Beschreibung
Lisa. Ein gewöhnlicher Name, für ein ungewöhnliches Mädchen.
Der Wahnsinn ist etwas, was die Menschen mit einer Krankheit gleichstellen. Wer sich damit infiziert, muss seine Familie verlassen und wird in eine abgelegene Station gebracht. Doch Lisa glaubt nicht an die scheinbare Krankheit und versucht von der Station abzuhauen. Dabei verliebt sie sich in einen Jungen, mit dem sie das Geheimnis lösen will.
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Regel Nummer 1: Alle hier genannten Regeln, werden unter allen Umständen eingehalten.
Regel Nummer 2: Der Wahnsinn ist eine Krankheit, die schlimmste die es auf dieser Erde gibt. Alle davon Betroffenen werden unverzüglich in eine Station gebracht. Der Betroffene selbst, oder ein Angehöriger informieren auf der Stelle einen Leiter, der den Erkrankten dann in eine Station bringt. Der Betroffene hat die Möglichkeit bis zum Eintreffen eines Leiters, alle ihm wichtigen Sachen einzupacken und sich für die Abreise fertig zu machen. In dieser Zeit ist es ihm untersagt mit jeglichen Menschen Kontakt zu haben, da eine Gefahr der Ansteckung droht. Sollte dies trotzdem der Fall sein, werden entsprechende Personen zu einer Untersuchung geschickt, in der geprüft wird, ob sich derjenige ebenfalls mit der Krankheit infiziert hat.
Die Tür von meiner Kammer, die sich jeder selber gestalten konnte, war nie verschlossen und ich konnte auf der ganzen Station umhergehen, aber das tat ich nur selten. Irgendwie reizte es mich nicht, raus zu gehen. Die Station war riesig und sie bot auch einige wenige Freizeitbeschäftigungen, jedoch interessierte ich mich ehr weniger für Ballspiele. Dass einzige was hier wirklich spannend war, war Freunde du besuchen, die auch in der Station lebten. Hattest du keine Freunde, so war der Aufenthalt in der Station eine noch größere Qual. Dies konnte ich so gut nachvollziehen, da ich dies alles schon erlebt hatte.
Seit ich vier war, lebte ich hier. Zu aller erst, kannte ich niemanden und traute mich auch nicht raus. Außerdem machte mir der Anblick dieses gigantischen Betonblocks Angst. Ein Jahr nachdem ich her gekommen war, beschloss ich mich in der Station umzusehen. Alle Gänge, die ich betrat, sahen gleich aus und ich verirrte mich. Die Leiter sahen mich auf dem Boden liegen und schreien, doch keiner von ihnen, machte Anstalten, mir zurück in meine Kammer zu helfen. Schließlich kam eine ältere Frau- ebenfalls eine Erkrankte- die sich bereit erklärte mir zu helfen.
Nun war ich achtzehn, lebte also seit vierzehn Jahren hier, und hatte einige Freunde gefunden. Carolina kannte ich noch von früher, als ich noch zu Hause lebte. Dann wurde ich krank und in die Station gebracht, somit brach der Kontakt zwischen uns ab, denn Erkrankten war es nicht erlaubt, jemals wieder Kontakt mit der Außenwelt zu haben. Carolina lebte bis sie zwölf war bei ihrer Familie in unserer Heimatstadt, doch dann erkrankte auch sie und wurde eingeliefert. Außer ihr hatte ich keine wirklichen Freundinnen hier, denn die meisten Menschen erkrankten erst, wenn sie über dreißig waren.
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Regel Nummer 3: Wer einmal erkrankt ist, verbringt sein restliches Leben in der, ihm zu geteilten, Station. Ihnen ist es untersagt die Station und das Gelände zu verlassen, oder Kontakt zu der Außenwelt zu haben.
Am nächsten Tag beschloss ich einen Spaziergang durch die Station zu machen. Ich verließ meine Kammer, in der ein Bett, ein Schrank, ein Tisch und Stühle, Platz hatten und stieß die schwere Tür zum Gang auf. Der Gang war leer, nur zwei Mädchen standen hinter einer Ecke, das eine an die graue Betonwand gelehnt. Schnell schloss ich die Tür und schlenderte durch die Gänge. Als ich die Treppe erreicht hatte, fiel mein Blick auf ein leuchtendes Schild über der Tür: C3. So hieß mein Gang. Ich stieg die Treppe hoch, bis ich auf die höhere Ebene gelangt war. Ich steuerte die letzte Tür des Ganges an, denn dort war Carolinas Kammer. Ich klopfte dreimal, gegen die eiserne Tür und wartete, bis sie aufmachte. Ein achtzehn Jahre altes Mädchen, mit kurzen braunen Haaren öffnete mir die Tür. Carolinas Frisur, war wild und ungekämmt, so wie immer, doch das störte mich nicht weiter. „Hey Lisa, schön, dass du mich mal wieder besuchst.“, begrüßte sie mich fröhlich und lächelte mich an. „Hey.“, gab ich zurück. „Wollen wir uns in den Gemeinschaftsraum setzen?“, fragte ich, denn es war verboten sich mit anderen Erkrankten in einem Zimmer zu treffen. „Klar.“, entgegnete sie sofort und ging voraus.
