Psychothriller. :-)
Übergekocht - Küchendialog

Übergekocht - Küchendialog

Beschreibung

Der Mann kommt nach getaner Arbeit nach Hause. Alles läuft gut. Eine Kleinigkeit bringt das Gleichgewicht ins Wanken.

„Schatz, bist du’s?“ Regina glaubte, die Haustür gehört zu haben.

„Ja.“

Das Klimpern eines Schlüsselbundes und das Rumsen eines mittelschweren Gegenstandes, das auf Parkettboden aufschlug, drangen zu Regina herüber, dann stand Roland hinter seiner Frau, umarmte sie und knabberte zärtlich an ihrem Hals. Sie schloss die Augen und schob verlangend den Hals an Rolands Lippen, als wollte sie ihm sagen, dass er nie mehr aufhören sollte. Sie lächelte ruhig und zufrieden. Gerade, als Regina sich vollkommen fallen lassen wollte, stoppte Roland den wahnsinnig machenden Trip und ging in die Diele zurück, um seinen Mantel auszuziehen und die Aktentasche ins Arbeitszimmer zu bringen. Regina öffnete die Augen und verzog enttäuscht das Gesicht.

„Wie war dein Tag?“ Roland stand im Türrahmen und musterte seine Frau von oben bis unten. „Das sieht echt sexy aus, wenn du deine Haare zum Pferdeschwanz gebunden hast.“

„Was ist los, Roland?“ Regina warf ein paar Gewürze  in den Kochtopf, rührte kurz um und kostete davon.

„Was soll los sein? Ich frage dich doch immer, wie dein Tag gewesen ist.“ Roland stellte sich wieder hinter seine Frau und küsste ihren Nacken.

„Genau das meine ich. Du hast mich noch nie beim Kochen angemacht.“

Roland lächelte, gab Regina einen sanften Klaps auf den sportlich geformten Po und setzte sich an den Tisch aus massivem Kirschholz. Er zog die Tageszeitung zu sich hin, schlug sie auf und vergrub das Gesicht in ihr.

„Ganz gut“, sagte Regina.

„Was?“, fragte Roland, ohne den Blick aus der Zeitung zu nehmen.

„Mein Tag – er war gut. Ich habe den Keller ausgemistet und mit Maria meinen Vierzigsten besprochen.“

„Und ich darf die Rechnung bezahlen.“ Roland lächelte verschmitzt, faltete die Zeitung zusammen und legte sie vor sich hin.

„Wofür habe ich dich denn geheiratet?“, fragte Regina ihn und grinste breit.

„Na ja, du hattest wenigstens einen Grund“, konterte Roland lächelnd.

„Wie war’s bei dir heute?“ Regina jonglierte mit den Gewürzdosen über den Töpfen.

„Einfach großartig.“ Roland lehnte sich in den teuren Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf; wie ein Gewinner saß er da. Die Augen waren geschlossen.

„Was war denn ‚einfach großartig‘?“

„Wir haben endlich den Auftrag bekommen.“

„Das ist doch prima“, nuschelte Regina mit dem Kochlöffel im Mund.

„Jetzt haben wir für ein paar Jahre ausgesorgt.“

„Da habt ihr bestimmt ordentlich gefeiert, was?“

„Wir haben einmal mit Sekt angestoßen. Sonst nichts. Aber du hast Recht. Das sollte eigentlich richtig gefeiert werden. Am besten mit einem fantastischen Essen, …“, Roland stand auf und ging zum Herd, „das du bestimmt schon zubereitet hast.“ Er schummelte sich an Regina vorbei und hob den Deckel des großen Topfes an. Dampf schlug ihm entgegen und bedeckte die Brillengläser. Roland zuckte zurück. Nach wenigen Sekunden war die Sicht wieder klar. Roland beugte sich erneut etwas vor.

„Oh! Nudeln. Schon wieder.“ Er rümpfte die Nase, als hätte er auf den verschimmelten Inhalt eines Jogurtbechers gesehen.

Regina hob kurz die Schultern. „Ich wusste ja nicht, dass du heute mal als Gewinner heimkommst.“

„Ich hatte heute Morgen beim Frühstück noch davon gesprochen, dass heute die Entscheidung fällt. Na ja, woher solltest du auch wissen …“ Roland brach ab. In seiner Stimme lag künstliches Verständnis.

„Ja?“, fragte Regina vorsichtig und schaute das erste Mal, seitdem Roland zu Hause war, in die Augen ihres Mannes.

