Kurzgeschichte
Ein Kindheitstraum

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"Ein Kindheitstraum"
Veröffentlicht am 21. Oktober 2012, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Ein Kindheitstraum

Ein Kindheitstraum

Beschreibung

... und seine Folgen.

Kurz vor dem großen Abflug fragte der in Ehren ergraute Klapperstorch* auch ihn nach seinen drei Wünschen hinsichtlich der Zukunft und der Eltern in spe.

Der zukünftige Erdenbürger hatte in den letzten neun Monaten nicht nur sich, sondern auch diesbezüglich ganz klare Vorstellungen entwickelt: Er wollte einen schwerreichen Vater und eine überaus intelligente Mutter haben - und später Baggerfahrer oder Lokomotivführer werden.

Dem Klapperstorch sträubte sich zwar das Gefieder, aber letztlich war er nur für den Transport zuständig.

Dreizehn Tage später gaben der Industrielle H. von W. und seine Ehefrau (Dr. phil.) die Geburt ihres ersten Kindes bekannt.

Mit den Jahren merkte der Junge, dass es mit den besten Wünschen für die Zukunft eine problematische Sache sein kann. Der Vater war zwar reich an Geld (alles geerbt), aber nicht an Geist, die Mutter überdurchschnittlich intelligent, aber hässlich, und von einem harmonischen Familienleben konnte nicht die Rede sein.

Sechs Jahre später besuchte der Junge ein berühmtes Internat in der Schweiz, der Vater regelmäßig seine schöne Geliebte in deren (von ihm gesponserten) Luxuswohnung und die Mutter mumifizierte Kaiser und Könige in ihren Gräbern und in Museen zwischen Hamburg und Haiti.

Sowohl die Geliebte als auch die Ehefrau befreiten seinen Vater so nach und nach von seinem Geld, den Aktien und Immobilien und trieben ihn zuerst in den Ruin und dann in den Freitod.

Der Sohn machte derweil ein Einser-Abitur, absolvierte eine Banklehre und ein BWL-Studium und erwarb innerhalb kürzester Zeit den Doktortitel. Damit war er für die meisten Betriebe entweder zu jung oder überqualifiziert ... oder beides; und schließlich nahm er das mit der Betriebswirtschaftslehre zu wörtlich. Er trieb sich immer öfter in Wirtschaften (sprich: Kneipen) herum und nach jedem Besäufnis überfiel ihn eine große Leere (mit insgesamt drei E und ohne Ha).

Nach einem Krankenhausaufenthalt und einer Entziehungskur empfahl ihm eine wohlmeinende Seele beim Arbeitsamt eine Umschulung. Und so erfüllte sich endlich sein Kindheitstraum: ER WURDE BAGGERFAHRER!

* Es war tatsächlich ein Storch - und kein Graureiher.

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