Der Gemeinschaftsraum war groß und voll mit Menschen. Hier gab es einige Regale mit Büchern und Zeitschriften, sowie unzählige Tische. An einen von ihnen setzte sich Carolina und ich folgte ihr. Sie liebte es die vielen verschiedenen Menschen zu beobachten. „Hier ist es wie im Gefängnis.“, stieß sie dann heraus. Ich sah sie überrascht und fragend an. „Na, die einzelnen Kammern, die Betonwände und man darf das Gelände nicht verlassen.“, erklärte sie, als sie meinen fragenden Gesichtsausdruck sah. „Woher weißt du, wie es im Gefängnis ist“ „Ich habe dir doch erzählt, dass mein Vater oft irgendwo eingebrochen ist und Geld geklaut hat, um die Familie ernähren zu können. Einestages hat man ihn erwischt und er wurde zu einigen Jahren Haft verurteilt. Damals haben meine Mutter, meine kleine Schwester und ich ihn dort besucht. Ich fand es schrecklich im Gefängnis und hatte Angst vor den Menschen dort, also bin ich nie wieder hin gegangen.“, erklärte sie mir und sah zu Boden. Ich sah, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten und erkannte, dass sie ihre Eltern vermisste. „Oh.“, war das einzige, was ich hervor brachte. Dann legte ich ihr meine Hand auf die Schulter und reichte ihr ein Taschentuch. „Schon gut. Damit muss ich fertig werden.“, sagte sie und versuchte das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken.
Ich wusste nicht, wie es war Heimweh zu haben, denn an die Zeit, bevor ich in die Station kam, konnte ich mich kaum noch erinnern. Meine Mutter hatte ich nie kennen gelernt und Geschwister hatte ich keine.
Doch plötzlich hörte ich ein lautes Geräusch und ich sah mich um. Am Fenster stand ein Mädchen mit schulterlangen, blonden Haaren und folgte ihrem Blick. Sie hatte eine Schachtel mit Stiften fallen lassen, die nun alle verteilt auf dem blauen Teppich lagen. Dann bemerkte ich, dass auch alle anderen im Raum sie anstarrten und sie tat mir Leid. Sofort stand ich auf und ging zu ihr, um ihr beim Aufräumen zu helfen. Als das Chaos beseitigt war, stellte sie die Schachtel zurück auf die Fensterbank und lächelte mich mit einem süßen Lächeln an. „Hey, danke.“, sagte sie verlegen. „Kein Problem. Ich bin Lisa, wie heißt du?“, strahlte ich freundlich zurück. „Ich heiße Lina.“ „Willst du dich vielleicht ein bisschen zu uns setzen?“ „Klar, warum nicht.“
„Das ist Carolina, meine Freundin.“, erklärte ich Lina, als sie sich neben mich gesetzt hatte. „Hey.“, entgegnete Carolina. „Bist du neu hier? Wir haben dich hier noch nie gesehen.“, fragte ich neugierig und freute mich jemanden in unserem Alter getroffen zu haben. „Ja, ich bin gestern erst gekommen. Wie ist es hier?“ „Na ja, wie du sicherlich festgestellt hast, sieht der Betonklotz nicht sehr einladend aus, aber ansonsten ist es okay.“, klärte ich sie auf. „Ja das stimmt.“, pflichtete Lina mir bei, „Es ist ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe. In der Schule haben sie immer nur gesagt, dass es schrecklich hier sei, aber nie erwähnt, wie es nun wirklich aussieht.“ Niemand konnte einem sagen, wie es in den Stationen zugeht, oder wo sie sind, denn nur, wer selbst dort hin muss, kennt den Weg. Ich persönlich kann mich an meine Ankunft nicht mehr erinnern, da es zu weit zurück liegt. „Der Weg hier hin muss schrecklich für dich gewesen sein. Ich weiß noch, wie es bei mir war. Ich habe den ganzen Weg über geweint, weil ich wusste, dass ich meine Familie und meine Freunde nie wieder sehen würde.“, sagte Carolina mitfühlend. „ Ja, zuerst wurden mir die Augen verbunden und nachdem sie mir die Augenbinde abgenommen haben, sind wir stundenlang durch eine gerade Landschaft gefahren.“, berichtete Lina uns.
Fortsetzung folgt…