„Woher solltest du auch wissen, dass wir den Auftrag erhalten.“

„Eben.“

„Aber ein bisschen mehr Vertrauen hättest du schon in mich setzen können. Dann hättest du ein komfortableres Essen angerichtet.“

„Platsch!“ machte es und die Tomatensauce spritzte an den Fliesenspiegel, auf Reginas gelbe Schürze, die farblich gut zu ihrem blonden Haar passte, und auf Rolands weißes Seidenhemd.

Roland lehnte den Oberkörper so weit es ging zurück, als wollte er einem Schlag ausweichen. Es war zu spät. Die Spritzer malten ein abstraktes Muster auf das teure Hemd.

„Pass doch auf!“, brüllte er. „Was soll das denn?“

„Was willst du mir eigentlich sagen?“ Regina schaute ihren Mann aus finsteren Augen an und kreuzte die Arme vor der Brust.

„Ach nichts.“ Er versuchte, das Hemd mit einem feuchten Tuch zu säubern. Der Erfolg war allerdings, dass nun noch größere Flecken das Oberteil zierten.

„Für ‚nichts‘ hast du schon zu viel gesagt. Also, was?“

„Du hörst mir nie richtig zu.“ Roland warf den Lappen in die Spüle. Mit einem dumpfen „Klatsch“ blieb er für eine Sekunde an der Innenseite des Beckens kleben, dann rutschte er zu Boden.

„Wenn du nicht andauernd deine Friseur- und Maniküretermine im Kopf hättest, oder dir nicht ständig im Hirn rumgeisterte, wie du mit deinen Freundinnen den Tag rumkriegen könntest, dann hättest du begriffen, dass es so gut wie sicher gewesen war, dass wir den Auftrag erhalten. Wenn du mich lieben würdest, dann hättest du das gewusst und dich entsprechend vorbereitet.“

„Bist du jetzt fertig?“ Das war Reginas große Stärke: andere ausreden lassen, alles sammeln, was ihr Gegenüber sagte, um dann gnadenlos zurückzuschlagen. „Jetzt hör mir mal gut zu.“ Regina richtete sich weiter auf und holte tief Luft. Diesen Blick kannte Roland noch nicht. Wenn er messerscharf gewesen wäre, wäre er jetzt in viele Stücke zerteilt. „Was soll ich denn den ganzen Tag machen, wenn du mir das Arbeiten verbietest? Hier sitzen und im Kopf alle Möglichkeiten durchgehen, mit welchen Ergebnissen du abends nach Hause kommst?“

„Ich habe dir das Arbeiten nicht verboten, ich …“

„Nicht? Ich kann mich noch genau an den Satz erinnern, den du mir in unserer Hochzeitsnacht um die Ohren gehauen hast.“

„Darum geht es doch gar nicht.“

„Doch, genau darum geht es.“ Reginas Gesicht hatte fast die Farbe der Tomatensauce. Ihr Herz raste. „Du glaubst, ich muss immer alles erahnen. Wenn ich jedesmal groß eingekauft hätte, wenn du irgendwelche möglichen Aufträge angekündigt hattest, dann wären wir jetzt kugelrund und arm wie eine Kanalratte.“

„Ach, bin ich dir nicht erfolgreich genug!“

„Mir wäre sogar etwas weniger Erfolg lieber, dann wärest du auch nicht so arrogant.“ Regina setzte sich an den Tisch und drehte Roland den Rücken zu. In ihren Augen sammelten sich Tränen.

„Ach so, ich bin arrogant. Warum hast du mich dann geheiratet?“, brüllte Roland sie an.

„Weil du ein lieber, netter, einfühlsamer und interessierter Kerl warst, als wir zum Altar geschritten waren“, keifte Regina über die Schulter zurück.

„Dann musst du dir eben wieder einen lieben, netten, einfühlsamen und interessierten Kerl suchen. Dann kannst du dir aber deine Fingernägel wieder selber schneiden.“ Roland schaute aus dem Fenster und sah, dass die Passanten vor dem Haus kurz stehen blieben und zum Küchenfenster schauten. Er drehte sich um und stapfte in den Flur.

„Finde du erst einmal jemanden, der dir alles hinterher räumt und das macht, was du befiehlst“, kreischte Regina ihrem Mann hinterher, was aber im Scheppern der Haustür unterging.

Es zischte und pfiff. Das Nudelwasser und die Tomatensauce quollen über die Topfränder und verteilten sich auf dem gesamten Cerankochfeld.

„Scheiße!“, brüllte Regina, riss das Küchenfenster auf und schmetterte Roland hinterher: „Die Sauerei machst du aber weg!“

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Hörbuch

Über den Autor

schreiberle
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